Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Wie wir hier bei den Änderungen der Bauordnung für uns ver einbart haben, hält sich Brandenburg an die Musterbauordnung und wird deswegen diese Ställe nicht genehmigungsfrei stel len.

Es gibt eine Nachfrage.

Frau Ministerin, Sie hatten erwähnt, dass Sie dennoch versu chen, die Hürden möglichst niedrig zu halten. Uns erreichen relativ oft Anfragen dazu. Sind diese gebündelten Informatio nen irgendwo zugänglich? Haben Sie, wie es Minister Vogel sänger gern macht, ein Merkblatt erstellt? Gibt es eine Internet seite, auf der das zentral aufgeführt ist? Was muss ich tun, um einen solchen mobilen Hühnerstall möglichst niedrigschwellig genehmigt zu bekommen?

Ich weiß nicht, ob wir auch zu mobilen Hühnerställen eine In ternetseite haben. Aber ich kann das gerne mitnehmen und nachfragen.

Vielen Dank. - Die Frage 1073 (Bauliche Abstände von indus triellen Geflügelhaltungsanlagen zu Wohngebäuden und Vo gelschutzgebieten nach Baugesetzbuch) wird vom Abgeordne ten Raschke gestellt.

Jetzt geht es um Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanla gen. Wir erleben immer wieder, dass in Brandenburg Anträge mit geplanten Tierplatzzahlen knapp unter der Grenze für ein Verfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz gestellt wer den. Hier entscheiden die Landkreise nach Ermessen, welche Abstände zu Wohneinrichtungen oder Vogelschutzgebieten eingehalten werden müssen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Abstände hält sie für erforderlich oder gerechtfertigt?

Es antwortet Frau Ministerin Schneider.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, in einem Baugenehmigungs verfahren erfolgt in der Regel eine einzelfallbezogene Ab standsermittlung auf der Grundlage der entsprechenden Vorga ben, bei der der Emissionsstandort und die Bedingungen der Ausbreitung von Emissionen berücksichtigt werden. Deswe gen ist eine generelle Aussage zu angemessenen Abständen nicht möglich. In jedem Baugenehmigungsverfahren ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu prüfen und entsprechend zu gewährleisten.

Die Frage 1074 (Abfallwirtschaftspläne des Landes Branden burg) wird vom Abgeordneten Raschke gestellt.

Die letzte Frage: Thema Abfallwirtschaftspläne. Auf der Homepage des Umweltministeriums ist zu lesen, dass die letzte Fort schreibung des Abfallwirtschaftsplans des Landes Brandenburg im Jahr 2012 erfolgte. Darauf basieren zum Beispiel alle Geneh migungen für neue Bauschuttdeponien. Davon haben wir viele im Land, und es gibt auch viele Diskussionen darüber.

Deshalb frage ich die Landesregierung: Wann soll die nächste Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans erfolgen?

Es antwortet Herr Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach § 31 Abs. 5 Kreislaufwirtschaftsgesetz sind Abfallwirt

schaftspläne mindestens alle sechs Jahre auszuwerten und bei Bedarf fortzuschreiben. Selbstverständlich wird im kommen den Jahr die entsprechende Prüfung erfolgen und auf dieser Grundlage über den Fortschreibungsbedarf entschieden wer den. - Vielen Dank.

Ich danke auch.

Damit schließe ich die Fragestunde und rufe Tagesordnungs punkt 3 auf:

Bürgernähe erhalten - Kreisreform stoppen

Antrag der Fraktion der CDU des Abgeordneter Christoph Schulze (fraktionslos) der Abgeordneten Iris Schülzke (fraktionslos) des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos)

Weiterhin liegen ein Entschließungsantrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/7616 sowie ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 6/7618 vor.

Die Aussprache wird von der CDU-Fraktion eröffnet. Es spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion und die Kolleginnen und Kollegen, die mit auf dem Antrag vermerkt sind, beantragen, dass der Landtag Bran denburg sein Leitbild zur Kreisreform, das er hier mit knapper Mehrheit vor einem Jahr beschlossen hat, aufhebt und dem An trag der Volksinitiative beitritt. Insofern ist das ein einfacher Antrag, der aber verfassungsrechtliche Bedeutung hat. Denn der Antrag, der damals insbesondere von der SPD und der Lin ken auf den Weg gebracht worden ist, sieht ja vor, dass der Landtag Brandenburg als erste Gewalt die Landesregierung als zweite Gewalt auffordert, eine neue Struktur für unser Land Brandenburg zu entwerfen und in dieser Legislaturperiode um zusetzen.

Der Ministerpräsident hat am heutigen Morgen und in den Ta gen und beiden Wochen davor versucht, sein Abrücken von der bisherigen Position deutlich zu machen. - Herr Ministerpräsi dent, was ich erwartet hätte, wäre mindestens eine Entschuldi gung - auch von Ihnen, Herr Innenminister, vielleicht durch den Ministerpräsidenten ausgesprochen - bei den vielen Mitar beitern des Ministeriums des Innern und für Kommunales, der Staatskanzlei, der anderen obersten Landesbehörden, der Lan desbehörden an sich, die über Jahre hinweg Hunderte Seiten von Gesetzentwürfen formuliert haben, die viele Gespräche geführt haben, die Arbeit, auch Lebenszeit investiert haben, um die Gesetzentwürfe zur Funktionalreform und zur Kreisneu gliederung überhaupt erst möglich zu machen.

Mich persönlich hat gewundert, dass keine der Möglichkeiten genutzt wurde, die ein Ministerpräsident in den Medien oder hier im Landtag Brandenburg hat, dass nirgendwo zu lesen war: Ich danke den Frauen und Männern im öffentlichen Dienst, die diese Gesetzentwürfe überhaupt erst möglich ge macht haben, und bitte um Verständnis dafür, dass diese Ge setzentwürfe jetzt in den politischen Mülleimer getan wurden, um meinen Machterhalt als Ministerpräsident zu sichern. - Ich finde das schade.

(Beifall CDU)

Es ist ja hier mehrfach, auch im Vorfeld der heutigen Debatte, angesprochen worden, was im Innenausschuss passiert ist. Ich kann mich an vier sehr lange Sitzungstage erinnern - die eine Sitzung endete, glaube ich, um 2.42 Uhr.

(Zurufe: 45!)

Ich kann mich daran erinnern, dass der Ministerpräsident, aber auch der Fraktionsvorsitzende hier gesagt haben: Das, was im Innenausschuss passiert ist, ist der Grund für das Zurückziehen der beiden Gesetzentwürfe durch die Landesregierung. Mich persönlich erstaunt es dann allerdings, dass an diesen vier Ta gen - Kollegin Geywitz und Kollege Dr. Scharfenberg von den Koalitionsfraktionen werden das sicherlich bestätigen - der Mi nisterpräsident und der Noch-Vorsitzende der größten Fraktion des Landtages nicht eine Minute da waren, um den Ausführun gen der Oberbürgermeister, Landräte und ehrenamtlichen Ver treter unserer Kommunen zuzuhören. Ich persönlich finde es schade, dass Sie es nicht für nötig und für wert befunden ha ben, das, was unsere Kommunen dort zu sagen hatten, entspre chend aufzunehmen.

(Beifall CDU)

Und es ist dann schon einigermaßen merkwürdig, wenn man sich bei der Frage des Rückzugs von dieser Reform auf eine Sitzung bezieht, Herr Ministerpräsident, Herr Fraktionsvorsit zender der SPD, an der Sie zu keiner Sekunde, zu keiner Minute teilgenommen haben, obwohl die Sitzung ja auf der Ebene der SPD-Fraktion im brandenburgischen Landtag stattgefunden hat.

Wir, die Einreicher dieses Antrags, schlagen Ihnen vor, das Gleichgewicht in Brandenburg wiederherzustellen, die Chance zu nutzen, mit unseren Kommunen, mit den Hauptverwal tungsbeamten, aber vor allen Dingen mit dem Ehrenamt wie der auf ein vernünftiges Niveau zu kommen. Ich bin erstaunt, dass Sie so lange gebraucht haben, hier überhaupt einen eige nen Antrag oder irgendetwas in der Richtung vorzulegen, dass es bei Ihnen intern enormen Streit gab zu der Frage, ob Sie überhaupt in der Lage sind, das Leitbild aufzuheben. Es gab ja - Kollege Domres, wenn man Ihnen das nicht gesagt hat, so sage ich es Ihnen - auch andere Meinungen in der SPD-Frakti on, und ich bin gespannt, wie Sie uns Ihren mehrseitigen An trag begründen wollen. Wir jedenfalls haben ein Interesse dar an, dass es zwischen der ersten Gewalt, dem Landtag Branden burg, und vor allen Dingen der kommunalen Ebene in unserem Bundesland zu Verhältnissen kommt, dass man sich auf Augen höhe begegnet, dass man sich in die Augen gucken kann, dass man Dinge für die Zukunft des Landes verabredet.

(Bischoff [SPD]: Das sagen gerade Sie!)

Denn wir brauchen die Kommunen nicht nur, um Gesetze um zusetzen, sondern wir brauchen die Kommunen insbesondere, weil dort die Frauen und Männer unseres Bundeslandes Bran denburg leben, arbeiten und die Zukunft gestalten. Sie erwar ten von uns, dass wir die Vorschläge und die vorgebrachte Kri tik auch ernst nehmen.

(Beifall CDU)

Ich darf Sie bitten, vielleicht an der einen oder anderen Stelle in dieser Debatte eine Entschuldigung bei den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes nachzulegen und auch an anderer Stelle sachlich zu bleiben. Wir werden den Weg trotz der Vorkomm nisse in den vergangenen zwei Jahren, trotz all der Lacher, die es gegenüber den Unterstützern der Volksinitiative gegeben hat, konsequent und sachlich für unser Land Brandenburg fort setzen. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort, und zu uns spricht der Abgeordnete Kurth für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Die Landesregierung hat in der vergangenen Woche die Gesetzentwürfe zur Kreisneugliede rung sowie zur Funktionalreform zurückgezogen. Damit ist klar: Es gibt keine Fusion von Landkreisen und keine Einkrei sung bislang kreisfreier Städte. Auch die Übertragung von Auf gaben vom Land auf die Landkreise wird es im Zuge der nun mehr abgesagten Reform nicht geben.

Als wir vor mehr als zehn Jahren, zunächst innerhalb der SPD, später in der Enquetekommission, die Diskussion über das Brandenburg der Zukunft, vor allem aber über den Verwal tungsaufbau der Zukunft begonnen haben, sind wir von sinken den Einnahmen und einer abnehmenden Bevölkerungszahl aus gegangen. Die Zahlen haben sich bislang anders entwickelt: Wir haben höhere Einnahmen vor allem beim Land und bei den prosperierenden Kommunen; wir haben steigende Einwohner zahlen als Folge von Wanderungsgewinnen vor allem im Berli ner Umland. Über beides bin ich auch persönlich sehr froh.

Wir wissen aber auch, dass die Entwicklung im Land sehr unter schiedlich verläuft: Während wir uns über Zuzüge und Geburten in der ersten, zweiten und vielleicht auch bald „zweieinhalbten“ Reihe um Berlin freuen, bestreitet doch keiner, dass wir im Ge samtdurchschnitt dramatisch altern und die Zahl der Einwohne rinnen und Einwohner in den peripheren Räumen sinkt. Eine Feststellung war richtig und wird auch für absehbare Zeit richtig bleiben: Brandenburg schrumpft und wächst zugleich.

Richtig ist auch, dass wir die Hände nicht in den Schoß legen dürfen. Die Entwicklungschancen der Regionen müssen wir nutzen und klug befördern. Nicht alles ist da schon fertig er dacht oder umgesetzt worden. Dennoch ist es meine feste Über zeugung: Es besteht weiterhin Reformbedarf in unserem Land.

(Beifall SPD sowie vereinzelt bei der Fraktion DIE LIN KE)

Das ist auch Konsens, wie die Anhörungen im Innenausschuss gezeigt haben.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative haben er klärt, weitermachen zu wollen. Das ist ihr gutes Recht und entspricht dem Volksabstimmungsgesetz. Es verwundert da her schon, dass mit dem vorliegenden CDU-Antrag ein im Tenor gleicher bzw. wortgleicher Antrag das Parlament er reicht - zu einem Zeitpunkt, zu dem das Parlament über das Volksbegehren gar nicht zu entscheiden hat und zu dem die Landesregierung die Gesetzentwürfe, gegen die sich die Volksinitiative ja richtet, bereits zurückgezogen hat. Auch das ist anzumerken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war immer Ziel der Reform, Spaltung zu vermei den.

(Wichmann [CDU]: Sie haben das Land drei Jahre lang gespalten!)

Wir, auch ich selbst, haben Diskussionen um Struktur, Aufbau und Ablauf der unmittelbaren und nachgeordneten Landesver waltung immer für ein zwar aufregendes, aber sehr trockenes - erlauben Sie den Begriff -, staubiges Thema gehalten. Aller dings ist es den Gegnern der Reform gelungen, dieses staubige Thema mit viel Emotion zu besetzen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, danke. - Wir hatten nie vor, den Brandenburgerinnen und Brandenburgern die Heimat wegzunehmen. Wie soll das auch aussehen? Ein Land ohne Gegend, Menschen ohne Nachbarn, Geschichte ohne Sein?

(Beifall SPD und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Aber wir haben erkennen müssen, dass wir es nicht geschafft ha ben, die Menschen für die Reform zu gewinnen. Und ganz si cher haben wir auch nicht immer ganz glücklich agiert, haben selbst auch kommunikative und handwerkliche Fehler gemacht.