Protokoll der Sitzung vom 28.06.2017

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Schröder. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Johlige, Sie werden mir sicherlich nicht böse sein, wenn ich Ihnen jetzt hier erkläre, dass das, was Sie gerade von sich gegeben haben, was Sie hier abgesondert haben, einfach nur eine Frechheit war.

(Domres [DIE LINKE]: Mehr Respekt! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE und SPD)

- Nein, der Respekt ist ausreichend, Herr Domres von den Lin ken, ganz einfach deswegen, weil auch uns hier respektlos ge genübergetreten wird, und zwar eben ganz extrem von Frau Johlige von der Linken. Sie haben gerade erklärt, dass Sie linksextremistische Gewalttäter für demokratische Akteure halten,

(Frau Lieske [SPD]: Was?!)

die Ihre Unterstützung benötigen

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

und die auch bekommen. Das haben Sie gerade eben gesagt.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE und der SPD: Zu hören!)

- Das ganze Parlament hat zugehört. Sie haben gesagt, jeder, der sich gegen Rechts wendet oder gegen irgendetwas, der muss unterstützt werden,

(Domres [DIE LINKE]: Nicht gegen irgendetwas!)

und wir seien diejenigen, die Menschen, die sich gesellschaft lich engagieren, die uns aber nicht in den Kram passen, be kämpfen würden. Das Einzige, was wir bekämpfen, liebe Frau Johlige, sind Gewalttäter, egal woher, ob von Rechts oder von Links,

(Domres [DIE LINKE]: Das kennen wir von Energie Cottbus!)

insbesondere von Links. Ich kann Ihnen da - das will ich gar nicht wieder aufmachen - das Beispiel Finsterwalde nennen. Sie haben jedenfalls wieder mal verharmlost. Und das, was Sie hier tun, ist einfach nur, Schützenhilfe für die linksextremisti sche Antifa-Szene zu leisten. Und das, meine Damen und Her ren, lehnen wir von der AfD strikt ab. Niemand hat das Recht, irgendwelchen Extremismus in irgendeiner Form zu entschul digen oder gar zu unterstützen. Aber Sie tun das hier.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ich muss Ihnen sagen: Ich bin entsetzt über Ihr Verhalten, aber das ist ja auch nicht neu. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Möchten Sie auf diese Kurzintervention reagieren?

Herr Schröder, entweder haben Sie mir nicht richtig zugehört,

(Dr. Gauland [AfD]: Doch, leider zu genau! - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

oder Sie haben es nicht verstanden. Ich würde einfach empfeh len, die Rede im Protokoll nachzulesen.

(Dr. Gauland [AfD]: Dann wird es ja noch schlimmer! - Frau Bessin [AfD]: Die Rede gibt es ja auch auf Video!)

Das, was Sie verstanden haben, ist jedenfalls etwas anderes als das, was ich gesagt habe.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt spricht die Abgeordnete Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! 53 politisch links motivierte Gewaltstraftaten gab es laut Kriminalitätsstatistik im vergangenen Jahr in Branden burg. Das sind genau 53 zu viel.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextre mistische Gewalttaten dreimal häufiger waren.

Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf die Große Anfra ge der AfD-Fraktion zum Linksextremismus darauf hingewie sen, dass linksextremistische Gewalt in Brandenburg seit 1990 nie die Dimension rechtsextremistischer Gewalt erreicht hat. Trotz dieser Sachlage hat AfD-Fraktionsvize Kalbitz in der vergangenen Woche behauptet, dass Linksextremismus - ich zitiere - „die gefährlichste Form der politischen Gewalt in der Gegenwart“ sei.

(Beifall AfD)

Dieser Realitätsverlust ist erklärbar, meine Damen und Herren: Je weiter rechts einer steht, desto mehr Linke sieht er,

(Heiterkeit und Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LIN KE)

und wer extrem viele Linke sieht, wie der extrem rechte Kal bitz, auf den mag links extrem bedrohlich wirken.

(Heiterkeit und Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LIN KE)

Wie wir wissen, war der heutige AfD-Landesvorsitzende bis vor rund anderthalb Jahren noch Vorsitzender eines rechtsext remen Vereins, der von einem ehemaligen SS-Hauptsturmfüh rer und Mitglied der Leibstandarte Adolf Hitler ins Leben geru fen worden war.

Die Große Anfrage der AfD ist der untaugliche Versuch, die Linksextremismusgefahren aufzubauschen, um von den viel fältigen Rechtsextremismusbezügen der AfD und ihrer Aktivis ten abzulenken.

(Beifall DIE LINKE - Galau [AfD]: Genau!)

Wie gründlich das misslungen ist, das ist allerdings fast schon ein Kunststück. Denn man muss es erst einmal hinbekommen, sage und schreibe 210 Fragen zu formulieren, die dermaßen ins Leere laufen. Der AfD ist das beispielsweise mit Fragen gelun gen, für deren Beantwortung die Bundesregierung zuständig wäre oder die in Verfassungsschutzberichten längst beantwor tet sind. Weitere Fragen betreffen eine Organisation, die in Brandenburg offensichtlich gar nicht existent ist, sowie ver meintlich linksextremistische Internetseiten, die nicht auffind bar sind.

Die AfD-Fraktion ist derartig weit rechts, dass sie angenom men hat, sie könnte die Landesregierung in einer Linksextre mismus-Anfrage über die Parteienkonkurrenz aus dem demo kratischen Spektrum ausfragen. Demokratische Parteien wer den vom Verfassungsschutz jedoch nicht beobachtet.

(Frau Bessin [AfD]: Na sieh mal einer an!)

Indem sich die AfD nach dem Bildungsniveau, der Religions zugehörigkeit, dem Migrationshintergrund und den Haushalts größen von Mitgliedern der SPD, der Bündnisgrünen und der Linken erkundigt, hat sie ein Staatsverständnis offenbart, das mit einem demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar ist.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Da Brandenburg glücklicherweise kein totalitärer Überwa chungsstaat ist, konnte die Landesregierung viele AfD-Fragen nicht beantworten.

Die AfD mag bedauern, dass Brandenburgs Verfassungsschutz anders als der bayerische keine Partei-Linken beobachtet - aber der Bayerische Verfassungsschutz beobachtet auch den dorti gen AfD-Landesvorsitzenden Bystron. Jean-Pascal Hohm, ExMitarbeiter der brandenburgischen AfD-Fraktion und Mitglied des Landesvorstandes der „Jungen Alternative“, hat dem baye rischen AfD-Chef zu der „tollen Auszeichnung“ gratuliert, im Visier des Verfassungsschutzes zu sein.

Hohm hat in seiner Bewerbung als Bundesdelegierter der AfD Brandenburg geschrieben - ich zitiere ihn -:

„Wir sind Teil der Bewegung: Pegida auf der Straße, die Identitären auf dem Brandenburger Tor und die AfD im Parlament!“

Die „Identitären“ werden bekanntlich ebenfalls vom Verfas sungsschutz beobachtet. Und Hohm arbeitet inzwischen für den Verein „Ein Prozent“, der sich als „Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk“ sieht, zu dem ausweislich der Vereinshomepage rund 60 Gruppen der „Identitären Bewe gung“ zählen. Dem Verein „Ein Prozent“ bringen im Internet noch mehr AfD-Akteure ihre Sympathien entgegen als der „Identitären Bewegung“ selbst - zum Beispiel die AfD-Landes vorstandsmitglieder Steffen Kotré und Marian von Stürmer.

(Domres [DIE LINKE]: Mitarbeiter!)

Kürzlich hat übrigens ein Bundesanwalt vor dem NSU-Unter suchungsausschuss von einem Zeugen aus der rechten Szene berichtet, den er vor 15 Jahren vernommen hat: Stefan Bro schell. Broschell sitzt heute wie Jean-Pascal Hohm im AfDKreisvorstand Teltow-Fläming neben der Kreisvorsitzenden Birgit Bessin. - Feiner Vorstand!

Die 211 Antwortseiten auf die Große Anfrage reichen nicht an satzweise, um von den rechtsextremen Bezügen der AfD abzu lenken. Dafür wissen wir aber endlich - ich zitiere -:

„Für die Parteien Die Rechte, Der Dritte Weg, DVU und NDP liegen keine Hinweise auf Verbindungen zu linksex tremen Organisationen vor.“