Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass die Trinkwasserversorgung von Frankfurt (Oder) gefährdet ist? Mir scheint, es ist Ihnen nicht bewusst; denn sonst würden Sie nicht von einer über Jahrzehnte andauernden Aufgabe sprechen. Sollen die Frank furter die nächsten Jahrzehnte unter Umständen eine Ockerbrü he trinken?

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Es geht um Sulfate, nicht um Ocker!)

Eine Forderung des Aktionsbündnisses „Klare Spree“ ist die Intensivierung der gemeinsamen Aktivitäten der brandenbur gischen und der sächsischen Landesregierung zur Verminde rung der Verockerung der Spree im sächsischen Raum.

(Zwiegespräche zwischen der Fraktion DIE LINKE und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Bedarf es wirklich erst eines Entschließungsantrags, um dieser Selbstverständlichkeit nachzugehen? Genau das ist doch ei gentlich Ihre Aufgabe, Ihr tägliches Brot.

Weiterhin fordert das Aktionsbündnis eine Evaluierung der Maßnahmen. Das wäre auch richtig so: Wenn man feststellt, dass ergriffene Maßnahmen nicht die gewünschten Effekte ha ben, dann überprüft man diese Maßnahmen. Genau da liegt der Hase im Pfeffer: Davon lese ich in Ihrem Entschließungsantrag nichts. Na ja, Selbstkritik ist wohl auch keine Eigenschaft, die Ihnen zugesprochen werden kann, meine Damen und Herren.

Als unzureichend zielgenau konzipiert, zu wenig unmittelbar wirksam und in der Umsetzung viel zu zögerlich werden die ergriffenen Maßnahmen vom Aktionsbündnis beschrieben. Weiterhin wird von fehlender Flexibilität im Umgang mit den sich ändernden Gegebenheiten in der Gesamtheit der Verocke rung der Spree gesprochen. - Ja, das ist in der Tat etwas, was sich in vielen Handlungsfeldern der Landesregierung wider spiegelt - so auch hier.

Behandeln Sie das Problem doch mit der notwendigen Ernst haftigkeit. Lassen Sie Ihrem bisherigen Aktionismus endlich wirksame und schnelle Sofortmaßnahmen folgen. Finden Sie schnelle Lösungen für die Bewohner der betroffenen Regi onen. Genau das fehlt in Ihrem Entschließungsantrag. Wir ha ben keine Zeit, um Jahrzehnte an Problemlösungen herum zuexperimentieren oder Antragspingpong zu spielen.

Aus den genannten Gründen lehnen wir - wie ich eingangs sagte - den Antrag der Koalitionsfraktionen ab und unterstüt zen den Antrag der CDU-Fraktion. - Vielen Dank für Ihre Auf merksamkeit.

(Beifall AfD)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun die Abge ordnete Schwarzenberg für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich zum Entschließungsantrag spreche, ein kleiner Blick zurück: Das Aktionsbündnis „Klare Spree“

hat sich im Oktober 2012 gebildet, wie schon gesagt wurde. Grund war die Sorge um den Spreewald und den Zustand der Spree. Das führte viele Aktivisten der verschiedensten Be reiche zusammen: Vertreter der Landwirtschaft, Naturschützer, Tourismusverbände, Kommunen, Angler und viele andere. Ih rem Wirken ist es zu verdanken, dass der Landtag im Januar 2013 einen parteiübergreifenden Antrag beschlossen hat, der da hieß: „Verockerung der Spree - Gefahren für die Fließge wässer und den Spreewald eindämmen“. Damit wurde der Auf trag erteilt, die Eiseneinträge - es ging damals nur um die Ei seneinträge - in die Fließgewässer einzudämmen.

Das Aktionsbündnis zog nun nach zwei Jahren Bilanz, und sein Fazit lautet: Bisher seien zu wenige Maßnahmen realisiert, und die Wirksamkeit der bisher realisierten Maßnahmen sei be grenzt.

(Schröder [AfD]: Das habe ich ja gerade erzählt!)

Diese Bilanz liegt allen Fraktionen vor und kann noch einmal nachgelesen werden.

In der Sitzung des Umweltausschusses am 04.11.2015 wurden Vertreter des Aktionsbündnisses „Klare Spree“ und des Lan desamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe angehört. Sie zogen Bilanz des bisher Erreichten bzw. des bisher noch nicht Erreichten. In einer differenzierten Betrachtung und Einschät zung der einzelnen Maßnahmen erkennt man durchaus Wirk samkeit, wenn auch nicht in allen Punkten.

Wirkung gezeigt hat die im Nordraum der Spree errichtete Bar riere vor dem Spreewald. Das lässt sich anhand der Ergebnisse der sehr umfangreichen Monitoring-Programme nachvollzie hen. Zudem wurde festgestellt, dass zunächst der Schutz des Spreewaldes eine bestimmende Rolle bei der Planung dieser Maßnahmen gespielt hat.

Bezüglich der Quellenbehandlung wurde ein erheblicher For schungs- und Entwicklungsbedarf festgestellt. Die Kleinteilig keit und der Schutzstatus vieler Flächen erfordern ganz einfach Einzellösungen. Im Gespräch wurden sowohl die Bemühungen als auch die technischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung deutlich.

Schwieriger sieht es im Südraum aus. Leider sind die Maßnah men im sächsischen Raum aufgrund ihrer Komplexität und der Größe der Spreewitzer Rinne noch nicht spürbar vorange schritten, sodass bis zur Talsperre Spremberg bisher keine Ent lastung der Spree zu verzeichnen ist. Auch das ist im Protokoll der Ausschusssitzung nachlesbar.

Angesichts der genannten Fakten ist und bleibt die Weiterent wicklung des Maßnahmenplans der LMBV eine wichtige Auf gabe. Egal, ob wir es Masterplan oder strategisches Gesamt konzept nennen, es gilt: Die gesammelten Erkenntnisse müs sen in der Praxis umgesetzt und auf ihre Wirkung hin überprüft werden.

Wir wissen aber auch, dass noch viele Fragen unbeantwortet sind. Dazu zählen die Ergebnisse der Untersuchungen hinsicht lich der Errichtung einer Dichtwand; das steht noch aus. Auch Fragen zur Verwertung und Entsorgung der Schlämme sind noch nicht beantwortet, und es besteht noch Forschungsbedarf, um geeignete Maßnahmen hinsichtlich der Quellenbehandlung zu entwickeln.

Mit unserem Entschließungsantrag wollen wir aber noch einen Schritt weiter gehen. Der Stoffeintrag von Sulfat soll ebenfalls in die Betrachtung einbezogen werden. Die Europäische Was serrahmenrichtlinie verfolgt das Ziel eines koordinierten Vor gehens innerhalb einer Flussgebietseinheit. Das ist das zentrale Element dieser Richtlinie. Die Spree gehört zur Flussgebiets einheit Elbe, und in ihr werden die Planungseinheiten „Schwar ze Elster“ und „Mittlere Spree“ berücksichtigt. Zunächst gilt es, anhand definierter Parameter die ökologischen Zustands stufen zu definieren. Dabei spielen die natürlichen Werte der einzelnen Parameter eine große Rolle, um daraus eine Quanti fizierung der anthropogenen Beeinflussung zu ermitteln. An schließend können Orientierungswerte festgelegt werden, die dann die ökologische Zustandsstufe charakterisieren.

An dieser Stelle muss man wissen, dass für Eisen und Sulfat die Ableitung von Orientierungswerten noch nicht abgeschlossen ist. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser - LAWA - ar beitet an diesem Problem. Die Orientierungswerte sind wich tig, um Bewirtschaftungspläne aufzustellen und daraus ablei tend das Wassermanagement zu organisieren, das wiederum eine große Rolle bei der Einhaltung der Grenzwerte für die Trinkwasserversorgung spielt.

Man muss also feststellen: Es bleibt noch viel zu forschen, zu erfassen und zu bewerten, um die Ergebnisse in konkrete Handlungsempfehlungen bzw. Bewirtschaftungskonzepte zu überführen. Mit unserem Entschließungsantrag stellen wir klar: Wir brauchen ein langfristig angelegtes Gesamtkonzept, das sowohl Eisen als auch Sulfat berücksichtigt, flexibel ist, neuen Erkenntnissen angepasst werden kann und ein wichtiges Ziel verfolgt: möglichst saubere Fließe in der Lausitz und gutes Trinkwasser für die Menschen nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Berlin.

Die Forderung nach einem tragfähigen Verwaltungsabkommen ab 2017 - das ist deutlich geworden - teilen wir alle. Mit der Annahme des Entschließungsantrages wollen wir diesen Pro zess weiter begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun der Abgeordnete Raschke für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge ehrte Gäste! So ist das, wenn man der Fünfte in der Reihe ist: Zu den Fakten ist dann meist schon alles gesagt. Lassen Sie mich deswegen das Ganze wie folgt schildern: Am Dienstag hatten wir eine Pressekonferenz. Ich wurde gefragt, warum wir denn einen Masterplan „Klare Spree“ wollen. Darauf habe ich gesagt: Es ist doch ganz klar, beides fehlt - wir haben weder einen Master noch einen Plan.

Vorgestern wurde der Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE eingereicht, worüber ich mich tatsäch lich gefreut habe, weil wir nun einen deutlichen Schritt weiter sind. Das ist sozusagen ein kleines Weihnachtsgeschenk. Was hätte ich denn sonst zu kritisieren gehabt? Erstens: Ich hätte kritisiert, dass bisher bei der SPD-Fraktion immer die „Sprach

regelung“ galt: Ja, es wurden alle Maßnahmen umgesetzt. - Wir hingegen haben immer gesagt: Es kommt nicht darauf an, ob die Maßnahmen umgesetzt sind, sondern ob sie erfolgreich sind. Jetzt lesen wir im Entschließungsantrag von Rot-Rot, es seien erste positive Effekte erzielt worden. - Damit können wir uns anfreunden; denn das sehen wir genauso.

Zweitens: Wir haben immer kritisiert, dass ein Gesamtplan fehlt, in dem Zielwerte für Eisen und Sulfat festgehalten sein müssen, die man erreichen will. Auch davon war bisher keine Rede. - Heute lesen wir davon im Entschließungsantrag. Wenn der also angenommen wird, wird es auch das geben.

Drittens: Wir haben immer kritisiert, dass hier die eine Hand nicht wirklich weiß, was die andere tut. Wir hatten das Gefühl, es wird übersehen, dass man mit Berlin und Sachsen wirklich eng zusammenarbeiten muss. Wir hatten auch das Gefühl, es wird übersehen, dass die LMBV und Vattenfall Maßnahmen durchführen, die nicht aufeinander abgestimmt wurden. Dazu gab es viele Einzelanekdoten, die das bestätigt haben. Auch das wurde jetzt erkannt; denn wir lesen im Entschließungsantrag: Die Maßnahmen von LMBV und Vattenfall sind zusammenzu führen; aber auch Berlin und Sachsen sollen einbezogen wer den. - Das sind alles Dinge, die uns sehr freuen. Ich würde das als Teilerfolg der Opposition werten.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich denke, ohne den Antrag der CDU wäre es nicht so weit ge kommen.

(Beifall CDU)

Was fehlt aber noch, damit wir dem Antrag zustimmen kön nen? - Vier Dinge. Das Erste ist: Es fehlen die drei magischen Worte „keine neuen Tagebaue“.

(Heiterkeit und Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt Heiterkeit DIE LINKE)

Wir doktern hier immer an der Lösung herum und verursachen dabei das Problem stets aufs Neue.

Zweitens: Es könnte sich der Eindruck aufdrängen, wir wollten es auf die lange Bank schieben. Im Entschließungsantrag steht zum Beispiel, es werde nicht in wenigen Jahren erledigt sein, sondern vermutlich Jahrzehnte andauern, und wir brauchten mehr Forschung. - Das sehen wir genauso. Die Frage ist nur, in welcher Tonlage man das sagt und ob wir darauf vertrauen können, dass es nicht auf die lange Bank geschoben wird. Da sind wir etwas skeptisch.

Drittens, das ist fast am wichtigsten: Sie haben in Ihrem Ent schließungsantrag geschrieben, die Maßnahmen von LMBV und Vattenfall seien zusammenzuführen. - Das ist schon ein Fortschritt. Uns reicht es aber nicht, das Vorhandene zusam menzuführen: Wir sind der Meinung, da muss man von staatli cher Seite etwas vorschreiben - insbesondere beim Sulfat kann man dem Bergbaubetreiber durchaus Auflagen machen; das fehlt.

Der letzte Kritikpunkt betrifft den Satz: Wir wollen realistisch erreichbare Zielwerte. - Ich weiß nicht, liebe Kollegen von Rot-Rot, was Sie damit eigentlich wollen. Wir hatten in un

serem Antrag konkrete Zielwerte. Wir haben uns auch mit der CDU darüber unterhalten, wie viel es sein soll. Bisher war zum Beispiel beim Thema Eisen immer die Rede von 3 mg/l. Das wäre die Sichtbarkeitsschwelle - alles, was darunter liegt, sieht man nicht. Das ist zwar noch nicht die Schwelle, bei der wir sagen, das ist ökologisch und gesundheitlich in Ordnung, aber immerhin. Davon steht in Ihrem Entschließungsantrag jedoch kein Wort,

(Domres [DIE LINKE]: Steht in der Begründung drin!)

sondern es heißt nur noch: „realistisch erreichbare Zielwerte …, die die geogenen Hintergrundwerte und die anthropo gene Beeinflussung berücksichtigen“. Ich fürchte, liebe Kolle ginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, wir haben diesbe züglich eine unterschiedliche Vorstellung von Realismus.

Deswegen gibt es von uns eine wohlwollende Enthaltung mit einem kleinen Weihnachtsvorschuss, aber keine Zustimmung. - Danke schön.

(Heiterkeit bei B90/GRÜNE und DIE LINKE - Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Zu uns spricht nun die Abgeordnete Schülzke für die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Lie be Gäste! Verockerung und Sulfatbelastung in Gewässern - be sonders in der Lausitz - sind Erscheinungen im Ergebnis einer Prozesskette; sie resultieren aus der Oxidation oder Verwitte rung der ursächlich in den tertiären Lockergesteinssedimenten befindlichen Eisensulfite. Es wird also weitergehen: Immer, wenn es regnet, wird etwas herausgelöst und herausgespült.

Wir haben gestern und heute viel zu diesem Problem gehört. Es sind schon viele Maßnahmen eingeleitet worden, aber leider reichen sie nicht aus, weshalb der Antrag und sicherlich auch der nachfolgende Entschließungsantrag eingebracht wurden.

Wir befürworten diesen Antrag sehr. Wir unterstützen ihn und regen an, die Hochschulen intensiver einzubinden. Ich kann mich an meine Studentenzeit erinnern: Wir haben Aufgaben bekommen, die zunächst unlösbar erschienen: Kümmern Sie sich darum, stellen Sie dies und das her! - Oder: Entwickeln Sie dieses oder jenes Verfahren! - Wir haben damals die Wir belschichtreaktoren entwickelt, mit denen gekörntes Spee her gestellt werden konnte. Wir haben Kläranlagen entwickelt, um nach Galvanik Chrom und Nickel aus Wasser herauszulösen. Warum gibt man nicht jetzt Studenten - wir haben sie in Berlin, Dresden und Cottbus - Aufgaben mit bestimmten Freiräumen und einem Budget, um Lösungen vorzuschlagen und Pilotanla gen zu entwickeln und einzusetzen, damit schneller reagiert werden kann? Ich denke, hier drängt die Zeit.