Letztlich bleibt es aber auch dabei, dass für substanzielle Veränderungen in diesen Fragen - beispielsweise der Vorrang des Gesundheitsschutzes vor der Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens - Änderungen an Bundesgesetzen notwendig sind. Diesbezüglich ist DIE LINKE im Bundestag sehr vielfältig aktiv geworden. Allein fehlte es an der Unterstützung beispielsweise vonseiten Ihrer Partnerfraktion, Herr Genilke. Das alles wollten Sie dann aber wiederum nicht hören, und da hört es dann auch mit der Solidarität zu Brandenburg auf - das haben wir zur Kenntnis genommen. Unsere Landesregierung bleibt aktiv und sie lässt sich davon nicht entmutigen; das ist für uns gut.
Das hat sich auch für den rot-roten Koalitionsvertrag als nützlich erwiesen, für den uns einige Medien bescheinigt haben, dass wir quasi ein Nachtflugverbot durch die Hintertür einführen wollen, weil die Passage darin steht, dass die Erhebung entsprechender Nutzungsentgelte für Starts und Landungen zwischen 22 und 6 Uhr vorgesehen werden soll. Je nachdem, wie es passt, glauben Sie den Medien, ein anderes Mal dagegen nicht. An der Stelle würde ich sagen: Vielleicht haben sie es nicht überinterpretiert, aber es zeigt auch, dass wir jede Chance nutzen wollen, eine solche Nachtruhe durchzusetzen - und sei es auch über Marktmechanismen.
Sie sehen also: Wir sind am Thema dran. Doch die Akklamation bereits gefasster Beschlüsse hilft in dieser Frage nicht weiter.
Daher glaube ich, Herr Kollege Schulze, dass Sie mit uns ein kleines Spielchen spielen wollen. Sie haben schon ausführlich dargestellt, dass Sie nicht daran glauben, dass wir gefasste Beschlüsse umsetzen. Sagen wir also gleich in der mittlerweile beantragten namentlichen Abstimmung Ja, werden Sie fortfahren, vermute ich nach Ihrem heutigen Redebeitrag zu behaupten, wir setzten das sowieso nicht um. Sagen wir nachher Nein, werden Sie sagen: „Sehen Sie, das habe ich immer gesagt - die glauben ihre eigenen Beschlüsse nicht“. Ein solches Spielchen mögen wir nicht.
Wir verlassen uns auf die Regelung im Koalitionsvertrag. Dort steht ganz klar: Das wird die Handlungsmaxime der Landesregierung und der die Regierung tragenden Fraktionen in diesem Haus sein, die das ja auch unterschrieben haben.
Das wird die Handlungsmaxime in diesen fünf Jahren sein. Deshalb können sich diejenigen, die damals ihre Unterschrift geleistet haben, darauf verlassen, dass die Landesregierung in ihrem Interesse handelt. Dabei bleibt es auch weiterhin. - Vielen Dank.
Auch für Sie gilt die Geschäftsordnung. Zunächst hat sich Herr Genilke zu einer Kurzintervention gemeldet, und danach rufe ich Sie gerne auf. - Bitte schön, Herr Genilke.
Lieber Kollege Ludwig, eine Anmerkung habe ich durchaus zu Ihrer Rede: Sie sagten, dass der Ministerpräsident Stolpe gezwungen worden sei, sich für den Standort Schönefeld auszusprechen. Hier würde mich interessieren: Inwiefern und worin bestand dieser Zwang? Durch was wurde er gezwungen?
Wenn ein Ministerpräsident Zwang ausgesetzt wird, dann ist das eine strafbare Handlung. Diese ist übrigens unverjährt, daher würde ich dazu gerne mal Ihre Meinung wissen.
Sehr geehrter Herr Kollege, das ist eben der Vorteil, da ich schon einmal von 1990 bis 2002 die ehrenvolle Aufgabe hatte, hier in diesem Hause arbeiten zu dürfen.
Der Punkt ist, dass in den Protokollen der Untersuchungsausschüsse zu dem Thema alles nachlesbar ist; dies ist im Archiv des Landtages abrufbar. Der Ministerpräsident und andere haben umfangreich dazu Stellung genommen, wie dieser politische Druck auf Brandenburg ausgeübt wurde und wie frühzeitig dieser politische Druck aus Berlin heraus aufgebaut wurde. Das werden Sie bei dem allerdings sehr umfangreichen Aktenstudium alles nachlesen können; das muss ich hier nicht wiederholen.
Herr Ludwig, da Sie offenbar noch etwas zu sagen hatten, will ich Ihnen gleich die Möglichkeit geben, Ihre Redezeit auszudehnen.
Sie haben gesagt, im Koalitionsvertrag stehe das alles drin, und im zweiten Satz sagten Sie, wir könnten nichts machen, da es Berlins und Brandenburgs Verantwortung sei. Was davon stimmt denn nun? Hat sich die Regierung etwas vorgenommen, und wenn ja, was? Dann sagen Sie uns diesen Plan hier, und dann will ich das auch gerne glauben - Fakten statt Phrasen. Dann will ich die Bundesratsinitiative sehen. Legen Sie sie hier vor! Bringen Sie einen Antrag ein: „Der Landtag beauftragt die Landesregierung, die Bundesratsinitiative XYZ zum Nachtflug/Schallschutz/Luftverkehr“ etc. Da würde ich freudig zustimmen!
Das Zweite ist Folgendes: Niemand kann mich daran hindern, von Tag zu Tag an das Gute zu glauben - auch daran, dass Sie vielleicht doch noch eine Wendung machen. Im Übrigen: Wenn Ihnen dieser Antrag nicht passt - Sie sagten ja, Sie würden es in der Wahlperiode machen -, dann lassen Sie über den Antrag doch punktweise abstimmen.
„Der Landtag Brandenburg fordert die Landesregierung auf, in einem Bericht niederzulegen, welche Schritte und Ergebnisse seit Annahme des Landtagsbeschlusses vom 27.02.2013 erreicht wurden und welche neuen Schritte und Ergebnisse in der 6. Wahlperiode nach dem 14.09.2014 eingeleitet und erreicht wurden.“
Dann können wir uns jährlich über die Ergebnisse und Fortschritte unterhalten - ohne Vorverurteilung und ergebnisoffen. Da wäre ich sehr gespannt.
Nun zu den Worten von Herrn Stolpe: Ich bin damals dabei gewesen, Sie dagegen nicht. Dazu sage ich nur Folgendes: Mich haben diese Worte von Herrn Stolpe immer empört, als er sag
te, er sei zur Zustimmung gezwungen worden. Wissen Sie: Willy Brandt sollte auch einmal gezwungen und genötigt werden. Dazu hat er gesagt: Wenn Sie denken, ein deutscher Bundeskanzler sei erpressbar, dann täuschen Sie sich. Ich bin es nicht - ich trete zurück. Das ist genau die richtige Antwort, die hätte gegeben werden müssen. Wenn man meint, mit seiner eigenen Meinung die Verantwortung nicht wahrnehmen zu können, dann muss man zurücktreten und nicht einknicken. Das ist genau der Punkt an dieser Stelle: Wenn man wissentlich sagt, Sperenberg müsse der Flughafenstandort werden und Schönefeld sei unmenschlich, dann kann man einer solchen Entscheidung gar nicht zustimmen, und wer es doch tut, macht sich mitschuldig. Da kann man auch nichts davon wegwischen und anderen Leuten in die Schuhe schieben. Das ist schlicht und ergreifend niedrig.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Schulze, ich hatte vorhin versucht auszuführen, dass die Adressaten Ihrer heutigen Forderung Bund und Berlin sind. Natürlich bleiben wir als Landtag und bleibt die Landesregierung in der Pflicht, die sie eingegangen sind, dieses Volksbegehren umzusetzen. Da bleiben wir selbstverständlich dran, und da ist es gut, wenn Sie das hier mit einem Tagesordnungspunkt noch einmal bekräftigen lassen. Aber das, was Sie wollen, nämlich die Durchsetzung, werden wir nur mit Berlin und dem Bund gemeinsam schaffen. Diese spielen im Augenblick in dieser Frage toter Mann. Das mögen wir gemeinsam beklagen, ändert aber nichts daran, dass wir sie als Partner brauchen, um es umzusetzen.
Zum Zweiten: Ich bin weit davon entfernt, Herrn Stolpe Ratschläge zu erteilen; daher mache ich das jetzt nicht, was Sie gemacht haben. Der Punkt ist nur, dass ich von 1990 bis 2002 hier in diversen Untersuchungsausschüssen gesessen habe - zur BLG, zur LEG, zur Flughafenholding usw. Ich habe hier ein umfangreiches Aktenstudium leisten müssen. Wie damals, in den 90er-Jahren, in jeweils unterschiedlicher Art und Weise Druck ausgeübt wurde, lässt sich alles im Archiv nachlesen auch, wer und was da den Bach runtergegangen ist. Ich habe nicht den Heldenmut in mir, zu sagen: Das hätte ich alles so nicht gemacht.
Der Punkt ist, dass wir an den Fakten nicht vorbeikommen. Die Standortentscheidung ist falsch, und wir kleben jetzt ständig Pflaster drauf. Wir werden diesen Flughafen aber nur verträglich machen können, wenn wir zu diesem Nachtflugverbot kommen. Da ziehen wir am gleichen Seil. Lassen Sie uns in die gleiche Richtung ziehen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Wenn diese Dauertragödie nicht so unglaublich belastend wäre, könnte man mit viel schwarzem Humor für heitere Momente sorgen - eine Heiterkeit, für die die betroffenen Bürger berechtigterweise überhaupt kein Verständnis hätten.
So können die Bürger die Einleitung des Beschlusses des Landtages zum Volksbegehren zur Umsetzung des Nachtflugverbotes im Landesentwicklungsplan vom 27.02.2013 nur als Hohn und Spott empfinden. Lob und Respekt von mir als Gewähltem an die Wähler - nämlich die, die mühselig in Eigeninitiative Dinge anschieben und umsetzen, die die Volksvertreter eigentlich selbst hätten thematisieren und vor allen Dingen machen - es geht hier ums Machen! - müssen. Da heißt es dann:
„Der Landtag bewertet das große Engagement der Bürgerinnen und Bürger sehr positiv. Das ist gelebte Demokratie.“
Weiterhin wurde der Bedarf der Hauptstadtregion an einem konkurrenzfähigen Flughafen, der im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen kann, angeführt - der gleiche Bedarf, der auch heute noch vorhanden ist und auch absehbar nicht mit diesem im Dauerbau befindlichen Flughafen gedeckt werden wird. Über die Milliardenkosten lasse ich mich schon gar nicht mehr aus; das Thema ist inzwischen abgegriffen, aber nicht minder dramatisch.