Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Woher wollen Sie das Geld für diesen Fonds nehmen, und wie viel soll in diesen Fonds hineingegeben werden? Das sind Fragen, die einfach gestellt werden.

Wie soll die konkrete Schadensermittlung aussehen, die auch nicht vom Landesrechnungshof kritisiert werden wird? Wie wollen Sie dabei Landnutzergruppen und Naturschutzverbände unter einen Hut bekommen?

(Schippel [SPD]: Gar nicht! Was wollen wir mit denen?! - Gelächter bei der CDU)

Unabhängig davon ist uns allen doch hoffentlich klar, dass wildlebende Tiere zu unserer Umwelt dazugehören. Biber, Gänse oder Kormorane sind doch keine staatlichen Schikanen.

(Beyer [FDP]: Da wäre ich ganz vorsichtig!)

Sie gehören einfach zur Natur dazu.

Und Sie wissen es doch: Sobald Arten einen guten Erhaltungszustand erreicht haben, erlaubt das Naturschutzrecht Schadensabwehr, wenn wirtschaftliche Schäden nachgewiesen werden.

Die Landesregierung hat mit der Kormoranverordnung und auch der Biberverordnung gezeigt, dass sie Möglichkeiten nutzt, die das Europäische Naturschutzrecht erlaubt; Herr Beyer ist darauf eingegangen.

Außerdem: Es gibt Flächenprämien, die die Landwirte nach den Voraussetzungen des europäischen Umweltrechts erhalten. Dazu gehören eben auch Artenschutzvorschriften der FFH-Richtlinie.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, Schäden durch vorbeugende Maßnahmen zu vermeiden, und dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Beim Biber haben wir die in den letzten Monaten ausführlich diskutiert. Es sollte in unser aller Interesse sein, Schadensprävention nicht wegen sicher scheinenden Schadensersatzzahlungen zu leben. Beim Biber haben wir bereits dafür votiert, dass Präventionsmaßnahmen auch weiterhin mit EU-Mitteln gefördert werden können. Das ist wichtig, und da, denke ich, sind wir uns auch alle einig, ebenso bei existenzbedrohenden Härtefällen. Da müssen Wege gefunden werden, um den Betrieben zu helfen. Ich denke, da sind wir uns auch alle einig.

Die Schäfer - das hat die Ausschusssitzung eindrucksvoll gezeigt - haben es wirklich nicht leicht, und sie erhalten vom Land vollständig und unbürokratisch Entschädigungen für vom Wolf verursachte Schäden.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Abschluss noch einmal an den zuvor zitierten Artikel anknüpfen. Die Überschrift bringt es genau auf den Punkt: Ihr Antrag ist ein Fass ohne Boden, und genau deswegen werden wir ihm auch nicht zustimmen.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Jungclaus setzt die Debatte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Mit dem Wahlkampfvorwurf komme ich jetzt mal nicht; dann dürften wir hier in den letzten zwölf Monaten vor der Wahl gar keine Debatten mehr führen.

(Beyer [FDP]: Nein, wir haben ja noch einen weiteren Ta- gesordnungspunkt!)

Ich werde inhaltlich auf den Antrag eingehen. Nachdem die CDU-Fraktion im letzten Jahr schon Mücken den Kampf angesagt hat, um Touristen und andere Erholungsuchende zu schützen, steht heute die Bedrohung durch Kranich, Biber & Co. im Vordergrund. Land- und Forst- sowie Fischereiwirte haben es zwar noch nicht auf die „Rote Liste der bedrohten Berufszweige“ geschafft, dennoch soll die Auflegung eines allgemeinen Ausgleichsfonds für wirtschaftliche Schäden durch geschützte Arten geprüft werden. Ich habe allerdings erhebliche Schwierigkeiten, mir auszumalen, wie das Ganze praktisch auch nur annähernd funktionieren soll.

Wenn ich den Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion näher betrachte, beschleicht mich das Gefühl, dass Sie das selbst nicht so richtig wissen. Der Antrag enthält mehr Fragen als Antworten. Daher fordern Sie - wie so oft -, der Landesregierung einen Prüfauftrag zu erteilen. Sie wissen weder, in welchem Ausmaß es in der Vergangenheit zu wirtschaftlichen Schäden durch geschützte Arten gekommen ist, noch ist geklärt, wann wir überhaupt von einem wirtschaftlichen Schaden sprechen.

Wie wollen Sie mit vertretbarem Aufwand ermitteln, ob und in welchem Umfang Schäden tatsächlich von geschützten Arten verursacht wurden? Webcams zur Dauerüberwachung in unserer Landschaft werden, denke ich, nicht aufgestellt. Wer trägt die Kosten für entsprechende Gutachten? Und vor allen Dingen: Was kommt als Nächstes? Pfirsichbaumbesitzer, die Verbissschäden durch unter Schutz stehende Hornissen ersetzt bekommen?

Schon der Titel des Antrags macht meiner Meinung nach deutlich, dass Sie das Thema Artenschutz leider ausschließlich von seiner negativen Seite her betrachten. Sie zielen zwar auf nicht bezifferbare Schäden ab, lassen aber gänzlich unerwähnt, dass Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft selbst immens von einer

intakten Natur profitieren und nur auf dieser Grundlage überhaupt wirtschaften können. Es gibt durchaus auch Fälle, bei denen die Landwirtschaft ganz froh über vom Biber erhöhte Grundwasserstände ist, nämlich dann

(Lachen des Abgeordneten Schippel [SPD] sowie bei FDP und CDU)

- ja, ja! -, wenn wir trockene Sommer, eine längere Trockenperiode haben. Dann ist nämlich das Gejammer auch groß, dass die Landschaft zu trocken ist.

(Genilke [CDU]: Wo ist das?)

Den wirtschaftlichen Nutzen des Artenschutzes klammern Sie aber vollkommen aus, und für die Leistung einer intakten Natur zahlen die Landnutzerinnen und Landnutzer schließlich auch nicht in eine Art Umwelt- oder Artenschutzkasse. Doch gerade im Agrarbereich hat die industrialisierte Landwirtschaft bereits zum deutlichen Rückgang der Artenvielfalt geführt, ohne - andersherum - beispielsweise Entschädigungen für Artenschutzmaßnahmen zu zahlen. Im Gegenteil, gerade die Landwirtschaft ist bereits hochsubventioniert. In Brandenburg fließen jährlich 370 Millionen Euro öffentliche Gelder in Form von Direktzahlungen an die Landwirtschaft. Lassen Sie die Landnutzerinnen und Landnutzer doch selbst einen eigenfinanzierten solidarischen Ausgleichsfonds schaffen, wenn sie es für notwendig erachten. Steuergelder oder Mittel des Naturschutzfonds haben hier jedenfalls nichts zu suchen.

Wenn es bei Einzelnen durch unglückliche Umstände zu existenzbedrohenden Schäden kommen sollte, können wir natürlich gern über Unterstützungsmöglichkeiten reden, aber einen allgemeinen Anspruch auf Entschädigung lehnen wir ab.

Was wir befürworten, sind Angebote für weitere Präventionsmaßnahmen. Im Ausschuss haben wir auch gerade alle gemeinsam beschlossen, dass vom Umweltministerium beim Thema Biber die Schaffung eines Akzeptanzfonds bei der Gewässerunterhaltung geprüft wird. Deshalb wundert es mich ein bisschen, dass Sie mit dem Thema hier noch einmal aufschlagen.

Ich möchte die Gelegenheit dieser Debatte aber auch dazu nutzen, kurz daran zu erinnern, dass es im Artenschutz noch eine Menge zu tun gibt. Jede zweite Tierart steht auf der Roten Liste. Wenn die CDU-Fraktion in ihrem Antrag schreibt, dass sich viele geschützte Tierarten grundsätzlich positiv entwickelt haben, und auf den Nationalen Bericht nach Artikel 17 der FFHRichtlinie verweist, dann frage ich mich allerdings schon, wie die CDU solche Berichte liest.

Auf der Homepage des Bundesamtes für Naturschutz ist knapp zusammengefasst dargestellt, dass sich in der kontinentalen Region nur 22 % der FFH-Arten in einem günstigen Erhaltungszustand, 61 % sich jedoch in einem unzureichenden oder schlechten Erhaltungszustand befinden. Es gibt aus unserer Sicht jedenfalls keinen Anlass zu einer beschönigenden Darstellung dieser Situation, wie es für uns auch keinen Anlass gibt, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Frau Ministerin Tack spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Debatte und die vielfältigen Argumente. Ich will kurz noch einmal darauf eingehen:

Die Einrichtung eines Akzeptanzfonds für Schäden durch geschützte Tierarten wird ja öfter mal ins Spiel gebracht - wie auch heute - und vor allen Dingen immer dann, wenn man nicht akzeptieren kann, Herr Schippel, oder nicht akzeptieren will, dass zu einer intakten Lebensumwelt auch wildlebende Tiere und Pflanzenarten gehören.

(Bretz [CDU]: Also jetzt reicht‘s aber! Gerade Herr Schippel! Herr Schippel ist jetzt mein Freund! - Geläch- ter bei der CDU - Unruhe im Saal - Glocke des Präsiden- ten)

Das will ich noch einmal ganz dick unterstreichen. Wir profitieren doch alle davon, wenn wir eine gesunde Lebensumwelt haben, und hier ist insbesondere die wirtschaftliche Tätigkeit im Land, nämlich der Tourismus - als ein besonders wachsender, boomender Wirtschaftszweig der Naturtourismus - zu erwähnen.

Es gibt im Bundesnaturschutzgesetz keine Regelung zur Entschädigung von durch geschützte Tierarten verursachten Schäden, meine Damen und Herren. Sie haben hier als Gesetzgeber in Brandenburg in der Anpassung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes an das Bundesnaturschutzgesetz im vergangenen Jahr auch keine Regelung zur finanziellen Entschädigung aufgenommen. Auch in den Haushaltsberatungen gab es solche Anträge so nicht. Ich finde - das ist schon von Frau Steinmetzer-Mann und Herrn Jungclaus dargestellt worden -, auch aus gutem Grund: Eine gesetzliche Entschädigungsregelung wäre - das ist so, es gibt Erfahrungsträger - ein Fass ohne Boden und vor allen Dingen ein bürokratisches Monster.

Mit Ihrem Antrag haben Sie noch einmal bewiesen: So richtig wissen Sie auch nicht, aber es klingt immer gut, Akzeptanz zu schaffen für Schäden, die geschützte Tiere angerichtet haben.

Will also sagen: Es macht so, wie Sie zu argumentieren versucht haben, keinen Sinn. Und ich will Sie daran erinnern Herr Dombrowski hat es auch erwähnt -: Es gab zu Mitregierungszeiten der CDU ein Gänsemanagement - da waren 2 Millionen DM eingestellt -, aber es hat mehr Unzufriedenheit geschaffen als Zufriedenheit, sodass dann die Reißleine gezogen und es eingestellt worden ist.

Ich finde, es ist zu diesem Zeitpunkt und auf diese Art und Weise wohlfeil, einen Ausgleichsfonds zu fordern, der zusätzliche Mittel akquirieren soll, denn die Frage „Wer finanziert diesen Fonds, wer speist ihn?“ lassen Sie völlig offen. Darauf gibt es keine Antwort.

(Beyer [FDP]: Das ist ein Prüfauftrag!)

Ich hätte schon gern gewusst, was Sie sich da so vorstellen, woher das Geld kommen soll, wer aufgefordert werden soll, in diesen Fonds einzuzahlen.

Die vorangegangenen Landesregierungen haben schon Prüfungen durchgeführt. Ich erinnere an die Schaffung eines Ausgleichsfonds für den Alleenschutz. Das ist auch nicht zustande gekommen. Niemand hatte eine Antwort: Wer speist den Fonds freiwillig, und wer stellt die finanziellen Mittel zur Verfügung?

Meine Damen und Herren! Wenn wir in Brandenburg von Nutzungskonflikten oder von Schäden durch geschützte Tierarten reden, meinen wir in aller Regel Schäden an landwirtschaftlichen Nutzflächen; das ist schon dargestellt worden. Deshalb will ich darauf hinweisen, dass in Brandenburg - in anderen EU-Ländern auch - die Landwirtschaft vom europäischen Steuerzahler und damit von jedem von uns gefördert wird. Das ist auch richtig so. Jeder Flächenbewirtschafter/jede Flächenbewirtschafterin erhält eine Prämie von bis zu 300 Euro pro Hektar für eine dauerhaft umweltgerechte Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen. Sie wissen, welch große Aufgabe das ist. Mancherorts wird sie vielleicht nicht ganz zufriedenstellend erfüllt.

Die Europäische Kommission nennt als Voraussetzung bzw. Begründung für die europäische Landwirtschaftspolitik die Erhaltung der Gemeingüter und der biologischen Vielfalt. Es wird eindeutig beschrieben, warum es diese Direktzahlungen bzw. Flächenprämien gibt. Der Ausgleichsfonds, von dem in dem Antrag die Rede ist, existiert bereits. Er dient dazu, die natürlichen Ressourcen zu erhalten und zu regenerieren. Das ist die Aufgabe, deshalb gibt es diese Prämie.

Zu den in diesem Zusammenhang zu nennenden Arten gehören bei uns in Brandenburg die Gänse und die Kraniche des großen transeuropäischen Vogelzuges, aber auch die Biber und die Fischotter. Letztere waren - Sie erinnern sich sicherlich - vor kurzem noch vom Aussterben bedroht. Wir können durchaus stolz darauf sein, dass wir sagen können: Es ist ein Erfolg der Umweltpolitik des Landes Brandenburg in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten, dass diese Arten heute nicht mehr gefährdet sind.

Ich bin Herrn Beyer dankbar, dass er die Tierarten aufgezählt hat, die unter das Jagdrecht fallen. Über die Jagdabgabe gibt es auch im Verantwortungsbereich des Landwirtschaftsministeriums Möglichkeiten, entsprechend zu reagieren.

Meine Damen und Herren! Nutzungskonflikte mit Tieren werden in unserem Land auf der Grundlage der geltenden Gesetze gelöst. Für die Abwendung erheblicher Schäden gelten die gesetzlichen Regelungen der Ausnahme bzw. Befreiung vom Bundesnaturschutzgesetz. Die Zugriffsmöglichkeiten werden, wie die Diskussion um die Verordnung zum Bibermanagement und zur Kormoranverordnung zeigt, in Brandenburg ausgeschöpft und, wie ich finde, zielgenau angewendet.

Für Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Schäden durch geschützte Arten stehen EU-Mittel zur Verfügung; diese sind auch für die nächste Förderperiode eingeplant. Wir wissen aber - deshalb stellt sich durchaus die Frage nach dem Geld -, dass weniger als in der aktuellen Förderperiode zur Verfügung stehen wird.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenn Sie mit diesem Antrag eine Erwartungshaltung hinsichtlich neuer fi

nanzieller Unterstützung wecken, müssen Sie uns allerdings stichhaltig darlegen - Herr Dombrowski hat noch Redezeit -, wer diese finanziellen Mittel in welcher Größenordnung aufbringen soll. Wir haben jedenfalls Interesse daran, das zu hören.