Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass wir bei der Aufzählung der Themen und Punkte unter Tagesordnungspunkt 5 Geduld haben müssten. Ich will es nicht wiederholen; meine fünf Minuten Redezeit wären sonst vorbei. Ich will vielmehr ein Dankeschön an die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Ausschusses für Haushaltskontrolle sagen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Ich möchte auch den Mitgliedern anderer Ausschüsse, mit denen wir zusammengearbeitet haben, danken. Es war ja eine neue Dimension, die wir gewagt haben, und das war gut so. Die Ergebnisse haben uns gezeigt, dass es richtig ist, den Blick

immer wieder über den eigenen Ausschussrand zu anderen Ausschüssen hin zu wagen. Dieses Dankeschön an Sie verbinde ich aber auch mit einem besonderen Dank an den Landesrechnungshof.

(Beifall SPD, B90/GRÜNE und des Abgeordneten Senft- leben [CDU])

Was wären wir ohne den Landesrechnungshof?! Er trifft die Feststellungen, die die Grundlage für die Berichte der Abgeordneten sind. Dank dieser Feststellungen haben wir ein sehr hohes Niveau in der Auseinandersetzung - die findet natürlich statt - und in den Ergebnissen.

Denn es ist ja nicht so leicht, den Mitgliedern der Landesregierung gegenüberzusitzen. Oder sollte ich es umgekehrt sagen? Es ist für die Mitglieder der Landesregierung nicht so leicht, uns gegenüberzusitzen, nachdem die Feststellungen des Landesrechnungshofes getroffen sind und wir die Berichte der Abgeordneten auf dem Tisch haben und dann darüber reden, wie wir bestimmte Dinge im Haushaltsgebaren verbessern können. Da habe ich im Laufe der Zeit eine Feststellung gemacht, die mir wichtig ist, hier zu äußern:

Die Mitglieder der Landesregierung kommen nicht auf dem hohen Ross sitzend daher, sondern sie sind durchaus bereit, darüber zu diskutieren, was festgestellt worden ist, nicht mit festgefügter Position, sondern oft auch mit der Überlegung: Wie können wir das Beste für das Land tun? Das ist auch ein kleines Lob, wenn ich das so verklausuliert sagen darf.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Wir haben natürlich ganz konkrete Themen - die Präsidentin hat sie aufgezählt - behandelt, und ich bitte Sie dann auch um die entsprechenden Entlastungen. Ein Thema war Vermögen und Schulden. Beim Vermögen haben wir einen Begriff - Wohnungsbauvermögen -, der meiner Auffassung nach nicht so ganz treffend ist, denn das Wohnungsbauvermögen sind natürlich Schulden, wie, glaube ich, alle hier wissen. Wenn wir das zusammenzählen, dann kommen wir auf rund 20 Milliarden. Das ist viel, und da muss man etwas tun. Das hat die Landesregierung erkannt, das haben aber auch wir alle erkannt, denn der Landtag fasst die Beschlüsse zum Haushalt und zu den Finanzen.

Wir alle haben erkannt, dass wir keine neuen Schulden aufnehmen können und in den Schuldenabbau eintreten müssen. Dies ist jetzt geschehen, könnte vielleicht stärker sein, aber wir haben auch Prioritäten gesetzt. Gestern ist darüber intensiv diskutiert worden. Es hat mir schon gefallen, auch dass die Opposition so harte Anträge in Richtung Thema Bildung, in Richtung Thema Wissenschaft, auch Technologie stellt, denn das sind die Dinge, die wir in den vielen Jahren, die wir hier Verantwortung in diesem Landtag getragen haben, immer nach vorn gestellt haben.

Etwas zu kurz gekommen scheint mir - zumindest in letzter Zeit - das Thema Infrastruktur. Das hat sich in den Diskussionen oft gezeigt, da sind inzwischen auch Korrekturen auf dem Wege, die nach meinem Dafürhalten auch unbedingt sein müssen.

Wie kann man es in der Zukunft machen? Wir haben - das wurde gestern auch diskutiert, und ich war auch sehr erfreut darü

ber, weil ich schon dachte, das verschwinde irgendwo in einer Schublade - über die Ergebnisse und Vorschläge der Enquetekommission 5/2 gesprochen - etwas sehr Wertvolles, sozusagen ein Drehbuch, eine Regieanleitung für uns alle in der Zukunft, aber insbesondere für die Landesregierung. Und da möchte ich schon, dass dies nicht in den Schubladen verschwindet und in der neuen Legislaturperiode wieder bei null angefangen wird, sondern dies auch in der Zukunft Richtschnur unseres Handelns sein wird, denn wir können das Geld nur einmal ausgeben.

Wenn wir die Qualität der Verwaltung - ob es nun die kommunale Ebene ist, ob es die Ebene des Staates ist -, egal welche Ebene wir nehmen - betrachten, stellen wir fest: Wir haben dort Nachholbedarf, müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern bessere Qualität liefern. Auch wenn wir uns in der Vergangenheit alle Mühe gegeben haben, müssen wir feststellen: Da muss immer wieder neu geregelt und nachgeregelt werden. Dafür war die Enquetekommission gut, und ich möchte gern, dass wir uns das bewahren.

Das war meine letzte Rede in diesem Landtag nach 24 Jahren. Ich bedanke mich bei Ihnen allen und wünsche Ihnen allen ganz herzlich alles Gute - persönlich und politisch! - Danke schön.

(Anhaltender starker allgemeiner Beifall)

Vielen Dank für die geleistete Arbeit und auch für den Beitrag - der von uns großzügig mit Redezeit bedacht wurde.

(Heiterkeit)

Wir kommen nunmehr zum Vorsitzenden des Landesrechnungshofes. Herr Weiser, Sie haben das Wort.

Herr Weiser (Präsident des Landesrechnungshofes Bran- denburg):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Dass der Präsident des Landesrechnungshofs im Plenum das Wort ergreift, ist nicht üblich. Herr Vogel hatte bei der letztjährigen Debatte bedauert, dass der Landesrechnungshof seit 20 Jahren sein in Ihrer Geschäftsordnung verankertes Rederecht nicht genutzt hat. Das will ich heute tun.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Bravo! - Vereinzelt Beifall SPD, DIE LINKE, CDU)

Das Rederecht ist ein Privileg, denn nur in wenigen Bundesländern darf der LRH-Präsident überhaupt vor dem Parlament sprechen. Erst im vorigen Jahr hatte der Landtag SchleswigHolstein einen entsprechenden Antrag mehrheitlich abgelehnt. Begründung: Der LRH soll kein politischer Akteur werden. Diese Feststellung ist zwar richtig, aber sie trägt meines Erachtens die Ablehnung des Antrags nicht, denn zum einen kann man auch reden, ohne sich politisch zu positionieren, und zum anderen muss man auch nicht zu allem und jedem etwas sagen.

(Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE)

Maß und Mitte zu bewahren ist deshalb meine Vorgabe, und ich hoffe, ich bewahre auch heute Maß und Mitte, denn im Regel

fall richten sich kritische Bemerkungen an die Landesregierung. Die heutige Debatte ist aber traditionsgemäß eher eine einvernehmliche, weil mit ihr ein mehrjähriger Haushaltskreislauf abgeschlossen wird.

In diesem Kreislauf spielt der Haushaltskontrollausschuss die entscheidende Rolle. Die Zusammenarbeit mit diesem Ausschuss - und jetzt blicke ich zum Vorsitzenden, Alwin Ziel, meinem Vorredner - war stets harmonisch und gut. Ich danke ihm für die Zeit, die ich mit ihm zusammen in diesem Ausschuss sein durfte, noch einmal ganz herzlich.

(Allgemeiner Beifall)

Die den heutigen Abschluss vorbereitenden Gespräche mit allen Fraktionen verliefen auch immer sehr effizient und fachkundig. Das gilt im Übrigen auch für die Staatssekretärin des MdF, die bei den vorbereitenden Gesprächen meist beteiligt war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manche Lebensweisheit eignet sich auch als Leitlinie für eine solide Haushaltspolitik: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!“ Dieses alte Sprichwort kennt jeder, und es ist, so banal es auch klingt, wirklich weise.

Der Haushaltsüberschuss des letzten Jahres wurde teilweise Herr Ziel hat darauf hingewiesen - und ich betone: endlich zum Abbau der Altschulden eingesetzt. Haushaltsüberschüsse zur Ablösung von Altkrediten zu verwenden hat der Landesrechnungshof schon lange gefordert.

Das Finanzministerium hat im Hinblick auf die Höhe der Gesamtverschuldung des Landes von fast 18 Milliarden Euro ohne Wohnungsbau - zwar auch schon argumentiert, dass ein Schuldenabbau allein das Risiko zukünftiger höherer Zinsausgaben nicht gänzlich auffangen kann - das ist sicher nicht ganz falsch -, aber ein stetiger und möglichst auch verstärkter Altschuldenabbau erhöht Zug um Zug die finanziellen Spielräume, um auch in den kommenden Jahren, falls die Kreditzinsen da bin ich mir sicher - wieder ansteigen sollten, Haushalte ohne neue Schulden planen und vollziehen zu können.

Schuldenabbau muss gerade in Zeiten auskömmlicher Haushalte stattfinden. Deshalb begrüße ich es auch, dass Finanzminister Görke bei der Präsentation der Eckwerte des Doppelhaushalts 2015/2016 Ende Februar des Jahres mit dem Kabinett angekündigt hat, zukünftige Haushaltsüberschüsse mindestens hälftig zum Abbau der Altschulden zu verwenden. Es verbleibt nämlich nur noch die kommende Legislaturperiode, um die Weichen für die - ich betone - nachhaltige Einhaltung der Schuldenbremse in den Jahren ab 2020 ff. zu stellen. Denn bei dieser Vorgabe handelt es sich nicht um eine einmalige Übung. Um strukturelle, also dauerhaft wirkende Einsparungen zu erzielen, muss die Landesregierung bzw. der Gesetzgeber - Sie - den Anteil aller Ausgaben, die dem Grunde und der Höhe nach rechtlich festgelegt sind, reduzieren. Diese Aufgabe ist - das weiß ich nur zu gut - nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Wer immer nach dem 14. September die politische Verantwortung hier in Brandenburg tragen wird, sollte jedenfalls nicht der Versuchung erliegen, es in diesen wirtschaftlich guten Zeiten mit dem Sparen nicht so ernst zu nehmen. Zugegeben: Das Land - darauf wurde heute auch in anderen Debatten hingewie

sen - befindet sich derzeit wirklich in einer recht komfortablen Lage. Die Kreditzinsen sind so niedrig wie nie zuvor, die Steuereinnahmen sprudeln kräftig; die Steuerschätzung der letzten Woche hat diesen Trend bestätigt. Das ist aber eine Momentaufnahme; davon sollte sich niemand blenden lassen. Das Ziel dauerhafter, strukturell ohne Aufnahme neuer Schulden ausgeglichener Haushalte sollte Maßgabe jeglichen politischen Handelns sein. Das bedeutet nicht - auch das möchte ich betonen -, dass man für wirklich sinnvolle, notwendige Zwecke nicht auch weiterhin Geld ausgeben soll und vielleicht sogar Geld ausgeben muss.

Die Bürgerinnen und Bürger - jedenfalls in ihrer Gesamtheit wissen eine solche vorsorgende Politik zu schätzen. Sie ist im Sinne der Generationengerechtigkeit. Ich bin mir sicher, dass sie gerade bezüglich des Altschuldenabbaus mehrheitlich fragen werden: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ich komme zum Schluss. „Gute Zeiten - schlechte Zeiten“ viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland kennen dieses TV-Produkt aus Potsdam-Babelsberg.

(Lachen der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Was auch immer von dieser Fernsehserie zu halten ist, ihr Titel spiegelt die Realität. Wir haben gerade gute Zeiten, aber eines ist sicher: Es kommen auch wieder schlechtere. Dieses Auf und Ab der wirtschaftlichen Lage kann die Politik, zumal die Landespolitik, nur bedingt beeinflussen. Was sie aber kann, ist die politische Steuerung der hiermit einhergehenden finanzpolitischen Konsequenzen. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!“ ist daher nicht nur eine Lebensweisheit. Dieses Sprichwort kann auch Grundlage eines erfolgreichen politischen Programms sein. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Stark hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Auch ich möchte mich dem Dank aller Akteure zunächst an unseren langjährigen Ausschussvorsitzenden Alwin Ziel anschließen. Vielen Dank für die konstruktive Arbeit in der Ausschussführung!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Dank auch an die Kollegen im Haushaltskontrollausschuss, Dank an den Präsidenten des Landesrechnungshofes, aber auch an die Vertreter der Landesregierung, die uns im Haushaltskontrollausschuss in manchmal nicht ganz so einfacher Situation Rede und Antwort stehen müssen. Ich kann sagen, dass sich die Arbeit dieses Ausschusses in der Regel durch eine sehr konstruktive Arbeitsatmosphäre auszeichnete. Also vielen Dank an alle!

Kurz noch einmal die Fakten zur Haushaltslage: Sie sind sehr positiv. Darüber freuen wir uns natürlich. Erfreulich ist die Situation des Landeshaushalts insbesondere auch in diesem Jahr,

denn gegenüber dem Vorjahr hat sie sich weiter verbessert. Die Steuereinnahmen sind zwischen 2009 und 2013 um 24 % auf 6,2 Milliarden Euro gestiegen. Die Steuerdeckungsquote liegt bereits jetzt bei 62 %. Auch die Ausgaben konnten nahezu konstant gehalten werden.

Die Ergebnisse der Konsolidierung in Brandenburg waren erfreulich. Wir haben im Vergleich mit anderen Bundesländern jetzt sozusagen 290 Euro pro Einwohner erreicht. Der Haushalt 2001 bis 2013 wurde mit Überschüssen abgeschlossen. Für 2013 wird ein Überschuss von 500 Millionen Euro erwartet.

Diese Situation stimmt uns natürlich positiv. Dennoch fallen die kritischen Ansätze des Präsidenten des Landesrechnungshofs bei uns auf sehr fruchtbaren Boden. Wir wissen, dass das auch eine vorübergehende Situation sein kann. Wir sehen auch die Dinge, die uns in Zukunft erreichen werden. Die Situation wird sich ändern, denn 2019 geht der Solidarpakt II auf null zurück. Die Versorgungsausgaben werden in allen Bereichen ansteigen. Das Zinsniveau - das ist auch schon angesprochen worden - birgt erhebliche Haushaltsrisiken. Eine Steigerung allein um 1 % würde das Land beispielsweise 50 Millionen Euro kosten. Wir wissen - das sei ehrlicherweise gesagt - auch nicht, welche Konsequenzen die Änderung des Länderfinanzausgleichs haben wird. Wir kennen auch nicht die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Nicht zuletzt wissen wir auch nicht, wie viel wir letztlich für unseren BER zu bezahlen haben. Vor diesem Hintergrund ist das Szenario, das Sie beschrieben haben, ernst zu nehmen. Wir können uns jetzt über die gute Haushaltssituation freuen, müssen aber Vorsorge für die sich unter den neuen Rahmenbedingungen ergebende Situation treffen.

Unter dem Zeichen der Konsolidierungsbemühungen stand die Arbeit des Landesrechnungshofes, stand die Arbeit des Ausschusses und auch das konstruktive Auf-uns-zu-Kommen der Landesregierung. Wir haben viele Konfliktbereiche angesprochen. Ich könnte Beispiele nennen, verzichte an der Stelle aber darauf. Wir kommen beim nächsten Tagesordnungspunkt - 6 - ja auch zu einem Beispiel, bei dem es um den schwierigen Spagat zwischen Konsolidierung und Erfüllung einer wichtigen sozialen Aufgabe, nämlich die rechtliche Betreuung, geht. Das ist vom Haushaltskontrollausschuss angesprochen worden. Vom Landesrechnungshof ist festgestellt worden, dass hier ein explosionsartiger Kostenanstieg in Höhe von 33 Millionen Euro zu verzeichnen ist. Sowohl Landesregierung, Landesrechnungshof als auch Fachausschüsse haben sich mit der Thematik beschäftigt. Danke auch noch einmal für diesen Impuls, beispielhaft für viele andere. Darauf komme ich aber beim nächsten Tagesordnungspunkt zu sprechen. - Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)