Weitere Aufgaben sind die Förderung und Modernisierung der Infrastruktur. Was muss dringend modernisiert werden und was bedarf einer besonderen Förderung?
Im Beschluss in Drucksache 6/1230-B ist festgehalten, dass der Wassertourismus in der Landestourismuskonzeption ein Schwerpunktthema sein sollte.
Das sehen wir aber nicht so. Es ist ein strategisches Papier, welches viel Raum für Interpretationen lässt. Es fehlen aber tragfähige Aussagen zum Thema Wassertourismus sowie eine Analyse des Ist-Zustandes: Welche konkreten Potenziale sind vorhanden? Worauf können wir aufbauen? Was können wir wie weiterentwickeln?
Brandenburg ist das gewässerreichste Bundesland. Hier wird vollkommen richtig ein Alleinstellungsmerkmal und ein wich tiger zukunftsfähiger Wirtschaftsfaktor erkannt. Aber warum ist dies in der Planung nicht erkennbar? Ein lapidarer Hinweis zur Überarbeitung des Wassersportentwicklungsplanes reicht uns da nicht aus. Ein einzigartiges Potenzial zu haben, dies je doch schlicht zu vernachlässigen, ist nichts, was man als be sonders klug bezeichnen müsste. Allerdings gibt es schon ei nen dezenten Hinweis zur Finanzierung: mithilfe von Touris musabgaben. - Diese Steuererhöhungen passen ins Bild der aktuellen Finanzpolitik. Das scheint die einzige Antwort der Landesregierung zu sein, wenn es um Finanzierungsfragen geht - leider.
Aber wie sieht es mit regionalen Projekten aus? Welche Priori täten werden hier gesetzt? In welchen Kommunen stehen wel che Aufgaben an? Wie wird sichergestellt, dass die besten und erfolgversprechendsten Maßnahmen die entsprechenden Res sourcen bekommen? Was ist der Bewertungsansatz? Welche Kriterien werden angelegt? Wie geht das Konzept mit der in Arbeit befindlichen Mobilitätsstrategie 2030 und dem öffentlichen Personennahverkehr zusammen? Darauf hätten wir ger ne Antworten.
Der Ignoranz des Bundes hinsichtlich der Schleusenzeiten muss das Land entschiedener entgegentreten. Wir machen uns lächerlich - auch als Industrieland -, wenn wir so unflexibel sind. Es macht uns auch ein Stück weit unglaubwürdig: Wir laden Touristen ins Land ein, versprechen ihnen guten Service und knallen ihnen dann die Tür vor der Nase zu. Wasserstraßen sind Infrastruktur, sie sind Lebensader für den Tourismus, aber auch für unsere Industrie und damit Basis für viele Arbeitsplät ze. Und: Wasserstraßen sind umweltfreundlich. Ein wichtiger Teil der Infrastruktur wird in Brandenburg besonders stiefmüt terlich behandelt, das wurde schon einmal gesagt. Ich denke hier insbesondere an den immensen Investitionsstau.
Aber unser Land muss auch Prioritäten setzen. Im Bericht wer den zwar die Wassertourismus-Initiative Nordbrandenburg und die Märkische Umfahrt erwähnt, aber es gibt noch sehr viel mehr. Ich denke da besonders an die vielen kleinen und mittel ständischen Tourismusunternehmen, die es erst möglich ge macht haben, dass wir heute von einer boomenden Tourismus branche reden können.
Denken Sie bitte auch daran, dass diese Unternehmen Bedin gungen benötigen, die ihnen ein nachhaltiges Wirtschaften er möglichen. Sie brauchen eine intakte Infrastruktur in touristisch attraktiven Gegenden - und das ist eben leider nicht im mer der berlinnahe Raum, gerade wenn wir über den Wasser tourismus reden. Diese Unternehmen brauchen verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die ihnen Luft zum At men lassen und sie nicht im Bürokratie-, Abgaben- und Aufla gensumpf ersticken lassen. Hinzu kommt, dass diese Unterneh men auch in den touristisch weniger attraktiven Monaten nicht in den Winterschlaf fallen, sondern auch in der Zwischenzeit leben wollen und müssen.
Noch einmal zurück zur Landestourismuskonzeption: Dort wurden in den Punkten 19 bis 27 noch konkrete Projekte - In halt, Priorität und Zeitschiene - erwähnt. Der Bericht geht hierauf leider nicht mehr ein. Wir hätten schon ganz gerne ge wusst, wie der aktuelle Stand ist und ob die Ziele erreicht wur den.
Verstecken wir uns also nicht hinter der nicht vorhandenen Bundeskonzeption, sondern klären wir erst einmal die eigenen Angelegenheiten; dann …
„Zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern hat Branden burg das größte zusammenhängende Wasserrevier in Europa und damit ein Alleinstellungsmerkmal in Deutsch land.“
In der neuen Landestourismuskonzeption - vielleicht habe ich da eine andere Wahrnehmung als Frau Schade -
ist das Thema Wasser folgerichtig eines von fünf der die Tou rismusmarke Brandenburg unterstützenden Profilthemen. Die Vision für einen zukunftsfähigen brandenburgischen Touris mus lautet dort: „Wir machen Lust auf das Land mit dem was serreichsten Kulturraum Deutschlands.“
Der Wassertourismus ist also für den Brandenburg-Tourismus erklärtermaßen von zentraler Bedeutung. In einigen anderen Punkten schließe ich mich Ihrer Meinung, Frau Schade, dage gen durchaus an.
Die Landesregierung ist daher auch bemüht, die eigenen Akti vitäten in diesem Bereich hervorzuheben. Im Interesse der wirtschaftlichen Effekte, der Sicherung von Arbeitsplätzen und Einkommensquellen gelte es, diese zu sichern und weiterzu entwickeln, heißt es in dem vorliegenden Bericht zum Be schluss „Zukunft des Wassertourismus in Brandenburg si chern“ - nur um dann im nächsten Absatz einschränkend zu sagen:
„Ein großer Teil der Gewässer im Land Brandenburg sind Bundeswasserstraßen, für die der Bund mit seiner Bun deswasserstraßenverwaltung zuständig ist.“
Das ist zwar richtig; es reicht aber nicht, damit die Verantwor tung für die so wichtige Sicherung und Weiterentwicklung der Wasserwege von sich zu weisen und zu erwarten, dass der Bund mehr für den Wassertourismus im Land Brandenburg tut.
Wenn man den Bericht liest, erkennt man, dass mehr als ein Brief an das Bundesverkehrsministerium vom 31. März 2015 und die Feststellung, dass Positionen der Landesregierung zum Bundesprogramm „Blaues Band“ entwickelt werden müssen, bislang nicht herausgekommen ist.
Ich glaube, da gibt es eine grundlegende Verwechslung, Herr Gerber: Der Landtag hatte seine Forderungen nicht an den Bund, sondern an die Landesregierung gerichtet. Die Frage war nicht, was der Bund für Brandenburg, sondern was die Landesregierung für den Wassertourismus in Brandenburg tun kann. Denn die Tatsache, dass die meisten jetzt fast nur noch touristisch genutzten Wasserstraßen Bundeswasserstraßen sind, die der Bund gerne loswerden möchte, ist uns schon seit eini gen Jahren bekannt: Schon 2013 hat der Ausschuss für Wirt schaft die Landesregierung gebeten, sich dieses Themas anzu nehmen. Es ging unter anderem um die Aufstellung eines Maß nahmen- und Finanzierungsplans sowie eines Zeitplans für die Umsetzung des WIN-Teilprojektes 3, Schleuse Oranienburg. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte mit der Aufnah me eines Haushaltsvermerks zur finanziellen Unterstützung zudem seine Bereitschaft signalisiert, sich an den Kosten zu beteiligen. Geschehen ist - jedenfalls dem Bericht zufolge - nichts. Aber immerhin scheint sich jetzt eine regionale Lösung abzuzeichnen, deren Chancen auf Verwirklichung wir jedoch noch nicht beurteilen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bund hatte dem Land schon 1994 erste Gespräche zur kostenneutralen Übernahme von Bundeswasserstraßen, die hauptsächlich touristischen Nut zen haben, angeboten. Das war damals eine Forderung des Bundesrechnungshofs. Brandenburg hingegen hat diese Ge spräche nie ernsthaft verfolgt. Nach einem letzten erfolglosen Angebot seitens des Bundes im Jahr 2002 - es ging um das An gebot eines Pilotvorhabens zur Übernahme der Rheinsberger und Teupitzer Gewässer mit finanziellem Ausgleich - wurde dieses Thema nicht mehr aktiviert. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir aus dem Jahr 2013 hervor. Auch der vorliegende Bericht verweist auf fehlende Ressour cen als Begründung für die Nichtübernahme von Nebenwas serstraßen durch das Land.
Ich halte fest: Entgegen den hier immer wieder lauthals ver kündeten Treueschwüren zum Wassertourismus muss man den Eindruck gewinnen, dass die Landesregierung nie ein ausrei chendes Interesse am Erhalt oder Ausbau der touristischen Wasserwege hatte. Denn das hätte mit der Bereitschaft einher gehen müssen, eigenes Geld in nicht unerheblicher Höhe in die Hand zu nehmen. Investitionen in den Wassertourismus wur den folgerichtig auch nicht in das neue EFRE-Programm auf genommen.
Lassen Sie mich noch zwei Worte zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen sagen. Er fordert die Landesregierung
auf, sich weiterhin für dieses und jenes einzusetzen. „Sich wei terhin einzusetzen“ heißt aber, wie ich eben dargelegt habe, für den Wassertourismus nichts Gutes. Es sollte inzwischen klar sein, dass wir nicht weiterkommen, indem wir allein mit dem Finger auf den Bund zeigen. Es geht darum, endlich eine Lö sung zu präsentieren: Wie sollen die Wasserstraßen, Schleusen und Häfen betrieben werden? Wer macht in Zukunft was und wie viel? Wie viel Geld gibt das Land dazu? Auf diese Antwor ten warten der Bund, die Kommunen und die Tourismusver bände seit Jahren.
Man kann ja politisch zu dem Schluss kommen, dass das Land diese Mittel nicht bereitstellen sollte und auch nicht will und das Land im Gegenzug dann aber bereit sein muss und ist, den Wassertourismus über die Klinge springen zu lassen. Herr Ger ber, ich hoffe das zwar nicht, aber wenn Sie das beabsichtigen, sagen Sie es doch einfach und tun Sie nicht immer so, als setzten Sie Himmel und Hölle in Bewegung, um den Wasser tourismus im Land zu fördern.
Wir erkennen das jedenfalls nicht. Ich bitte Sie einfach, hier in der Ansprache klarer zu sein. - Recht herzlichen Dank.
Bevor Minister Gerber erneut das Wort erhält, begrüße ich herzlich Gäste aus Rheinsberg in unserer Mitte, ganz besonders Herrn Manfred Richter, einen ehemaligen Abgeordnetenkolle gen. Herzlich willkommen im brandenburgischen Plenarsaal!
Zunächst herzlichen Dank für die Anmerkungen, Hinweise und Forderungen, auch für die Kritik. Herr Vogel, Sie haben sich bemüht, an einer guten Entwicklung - wie sie nämlich der Was sertourismus in den letzten Jahren genommen hat - das eine oder andere Haar in der Suppe zu finden, und das auch gut for muliert.
Es ist so, dass wir uns an vielen Punkten mit dem Eigentümer von vielen wichtigen Bundeswasserstraßen noch nicht einigen konnten. Dass wir da weiter dran und nicht allein auf dem Feld sind, ist klar. Gleichwohl betone ich ausdrücklich, dass wir im Wassertourismus glücklicherweise eine gute Entwicklung ge nommen haben.
Zur Tourismuskonzeption: Frau Schade, ich glaube, Sie haben im Unterschied zu Herrn Vogel, der das natürlich alles gelesen hat, weil er das immer gründlich tut, nicht gelesen, was darin steht, sonst hätten Sie sich vielleicht manche Anmerkung ge spart. Zum einen sagten Sie, das Papier lasse Raum für Inter pretationen. Ja, genau - das haben wir gewollt, weil die touris tischen Akteure in diesem Land die Tourismuskonzeption wei terentwickeln sollen, wollen und können und wir darauf setzen, dass die entsprechende Kompetenz bei ihnen liegt und wir kein starres Papier entwickeln wollen, in dem alles von vornherein
vorgegeben ist. Was dort alles an Forderungen und Fragen von Ihnen kam, was das Land in seiner Verantwortung gegen ein solches Papier alles hätte unternehmen sollen und dass das Land den Gemeinden bis ins letzte Detail vorschreibe, wie sie sich entwickeln sollen! Wenn man das wirklich gemacht hätte, wären die früheren Fünfjahrespläne, Frau Kollegin Schade, im Vergleich dazu nur dürre Heftchen gewesen.
Abschließende Bemerkung: Gerade der Tourismus in diesem Land als Wirtschaftsfaktor ist auf Weltoffenheit und Toleranz angewiesen.
Glücklicherweise verzeichnen wir eine wachsende Zahl an ausländischen Gästen, nicht zuletzt aus Polen und Tschechien. Ich sage euch: Das ist gut so. Genauso wie andere Bereiche der brandenburgischen Wirtschaft darauf angewiesen sind, ist der Tourismus darauf angewiesen, dass wir mit Menschen aus an deren Ländern offen und freundlich umgehen, egal woher sie kommen. Das ist für eine touristische Entwicklung wesentlich, und das dürfen wir auf keinen Fall durch eine falsche Politik aufs Spiel setzen. - Danke schön.
Vielen Dank. Herr Minister, ich erlaube mir die Anmerkung, dass Abgeordnete grundsätzlich gründlich lesen, weil das zu unserem Handwerkszeug gehört.
Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt und ich beende die Aussprache. Ich stelle fest, dass der Landtag den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU und DIE LINKE in Drucksa che 6/4297 - Neudruck -: Wasserstraßennetz erhalten - Wasser tourismus und Binnenschifffahrt weiter stärken.
Wer dem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal tungen? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag mehrheitlich an genommen.