Erhalt gewachsener Strukturen wissentlich und willentlich zu attackieren. Sie tun das, weil Sie absichtlich keine Garantien für den Erhalt der Außenstellen der Kreisverwaltungen abge ben wollen, um somit die Diskussion den neuen Kreistagen zu überlassen, damit dort dann die regionalen Auseinandersetzun gen ausbrechen können.
Meine Damen und Herren, während die Gemeindegebietsre form im Land hochgradig diskutiert wird, mit sehr, sehr vielen Problemen und Hinweisen auch aus Ihrer kommunalen Basis heraus, ziehen Sie es durch und nehmen den Streit, der dadurch in vielen, vielen Kommunen vom Zaun gebrochen wird, in Kauf. Sie schüren ihn, und insbesondere wollen Sie dadurch sicherstellen, dass es keinen Zusammenhalt mehr in den Kreis tagen, in den Gemeindevertretungen gibt, die sich mit vielen kompetenten Hinweisen gegen die Gebietsreform stellen.
Meine Damen und Herren, und dann hören wir im Hinblick auf das sich abzeichnende Volksbegehren, auf den sich abzeich nenden Volksentscheid von Ihnen nichts anderes als: „Na ja, so ein Volksentscheid hat im Endeffekt nur den Charakter eines Entschließungsantrags.“
- Das kommt auch von Mike Bischoff; den kennen Sie viel leicht. Das war im Juni, als es hieß, ein Volksentscheid habe keine bindende Wirkung für das Parlament.
Da sind wir also wieder bei dem Punkt angelangt, dass sich die Bevölkerung nicht würdevoll gegenüber der Regierung gezeigt hat, dass sie sich bei der Regierung entschuldigen müsse, dass sie die seriösen Hinweise der Regierung nicht akzeptiert und hinnimmt.
Meine Damen und Herren, Herr Minister, Sie haben hier davon gesprochen, was Luther gesagt hat. Luther hat auch gesagt: Schau dem Volk aufs Maul! - Die 130 000 Unterschriften kom men ja aus dem Volk. Vielleicht hätten Sie da ein bisschen ge nauer schauen müssen, schauen sollen. Aber Sie suchen ja nicht die Kommunikation mit den Bürgern - das haben wir ja auch erfahren -, Sie sind nicht der, der mit den Bürgern kom muniziert. Das haben Sie uns ja so auch gesagt. Es reicht ja auch, auf die Unterschriften beim Landeswahlleiter - ebenfalls beim Innenministerium angesiedelt - zu gucken. Da sehen Sie, wie sich die Bevölkerung positioniert.
Also deswegen: Wer sich auf Luther beruft, um die Gebietsre form zu rechtfertigen, der sollte vielleicht auch einmal in der Geschichte ein bisschen detaillierter nachblättern. Da können Sie nämlich noch vieles erfahren.
Vielleicht blättern Sie dabei gar nicht so weit - das will ich Ih nen ja gar nicht zumuten -, vielleicht gucken Sie nach 1993, nach 2003 und schauen auf die Auswirkungen dieser Gebiets reformen, die viele immer noch nicht verdaut haben und die zumindest nicht analysiert worden sind. Wenn Sie das nämlich tun, können Sie sich, wenn es einen demokratischen Wider stand aus der Bevölkerung gibt - ich garantiere Ihnen, das ha ben viele, viele Ihrer Parteigenossen unterschrieben -, doch nicht hinstellen und verkünden, dass der Volkswille oder der
Volksentscheid, der dann kommt, gar nicht interessiert und gar keine bindende Wirkung entfaltet. Meine Damen und Herren, welches Signal der gewählten Vertreter des Landes Branden burg ist das!
Ich weiß, was Sie damit beabsichtigen. Sie wollen von vornhe rein demoralisieren, um dann zu sagen: Das Quorum wurde nicht erreicht.
Das, meine Damen und Herren, ist ein weiterer Angriff auf die demokratischen Strukturen in unserem Land. Das werden wir nicht akzeptieren. Deswegen sage ich ganz deutlich: Wir wer den diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wir erwarten von Ihnen ja nicht, dass Sie Ihre Meinung ändern - dass Sie das nicht tun werden, habe ich jetzt deutlich mitbekommen -, wir erwarten von Ihnen aber, dass Sie ein Bekenntnis dazu ablegen, dass, wenn direktdemokratische Instrumente dieses Landes genutzt werden - gesetzlich korrekt, methodisch korrekt und demokra tisch richtig -, diese von Ihnen anerkannt werden, und dass Sie heute ein Zeichen setzen, dass das jetzt erfolgende Volksbegeh ren und der sich daran anknüpfende Volksentscheid von Ihnen akzeptiert werden und der dahinter stehende politische Wille von Ihnen nicht torpediert, sondern hingenommen wird. Sie werben für Ihre Argumente, wir werben für unsere Argumente. Wir erkennen jedes Ergebnis an, das kommt. Und nichts ande res erwarten wir auch von Ihnen. Das hat Brandenburg ver dient. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vida, ich halte eine Richtigstellung für an gemessen. Sie haben eben behauptet, ich hätte im Kreistag Ha velland gegen die Kreisgebietsreform, die Verwaltungsstruk turreform gestimmt. Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr.
Der Kreistag Havelland hat einstimmig eine Stellungnahme zum Referentenentwurf beschlossen. Diese Stellungnahme enthält keine Ablehnung der Verwaltungsstrukturreform, son dern wir haben uns auf vielen Seiten sehr akribisch mit dem Referentenentwurf befasst, Änderungsvorschläge unterbreitet und unsere Meinung dazu kundgetan, aber sie enthält an keiner Stelle eine Ablehnung der Verwaltungsstrukturreform.
Wenn Sie hier also gesetzliche und methodische Korrektheit anmahnen, dann bitte ich auch Sie, sich daran zu halten und sich die Papiere genau anzuschauen. Meine Fraktion - viel leicht auch andere Fraktionen - hätte einer ablehnenden Stel lungnahme nicht zustimmen können. Deshalb ist dieser Be schluss auch so einstimmig zustande gekommen.
(Beifall SPD und DIE LINKE - Der Abgeordnete Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe] begibt sich zum Red nerpult.)
- Das war keine Kurzintervention, das war das Rederecht der Landesregierung. Das Rederecht der Landesregierung ist in der Geschäftsordnung definiert.
(Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Sie beschuldigt mich hier, und ich kann darauf nicht eingehen? - Zurufe von SPD und CDU - Dr. Redmann [CDU]: Frau Präsi dentin, es gab da noch eine Zwischenfrage!)
Das ist leider so. Es war keine Kurzintervention. Es ist das Re derecht der Landesregierung. Das ist in unserer Geschäftsord nung so geregelt, Herr Abgeordneter. Das tut mir sehr leid für Sie.
(Dr. Redmann [CDU]: Hier war noch eine Zwischenfrage während der Rede der Ministerin angezeigt worden!)
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Herrn Abge ordneten Bischoff fort. Er spricht für die SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Bischoff.
- Die habe ich nicht gesehen. Darauf hat mich hier auch nie mand aufmerksam gemacht, dass der Wunsch bestand, eine Zwischenfrage zu stellen.
- Ich kann nur sagen, ich habe es nicht wahrgenommen. Der Redebeitrag war sozusagen erledigt, und wir hören jetzt dem Abgeordneten Bischoff zu. Bitte schön, Herr Bischoff, Sie ha ben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Jahren bereiten wir die grundlegende Erneuerung unseres Landes, die Reform der Verwaltungsstrukturen vor.
Heute beginnen wir hier im Parlament die Beratungen über die Gesetze. Wir versprechen uns von dieser Reform Landkreise, die für die Zukunft gut aufgestellt sind, die alle Herausforde rungen meistern können und die die Erwartungen und Anforde rungen der Bürgerinnen und Bürger an gute, schnelle und zu verlässige Amtsdienstleistungen erfüllen.
Dazu werden wir, meine Damen und Herren Abgeordneten, erstens den Landkreisen mehr Aufgaben übertragen, zweitens Kreise und kreisfreie Städte entschulden, drittens ein Investitionsprogramm bzw. ein Investitionspaket für alle Landkreise - insbesondere für diejenigen, die keinen direkten Berlin-An schluss haben - auflegen, viertens werden wir die Kulturfinan
zierung verbessern und fünftens werden wir dort, wo es not wendig ist, die Landkreise neu gliedern. Das ist unser Konzept. Mit dem heutigen Tag liegt es allen zur Diskussion vor.
Welche Gegenvorschläge gibt es? Herr Senftleben, bis zum heutigen Tag hat die CDU keinen Vorschlag eingebracht - kei nen Antrag, keinen Gesetzentwurf, keinen konkreten Vorschlag.
Dass Sie persönlich als Fraktionschef, Herr Senftleben, auch heute in der Diskussion wieder kneifen und aus Ihrer CDUFraktion einen Mann aus der dritten Reihe ans Rednerpult vor schicken wollen, spricht Bände.
Sie persönlich als Parteivorsitzender versuchen mit allen Mit teln und sogar mit falschen Behauptungen, die Bevölkerung auf die Palme zu bringen, weigern sich aber, im Parlament den Bürgerinnen und Bürgern eine Alternative zu erklären - außer dass Sie kompletten Stillstand haben möchten. Das ist, mit Ver laub, sehr kleinmütig und hochnäsig.
Ja, es stimmt: Auf dem Weg zu dieser Reform gab es immer wieder Stimmen, die einen Stopp dieser Reform gefordert ha ben. Ganz oberflächlich betrachtet gab es genug Gründe, als Koalition die Arme zu verschränken und diese Reform nicht weiter zu verfolgen.
Im Jahr 2015 hieß es, meine Damen und Herren, die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen fordere uns so sehr, dass wir die Modernisierung unserer Verwaltung am besten verschieben sollten. Dabei hat gerade die Flüchtlingskrise die Richtigkeit von Reformen unterstrichen. Sie hat nämlich gezeigt, dass völ lig unerwartet auch Krisen eintreten oder hereinbrechen kön nen, die das Land und die Kommunen auffordern, zu reagieren.
Es war damals ein erheblicher Kraftakt, der gelungen ist, der aber auch vonnöten war, um so viele Menschen unterzubringen und zu integrieren.