Im Land Brandenburg gibt es elf Sparkassen, nicht 18. Es gibt also Sparkassen, die für mehr als einen Landkreis zuständig sind. Und trotzdem gibt es Filialen!
Die Barnimer Busgesellschaft fährt auch in Märkisch-Oderland, der Landkreis Märkisch-Oderland ist neben dem Landkreis Barnim sogar Gesellschafter. Und trotzdem fahren die Busse!
Ob die Kreissportbünde jemals fusionieren oder nicht, werden sie selbst entscheiden. Der Landesfußballverband hat acht Fußballkreise, nicht 18. Es gibt also Fußballkreise, die sich über mehrere Landkreise erstrecken. Und trotzdem findet Fußball statt!
Ich bitte Sie wirklich: Hören Sie auf, den Leuten Angst zu machen! Heimat bleibt Heimat, der örtliche regionale Charakter der Städte und Gemeinden wird sich durch die Verwaltungsstrukturreform nicht ändern. Hören Sie auf mit diesem Gespenst!
Wir brauchen die Verwaltungsstrukturreform in Brandenburg. Dabei nur auf Freiwilligkeit zu setzen wird landesweit nicht funktionieren. Und „Wünsch dir was!“ ist kein Strukturmodell. Wir müssen entscheiden. Wegducken ist keine Option, auch nicht für die Opposition. - Herzlichen Dank.
Ja, Herr Kurth, Heimat bleibt Heimat - Sie haben es richtig ausgedrückt -, das hoffen wir auch die ganze Zeit. Aber ich fürchte, wenn Sie Ihr Reformprojekt durchgebracht haben, ist Heimat eben nicht mehr gleich Heimat.
Beim Lesen des vorliegenden Antrags von CDU und FREIEN WÄHLERN habe ich mich wie ein Sportler gefühlt, der in derselben Mannschaft wie Sie spielt, auf demselben Spielfeld unterwegs ist - wir standen auf dem Fußballplatz -, gegen denselben Gegner spielt, aber ich spielte Fußball und Sie Handball. Irgendwie sind Sie hier in einer anderen Sportart unterwegs.
Ich kann ja verstehen, dass die Kollegen von der CDU und den FREIEN WÄHLERN das Thema Kreisgebietsreform …
Einen kleinen Moment bitte, ich würde dem Wunsch gerne nachkommen. Der Geräuschpegel ist wieder zu hoch. Denken Sie daran: Es ist der letzte Tagesordnungspunkt. Nutzen Sie Kurzinterventionen, fragen Sie nach. Aber nutzen Sie dazu die vorhandenen Instrumente und senken Sie den Lärmpegel. - So, Herr Königer, weiter geht’s.
Das geht ja von meiner Redezeit ab. Also mich stört es nicht, eine so lebhafte Debatte zu haben, Frau Präsidentin.
Auch wir möchten die Kreisgebietsreform gerne im Gespräch halten, aber nicht auf diese Art und Weise. Ihren Antrag zur Errichtung eines Kompetenzzentrums halten wir für den falschen Weg, nicht etwa, weil ein solches Kompetenzzentrum per se eine schlechte Idee wäre - es kann eine richtige Alternative sein -, sondern weil das, was Sie hier fordern, von der gleichen Denkart und Abgehobenheit ist, die wir von der Landesregierung gewohnt sind. Sie wollen - wie Rot-Rot es vorexerziert - mit dem Kompetenzzentrum für interkommunale Zusammenarbeit eine neue Landeseinrichtung schaffen. Der Landtag rückt dafür schon Mittel heraus - wir haben es ja dicke!
Genau das ist es, was Landräte, Stadtverordnete, Bürgermeister, Vertreter der Verbände und eigentlich alle Betroffenen mir im letzten Jahr immer wieder gesagt haben: Macht doch mal so ein Kompetenzzentrum! - Ja, Pustekuchen! Natürlich wird die AfD-Fraktion, wenn wir zusammen über einen Volksentscheid dieses unsinnige Leitbild gekippt haben, alle Beteiligten bitten, über die demokratische Weiterentwicklung auch der räumlichen Strukturen unseres Landes nachzudenken. Bringen Sie das Kompetenzzentrum dann ruhig noch einmal ein, aber bitte hören Sie auf, mit halbgaren Ideen die von der AfD unterstützte Volksinitiative zu beschädigen.
(Vereinzelt Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE - Domres [DIE LINKE]: Der hat ein Geltungsbedürfnis!)
Auch wenn es schwerfällt, liebe CDU: Lassen Sie sich durch die wiederholten Angriffe durch Vertreter von Rot-Rot nicht ins Bockshorn jagen. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, Reparaturvorschläge für ein verkorkstes und gescheitertes Leitbild zu unterbreiten, an das sich die Landesregierung ohnehin selbst nicht mehr hält. Diese Vorschläge habe ich, haben auch einige von Ihnen bereits auf den unzähligen Showveranstaltungen unseres verehrten Herrn Innenministers gemacht. Jetzt gilt es, den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Vertrauen zu schenken.
Ich habe dargelegt, weshalb wir uns Ihrem Antrag so nicht anschließen können. Wir werden ihn aber auch nicht ablehnen, weil wir damit deutlich machen wollen, dass auch die AfD Handlungsbedarf sieht. Kooperationen auf vertikaler wie auch horizontaler Ebene sind Instrumente für die absehbaren Probleme, vor allen Dingen im berlinfernen Raum. Ob und wie diese einzusetzen sind, werden wir gern zu gegebener Zeit diskutieren. Deshalb wird sich die AfD enthalten.
Ich möchte allerdings einiges klarstellen. Ich habe in der Ausschusssitzung vom 3. November darauf hingewiesen, dass der
geplante Zuschnitt der neuen Kreise gegen mehrere selbst aufgestellte Vorgaben des Leitbildes verstößt. Sechs von acht jetzigen Kreisen und kreisfreien Städten gehen in Gebilden auf, die nicht dem Sektoralkreisprinzip aus Punkt 7 des Leitbildes entsprechen. Die Stadt Brandenburg an der Havel ist ganz klar mit dem umgebenden Landkreis Potsdam-Mittelmark verflochten. Sogar eine Außenstelle des Landkreises gibt es dort. Damit ist dies ein Verstoß gegen Punkt 8 des Leitbildes „Verflechtung mit dem Umland“.
Mit dem Zusammenschluss von Teltow-Fläming und DahmeSpreewald verstoßen Sie zwar formal nicht gegen das Leitbild, schaffen aber einen wirtschaftlichen Giganten, der im Wettbewerb der Kreise so schnell dominant werden wird, wie es eine eingekreiste kreisfreie Stadt auch sein kann.
Natürlich gibt es immer Zielkonflikte, die Kompromisslösungen erfordern. Ihr Neuzuschnitt der Kreise - das sage ich noch einmal ganz deutlich - erweckt aber den überdeutlichen Eindruck, als ginge es Ihnen vor allem um die dauerhafte Sicherung möglichst vieler Oberbürgermeister- und Landratsposten für SPD und Linke.
Im Innenausschuss hat der Innenminister das nicht einmal dementiert und lieber den Kollegen Kurth vorgeschickt, der noch einmal kurz mit der Keule zuschlagen durfte.
Ich muss hier auch noch einmal betonen, lieber Herr Minister Schröter, dass mich Ihre Argumentation, weshalb Sie zum Beispiel vom Sektoralkreisprinzip abweichen, nicht ansatzweise überzeugt. Da Sie mir etwas despektierlich zuschreiben, ein „cleveres Kerlchen“ zu sein, möchte ich es Ihnen an einem Beispiel veranschaulichen: Bei den Zusammenlegungen der Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, des Havellands und Brandenburgs an der Havel verstoßen Sie mehrfach gegen Ihr eigenes Leitbild.
Mutig und ehrlich sowie Ihren eigenen Zielsetzungen entsprechend wäre es gewesen, die Prignitz mit Heiligengrabe, Kyritz, Neustadt, Wittstock und Wusterhausen und dem Havelland zu vereinen.
Da wären alle Zielvorgaben erfüllt gewesen, und der Rest von OPR hätte noch einen vernünftigen Zusammenschluss geschafft.
(Domres [DIE LINKE]: Was ist mit dem Teilungsver- bot? - Keine Ahnung! - Frau Lieske [SPD]: Das mit dem cleveren Kerlchen würde ich zurücknehmen!)
Ich empfehle da den Aufsatz von Prof. Broer in der Fachzeitschrift „Die Kommunalverwaltung“ vom Oktober 2016 zur Lektüre.
Sie sind natürlich ein ehrenwerter Mann, Herr Innenminister, aber Sie müssen mein Misstrauen schon verstehen. Der letzte Innenminister aus Ihrem Kreis hat bei der Reform von 1993
gegen den Widerstand der Kreistage durchgesetzt, dass Belzig Kreisstadt von Potsdam-Mittelmark wurde, weil die kreislichen Außenbereiche gestärkt werden sollten. Komisch nur, dass Oranienburg Kreisstadt wurde und nicht Gransee. Komisch auch, dass Oberhavel auch von der jetzigen Kreisgebietsreform nicht betroffen ist. Und wäre ich aus Brandenburg an der Havel und müsste erneut einen Kasten Bier darauf wetten - keine Sorge, diesmal nicht mit Ihnen, Herr Innenminister, sondern mit Ihren Kabinettskollegen Herrn Görke und Frau Golze -, welche Kreisstadt das Havelland künftig hat, würde ich mein Bier auf die Stadt der Minister setzen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Petke, ich kaufe Ihnen nicht ab, kann Ihnen nicht abkaufen, dass Sie ernst meinen, was Sie hier vorgetragen haben.
Aber eines muss man Ihnen lassen: Sie lassen nichts anbrennen. Mit der vor wenigen Tagen gestarteten Volksinitiative verbreiten Sie das Bild, dass im Land Brandenburg Veränderungen in der kommunalen Gebietsstruktur nicht erforderlich seien und eigentlich alles so bleiben sollte, wie es jetzt ist. Zumindest steht das so in Punkt 2 des Textes der Volksinitiative, der besagt, dass alle 14 Landkreise und alle vier kreisfreien Städte in ihrem Bestand zu erhalten sind.
- Das gucken wir uns dann mal an. - Das ist faktisch der Stand, obwohl wir doch alle wissen, dass sich im Vergleich zur Kreisgebietsreform 1993 tiefgreifende Entwicklungen vollzogen haben, die in anderen neuen Ländern - so in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt - zu einer zweiten Kreisgebietsreform geführt haben.
Sie versuchen jetzt den Eindruck zu erwecken, die anstehenden Entwicklungsprobleme, insbesondere der Bevölkerungsrückgang, könnten mit dem Mittel der kommunalen Kooperation ausgeglichen werden. Mit dem vorliegenden Antrag treiben Sie diesen Ansatz zu höchster Perfektion, ohne die realen Bedingungen zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, die Diskussion über die Vorzüge und die Grenzen der kommunalen Zusammenarbeit ist in aller Intensität in der Enquetekommission des Landtages geführt worden. Sie waren Mitglied dieser Kommission, Herr Petke, und haben zumindest zeitweise an den Sitzungen teilgenommen. In Gesprächen mit Experten ist dort in aller Deutlichkeit auf die Grenzen kommunaler Zusammenarbeit hingewiesen worden. Diese Grenzen haben wir im Land Brandenburg leider auch immer wieder zur Kenntnis nehmen müssen, da fallen mir ohne große Anstrengungen viele Beispiele ein. Dazu gehört
auch das von Ihnen genannte Beispiel Cottbus-Spree-Neiße. Ich will das hier gar nicht weiter ausführen, aber das als positives Beispiel zu bezeichnen ist schon sehr gewagt.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich stelle das als jemand fest, der große Hoffnungen in das eigenverantwortliche Handeln der Kommunen und das Potenzial einer solchen Kooperation auf und zwischen den kommunalen Ebenen gesetzt hat und nach wie vor setzt. Aber ich denke, wir sind uns darin einig: Kommunale Kooperation soll auf freiwilliger Basis praktiziert werden.