Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

Während der 10H-Gesetzentwurf der AfD im Wesentlichen vollständig war - im Wesentlichen -, fehlt beim vorliegenden etwas Entscheidendes: Die Rede ist von einem höhenunabhän gigen Mindestabstand. Die AfD hat in Ihrem Gesetzentwurf sinngemäß festgelegt, Abstand sei die zehnfache Höhe der Windenergieanlage, mindestens jedoch 2 000 Meter. Und da rauf kommt es an. Die Entfernung der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung soll nach dem nun vorliegenden Gesetzent wurf zwar das Zehnfache der Gesamthöhe einer solchen Anla ge betragen. Pfiffige Investoren werden dann allerdings kleine re Anlagen konzipieren und dafür mehr davon bauen. Will hei ßen, lediglich 100 Meter hohe Windenergieanlagen hätten nach dem vorliegenden Gesetzentwurf einen Abstand von nur 1 000 Metern. Statt einem großen Windrad würden dann aber zwei oder mehrere kleinere Windkraftanlagen errichtet. Und damit wären die berechtigten Forderungen vieler engagierter Menschen ad absurdum geführt.

Der Gesetzentwurf ist von der Sache her zunächst Makulatur und bringt den Bürgern im Ergebnis keinerlei Entlastung. Ich finde das schade und auch etwas enttäuschend. Mich hätte es

gefreut, wenn man vielleicht vorher das eine oder andere Wort zur Verständigung gesprochen hätte. Dennoch - ich wiederhole mich - stimmen wir für die Überweisung an den Infrastruktur ausschuss, und wir werden selbstverständlich auch dem Ent schließungsantrag zustimmen, den Sie eingebracht haben. Es handelt sich hier um die Fristverlängerung bis zum 31.12.2016 für die Änderung des Baugesetzes. Dem stimmen wir selbst verständlich zu.

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Schinowsky. Bitte schön.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Auch aus unserer Sicht stellt sich das ähnlich dar, wie es die Kollegin Lieske vorhin schon umrissen hat, nämlich dass es dasselbe Anliegen im neuen Gewand ist. Ich möchte auch daran erinnern, dass wir uns mit dem Thema „Einführung der 10H-Regelung“ - und darum geht es hier im Kern - mehr fach beschäftigt haben, sowohl hier im Plenum - ich habe mir meine alten Reden dazu noch einmal angesehen - als auch im Ausschuss. Selbst wenn es jetzt noch einmal anders beschrie ben ist, selbst wenn in der Begründung Argumente auftauchen, die auch von mir sein könnten, das macht es alles nicht besser. Im Kern geht es um die 10H-Regelung, die wir hier mehrfach diskutiert haben. Deshalb bitte ich auch um Verständnis, dass ich heute nur kurz antworten werde.

Der Hinweis kam auch schon: Wir haben das Thema diesen Freitag mit der Behandlung der Volksinitiative noch einmal im Plenum. Da werden wir es selbstverständlich ausführlicher kommentieren.

Herzlich willkommen auch an die Vertreter der Volksinitiative heute hier. Ich gehe davon aus, dass Sie am Freitag auch wie der hier sind und es mir auch nachsehen, dass ich mich heute ein bisschen kürzer fasse.

Auf zwei Punkte meiner Vorredner möchte ich eingehen,

(Unruhe)

und zwar zum einen - jetzt wird es hier aber unruhig - auf die Kritik von Herrn Vida, dass es dazu keine Regionalstudien ge geben habe. Ich frage Sie: Was ist der Unterschied, ob man in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder in Brandenburg misst, welche gesundheitlichen Auswirkungen es in 500, 700, 1 000 oder 2 000 Metern Abstand auf den Menschen gibt? Kei ne. Von daher ist es auch nicht notwendig, dazu Regionalstu dien zu machen,

(Beifall der Abgeordneten Lieske [SPD])

sondern es macht Sinn, dass es dazu Studien gibt. Die gab es auch - darauf haben wir auch hingewiesen, ich möchte es aber

an der Stelle kurz wiederholen - ganz aktuell vom Umweltbun desamt. Dort heißt es:

„Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Infraschall belastungen von Windenergieanlagen sind... nicht zu er warten.“

Das kennen Sie, das haben wir auch verschickt.

Auf einen zweiten Punkt möchte ich noch kurz eingehen, und zwar von Herrn Genilke.

(Genilke [CDU]: Hier!)

- Er ist da, sehr gut. - Sie haben gesagt, Speicherkapazität sei nicht möglich. An der Stelle möchte ich auf eine hervorragende CDU-Konferenz vom letzten Freitag in Cottbus hinweisen, wo sehr viele kompetente Rednerinnen und Redner auftraten, un ter anderem Herr Töpfer, den ich sehr schätze. Zur Frage der technischen Möglichkeiten kam das Zitat - ich weiß leider ge rade nicht von wem -: Einem Ingenieur ist nichts zu schwör. - An der Stelle würde ich gerne empfehlen,

(Ah!-Rufe)

dass Sie da etwas optimistischer sein mögen.

(Genilke [CDU]: Da müssen wir noch einmal in die Ge gend fahren!)

Ich weiß nicht, was Sie von Beruf sind, ich bin Ingenieurstoch ter. Insofern ist mir dieser Satz

(Allgemeine Heiterkeit)

schwer verinnerlicht.

- Ja, da bekommt man etwas mit. Da kann man auch mit zehn schon Fahrräder reparieren; aber gut, das wollte ich nicht aus führen.

Zurück zum Thema: Da ist noch einiges in der Entwicklung. Es ist richtig, dass die Speicherung ein wichtiges Thema ist.

Richtig ist auch - ich komme zu Ihrem Gesetzentwurf zurück -: Belastungen für Menschen und Umwelt müssen natürlich so gering wie möglich gehalten werden. Die Akzeptanzprobleme müssen angegangen werden. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger müssen wir verbessern, das ist klar, an der Planung und dem Gewinn. Und es ist auch notwendig, die Vorgaben permanent an neue Erkenntnisse anzupassen.

(Unruhe)

Jetzt ist es schon wieder unglaublich laut. Rede ich so langwei lig, oder was?

(Zurufe: Nein! - Zuruf des Abgeordneten Galau [AfD])

Ah, das erregt Proteste, sehr gut.

Es ist notwendig, das an aktuelle Erkenntnisse anzupassen. Wenn es neue Erkenntnisse zu gesundheitlichen Schäden oder

Ähnlichem gibt, dann muss man das natürlich entsprechend aufgreifen. Darauf und auf viele andere Punkte sind wir in der gemeinsamen Stellungnahme vom Ausschuss auch eingegan gen. Da sind ein paar Aufgaben enthalten, die wir anpacken müssen. Darum wird es am Freitag auch noch einmal ein biss chen ausführlicher gehen.

Was aber nicht geht, ist, mit der 10H-Regelung einen totalen Ausbaustopp zu verhängen. Darauf läuft Ihre gesetzliche Re gelung hinaus. Das ist übrigens auch unverkennbar die Intenti on des Entschließungsantrags, weshalb es dafür auch keine Unterstützung von uns gibt. Wichtig ist, jetzt die angespro chenen Aufgaben anzugehen und umzusetzen. Das sollten wir gemeinsam anpacken. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt SPD und DIE LIN KE)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Ministerin Schneider.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mei ne Vorredner haben es schon gesagt, im Kern geht es um die Umsetzung der 10H-Regelung in einem Gesetz. Das war schon ganz oft Thema. Auch das ist schon gesagt worden. Insofern kann ich auch meinen Beitrag sehr kurz fassen.

Auch ich, Frau Schinowsky, habe mir noch einmal angesehen, welche Debatten hier schon geführt, welche Argumente ausge tauscht worden sind. Es ist erst einmal vom Grunde her gut, dass alles sehr ausführlich und intensiv ausgetauscht worden ist. Es fehlt eigentlich nichts in der Debatte.

Sie haben bei der Problembeschreibung selbst darauf hinge wiesen, wie die Lage ist. Es geht darum, die Nutzung regenera tiver Energien über die Energiestrategie zu unterstützen, und es geht darum, in einem umfassenden Planungsprozess die wider streitenden Belange, zum Beispiel die Wohnbevölkerung, die Siedlungsentwicklung, das Landschaftsbild, das Rast- und Brutgeschehen der Vögel sowie kommunale Belange vor Ort - so haben Sie es aufgeschrieben -, zu beachten. Man könnte si cher noch verschiedene andere Belange hinzufügen, die in der Planung Berücksichtigung finden müssen.

Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass ein Gesetz diese Ab wägung der widerstreitenden Belange nicht leisten kann, son dern nur ein in der Regionalplanung aufgestelltes, konkret auf die Region abgestimmtes Standortkonzept.

(Beifall der Abgeordneten Lieske [SPD])

Es ist in diesem Jahr - also bis Ende dieses Jahres - so, es wird auch im nächsten Jahr so sein, insofern wird auch der Ent schließungsantrag nicht weiterhelfen. Deswegen kann ich Ih nen wie bisher nicht empfehlen, diesen Gesetzentwurf anzu nehmen, und wir empfehlen auch, den Entschließungsantrag abzulehnen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Schulze für die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Kern geht es gegen Wildwuchs. Das muss man nicht mögen, aber es ist die Wahrheit. Im Übrigen haben wir eine neue Lage - Frau Ministerin, ich wundere mich, dass Sie darauf nicht eingegan gen sind -: Mit Urteil vom 16. Juni 2014 hat das Oberverwal tungsgericht die Verordnung zum Landesentwicklungsplan für rechtswidrig erklärt.

Wir alle haben ein Schreiben im Fach gehabt, in dem die Präsi dentin mitgeteilt hat, sie wäre wieder in Kraft. Es gibt jetzt ein neues Urteil vom Verwaltungsgericht Potsdam vom 11. Sep tember 2015 - es ist noch druckfrisch -, und darin wird wiede rum bestätigt: Die Windteilpläne auf der Basis des Landesent wicklungsplanes sind ungültig.

Meine Damen und Herren, Sie stehen mit leeren Händen da. Sie werden es nicht hinbekommen, den Wildwuchs, der jetzt gerade losgeht, einzudeichen, weil alle Regionalpläne Wind ungültig sind. Wenn Sie das hier verschweigen wollen, dann tun Sie das. Aber Fakt ist, dass es in einigen Kommunen schon stattfindet: Investoren klagen sich durch, und zwar bis ganz nah an die Ortschaften heran - da ist von Ihren 1 000 Metern etc. überhaupt nicht mehr die Rede.

Zweitens: Werte Kolleginnen und Kollegen, wir reden hier nicht über den bayerischen Gesetzentwurf zur 10H-Regelung nach § 249, wir reden auch nicht über den Gesetzentwurf der AfD. Wir haben namhafte Juristen aus Berlin und Branden burg, die sich seit mehreren Jahren mit dem Thema beschäfti gen, mit dem Schreiben dieses Gesetzentwurfs beauftragt. Uns ist von Leuten, die einen Namen zu verlieren haben, versichert worden, dass sie sämtliche Literatur, die in den vergangenen Monaten und Jahren zu dem Thema erschienen ist, in dem Ge setzentwurf berücksichtigt haben. Deswegen wird das viel leicht Ihre Hoffnungen und Forderungen nicht erfüllen, aber wenn man einen Gesetzentwurf schreibt, muss er verfassungs gemäß sein, und dass der bayerische es vermutlich nicht ist, ist sozusagen ausgewalzt.

(Zuruf von der SPD)