Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

me lassen und sie nicht aus Potsdam bevormunden. Das ist mein Leitbild. Sie haben ein anderes. Genau darum geht es auch heute, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und des fraktionslosen Abgeordneten Hein)

Deshalb müssen Sie, meine werten Kollegen der SPD und der Linken, die sie sich übrigens vor Ort in den Kreistagen und in den Parlamenten der kreisfreien Städte gar nicht schnell genug gegen das Leitbild aussprechen konnten, obwohl Sie hier etwas anderes sagen, heute die Frage beantworten: Vertrauen Sie den 14 Landkreisen und den vier kreisfreien Städten? Vertrauen Sie den 400 Städten und Gemeinden in Brandenburg? Vertrauen Sie den über 800 ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten, den Abgeordneten in den Stadtparlamenten und den Tausenden eh renamtlichen Gemeinderäten in Brandenburg? Vertrauen Sie 130 000 Brandenburgern in ihrer Meinung und in ihrem Gefühl für Brandenburg? Es geht nämlich nicht um Ihr Brandenburg, sondern um das Brandenburg der Brandenburger.

(Beifall CDU, AfD, BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und des fraktionslosen Abgeordneten Hein)

Deshalb sagen wir Ja zur Volksinitiative, meine Damen und Herren! - Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall CDU - Beifall AfD, BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und des fraktionslosen Abgeordneten Hein)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Abgeordnete Dr. Scharfenberg. Bitte schön.

(Zurufe von der CDU: Der erklärt uns jetzt die Welt noch einmal! - Das wird nichts!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Ver treterinnen und Vertreter der Volksinitiative! Herr Senftleben, ich finde es irgendwie schockierend,

(Oh! bei der CDU)

dass Sie für die Aneinanderreihung von hohlen Sprüchen

(Wichmann [CDU]: Schockierend sind Sie!)

noch Beifall von Ihren Leuten bekommen. Die müssten eigent lich ganz anders darauf reagieren,

(Beifall DIE LINKE und SPD)

wenn sie sich selbst ernst nähmen. In der erfolgreichen Volks initiative, über die wir heute zu diskutieren haben, spiegelt sich die kontroverse Diskussion zur Verwaltungsstrukturreform, die im Lande stattfindet, wider. Ich will daran erinnern, dass es von vornherein Anliegen und Selbstverständnis dieser Koaliti on war, diese Reform im Dialog mit einer breiten Öffentlich keit vorzubereiten und umzusetzen.

(Wichmann [CDU]: Das ist doch Hohn! - Zuruf von der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe: Das ist Leute verarschen!)

Deshalb nehmen wir die Volksinitiative sehr ernst

(Dr. Redmann [CDU]: Keine Sekunde!)

und sehen sie letztlich als einen Beitrag dazu,

(Wichmann [CDU]: Heuchler!)

dass die Reform so nah wie möglich an der realen Problemlage im Lande gestaltet wird.

Herr Wichmann, Sie sollten in der Wahl Ihrer Worte vorsichtig sein. - Das schließt ein, dass wir bereit sind, soweit wie mög lich auf die Initiative zuzugehen. Schließlich wollen wir noch in diesem Jahr mit dem Kreisneugliederungsgesetz und dem Funktionalreformgesetz Entscheidungen treffen, die zur Stär kung der kommunalen Selbstverwaltung und zur Sicherung ei ner dauerhaften Handlungsfähigkeit der Kommunen beitragen sollen.

Wir haben die Volksinitiative gründlich geprüft. In einer Anhö rung vor dem Innenausschuss hatten die Vertreterinnen und Vertreter die Möglichkeit, ihre inhaltlichen Positionen vorzu tragen und auf die zahlreichen Fragen der Abgeordneten zu antworten.

Vor diesem Hintergrund ist die Stellungnahme entstanden, die heute zur Abstimmung steht. In Punkt 1 fordert die Volksinitia tive die Aufhebung und letztlich die Veränderung des Leitbil des für die Verwaltungsreform. Das Leitbild ist mit seinen abs trakt formulierten Kriterien und Vorgaben der Rahmen und der Maßstab für die Reform. Es ist aber nicht die konkrete Festle gung neuer Gebietsstrukturen.

Wir sind mitten in der Diskussion um die konkrete Umsetzung der Reform und stehen konstruktiven Vorschlägen offen gegen über. Sie konnten in diesem Prozess in den vergangenen Mona ten beobachten, wie eine Veränderung nach der anderen im Diskurs mit der Öffentlichkeit zustande gekommen ist. In die sem Sinne folgen wir dem Punkt 1, wobei die geforderte Auf hebung des Leitbildbeschlusses nicht möglich ist.

(Dr. Redmann [CDU]: Natürlich ist es möglich!)

Wir nehmen den dritten Punkt der Volksinitiative an und wer den unserem Selbstverständnis folgen, alle Möglichkeiten zu einer weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für die kommunale Gemeinschaftsarbeit zu nutzen.

(Dr. Redmann [CDU]: Das ist doch lächerlich!)

Das hat die rot-rote Koalition mit der Novelle zum GKG von 2014 ausdrücklich unter Beweis gestellt. Wir knüpfen mit un serer Entschließung auch an diesen Gegenstand an. Die CDU hat zu keinem Zeitpunkt in diesem Lande den Nachweis ge führt, dass Sie diese Richtung ernst nehmen.

(Dr. Redmann [CDU]: Sie haben doch alles abgelehnt!)

Wir wissen aber, dass kommunale Kooperation ihre Grenzen hat und eine Verwaltungsreform - anders, als es die Volksinitia tive sieht - nicht ersetzen kann.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich fand es schon bezeichnend - ich führe den Satz zu Ende -, dass die Vertreter der Volksinitiative auch auf mehrfache Nach frage in der Anhörung vor dem Innenausschuss keine konkre ten Vorschläge zur Weiterentwicklung der kommunalen Ko operation machen konnten.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD] - Frau Leh mann [SPD]: Genau! Sehr gut!)

Es haben mehrere Abgeordnete danach gefragt - bitte.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie mir die Möglichkeit ge ben, eine Zwischenfrage zu stellen. Herr Dr. Scharfenberg, ist Ihnen noch in Erinnerung, dass dieses Hohe Haus mit Mehrheit von SPD und DIE LINKE alle konstruktiven Vorschläge - ich wiederhole: alle konstruktiven Vorschläge -, die wir gemacht haben, um die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken,

(Domres [DIE LINKE]: Welche denn?)

abgelehnt hat, dass Sie es nicht einmal für würdig empfunden haben, Gesetzesvorschläge, die wir dazu unterbreitet haben, an einen Ausschuss zu überweisen? Ist Ihnen das alles noch in Er innerung und bekannt?

Ich erinnere mich an Ihre Initiative. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass die Qualität Ihrer Vorschläge geeignet war, in Ausschüssen beraten zu werden.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Oh, oh! bei der CDU)

Den zweiten Punkt der Volksinitiative können wir nicht anneh men. Er enthält die Forderung, dass es Zusammenschlüsse von Landkreisen nur auf der Basis von Freiwilligkeit geben soll. Wenn man dem nachkommen würde, hätte das zur Folge, dass das Land auf die im Grundgesetz, in der Landesverfassung, in der Kommunalverfassung wie in allen Bundesländern und für alle anderen Bundesländer auch vorgesehene Möglichkeit des gesetzlichen Zusammenschlusses von Kreisen verzichtet. Damit hätten wir ein Alleinstellungsmerkmal in der Bundesrepublik.

Entscheidend ist dabei, dass wir damit sehenden Auges eine starke Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Landes in Kauf nehmen würden. Bei realistischer Betrachtung ist nicht zu erwarten, dass die notwendigen Gebietsänderungen aus schließlich freiwillig vollzogen werden. Das weiß die CDU - insbesondere Herr Petke - ganz genau. Bei der Gemeindege bietsreform hat er auch völlig anders argumentiert. Ich zitiere:

„Wenn Sie die Erfahrungen aus den anderen Bundeslän dern ansprechen, dann nehmen Sie bitte eine Erfahrung zur Kenntnis, nämlich die, dass sich, wenn man es letzten En des bei der bloßen Freiwilligkeit belässt, vor Ort in Sachen Gemeindereform überhaupt nichts zum Besseren ändert.“

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Scharfenberg, dass Sie die Zwi schenfrage zulassen. Sie haben ausgeführt, es sei nicht mög lich, das Leitbild des Landtages für die Kommunalreform auf zuheben.

Ist Ihnen bewusst, dass der Parlamentarische Beratungsdienst in seinem Gutachten sehr wohl festgestellt hat, dass der Land tag die politische Wirkung des Leitbildes, nämlich den Auftrag an die Landesregierung, eine entsprechende Kommunalreform auszuarbeiten und Gesetzentwürfe diesbezüglich vorzulegen, zurücknehmen kann?

Herr Dr. Redmann, mir ist aus dem Gutachten sehr wohl erin nerlich, dass dort ausgeführt wird, eine Aufhebung des Leitbil des ist kein Weg, sondern eine Veränderung des Leitbildes.

(Lachen des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Man kann ein Leitbild nicht umsetzen, aber es aufzuheben ist Quatsch.