Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste!

„Nimm die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50 heraus aus der Welt, und es wird nicht genug übrig bleiben, um ihren Bestand zu sichern.“

Das sagte einst Henry Ford.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nähern uns dem Ende der Wahlperiode. Wie haben wir den Koalitionsvertrag umgesetzt? Wie haben wir unsere Vorstellungen, die wir zu Beginn der Legislaturperiode hatten, auf den verschiedenen Politikfeldern realisiert? Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass für die rot-rote Landesregierung die Sozialpolitik von besonderer Bedeutung war und ist. Ein wichtiger Bereich davon ist die Seniorenpolitik.

Das möchte ich an zwei Beispielen deutlich machen: 2013 lebten in Brandenburg mehr Menschen über 80 Jahre als unter 18-Jährige. Zudem wird ein Anstieg der Zahl pflegebedürftiger Menschen von aktuell etwa 96 000 um rund 70 % auf 162 000 im Land Brandenburg prognostiziert.

Ich möchte noch einen zweiten Fakt nennen - Herr Baaske hat es angedeutet -: Auch für Brandenburg ist mit einem Anstieg der Altersarmut aufgrund unterbrochener Erwerbsbiografien und dadurch niedrigerer Rentenansprüche zu rechnen. Der demografische Wandel ist also eines der brisanten Themen aktueller Sozialpolitik und betrifft alle Bevölkerungsgruppen. Uns geht es nicht nur um Pflege, Gesundheit, ambulante Versorgungsstrukturen - es geht um weit mehr. Es geht um Infrastruktur, es geht um Nahverkehr, es geht um barrierefreien, bezahlbaren Wohnraum, es geht um aktive Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und vieles mehr.

Hier muss die Politik reagieren und dies haben wir getan. Aus den von der Landesregierung festgelegten Leitlinien - die ich hier nicht noch einmal aufführen möchte; sie sind schon genannt worden - wird klar ersichtlich, dass Seniorenpolitik für uns ein wichtiger Bestandteil unserer Politik war und ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer Evaluation der Leitlinien in der Zeit vom Dezember 2010 bis 2011 wurden diese nochmals aktualisiert und den tatsächlichen Bedürfnissen der Seniorinnen und Senioren im Land angepasst. Die sich daraus ergebenden wichtigsten Themenfelder wie Wohnen, Pflege, Gesundheitsversorgung und Prävention sowie - das erwähne ich besonders - das ehrenamtliche Engagement fanden im Seniorenpolitischen Maßnahmenpaket dann auch ihren Niederschlag.

Das genannte Paket umfasst ca. 40 Maßnahmen, die auch konkret abrechenbar sind. Einige sind bereits erfüllt, einige werden in diesem Jahr ihren Abschluss finden, und einige werden aufgrund ihrer Langfristigkeit weiterlaufen - das ist auch ganz normal.

An dieser Stelle will ich wenigstens einige dieser Maßnahmen nennen. In den letzten Jahren gab es in den unterschiedlichen Regionen des Landes eine Vielzahl von Seniorenkonferenzen. Ich habe mitbekommen und war dabei, wie sich Seniorenbeiräte aktiv über die Seniorenpolitischen Leitlinien verständigt haben. Die Homepage „Wohnen im Alter“ mit wichtigen Informationen wurde eingerichtet; die Wohnungsbauförderung wurde auf den Schwerpunkt des generationsgerechten Wohnens ausgerichtet. Und ich sage Ihnen: Wir brauchen alternative Wohnformen, vor allen Dingen für Seniorinnen und Senioren da besteht noch Nachholbedarf. Das Bündnis „Gesund älter werden in Brandenburg“ wurde initiiert. Die Bildungsangebote für Seniorinnen und Senioren sind erweitert worden. Ich finde es sehr schön, dass heute in vielen Kreisen Seniorenakademien ganz selbstverständlich sind. Genannt worden ist auch die Einbeziehung der Brandenburger Rechtsvorschriften hinsichtlich der bestehenden diskriminierenden Altersgrenzen, aber dazu hat Sieglinde Heppener schon ausführlich berichtet.

Eine weitere Maßnahme - die wird uns in der nächsten Wahlperiode weiter beschäftigen - betrifft das Thema Pflege. Hier wurde die Brandenburger Fachkräftestudie „Pflege“ in Auftrag gegeben und realisiert. Wir können heute, am Ende dieser Wahlperiode, schon sagen: Wir werden ein pflegepolitisches Programm auf die Tagesordnung setzen - setzen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können feststellen: Die Seniorenpolitik ist bei uns in guten Händen. Wir haben den demografischen Wandel in all seinen Facetten erkannt. Wir sehen die Seniorinnen und Senioren nicht nur als Menschen mit möglichem Pflegebedarf, sondern auch als aktive und engagierte Bürgerinnen und Bürger. Nicht ohne Grund trägt das Seniorenpolitische Programm den bezeichnenden Titel „Aktives Altern in Brandenburg“.

Jetzt kommt es darauf an, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Mein Wunsch ist es, künftig alle sozialpolitischen Programme - vom Familien- und kinderpolitischen Programm über das behindertenpolitische und das gleichstellungspolitische Programm bis hin zum seniorenpolitischen und dem geplanten pflegepolitischen Programm - gut miteinander zu verzahnen und mit Leben zu füllen, denn das Maß an Aktivität und Unterstützungsbedarf kennt weder Altersgrenzen noch andere Grenzen. Also: Nutzen wir auch weiterhin die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50! - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch schön, wenn man ein Thema hat, bei dem man sich so einig ist.

(Zuruf der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

- Ursula, du bist nach mir dran, dann kannst du die Einigkeit wieder aufbrechen.

Wenn wir uns das, was uns hier als Drucksachen vorliegt, anschauen, stellen wir fest, wie der gegenwärtige Sachstand der Umsetzung des Seniorenpolitischen Maßnahmenpakets ist. Ich glaube, dass das Land Brandenburg an der Stelle gar nicht schlecht aufgestellt ist. Natürlich wissen wir, dass wir Herausforderungen im Bereich der Seniorenpolitik haben, die insbesondere die Frage der Pflege betreffen. Ich glaube auch, dass es ein Thema ist, bei dem wir nicht allein hier in Brandenburg die Lösungskonzepte haben - denken wir nur an die Leistungskataloge in der Pflege. Ich glaube, wenn wir ambulante Versorgung für ältere Menschen - gerade im ländlichen Raum, wo besonders viele ältere Menschen leben - umsetzen wollen, müssen wir uns die Pflegekataloge anschauen - das ist allerdings eine Bundesaufgabe -, damit wir auch vor Ort die pflegerische Versorgung für ältere Personen noch ausdehnen können.

Natürlich ist die Leitlinie 7 - Mobilität gewährleisten - ganz wichtig. Ich stelle mir immer die Frage, wie wir im ländlichen Raum angesichts der dort sinkenden Einwohnerzahlen noch Mobilität gewährleisten sollen. Am Ende sind es ganz oft die Dörfer, die abgeschnitten sind, in denen ältere Menschen wohnen. Da muss es auch ein Umdenken in den Verwaltungen geben, da muss es auch innovative Projekte geben. So hat die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft im Landkreis Uckermark das KombiBus-Projekt auf den Weg gebracht, an das auch Versorgungsdienstleistungen angeschlossen sind. Da brauchen wir einfach ein neues Überlegen.

Ich glaube aber, wenn wir sehen - ich will das jetzt nicht ausdehnen -, was hier bereits an Umsetzung stattgefunden hat, stellen wir fest, dass wir zumindest auf dem richtigen Weg sind und insbesondere die Seniorenpolitik und das Potenzial der älteren Menschen in diesem Land angekommen sind. Es ist nicht nur insoweit angekommen, als wir sagen, dass wir ältere Menschen brauchen - wie es im Bericht steht -, weil wir einen drohenden oder bereits eingetretenen Fachkräftemangel haben. Nein, es geht auch um das Verständnis, dass wir in der Gesellschaft insgesamt die Erfahrungen der älteren Menschen brauchen und dass das auch für die jüngeren Menschen eine gute Chance ist, von den Älteren zu lernen.

Hinsichtlich der Altersgrenzen haben wir im Ausschuss einstimmig eine entsprechende Beschlussempfehlung abgegeben, obwohl wir eine Diskussion hatten. Ich glaube, es ist absolut richtig, was die Kollegin Heppener gesagt hat: Wenn wir Gesetze verändern oder neue Gesetze einbringen, ist es wichtig, einen Alters-Check durchzuführen. Ich glaube, das ist momentan auch wirklich notwendig. Natürlich kann solch ein Ausschuss nicht plötzlich einzelne Gesetze anpacken - das muss entweder von der Landesregierung oder den entsprechenden Fraktionen eingebracht werden -, aber die Intention ist absolut richtig. Ich erinnere daran, dass wir als FDP-Fraktion den Antrag eingebracht haben, die Höchstgrenze für kommunale

Wahlbeamte aufzuheben - das ist in dem Bericht der Landesregierung auch aufgeführt worden.

Insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, dass wir zum Ende dieser Legislaturperiode bei diesem Thema ein gutes Stück weitergekommen sind. Ich bin sicher, dass dieses Thema auch in den kommenden Jahren wichtig ist und dann auch im Mittelpunkt - welcher Regierung auch immer - stehen wird. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und DIE LINKE)

Die Abgeordnete Nonnemacher spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Zum Ende der Wahlperiode und pünktlich zum angeforderten Termin legt uns die Landesregierung ihren Bericht vor und will die Älteren mit ihrer Politik des aktiven Alterns natürlich auch ein wenig hofieren. Die aktiven Alten sollen sogar zum Motor der gesellschaftlichen Entwicklung werden. Dafür schlägt die Landesregierung für die nächste Legislaturperiode ein neues pflegepolitisches Programm vor, das nur noch vier prioritäre Handlungsfelder enthalten soll: Pflege, Wohnen, Gesundheitsversorgung und Prävention sowie bürgerschaftliches Engagement.

Damit reduziert die Landesregierung in unseren Augen die Fortschreibung des Seniorenprogramms zu stark auf Pflegepolitik und konterkariert zumindest teilweise die Intention des aktiven Alterns. Seniorenpolitik ist doch aber vielfältiger. Dazu gehören Dinge wie der altersgerechte Stadtumbau und die Entwicklung des ländlichen Raumes, die Bildung, lebenslanges Lernen und die Arbeit - wie sie noch im Seniorenpolitischen Maßnahmenpaket zu finden waren. Gerade bei steigender Lebenserwartung der Menschen werden altersadäquate Arbeitsbedingungen doch immer bedeutsamer. Es wäre jammerschade, würden die interessanten Ergebnisse der Fachkräftestudie Pflege nur als pflegepolitisches Programm fortgeschrieben. Das Ziel, Seniorenpolitik mit Pflegepolitik zu verklammern, ist auf jeden Fall nicht der Weisheit letzter Schluss. Seniorenpolitik ist mehr als Pflege.

Maßnahme 1 des Seniorenpolitischen Maßnahmenpakets wurde gut abgearbeitet und einer umfangreichen Überprüfung und Bewertung der Altersgrenzen in den Rechtsvorschriften unterzogen. Hier konnte unsere Fraktion erreichen, dass der sehr instruktive Bericht in alle einschlägigen Ausschüsse überwiesen und dort diskutiert wurde, mit unterschiedlicher Tiefe zwar - wir hatten sehr gute Diskussionen im Innenausschuss und im Sozialausschuss -, aber immerhin, er wurde weitgehend diskutiert.

Wir kritisierten im Innenausschuss die Altersgrenzen bei kommunalen Wahlbeamten, denn in Brandenburg können nur Menschen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister werden, die bei der Wahl nicht älter als 62 Jahre sind. Die Altersgrenzen im Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte sind teilweise sehr willkürlich und zu hinterfragen. Im Rechtsausschuss wiesen wir auf die Höchstaltersgrenzen für Verfassungsrichterinnen und -richter sowie Justizwachtmeister hin. Auch die Altersuntergrenze von 40 Jahren für den Landesrechnungshofpräsidenten wollen wir ändern. Im Gesundheits- und Sozialbereich

sprachen wir uns für eine Änderung der Altersgrenzen bei Kindern mit schweren Behinderungen auch schon vor dem ersten Lebensjahr aus. Ebenso ist die hälftige Zuerkennung von Blindengeld für Personen unter 18 Jahren kritisch zu sehen.

Bei einigen der aufgeführten Beispiele hätte man schon in dieser Wahlperiode tätig werden können, zum Beispiel bei dem schon erwähnten Antrag der FDP-Fraktion bezüglich Altersgrenzen von kommunalen Wahlbeamten, den wir sehr unterstützt haben. Obwohl wir also erheblichen Handlungsbedarf sehen - bei mehr als den 16 als überarbeitungswürdig angesehenen Normen - und Änderungswünsche haben, wollten wir jetzt am Ende der Legislaturperiode nicht mit undiskutierten Schnellschüssen auf eine Beschlussfassung drängen, zumal einige dieser Änderungen doch mit erheblichen finanziellen und dienstrechtlichen Konsequenzen behaftet sind und sorgfältiger Beratung bedürfen.

Wir werden die Änderungen der Rechtsvorschriften im Auge behalten und in der nächsten Legislaturperiode auf Abarbeitung hinwirken. Besonders begrüßen wir den schon öfter erwähnten Check auf altersdiskriminierende Vorschriften, den sich ja jetzt alle Fraktionen auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ich denke, das ist eine sehr gute Intention.

Abschießend noch ein kurzes Wort zum Handlungsfeld Arbeiten: Die wichtige Leitlinie „Erwerbstätigkeit ermöglichen“ befindet sich künftig nicht mehr unter den prioritären Handlungsfeldern, und das sehen wir als problematisch an. Wir wollten doch gerade erreichen, dass Ältere länger beschäftigt werden können - einerseits, um die Fachkräfteprobleme der Betriebe zu mindern, aber andererseits, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, gesund und aktiv bis zum Rentenalter und - wenn sie wollen - noch darüber hinaus zu arbeiten. Die Unternehmen und Betriebe haben dieses Thema längst als prioritär erkannt, nur die Landesregierung zieht sich da etwas zurück. Ich meine, in der neuen Seniorenpolitik darf die Erwerbsarbeit als Handlungsfeld nicht fehlen.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Wir sind damit am Ende der Debatte angelangt, und ich beende die Aussprache.

Damit sind die Berichte der Landesregierung in den Drucksachen 5/8935 und 5/8307 sowie die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie in Drucksache 5/9003 von Ihnen zur Kenntnis genommen worden. Da die Beschlussempfehlung lediglich darin besteht, die Berichte und die Beschlussempfehlung zur Kenntnis zu nehmen, müssen wir darüber nicht abstimmen. Dem sind wir sowieso nicht entgangen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 20 und rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Kommunen stärken - Leistungsfähigkeit erhalten Identität bewahren

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/9014

Der Abgeordnete Wichmann beginnt die Debatte für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit dem Antrag „Kommunen stärken - Leistungsfähigkeit erhalten - Identität bewahren“ wollen wir heute, am Ende Wahlperiode und knapp zwei Wochen vor den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014, ein Signal an unsere kommunale Familie, an diejenigen im Land aussenden, die in den Kommunen ehrenamtlich aktiv sind.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion B90/GRÜNE)

- Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt; das muss ich ehrlich sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Ich denke, es ist eine wichtige Debatte. Wir debattieren viel zu selten über unsere Städte, Gemeinden und Landkreise hier in diesem Hohen Haus.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

- Hören Sie sich doch erst einmal meine Rede an!

Vielleicht können Sie meinen Argumenten heute folgen und sich ihnen sogar anschließen, wenn ich sage, dass unsere kommunalen Mandatsträger seit 1990 doch auch Garanten und Gestalter unserer kommunalen Selbstverwaltung in Brandenburg waren und auch sind. Ich weiß, wovon ich rede, im Gegensatz zu vielleicht manchem Kollegen hier im Haus. Ich bin seit 1998 ehrenamtlich als Kommunalpolitiker im Kreistag Uckermark tätig.

(Frau Mächtig [DIE LINKE] und Domres [DIE LINKE]: Ich auch!)