Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Sie hatten in Ihrem Papier zur Verwaltungsreform auch die Möglichkeit einer verpflichtenden Kooperation vorgesehen. Das spielt hier keine Rolle mehr. Sie haben erkannt, dass das sehr problematisch ist.

(Dr. Redmann [CDU]: Warum soll das problematisch sein?)

Dafür gibt es mit dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit entsprechende Möglichkeiten. Die haben wir unter RotRot noch ausgebaut. Ich verweise auf den Abschlussbericht der Enquetekommission 5/2. Dort heißt es auf Seite 6:

„Die Mehrheit der Mitglieder der Kommission weist aber darauf hin, dass die Bildung von Zweckverbänden oder der Abschluss von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit nicht zwingend zu dauerhaft stabilen und tragfähigen Strukturen führen muss. Zudem ist die Meinungsbildung in den Entscheidungsgremien mit Problemen verbunden und wirft auch Fragen nach einer ausreichenden demokratischen Legitimität auf. Kooperationen sind nach Auffassung der Enquete-Kommission kein Ersatz für eine umfassende Kommunalverwaltungsstrukturreform.“

Das haben wir vor ein paar Jahren schon festgestellt. Das ist also etwas, was Sie zur Kenntnis hätten nehmen können.

Meine Damen und Herren, mit Ihrem Antrag erwecken Sie den Eindruck, die eigentlich unstrittigen Schwachpunkte kommunaler Kooperation könnten durch ein Konzept zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit umgangen werden. Ein solches Konzept, das die Antragsteller nicht einmal ansatzweise inhaltlich definieren, soll die Landesregierung bis Mitte nächsten Jahres vorlegen.

Herr Abgeordneter Scharfenberg, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Selbstverständlich.

Gut, dann bitte schön.

Vielen Dank dafür; das ist in jüngster Zeit hier im Parlament leider nicht mehr selbstverständlich gewesen.

Herr Scharfenberg, ist Ihnen bekannt, dass auch schon jetzt die Kreistage für die Tätigkeit innerhalb der unteren Landesbehörden nur sehr, sehr eingeschränkt zuständig sind, sodass also das Argument der demokratischen Legitimität überhaupt nicht trägt?

(Beifall CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Herr Redmann, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Veränderungen, die in diese Richtung gehen, von Innenminister Schönbohm mit der Änderung der Kommunalverfassung im Jahre 2008 vollzogen worden sind.

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Und, haben Sie es geändert?)

- Herr Schulze, diese Diskussion mache ich jetzt nicht auf, darauf lasse ich mich nicht ein.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH- LER Gruppe])

- Das sage ich Ihnen: Diese Diskussion würde ich gewinnen!

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Seit sieben Jahren sind Sie an der Macht!)

Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Selbstverständlich kann man über so etwas nachdenken, aber Sie wissen, wie sich das Verhältnis zwischen Kommunalvertretung und hauptamtlichen Verwaltungen im Laufe der Zeit entwickelt hat. Ich bin gern bereit, auch über diese Frage zu diskutieren; aber das sind dicke Bretter. Das hat mit dem, was Sie vorgelegt haben und worüber wir jetzt diskutieren, nicht viel zu tun.

Um die Wunderkräfte des noch nicht existenten Konzepts voll zur Entfaltung zu bringen, soll ein Kompetenzzentrum für interkommunale Zusammenarbeit eingerichtet werden.

(Frau Richstein [CDU]: Das hat Herr Petke schon gesagt!)

Ein solches Zentrum gibt es in Hessen - Herr Petke, Sie haben das gesagt. Wenn man sich die Bilanz dieser Einrichtung ansieht - und das habe ich gemacht -, wird deutlich, dass die praktischen Wirkungen weit unter den Erwartungen liegen, die die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag verbinden. Sie sollten sich einmal ansehen, was dieses Kompetenzzentrum in den vergangenen zwei, drei Jahren bewegt hat.

Wir müssen uns im Übrigen nicht schlechter machen, als wir ohnehin sind - als wir sind. Schließlich haben wir …

(Lachen sowie Beifall CDU und AfD)

- Schönes Ding.

Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt einen Schlusssatz finden.

Haben Sie sich ausreichend gefreut, meine Damen und Herren? Ich weiß, ich habe Schwierigkeiten mit der Redezeit.

Schließlich haben wir erst im Juni 2014 mit der Novellierung des brandenburgischen Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit eine Erweiterung der Kooperationsmöglichkeiten beschlossen. Ich kann mich nicht entsinnen - Herr Petke, Sie waren dabei …

Herr Abgeordneter, Sie müssen nun wirklich zum Schluss kommen.

… dass sich die CDU-Fraktion bei dieser Gelegenheit durch großes Schöpfertum ausgezeichnet hätte.

Ich komme zum Schluss. - Die Koalition ist auch weiterhin für eine breite freiwillige Anwendung der verschiedenen Formen und Möglichkeiten der kommunalen Kooperation, allerdings in dem Wissen, dass diese Kooperation kein Ersatz für eine Kreisgebietsreform ist. - Ansonsten freue ich mich, dass Sie sich freuen.

(Beifall DIE LINKE und SPD sowie Heiterkeit DIE LIN- KE, SPD, CDU und AfD - Bretz [CDU]: Für die Selbst- kritik ein herzliches Kompliment!)

So viel Freude. - Frau Nonnemacher setzt die Debatte fort. Sie spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Das ist ja munter hier.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Petke, selbst wenn ich in Rechnung stelle, dass Sie und ich Vertreter von Oppositionsfraktionen sind und die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in vielen Sachfragen sehr gut zusammenarbeiten, ist die freundlichste Formulierung, die ich zu diesem Antrag finden kann, dass ich ihn ziemlich albern finde.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Sie wollen, dass die rot-rote Landesregierung binnen sechs Monaten ein komplettes Alternativkonzept zu ihrem zentralen Vorhaben für die 6. Wahlperiode vorlegt, was auf der kühnen Annahme beruht, Verwaltungsschwäche ließe sich allein durch interkommunale Zusammenarbeit beheben.

(Dr. Redmann [CDU]: Jawoll!)

Unter Punkt 2 wird vorausgesetzt, dass der Landtag den vorliegenden Antrag annimmt, die Landesregierung das Konzept vorlegt, das dann wiederum von der Landtagsmehrheit bestätigt wird, und dann richten wir ein Kompetenzzentrum für die interkommunale Zusammenarbeit - vermutlich nach hessischem Vorbild - ein. Die Landesregierung wird das alles juristisch ausgestalten und sauber durchrechnen - und fertig ist - eins, zwei, drei - die Reform à la CDU, ausgearbeitet durch Rot-Rot. Sagen Sie mal, Herr Petke, sind wir hier im Kindergarten?

(Beifall und Heiterkeit B90/GRÜNE, SPD und DIE LIN- KE)

Sie legen hier zehn Tage nach Start der Volksinitiative die drei Forderungen - Aufhebung des Leitbildbeschlusses, Bewahrung aller Kreise und kreisfreien Städte und Konzept für interkommunale Zusammenarbeit - als parlamentarischen Antrag vor, kurze Zeit, nachdem das Parlament eine Ihnen missliebige Mehrheitsentscheidung getroffen hat.

(Dr. Redmann [CDU]: Und was war mit dem Flughafen?)

Wo waren Sie, als es am 13. Juli dieses Jahres darum ging, Alternativen oder zumindest Änderungen zum Leitbild zur Abstimmung zu stellen?

(Beifall SPD und DIE LINKE - Bischoff [SPD]: Richtig!)

Wieso fordern Sie als eine Volkspartei mit Gestaltungsanspruch vier Monate später die Landesregierung auf, Ihnen die Oppositionsarbeit abzunehmen? Wieso warten Sie nicht ab, bis die Volksgesetzgebung die erste Hürde übersprungen hat und das Anliegen hier sowieso erneut parlamentarisch beraten wird?

(Bischoff [SPD]: Ja!)

Ich kann Ihnen versichern, dass auch wir erhebliche Kritik am Vorgehen von Rot-Rot bei der Verwaltungsstrukturreform haben. Aktuell werden die Vorschläge zum Kreiszuschnitt im Süden des Landes von uns abgelehnt,

(Einzelbeifall)

und auch bei Teilen der Funktionalreform werden wir heftig gegenhalten.

(Lachen bei der CDU - Dr. Redmann [CDU]: Na dann!)