Meine Damen und Herren, Europa ist ein Friedensprojekt. Deswegen hat sich die CDU als die deutsche Europapartei direkt nach dem Zweiten Weltkrieg für die Westbindung und die europäische Einigung entschieden. Deshalb hat die CDU die Montanunion, die Europäische Gemeinschaft und schließlich auch die Europäische Union vorangetrieben. Konrad Adenauer, Helmut Kohl, viele Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale haben den europäischen Einigungsprozess geprägt und auch vorangebracht. Heute wird ihr europäisches Erbe von Angela Merkel nicht nur verwaltet, sondern auch erfolgreich gestaltet. Sie hat Europa gut durch die Krise gebracht.
Gemeinsam mit unseren Partnern hat sie große Anstrengungen unternommen, Europa und die Eurozone zu stabilisieren.
Meine Damen und Herren, wir sind eine Friedens- und Wertegemeinschaft, in Vielfalt geeint. Wir müssen bereit sein, angesichts der weltweiten Krisen und der Veränderungen auch für die Werte Europas zu streiten. Dafür braucht es eine starke, von allen demokratischen Parteien getragene Europäische Union. Am 25. Mai ist ein entscheidender Tag für Brandenburg in Europa. - Herzlichen Dank.
Während die Abgeordnete Melior für die SPD ans Rednerpult tritt, begrüße ich unsere Gäste vom Heimatverein Glindow. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Dies ist wieder ein Jahr großer wichtiger Gedenktage: Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg, vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg, vor einem Vierteljahrhundert fiel die Berliner Mauer und vor 10 Jahren traten Polen und sieben andere mittelosteuropäische Staaten der Europäischen Union bei. Das alles sind Anlässe genug, dass wir heute hier im Landtag über Europa und über Europa in Brandenburg reden.
Diesem Reigen von Jahrestagen möchte ich gern zwei hinzufügen, die ich sehr wichtig finde und die für mein Leben sehr
entscheidend waren. Im Juli 1989, also auch vor fast genau 25 Jahren, sprach der damalige KPdSU-Generalsekretär vor dem Europarat. Er entfaltete dort das Bild eines gemeinsamen Hauses Europa. Sein damals fast visionäres Ziel hat mich tief bewegt. Für mich kam damals Europa endlich auch in der verkrusteten DDR an. Für diesen Hoffnungsschimmer war ich Michail Gorbatschow sehr, sehr dankbar.
Vier Wochen zuvor fanden in Polen die ersten damals noch halbfreien Wahlen im Ostblock statt. Sie endeten mit einem überwältigenden Sieg der Solidarnosc und stießen das Tor für weitere Veränderungen weit auf. Der daraufhin gewählte neue polnische Premier Tadeus Mazowiecki war eine der größten Stützen bei der Schaffung der deutschen Einheit. Seinem Mut und seiner Entschlusskraft schulden gerade wir Ostdeutschen großen Dank.
Ohne den polnischen Mut, ohne den polnischen Willen zur Freiheit wäre die schnelle deutsche und damit auch die gesamteuropäische Einigung nicht möglich gewesen.
Meine Damen und Herren! Brandenburg hat in den vergangenen 25 Jahren enormes Glück gehabt. Während unsere mittelosteuropäischen Nachbarn 15 Jahre auf den Eintritt in die Europäische Union warten mussten, kam die Mitgliedschaft für uns bereits automatisch mit der deutschen Vereinigung. Seitdem haben wir enorm von der Europäischen Union profitiert. Über die verschiedenen EU-Förderperioden hinweg haben wir von mehreren Milliarden Euro aus Brüssel profitiert, Geld, das wichtig war für den sozialen Zusammenhalt in Brandenburg, für den Ausbau der Infrastruktur und das Ankommen unserer Landwirtschaft in der gemeinsamen Agrarproduktion.
Mit der neuen Förderperiode werden die Zuweisungen aus der EU de facto um ein Drittel zurückgehen. Auf den ersten Blick mag das nach Rückschritt aussehen. Ich sage jedoch: Die zurückgehenden Zahlungen aus Brüssel sind der Beweis für den Brandenburger Erfolg. Die zurückgehende EU-Förderung ist zugleich der Beweis für eine erfolgreiche EU-Förderpolitik, und sie ist der Beweis, dass das solidarische System in der Europäischen Union funktioniert. Denn nun, meine Damen und Herren, profitieren andere von der Unterstützung durch die Europäische Union, andere Länder, die es nötiger haben als wir, andere Staaten, deren Arbeitslosigkeit weit höher ist als die bei uns in Brandenburg, andere Regionen, die größeren Nachholbedarf haben bei Infrastruktur und Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, Dankbarkeit ist keine politische Kategorie. Aber ich möchte an dieser Stelle der Europäischen Union ausdrücklich danken; denn Brandenburg ist - wie die anderen ostdeutschen Länder auch - ein Musterbeispiel für geglückte EU-Integration. Dabei erinnern wir auch an die Situation zu Beginn der 90er-Jahre. Eine hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Ausbildungsplätze, zu wenig Perspektiven für junge Menschen, das gab es auch hier in Brandenburg. Regine Hildebrandt hat damals immer gesagt: „Außerbetriebliche Ausbildung, wir wollen außerbetriebliche Ausbildung, wir brauchen die, um hier weiter voranzukommen.“
Meine Damen und Herren, das größte Drama, das wir derzeit in Europa erleben, ist das Drama der Jugendarbeitslosigkeit.
In 12 von 28 EU-Staaten liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei unvorstellbaren 50 % und sogar darüber. Damit verbunden ist ein Maß an Hoffnungslosigkeit und Zukunftsangst, das wir uns hier heute kaum noch vorstellen können. Hier sehe ich eine der Kernaufgaben der Europäischen Union. Die Europäische Union ist ein Zukunftsprojekt für Generationen. Und genau das sollte die EU auch wörtlich nehmen. Sie muss für die junge Generation Zukunft schaffen. Sie muss für junge Menschen Hoffnung verkörpern. Sonst verlieren wir diese jungen Menschen an antidemokratische und nationalistische Kräfte. Und mit denen, meine Damen und Herren, lässt sich ein gemeinsames, friedvolles Haus Europa kaum bewohnen.
Deshalb sage ich auch ganz offen: Klar, es wäre schöner, wir hätten 100 oder 200 Millionen Euro mehr aus Brüssel für Infrastrukturprojekte oder die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Aber, ganz ehrlich, mir ist es lieber, die Europäische Union verstärkt ihren Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit in Süd- und Osteuropa. Dort ist jeder Euro gut angelegtes Geld.
Wenn wir in Brandenburg über Europa reden, reden wir natürlich auch über unseren direkten Nachbarn, über Polen. Brandenburg hat die längste Grenze in Deutschland mit Polen. Polen ist unser wichtigstes Nachbarland. Nach der Wiedervereinigung war es das Ziel der deutschen Politik, ein ähnliches Vertrauensverhältnis zu Polen aufzubauen, wie es eines zu Frankreich gibt. Heute, 2014, sind wir diesem Ziel schon sehr nahe. Zwei Drittel der Deutschen sehen Polen nach Frankreich mittlerweile als vertrauenswürdigen Partner Deutschlands an. Wir Brandenburgerinnen und Brandenburger haben daran zweifellos einen ganz wichtigen Anteil. Die Partnerschaft mit Polen hat bei uns Verfassungsrang, ein Novum in Deutschland, vor allem aber ist sie uns ein Herzensanliegen.
Die Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarn ist so intensiv wie noch nie. Es gibt zahlreiche Kooperationen zwischen Kommunen und Kreisen, die Feuerwehren arbeiten zusammen, an der Grenze gibt es gemeinsame Polizeiermittlungsteams. Die Polen stellen die größte Gruppe ausländischer Besucherinnen und Besucher in Brandenburg. Der wirtschaftliche Austausch zwischen den beiden Ländern boomt. Der Export hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Zusammenarbeit zwischen Schulen, Hochschulen und Verbänden ist heute gelebte Normalität. Mittlerweile gibt es sogar ein gemeinsames deutsch-polnisches Geschichtsbuch, etwas, was bis vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre. Eine Idee übrigens, die meine Fraktion der damaligen deutschen Polenkoordinatorin Gesine Schwan angetragen hat. Das Buch ist in einer Rekordzeit von nur fünf Jahren entstanden.
Die sehr wechselvolle Geschichte zwischen Deutschland und Polen verpflichtet uns heute auch zu wechselseitigem Zuhören. Denn der Zusammenhalt in Europa ist derzeit in großer Gefahr, nicht nur aus wirtschafts- oder währungspolitischer Sicht. Die Krise und Gewalt in der Ukraine erinnern uns zum einen daran,
welche enorme Erfolgsgeschichte die Europäische Integration ist. Zum anderen mahnt sie aber auch, dass Europa kein abgeschlossenes Projekt ist, dass Frieden kein Geschenk ist, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist, dass beides immer wieder hart erarbeitet werden muss. Von Potsdam bis zur Ukraine ist es genauso weit - oder vielmehr genauso nah - wie von Potsdam nach Brüssel oder Paris. Der größte europäische Konflikt seit 20 Jahren ist uns damit auch sehr nah. Und aus polnischer Sicht: Von Warschau bis zur ukrainischen Grenze sind es gerade mal 250 Kilometer. Deshalb tun wir Deutschen sehr gut daran, der polnischen Regierung sehr genau zuzuhören, ihre Befürchtungen, ihre Ängste ernst zu nehmen und darauf auch entsprechend Rücksicht zu nehmen.
Dabei müssen wir aber auch die Interessen der Ukraine selbst, Russlands und auch Polens, der baltischen Staaten und aller Nachbarländer mit berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, in diesem Jahr hat die neue Förderperiode der Europäischen Union begonnen. Der Landesregierung oblag es, eine Strategie zu entwickeln, wie wir mit den zurückgehenden Fördermitteln umgehen. Sie hat dazu drei Prioritäten benannt: Stärkung der Innovation, Bildung und Fachkräftesicherung und schonende und effiziente Ressourcennutzung. Das sind die richtigen Prioritäten; denn sie passen sich ein in unsere eigene Strategie „Stärken stärken“ auf der einen Seite und der Konzentration auf bessere Bildung und Ausbildung auf der anderen Seite.
Ich halte es auch für richtig, dass wir die Gelder stärker als bisher konzentrieren, um noch größere Effekte zu erzielen. Bildung und Ausbildung sowie Stärkung der Innovation sind zwei Seiten einer Medaille. Sie führt am Ende zu einer stärkeren Brandenburger Wirtschaft und damit auch zu mehr und besseren Arbeitsplätzen hier in Brandenburg. Deshalb ist das europäische Geld auch in Zukunft gut und richtig angelegt.
Meine Damen und Herren, neben den Förderprogrammen sehe ich noch drei weitere wichtige Aufgaben, die wir in den kommenden Jahren angehen müssen. Vertrauen und Verständnis füreinander wachsen vor allem durch Begegnung. Deshalb ist es mein Ziel, dass jeder Brandenburger Schüler, jede Brandenburger Schülerin einmal eine Klassenfahrt nach Polen machen kann.
Die Schülerinnen und Schüler sollen dort das neue, das moderne Polen kennenlernen, aber gleichzeitig auch verstehen, welche Verantwortung Deutschland angesichts seiner Historie hat. Deshalb muss es uns gelingen, die Mittel für Gedenkstättenfahrten sowie für Klassenfahrten nach Polen aufzustocken. Dieses Geld ist ein Wechsel auf die Zukunft, der sich doppelt und dreifach rentieren wird.
Seit einigen Jahren unterhält das Land Brandenburg mehrere Partnerschaftsbeauftragte, die in Osteuropa als Schaufenster Brandenburgs dienen und wichtige Kontakte zwischen Unternehmen, Verwaltung, Institutionen und Verbänden vermitteln. Die Partnerschaftsbeauftragten leisten eine sehr wichtige Ar
beit. Wir hatten Frau Menze, die Brandenburgbeauftragte in Großpolen, gestern hier zu Gast. Stellvertretend möchte ich allen Beauftragten von dieser Stelle aus meinen Dank aussprechen. Klar ist aber auch: Wir müssen das Instrument der Partnerschaftsbeauftragten weiterentwickeln. Sie sollen in den mittelosteuropäischen Partnerländern feste Ansprechpartner für Unternehmen und Verbände, Schulen und Hochschulen sowie für andere gesellschaftliche Akteure sein und damit ein Schaufenster für Brandenburg.
Und drittens werden wir uns in den kommenden Jahren noch stärker für den Ausbau der Infrastruktur einsetzen müssen. Brandenburg liegt in der Mitte Europas. Die Verkehrswege zeugen leider noch nicht immer davon. Wir brauchen schnelle Verbindungen in Richtung Stettin, in Richtung Prag, Warschau und Breslau. Die Verantwortung dafür liegt zu einem großen Teil bei der Bundesregierung und der polnischen Zentralregierung. Was wir aber tun können, ist, eine stärkere Lobbyarbeit zu organisieren. In der nächsten Wahlperiode sollten wir deshalb einen gemeinsamen parlamentarischen Unterstützerkreis aus Landtags-, Bundestags-, Sejm- und Sejmik- sowie Europaabgeordneten gründen. Ein solcher Unterstützerkreis kann die stockenden Projekte befördern helfen und dafür sorgen, dass wir hier schneller vorankommen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Meine Damen und Herren, Brandenburg liegt im Herzen Europas. Damit alle Brandenburger Europa auch im Herzen tragen, ist es sicherlich noch ein Stück des Weges. Verantwortung vor der Geschichte, Respekt vor den Nachbarn und Verlässlichkeit in der Sache sind die Bausteine, auf denen Brandenburg in den vergangenen Jahren Europapolitik betrieben hat. Brandenburg war damit erfolgreich und hat seinen Beitrag für ein gemeinsames Haus Europa geleistet. Es ist an jedem von uns, dass wir dieses Haus auch weiterbauen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie uns mit Ihrer Regierungserklärung heute die Möglichkeit geben, uns über das Thema Europa und die Zukunft des Landes Brandenburg in Europa auszutauschen.
Um es vorweg zu sagen: Vieles, ja, sogar das Meiste von dem, was Sie heute gesagt haben, war richtig.
Ich bezweifle zwar, ob es für den Ministerpräsidenten eines Landes wirklich eine gute Idee ist, wenige Tage vor einer Europawahl so in den Wahlkampf einzugreifen und dieses Thema somit zu einer parlamentarischen Wahlkampfauseinandersetzung zu machen,
Ich hätte dies nicht gesagt, wenn der Inhalt Ihrer Regierungserklärung so gewesen wäre, dass man wirklich etwas Neues daraus hätte entnehmen können, warum es gerade zum jetzigen Zeitpunkt wichtig ist, eine Regierungserklärung zum Thema Europa zu halten. Aber auch da haben Sie leider enttäuscht, Herr Ministerpräsident.