Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon 2012, als wir hier im Landtag auf Initiative der FDP-Fraktion die Debatte über Altersgrenzen für die Wählbarkeit kommunaler Wahlbeamtinnen und -beamten führten, hat sich unsere Fraktion für die Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes ausgesprochen. Leider wurden die aus unserer Sicht schon 2012 nicht mehr als zeitgemäß empfundenen Altersgrenzen vom Landtag damals noch bestätigt.
Richtigen Schub gewann das Thema im Mai 2014 durch den Bericht der Landesregierung zur Überprüfung und Bewertung diskriminierender Altersgrenzen in brandenburgischen Rechtsvorschriften. Damit wurde die Maßnahme 1 des Seniorenpolitischen Maßnahmenpakets abgearbeitet. In der erfreulich ausführlichen Diskussion in mehreren Fachausschüssen wurden 16 dringend änderungsbedürftige Regelungen identifiziert und auf die Agenda der neuen Wahlperiode gesetzt. Nach meinem Geschmack hätten es ruhig ein paar mehr Änderungen sein
dürfen, die Altersgrenzen für die Wählbarkeit von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landrätinnen und Landräten im Kommunalwahlgesetz gehören aber auf jeden Fall dazu. Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels halte ich diese Gesetzesänderung auch für dringend nötig.
Wir rekapitulieren: Während 2010 noch gut jeder fünfte Einwohner über 65 Jahre alt war, wird es 2030 bereits jeder dritte sein. Die bisherigen Regelungen, wonach in Brandenburg als kommunale Wahlbeamtin oder -beamter nur kandidieren kann, wer das 62. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist daher in der Tat absolut unzeitgemäß. Meine Fraktion hat den Sinn dieser Altersgrenzen schon immer infrage gestellt. Unsere gewählten Mandatsträger in den Landtagen und im Bundestag unterliegen auch keiner Altersbeschränkung, ebenso wenig wie Ministerinnen und Minister. Auch zur Bundeskanzlerin oder zum Bundeskanzler kann man in diesem Land mit 18 Jahren gewählt werden.
Wir sind der Meinung, dass durch Wegfall der Altersbeschränkungen die Entscheidungen der Wählerinnen und Wähler über die nach ihrer Meinung besten Kandidatinnen und Kandidaten stärker ins Zentrum gerückt werden. Die Wähler können sich entscheiden, ob sie einen 18-Jährigen wählen wollen oder einen 70-Jährigen schon für zu alt halten. Das ist dann ihre Entscheidung, aber das sollte nicht gesetzlich normiert werden. Die Kontrahentinnen und Kontrahenten im Wahlkampf werden schon dafür sorgen, dass dieses Thema ausreichend fokussiert wird.
Packen wir also die altersdiskriminierenden Vorschriften in Brandenburg bei den Hörnern und schleifen sie! Ich hoffe, die Landesregierung wird auch die übrigen 15 Regelungen zügig angehen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Werte Gäste! Im vorliegenden Gesetzentwurf ist angedacht, inhaltliche Anpassungen am Kommunalwahlgesetz und am Landesbeamtengesetz vorzunehmen. Die Aufhebung der bestehenden Höchstaltersgrenze für die Wählbarkeit und für die Ausübung des Amtes bei allen kommunalen Wahlbeamten sollte überdacht werden. Sicherlich ist es schwierig, Altersgrenzen festzusetzen. Auch ist die bisherige Regelung ungeeignet, Kandidaten ab dem 62. Lebensjahr auszuschließen. Jedoch sollte bei etwa 70 Jahren schon eine Grenze eingezogen werden, zumal sich dann noch acht Dienstjahre anschließen - nicht zuletzt, weil das Krankheitsrisiko in diesem Alter doch sehr zunimmt.
Der Gesetzentwurf sieht auch vor, das Mindestalter für die Wählbarkeit zum hauptamtlichen Bürgermeister und Landrat von 25 Jahren auf 18 Jahre zu senken. Das ist einfach realitätsfremd, und dabei bleibe ich. Nach wie vor ist es richtig, bei Abgeordneten der Gemeinden, der Kreistage, des Landtages oder
des Bundestages die Wählbarkeit mit 18 Jahren sicherzustellen. Hauptverwaltungsbeamte, also Bürgermeister und Landräte, haben anders strukturierte Aufgabenstellungen. Sie sind nicht nur Repräsentanten, sie sind auch zuständig für die Arbeit in den Beschlussgremien, in deren Folge ausführendes und materiell allein verantwortliches Organ. Ebenso sind sie innerbetriebliche Dienstvorgesetzte. Regelmäßig sind Konflikte zu bewältigen, gleichzeitig ist für ein gutes Miteinander zwischen den Bürgern zu sorgen, denn Wutbürger gibt es überall - Unzufriedenheit über gesetzliche Vorgaben oder zu gemeindlichen Entwicklungen sind keine Seltenheit, sondern eher das Tagesgeschäft. Gern wird der Hauptverwaltungsbeamte dafür auch in Haftung genommen. Es ist ein enormer Druck, der von außen aufgebaut wird. Parallel ist eine erhebliche Aufgabenfülle zu bewältigen.
So bestehen doch erhebliche Zweifel, ob 18-jährige Kandidaten dem standhalten können, zumal diese als Beamte tätig werden und mit 18 in der Regel noch nicht über einen Berufsabschluss verfügen. Schleichen sich dabei Fehler ein, helfen auch Haftungsregelungen nicht viel. Es könnte sogar das Jugendstrafrecht greifen. Die Folgen bei Fehlern für betroffene Bürger sind immens - erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang beispielsweise an die Abwasserproblematik.
Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzesvorschlag daher in dieser Form untauglich. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir danken Ihnen. - Damit sind wir am Ende der Debatte angekommen. Ich frage die Landesregierung: Möchten Sie, Herr Minister Schröter, noch einmal das Wort ergreifen? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes der Landesregierung, Drucksache 6/1790 - Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes und des Landesbeamtengesetzes -, an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Überweisungsantrag einstimmig gefolgt.
Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes der Landesregierung, Drucksache 6/1792 - Neudruck -, an den Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung - federführend - und an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie - mitberatend. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung auch hier einstimmig beschlossen.
Wir beginnen mit der Debatte. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ob Winterdienst oder Straßenreinigung, Abwassergebühren oder Gebühren für die Müllentsorgung - Kommunalabgaben betreffen jede und jeden in diesem Land. Ihre Erhebung ist meist unstrittig, sorgt in Einzelfällen aber für Streit und Unruhe in den Städten und Gemeinden. Klagen gegen die Gebührenbescheide beschäftigen die Verwaltungsgerichte nicht unerheblich.
Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute vorlegen, wollen wir Schwachstellen im Kommunalen Abgabengesetz beseitigen. Wir wollen die Abgabenerhöhung planbarer und bürgerfreundlicher gestalten und damit Bürgerinnen und Bürger, Gerichte und Verwaltungen entlasten. Die Änderung wird insbesondere vor dem Hintergrund der Verjährung von Beitragspflichten für den Anschluss an die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die sogenannten Altanschließerbeiträge, Ende 2015 landesweit relevant und notwendig.
Wir schlagen in unserem Gesetzentwurf vor, die Kalkulationsperiode für die Gebühren für kommunale Dienstleistungen von derzeit maximal zwei Jahren auf bis zu fünf Jahre zu erhöhen. Eine solche Verlängerung hätte den Vorteil, dass externe und nicht vorhersehbare Ereignisse besser ausgeglichen werden können und die Gebühren weniger schwanken.
Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern, das den Kommunalpolitikern und uns bestimmt bekannt vorkommt: Je nach Härte des Winters kann es bei einer kurzen Kalkulationsperiode von Jahr zu Jahr zu hohen Gebührenschwankungen für den Winterdienst kommen. Bei einem strengen Winter mit viel Schnee entstehen hohe Kosten. Wenn diese über den Gebühreneinnahmen liegen, wird diese Unterdeckung im nächsten Jahr ausgeglichen werden müssen und die Gebühren steigen. Folgt dann ein milder Winter, müssen die Gebühren für den Winterdienst im darauffolgenden Jahr stark sinken, um die Überdeckung auszugleichen.
Eine längere Kalkulationsperiode kann hier für mehr Berechenbarkeit sorgen. Durch die Gesetzesänderung wird auch der Verwaltungsaufwand für die Kommunen reduziert, wenn nicht mehr jedes Jahr Gebühren neu kalkuliert und beschlossen werden müssen. Die Kommunen können also besser steuern und werden effektiv entlastet.
Verlässlichere Gebühren sorgen auch für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und weniger Klagen gegen Gebührenbescheide. Bundesländer wie Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg lassen längere Kalkulationsperioden bereits zu. Brandenburg behandelt den möglichen Kalkulationszeitraum am restriktivsten in seinem KAG.
Die Ende 2013 beschlossene Regelung für die endgültige Verjährung von Beitragspflichten für den Anschluss an die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung führt jetzt zusätzlich zu einer großen Herausforderung für die zuständigen Zweckverbände. Bis Ende 2015 können die letzten Altanschließerbeiträge noch beschieden werden. Durch die rechtlichen Vorgaben im Kommunalabgabengesetz - § 6 Abs. 2 - müssen diese einmaligen Beitragseinnahmen in die Kalkulation der Gebühren einbezogen werden und wirken dadurch in der nächsten Kalkulationsperiode gebührensenkend. Das heißt, die Gebühren für das Trinkwasser und die Abwasserentsorgung werden einmalig drastisch sinken, um danach wieder anzusteigen.
Diese heftigen Gebührenschwankungen sind Bürgerinnen und Bürgern schwer vermittelbar und erwecken den Eindruck der Willkür, insbesondere, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihre Gebühren mit denen in einem benachbarten Verband vergleichen. Eine längere Kalkulationsperiode würde diese Schwankungen deutlich abmildern. Dadurch könnten auch temporär extreme Unterschiede bei den Wasser- und Abwassergebühren im Land vermieden werden.
Unser zweiter Vorschlag betrifft Bürgerinnen und Bürger und Gewerbetreibende, die nicht in der Lage sind, höhere Beitragsforderungen sofort zu bezahlen. Die Kommunen können die Beiträge zwar stunden, aber bei hohen Beiträgen können sie gezwungen sein, nach vier Jahren ihre Beiträge durch Zwangsvollstreckungen durchzusetzen. Dies ist dadurch bedingt, dass die öffentliche Last, die auf einem Grundstück ruht, nur vier Jahre Vorrang vor anderen Forderungen, zum Beispiel aus Bankkrediten, hat. Deshalb wollen wir eine Möglichkeit des Bundesgesetzgebers nutzen, die den Ländern die Möglichkeit eröffnet, das Bestehenbleiben solcher Rechte zu sichern, und schlagen hierfür ein Landesgesetz zur Ausführung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vor. Damit stellen wir sicher, dass zum Beispiel die Kommunen ihre Forderungen auch länger als vier Jahre stunden können und nicht gezwungen sind, Zwangsvollstreckungen zu veranlassen. Andere Bundesländer, zum Beispiel das Saarland oder Rheinland-Pfalz, haben diese bundesrechtliche Erlaubnis bereits genutzt.
Auch hier kommt die Stichtagsregelung zum 31.12.2015 für die Erhebung von Altanliegerbeiträgen hinzu. Durch die große Zahl noch ausstehender Beiträge erwarten wir nach 2015 eine Zunahme der Fälle, bei denen Beitragszahler nicht gleich den vollen Betrag aufbringen können und eine Stundung bzw. Ratenzahlung vereinbaren müssen. Dieses kann mit unserem Vorschlag auch gesichert über vier Jahre hinaus erfolgen, ohne dass die Kommune oder der Zweckverband die Zwangsvoll
streckung veranlassen muss, um dessen Rechte zu sichern. Das schafft Sicherheit für die Kommunen und Zweckverbände und die betroffenen Bürger und Gewerbetreibenden und sichert den kommunalen Frieden.
Die Brandenburger Kooperationen Wasser und Abwasser haben in ihrer Stellungnahme, in der sie den Gesetzentwurf begrüßen, darauf hingewiesen, dass dieser Gesetzentwurf auch den Zielen des „Leitbildes zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft Brandenburg“ entspricht.
Egal, wie man zu den Verjährungsfristen stehen mag, sie sind so beschlossen. Es gibt jetzt viele Gründe, bei den Kommunalabgabenerhebungen gesetzgeberisch tätig zu werden. Aufgrund der Komplexität des Themas beantragen wir eine Überweisung des Antrags in den zuständigen Fachausschuss für Inneres und Kommunales und bitten dafür um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Das Kommunalabgabengesetz, über das wir heute diskutieren, enthält die wesentlichen Regeln für die Erhebung von Gebühren im Land Brandenburg. Mit diesen Gebühren belasten wir Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen und Gewerbetreibende. Mit diesen Gebühren ermöglichen wir allerdings auch, dass Kommunen und kommunale Unternehmen ihre unverzichtbaren Dienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen können. Und weil eine Gebührenschuld eine finanzielle Belastung darstellt, sind Gebühren, deren Kalkulation, Erhebung und Vollstreckung immer stark diskutiert und umstritten.
Ich stimme mit der Antragstellerin ausdrücklich darin überein, dass es unser gemeinsames Ziel sein muss, eine möglichst hohe Akzeptanz der Gebührenbescheide bei Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Deshalb sind wir als Gesetzgeber aufgefordert, die in diesem Bereich bestehenden Regelungen zur Gebührenkalkulation und deren Erhebung regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen.
Die Antragstellerin hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verschiedene Änderungen am Kommunalabgabengesetz vorgeschlagen, unter anderem, den Kalkulationszeitraum von derzeit zwingend bis zu zwei Jahren auf zukünftig zwei bis maximal fünf Jahre festzusetzen. Es ist sicher zutreffend und in der Natur der Sache liegend - wir haben eben ein Beispiel gehört -, dass zweijährige Kalkulationsperioden zu erheblichen Schwankungen führen können. Dadurch entsteht in den Kommunen bisweilen erheblicher Erklärungsbedarf, und es mag richtig sein, dass mitunter auch dem Vorwurf der Willkür begegnet werden muss. Ob eine vier- oder fünfjährige Kalkulationsperiode diesen Schwankungen wirklich wirksam begegnen kann, darüber sollten wir nachdenken und diskutieren.
Wir sollten auch darüber nachdenken, wie ein vorsichtiger Kaufmann eine Gebühr für die vor ihm liegenden fünf Jahre
kalkulieren wird. Er wird gut beraten sein, vorsorglich Reserven für langfristige Unwägbarkeiten zu bilden, um nicht nach fünf Jahren Unterdeckungen durch dann folgende erhebliche Gebührenerhöhungen ausgleichen zu müssen. Wenn er das nicht tut, wird er Gebührenunterdeckungen haben.
Wenn wir als Ergebnis dieser Kalkulation eine Gebührenüberdeckung erreicht hätten, würden wir diese erst in einem Folgezeitraum von fünf Jahren ausgleichen. Es besteht damit die Gefahr, dass wir mit diesem Ausgleich eine Anzahl von Gebührenschuldnerinnen und -schuldnern - nämlich diejenigen, die zwischenzeitlich aus beruflichen oder persönlichen Gründen den Wohnort gewechselt haben - nicht mehr erreichen; gerade in den berlinnahen Regionen ist diese Fluktuation nicht unerheblich. Auch über diesen Aspekt werden wir nachdenken müssen, offen und ohne Vorfestlegung - das sage ich, damit ich hier nicht falsch verstanden werde.
Es gibt neben den bereits gezeigten Aspekten in dem vorliegenden Gesetzentwurf zahlreiche diskussionswürdige Punkte wie etwa die Verlängerung der Stundung von Beiträgen. Frau Kollegin Nonnemacher hat das hinreichend ausgeführt. Der Ausschuss für Inneres und Kommunales ist für die komplexe Materie und die dazu zu führende Debatte der richtige Ort. Der Diskussion dort sollten wir an dieser Stelle nicht vorgreifen, ich jedenfalls will es hier nicht tun. Ich bitte um Unterstützung für den Überweisungsantrag. - Danke schön.