Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

In nur drei Fällen fand eine Telekommunikationsüberwachung statt. Hier wurde dann aufgrund eines Falls auch die Konse quenz gezogen, zukünftig vor Antragstellung bei dem zustän digen Richter Beschäftigte des Stabsbereiches Recht einzube ziehen. Dies zeigt deutlich: Die Selbstkontrolle in der Bran denburger Polizei funktioniert.

Ich möchte noch kurz auf die Videoüberwachung eingehen. Als CDU-Fraktion halten wir es für sinnvoll und geboten, dass ge fährdete Orte mit Videokameras überwacht werden und über wacht werden können, denn dadurch wird das polizeiliche Handlungskonzept der kriminalpräventiven Umweltgestaltung ganz wesentlich positiv beeinflusst.

(Beifall CDU)

Oft steht die rein mittelbare Wirkung der Videoüberwachung im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte. Es wird dann darüber gestritten, ob Überwachungsanlagen potenzielle Straftäter von ihren Taten abhalten können.

Die Polizei Brandenburgs begründet den Anstieg des Strafta tenaufkommens in Potsdam und Guben zu Recht damit, dass das Fahrradaufkommen am Potsdamer Hauptbahnhof gestie gen ist, und mit der Kriminalitätsentwicklung im mittelbaren Grenzbereich.

Entscheidend ist also, ob die Videoüberwachung an den vier Standorten in Brandenburg eine unmittelbare und nicht eine mittelbare Wirkung entfaltet, wenn also aufgrund des Bildma terials ereignis- und objektbezogene Interventionsmaßnahmen ergriffen werden können. Um eine unmittelbare Wirkung der Videoüberwachung zu erzielen, muss die Polizei die fortlau fende Auswertung gewährleisten, und dies ist personalaufwen dig.

Der Minister kann uns dann im Innenausschuss näher erläu tern, ob die richtige und notwendige Überwachung an den vier Standorten in Brandenburg interventionsmäßig eingesetzt und genug Personal dafür verwendet wird.

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Fest steht jedenfalls: Die Videoüberwachung muss auch in Zu kunft verstärkt eingesetzt werden.

Der Überweisung stimmen wir zu. - Danke.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Jung [AfD])

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Jung fort. Er spricht für die AfD-Fraktion.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Herr Dr. Scharfen berg ist erst an der Reihe!)

Entschuldigung, Sie sind noch nicht an der Reihe, das war mein Fehler. Natürlich ist erst Herr Dr. Scharfenberg an der Reihe. Er spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit die Polizei ihre Aufgaben zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit wahrnehmen kann, verfügt sie auch über besondere Eingriffs rechte, mit denen in erheblichem Maße in Grundrechte einge griffen werden kann. Deshalb gibt es besondere Vorkehrungen für deren Inanspruchnahme. Dazu gehören Richtervorbehalte, aber eben auch eine besondere Begleitung durch den Landtag mittels eines jährlichen Berichts.

Der Bericht ist in den vergangenen Jahren ausschließlich im Innenausschuss behandelt worden; das war in der Vergangen heit schon anders. Im Zusammenhang mit der Novellierung des Polizeigesetzes zur Entfristung solcher polizeilichen Maß nahmen haben die Koalitionsfraktionen 2015 dafür gesorgt, dass dieser Bericht wieder im Plenum des Landtages abgege ben wird.

(Beifall der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Durch diese parlamentarische Kontrolle soll ein höheres Maß an Öffentlichkeit und Transparenz gesichert werden. Zudem ist im Unterschied zu den bisherigen Berichten die Darstellung der Eingriffsmaßnahmen im Einzelnen konkretisiert worden. Das gilt insbesondere für die 245 Maßnahmen zur Telekommu nikationsüberwachung nach § 33 Abs. 6 Polizeigesetz, die im Einzelnen aufgelistet worden sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Bericht ist zu entneh men - da schließe ich mich meinen Vorrednern vollinhaltlich an -, dass die brandenburgische Polizei sehr verantwortungs voll mit der Anwendung dieser besonderen Maßnahmen umge gangen ist. Erneut wird deutlich, dass die übergroße Zahl der Eingriffsmaßnahmen der Suche nach hilflosen und gefährdeten Personen dient.

Mit Interesse habe ich die Information zur Videoüberwachung auf öffentlichen Straßen und Plätzen zur Kenntnis genommen, die an vier Standorten im Land kontinuierlich stattfindet. Ins besondere haben mich dabei die Potsdamer Zahlen interessiert, die einen erheblichen Anstieg der Kriminalität um den Haupt bahnhof ausweisen. Dieser Standort ist seit 2001, also von An fang an, Gegenstand der Videoüberwachung.

In der Übersicht über diese 15 Jahre wird für 2015, wie gesagt, eine enorme Erhöhung der Zahl der Straftaten ausgewiesen. Diese Zahl ist zugleich die höchste seit 2001. Das gilt auch für die Straftaten im anliegenden Bereich.

Gegenstand der Videoüberwachung war ursprünglich der gro ße Parkplatz unterhalb des Hauptbahnhofs, wobei es um die

Bekämpfung von Kfz-Kriminalität ging. Diesen Parkplatz gibt es zum Leidwesen vieler nicht mehr, da an dieser Stelle das neue Gebäude der ILB entsteht, und die soll sicher nicht Ge genstand der Videoüberwachung sein, oder?

(Lachen der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Ich stelle mir also die Frage, was jetzt eigentlich am Potsdamer Hauptbahnhof videoüberwacht wird. Aber darüber können wir uns ja im Innenausschuss verständigen; das wird eine interes sante Diskussion. - Danke schön.

(Beifall Die LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Danke. - Zu uns spricht nun die Abgeordnete Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Entschuldigung, jetzt ist der Abgeordnete Jung an der Reihe. - Herr Jung, ich hatte Ihren Namen schon durchgestrichen. Sie sind an der Rei he, Entschuldigung!

Trotzdem vielen Dank, Frau Präsidentin.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Im Berichtszeit raum - es ist schon angesprochen worden - wurde an vier Standorten im Land Brandenburg eine Videoüberwachung öf fentlich zugänglicher Straßen und Plätze durchgeführt, und wie wir sehen können, mit durchaus unterschiedlichem Erfolg.

Kollege Scharfenberg hat es angesprochen: Im Jahr 2001 wur den in diesem videoüberwachten Bereich Potsdams 234 Straf taten begangen. 2015 wurden - nach rückläufigen Zahlen in den Vorjahren - plötzlich 286 Taten festgestellt. Das ist natür lich ein enormer Anstieg. Es stellt sich die Frage: Sind die Täter einfach nur dreist, oder reagiert die Polizei dort nicht und schickt keine Streife, die dort für zusätzliche Sicherheit sorgen könnte?

Man kann sich natürlich auch die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll ist, dort Gesichtserkennungssoftware zu installieren, die die Täter automatisch erfasst und gegebenenfalls auch warnt. Wir kennen dies aus Großbritannien. In den Bereichen, den die Videokameras nicht erfassen können, waren deutlich mehr Taten festzustellen, nämlich 1 400 im Jahre 2015. Das heißt: Dort, wo überwacht wird, passiert weniger. Zugleich gab es in der gesamten Stadt 19 000 Straftaten. Für mich ist das durchaus ein Argument für mehr Videoüberwachung an krimi nalitätsrelevanten Hotspots. Darüber sollte man nachdenken. Angesichts der islamistischen Gefährder im Land ist mir nicht begreiflich, warum eine polizeiliche Videoüberwachung an diesen besonders gefährdeten Objekten innerhalb respektive außerhalb nicht stattgefunden hat.

Ich stelle fest, dass die Forderungen der AfD in die richtige Richtung gehen. Härtere Zeiten erfordern härtere Maßnahmen, mehr Technik, Gesichtserkennung, 360-Grad-Kameras sowie mehr Personal bei Polizei und Justiz. - Vielen Dank für den Bericht.

(Beifall AfD)

Jetzt ist Frau Nonnemacher an der Reihe. Sie spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den Bericht des Innenministers über die Maßnahmen der Datenerhebung aufgrund des Brandenburgischen Polizeigeset zes möchte ich mich bedanken. Er zeigt, dass die Brandenbur ger Polizei maßvoll und verantwortungsbewusst mit den Er mächtigungen des Polizeigesetzes umgeht. So hat es im Be richtszeitraum eine Videoüberwachung gefährdeter Objekte, eine Wohnraumüberwachung und bestimmte Eingriffe zum Beispiel in die Telekommunikation überhaupt nicht gegeben.

Dieser Befund wirft aber auch die Frage nach der Notwendig keit einzelner Befugnisse auf. Klar ist, dass es sich bei den Maßnahmen um schwerwiegende Grundrechtseingriffe han delt. Nicht nur ihre Anwendung, auch das Gesetz an sich muss verfassungsrechtlichen Anforderungen standhalten. Hierauf hat meine Fraktion bereits bei der Novelle des Polizeigesetzes im vergangenen Jahr, mit der besonders tiefgreifende Grund rechtseingriffe wie die automatische Kennzeichenerfassung entfristet wurden, hingewiesen. Wir haben Änderungsanträge eingebracht, mit denen wir den Anwendungsbereich der Vor schriften auf die Notfälle, für die sie auch tatsächlich benötigt werden - zum Beispiel die Suche nach einer vermissten Person -, beschränken. Polizeigesetze anderer Länder, zum Beispiel das Berliner Polizeigesetz, sehen das bereits vor.

Auch wenn die Brandenburger Polizei maßvoll mit den ihr ein geräumten Befugnissen umgeht, besteht Missbrauchsgefahr. Wenn sich eine Norm praktisch leicht anwenden lässt, besteht immer auch die Gefahr, dass sie zu häufig in Überdehnung der Voraussetzungen angewandt wird. Darüber hinaus weckt eine Befugnis früher oder später Begehrlichkeiten, sie zu anderen Zwecken zu nutzen.

Anstelle dieser etwas symbolischen Debatte heute im Plenum, zu der sich Rot-Rot vergangenes Jahr lediglich durchringen konnte, hätten wir uns echte Verbesserungen des Gesetzes ge wünscht. Sie wurden in der Anhörung zur Polizeigesetznovelle aus verfassungsrechtlicher Sicht sowohl von der Landesdaten schutzbeauftragten Frau Hartge als auch vom Polizeirechtspro fessor Dr. Arzt dringend empfohlen.

Dass das Trostpflaster Plenardebatte - „Seht her, wir nehmen Grundrechtseingriffe ernst“ - fast dem Projekt „Freitag frei“ zum Opfer gefallen wäre, ist nur ein schales Aperçu.

(Dr. Redmann [CDU]: Unwahr!)

Und dass der Vorsitzende des AIK hier zweimal fordert, auf diese Plenardebatte, die doch gerade Rot-Rot gefordert und eingebracht hat, wieder zu verzichten, finde ich außergewöhn lich befremdlich.

(Dr. Redmann [CDU]: Das ist unerhört!)

Der Überweisung des Berichts in den Innenausschuss stimmt meine Fraktion zu. Mich interessiert insbesondere - das ist auch von Herrn Dr. Scharfenberg angesprochen worden-, wie

die Landesregierung den extrem hohen Anstieg von Straftaten im angrenzenden Bereich des videoüberwachten Potsdamer Hauptbahnhofs bewertet. Da ein Bericht über den zahlenmäßi gen Einsatz von Befugnissen wenig darüber aussagt, ob sich diese bewährt haben und verhältnismäßig sind, sehe ich dieser Diskussion mit Interesse entgegen. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Zu uns spricht nun Innenminister Schröter für die Landesregierung.

(Minister Schröter: Kein Bedarf mehr!)

Dann sind wir am Ende der Aussprache. Die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE beantragen die Überweisung des Be richts der Landesregierung auf Drucksache 6/5086 an den Aus schuss für Inneres und Kommunales. Wer dem Überweisungs antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzei chen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dem Über weisungsantrag einstimmig zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungs punkt 9 auf:

Aufforderung zur Abgabe einer Regierungserklärung zu den vielfachen öffentlichen Spekulationen hinsicht lich einer deutlichen Verschiebung einer Eröffnung des Flughafen BER

Antrag der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe