Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

Weltklasseleichtathleten trainierten dort, jedenfalls normaler weise. Jetzt leben dort Hunderte von Flüchtlingen, und etwa 700 000 Euro für eine Sanierung sind jetzt schon fällig. Um das zu vermeiden, fordert die AfD-Fraktion eine schnellere Ab schiebung derjenigen ohne Asylstatus, denn sie nehmen den politisch Verfolgten und Bürgerkriegsflüchtlingen die Unter bringungsplätze weg. Eine Zurückweisung an der deutschen Grenze oder an den EU-Außengrenzen soll erfolgen. Das galt

bis vor Kurzem noch als rechtspopulistisch, wird heute jedoch von der CSU ebenfalls so gesehen, auch von einzelnen Abge ordneten anderer Fraktionen.

(Frau Nonnemacher [B90/GRÜNE]: Rechtspopulistisch! - Lachen bei der Fraktion B90/GRÜNE)

- Das waren Ihre Worte.

„Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein Gastrecht eben auch verwirkt.“

Auf Frau Wagenknecht wurde heute schon angespielt. Sie spricht ganz offen und direkt von Kapazitätsgrenzen.

Boris Palmer wurde heute auch schon angesprochen. Tübin gens grüner Oberbürgermeister warnt ziemlich drastisch vor Belastungsgrenzen im Zusammenhang mit Flüchtlingen. Men schen, die das anders sehen, brandmarkt er als Realitätsverwei gerer.

Gerhard Schröder, der Übervater der heutigen SPD, legt ein schneidend nach:

„Die Kapazitäten bei der Aufnahme, Versorgung und In tegration von Flüchtlingen in Deutschland sind begrenzt. Alles andere ist eine Illusion.“

Im Kommentar auf der ersten Seite der „taz“, dem Selbstver ständnisorgan der links-grünen Szene in Deutschland, war am Montag zu lesen:

„Einwanderung bringt Konflikte. Die müssen konkret und tabulos benannt werden.“

(Beifall AfD)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Koß für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Lie be Gäste! Meine Damen und Herren der AfD-Fraktion, zu je der passenden Gelegenheit, ich meine unpassenden Gelegen heit

(Lachen bei der AfD)

- lassen Sie mich ausreden -, passende gibt es bei dieser Geisteshaltung leider nicht, betont Ihr Fraktionsvorsitzender: Frau Merkel, nein, wir wollen das gar nicht schaffen!

(Galau [AfD]: Da ist Ihr Parteivorsitzender aber schon weiter!)

Jetzt wird es deutlich! Genau diese Geisteshaltung ist auch Motor Ihres heutigen Gesetzentwurfs!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE - Galau [AfD]: Fragen Sie bei Herrn Gabriel nach!)

Während sich alle anderen Fraktionen in diesem Hohen Haus Gedanken darüber machen, wie wir eine gelingende Integrati on der zu uns flüchtenden Menschen ausgestalten können, ge fallen Sie sich von Parlamentssitzung zu Parlamentssitzung in Ihrer bornierten Verweigerungshaltung!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Ja, es ist richtig, dass in einigen Orten im Land Brandenburg Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen in An spruch genommen werden mussten und mancherorts auch noch müssen.

(Unruhe bei der AfD)

Übrigens - meine Herren, hören Sie mir ruhig zu! - gibt es nur eine einzige Sporthalle, die für den Sportunterricht genutzt worden war und jetzt für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt wird, nämlich in Seelow. Ich kann Ihnen hier klar und deutlich sagen: Wir haben den Schulsport ordentlich organi siert!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Anders als in Ihrer Begründung impliziert, machen die Kommu nen das aber nicht, weil sie sich das Leben leicht machen wollen, sondern weil es an diesen Orten schlichtweg keine Alternativen gibt. Anders als von Ihnen vielleicht vermutet, ist die Inan spruchnahme von Turnhallen nicht die Regel, sondern vielmehr die Ausnahme. Jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin ist sich sehr wohl bewusst, was die Belegung von Turnhallen be deutet. Es bedeutet zunächst die Herrichtung und den Aufbau von Infrastruktur. Dann bedeutet es einen hohen Koordinie rungsaufwand, zum Beispiel zur Absicherung von Sportunter richt durch die Organisation des Schülertransfers in andere Turn hallen. In Seelow haben wir das gelöst, indem die Schülerinnen und Schüler in anderen Turnhallen in Seelow unterrichtet wer den. Gleichsam bedeutet es aber auch die Diskussion mit Sport vereinen vor Ort über die Ausgestaltung und, ja, manchmal auch das Aussetzen des Trainingsbetriebes. Dies alles bürdet sich ein Bürgermeister oder Landrat aber nicht auf, wenn er tragfähige und menschenwürdige Alternativen zur Verfügung hat.

Meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion, was wäre das Ergebnis, wenn wir Ihrem Antrag zustimmen würden? In Ihrer Begründung heißt es, der Sportunterricht an den Schulen kön ne vor allem im Winter nur in der Sporthalle stattfinden. - Ja, Sport im Freien halte ich bei diesen Temperaturen auch für un verantwortlich, aber wir haben ja Lösungen. Für geradezu menschenverachtend halte ich es jedoch, wenn wir per Gesetz ausschließen, dass Menschen auch in Turnhallen untergebracht werden können. Was hätte die Annahme Ihres Antrags zur Folge? Wir müssten an einigen Orten - ich betone: an eini gen wenigen Orten - wieder Zelte aufbauen. Kleine Kinder wä ren gezwungen, bei diesem Wetter im Freien zu spielen. Mütter müssten ihre Säuglinge unter unwürdigsten Bedingungen stil len. Bei zweistelligen Minustemperaturen hätten wir Zustände, die ich nur als unmenschlich bezeichnen kann.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Das kann ein Mensch, der nur einen Hauch von Empathie und Herz besitzt, nicht wollen.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Noch eines zur Klarstellung: Turnhallen sind - anders als in Ih rem Antrag formuliert - keine Übergangswohnheime, sondern reine Notunterkünfte. Genau deshalb bin ich sehr stolz darauf, dass unsere Kommunen so gut wie keine Zeltunterkünfte mehr belegt haben, sondern ein festes Dach über dem Kopf mittler weile Standard ist. Unsere Bürgermeister und Landräte brau chen Ihren Antrag nicht, um verantwortungsvolle Politik für ihre Bürgerinnen und Bürger zu machen!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Lassen Sie mich abschließend zu dem in Ihrer Begründung zi tierten Landessportbund kommen. In der Pressemitteilung des LSB, die Sie zitieren, heißt es wörtlich:

„Der Landessportbund Brandenburg e.V. unterstützt das Bemühen der Landesregierung, den derzeit in Deutsch land ankommenden Flüchtlingen eine ansprechende Will kommenskultur zuteilwerden zu lassen. Mit seinen Vereinen ist der LSB schon seit Jahren aktiv, um gelebte Inte gration zu betreiben und Wege zu ebnen, sich am gesell schaftlichen Leben im Land Brandenburg zu beteiligen.“

Das, meine Damen und Herren der AfD-Fraktion, ist eine ganz andere Geisteshaltung als die, die Sie mit Ihrem Antrag an den Tag legen. Da geht es um Willkommenskultur und Teilhabe und nicht um Ausgrenzung, Abschottung und Abschreckung!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Liebe Kollegin, Sie müssen nun einen geeigneten Schlusssatz finden.

Wir nehmen also zur Kenntnis, dass es dem Landessportbund um eine ernsthafte und verantwortungsbewusste Debatte geht, Ihnen allerdings nur um plumpe Stimmungsmache. Deshalb werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Die Fraktionen CDU, DIE LINKE und BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Landesregierung haben Re deverzicht angezeigt. Damit sind wir beim Beitrag der AfDFraktion, und es spricht Frau Bessin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Koß, dass Sie und die anderen Fraktionen unseren Antrag nicht an nehmen werden, war schon zu erwarten - das Gleiche wie beim letzten Mal.

Zu Ihrer Frage nach der Integration: Vielleicht haben Sie vor hin nicht zugehört, als ich aus dem Interview des Innenministers mit der „Bild“-Zeitung zitiert habe. Ich lese es Ihnen gerne noch einmal vor. Die Frage war:

„Das große Brandenburg kann dem kleinen Berlin nicht aushelfen?“

Die Antwort war:

„Die bloße Aufnahme von Flüchtlingen könnten wir zwar schaffen. Aber nicht die Integrationsleistung, die dann zu erbringen ist. Schon bei …“

- Jetzt hören Sie genau zu! -

„… den 28 000, die bisher kamen, fehlt mir der Plan, wie das klappen soll“.

Vielleicht sollten Sie Ihren Innenminister ein bisschen dabei unterstützen, wenn Sie so gute Ideen haben. Sie könnten viel leicht damit anfangen, dass Sie eine Familie oder einzelne Per sonen bei sich zu Hause aufnehmen.

(Beifall AfD)

Die Konsequenz, dass Zelte aufgestellt werden müssen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen, ist, glaube ich, die falsche Schlussfolgerung, die Sie da ziehen. Wenn sich alle einig wä ren, dass diejenigen abzuschieben sind, die keinen anerkannten Asylstatus, keinen Flüchtlingsstatus haben, dann wäre - wie ich das vorhin in der Rede schon deutlich gemacht habe - eine Menge Platz für die Personen, die aus Bürgerkriegsländern kommen, die den Flüchtlingsstatus haben und die wir hier un terbringen müssen. Ich weiß nicht, wo Sie dann Zelte aufstel len wollen.