Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Gast! Wir sprechen heute in 2. Le sung über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Ände rung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg. Gegen die bisherige gesetzliche Regelung in § 19 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über kommunale Gemein schaftsarbeit im Land Brandenburg gab es an verschiedenen Stellen im Land teilweise erhebliche rechtliche Bedenken - da zu hatte ich anlässlich der 1. Lesung schon ausgeführt. Diesen Bedenken gab das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg mit Beschluss vom 20. Januar 2017 Recht. Das Verfassungsge richt urteilte, dass amtsangehörige Gemeinden durch die bishe rigen Regelungen in ihrem Recht auf kommunale Selbstver waltung verletzt werden und diese deshalb verfassungswidrig sind. Das Verfassungsgericht hat uns deshalb folgerichtig auf gefordert, spätestens mit Wirkung zum 1. Dezember 2017 eine Änderung des GKG vorzunehmen.
In § 19 Abs. 3 Satz 5 des vorliegenden Gesetzentwurfs soll die sem Urteil daher nun abweichend von den Regelungen der bis herigen Gesetze eins bis vier Rechnung getragen werden. Mit dem heute zu entscheidenden Entwurf zur Änderung des Ge setzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit soll den amts angehörigen Gemeinden an besagter Stelle das Recht einge räumt werden, eine andere Vertretungsperson und deren Stell vertretung von den Gemeinden wählen zu lassen. In der 1. Le sung am 27. September - das ist noch nicht so lange her - wur
de der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres und Kom munales überwiesen. Dort haben wir eine schriftliche Anhö rung durchgeführt. Der Ausschuss für Inneres und Kommuna les hat auf seiner Sitzung am 9. November dieses Jahres be schlossen, dem Landtag zu empfehlen, den Gesetzentwurf un verändert anzunehmen. Beschlussempfehlung und Bericht sind Ihnen im Vorfeld der heutigen Sitzung zugegangen, Sie haben es alle studiert.
Motiviert, diese Empfehlung auszusprechen, wurde der Aus schuss durch die Stellungnahme des Landkreistages Branden burg sowie die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebun des. Aus beiden Stellungnahmen gingen keinerlei grundlegen de Bedenken bezüglich des Gesetzentwurfs hervor. Ich bitte daher Sie, sehr geehrter Herr Vizepräsident, und Sie, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen, um Zustimmung zu dem vor liegenden Gesetzentwurf. - Herzlichen Dank.
Der Kollege Kurth von der SPD hat eben in sehr verkürzter Form den allgemeinen Ablauf dargestellt. Ich möchte betonen, dass wir - und die Landesregierung - hier deswegen handeln müssen, weil die kommunale Ebene zum Verfassungsgericht gegangen ist und Recht bekommen hat. Das Verfassungsge richt hat nicht nur der kommunalen Ebene in weiten Teilen Recht gegeben, sondern uns und der Landesregierung aufgege ben, bis zum 1. Dezember 2017 eine der Landesverfassung ge nügende Regelung zu schaffen. Wir haben Mitte November. Dies ist also die letzte Landtagssitzung, in der wir das machen können. An der Stelle will ich sagen: Das hängt natürlich ein Stück weit mit der Kreisreform zusammen.
- Alles hängt mit allem zusammen, sagt der Kollege Lüttmann. In dem Fall hängt das mit der Kreisreform zusammen, weil das Kommunalministerium natürlich damit beschäftigt war,
einen Gesetzentwurf zur Kreisreform von ungefähr 690 Seiten und zur Funktionalreform - Kollege Dr. Scharfenberg, wo Sie da so über die Dinge lachen - von 230 Seiten zu fertigen.
Wir haben ja hier oft mit Gesetzentwürfen zu tun. Aber mit Ge setzentwürfen, die fast 700 Seiten und einmal 230 Seiten um fassen, haben wir selten zu tun. Wir haben es noch seltener mit einem Ablauf wie diesem zu tun: Diese Gesetzentwürfe wur den, nachdem sie all die Stufen passiert haben und nachdem wir auch, Kollegin Nonnemacher, über die Volksinitiative im
ersten Schritt hier im Landtag abgestimmt haben und eine Mehrheit gesagt hat, dass das, was von der Volksinitiative auf geschrieben worden ist, nicht richtig ist, vorangetrieben, und letzten Endes hat der Ministerpräsident - nachdem er sie schon auf einem Parkplatz im Nordwesten des Landes beerdigt hat - sie heute noch einmal offiziell zu Grabe getragen.
Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, möchten aber betonen, Dr. Scharfenberg: Es ist keine Art und Weise, nicht über diese Sache zu debattieren; denn hier hat immerhin das Landesverfassungsgericht einer Kommune Recht gegeben, als sie gegen ein Gesetz geklagt hat. Das passiert glücklicherweise nicht alle Tage, aber wenn es passiert, ist es gegenüber dem Landesverfassungsgericht schon ein Stück weit Respekt, das entsprechend durch einen Redebeitrag klarzustellen. Was wir als CDU bedauerlich finden, ist, dass wir die ganze Sache erst wenige Tage vor dem Ende der uns gesetzten Frist verabschie den. Das hätte man eher tun können. Das sind die Dinge, die unser Fraktionsvorsitzender Ingo Senftleben heute Morgen an gesprochen hat,
als er gesagt hat: In der Zeit, in der sich die Landesregierung mit dem Ministerium über die Kreisreform auseinandergesetzt hat, sind eben die Dinge, die im Land Brandenburg wichtig sind, liegen geblieben.
Ob das eine der wichtigsten Fragen ist, will ich gar nicht sagen. Jedenfalls ist es liegen geblieben, und es ist gut, dass wir das heute letztendlich auf den Weg bringen. Wir werden zustim men. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wesentliche hat Herr Kurth vorhin gesagt. Ich hatte im Innenausschuss den Vorschlag gemacht, hier auf eine Debatte zu verzichten. Sie ha ben dem widersprochen. In der 1. Lesung gab es einen solchen Vorschlag auch, da hat Ursula Nonnemacher darauf bestanden, dass wir hier reden; das ist auch gemacht worden und da gab es eine inhaltliche Diskussion. Ich habe mir ja die Frage gestellt, was Sie hier denn sagen wollen. Ich habe wirklich angenom men, dass Sie etwas zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit sa gen wollen. - Nein, Sie reiten wieder diesen Gaul tot, den Sie die ganze Zeit totreiten. Ich muss Ihnen sagen: Ihre Schaum schlägerei geht mir auf den Geist!
(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE und SPD - Frau Leh mann [SPD]: So ist es! - Wichmann [CDU]: Wer hier drei Jahre lang einen toten Gaul geritten hat, steht ja wohl fest!)
Ich freue mich aber, dass Sie zu dem richtigen Schluss gekom men sind, dem Gesetzentwurf zustimmen zu wollen. Das ist das, was jetzt hier ansteht. Wir werden ihm natürlich auch zu stimmen. - Danke schön.
Die AfD-Fraktion hat ihren Verzicht erklärt. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun die Abgeordnete Nonnemacher, bitte schön.
(Zuruf eines Beisitzers: Kann man da nichts mit Flücht lingen machen? - Frau Bessin [AfD]: Kann das bitte ins Protokoll rein? Peinlich!)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde für diese Debatte Respekt vor dem Landesverfassungsgericht eingefordert - diesen erweise ich dem Landesverfassungsge richt selbstverständlich.
In Zeiten wie diesen klingt der Titel des Gesetzentwurfs, über den wir heute abstimmen, mehr als vielversprechend - immer hin gilt kommunale Zusammenarbeit, wie sie auch in diesem Gesetz geregelt wird, nach der Absage der Kreisgebietsreform als das Mittel der Wahl, um dem weiterhin vorhandenen Re formbedarf zu begegnen. Diese Erwartung muss heute aller dings enttäuscht werden. Bei dieser Gesetzesänderung handelt es sich lediglich um die Vertretung amtsangehöriger Gemein den in Zweckverbänden. Eine Regelung aus dem Jahre 2015 wurde vom Landesverfassungsgericht nach einer Klage der Gemeinde Marienwerder im Amt Biesenthal-Barnim gekippt.
Mit dem Beschluss der vorliegenden Gesetzesänderung, der auch vom Städte- und Gemeindebund mitgetragen werden kann, obwohl sich der Städte- und Gemeindebund initial dafür einge setzt hatte, dass die jetzt beklagte Regelung eingeführt worden ist, kommen wir dem Auftrag des Verfassungsgerichts nach, bis zum 1. Dezember dieses Jahres eine neue verfassungskon forme Bestimmung zu beschließen.
Gleichwohl lenkt dieser Umstand die Aufmerksamkeit auf eine Frage, die auch für die Diskussion über eine Funktionalre form II, also die Übertragung von Aufgaben von der Kreisebe ne auf die gemeindliche Ebene, von Bedeutung ist. Auf wie festen Beinen stehen eigentlich verfassungsrechtlich unsere Ämter sowie die Aufgabenverteilung zwischen den amtsange hörigen Gemeinden und den Ämtern mit ihren im Gegensatz zu den Gemeinden nicht direkt demokratisch gewählten Ver waltungsspitzen? Welcher rechtliche Spielraum besteht hier überhaupt noch für mögliche zusätzliche Aufgabenwahrneh mungen im Rahmen einer Funktionalreform? Auch deshalb ist es weiterhin wichtig, dass die brandenburgische Amtsgemein de eingeführt wird und somit für die gemeindliche Ebene bes sere und verfassungsfeste Möglichkeiten geschaffen werden, zusätzliche Aufgaben im Verbund erledigen zu lassen.
Dem vorliegenden Gesetzentwurf stimmen wir selbstverständ lich zu und verbinden dies erneut mit der Aufforderung, die notwendigen Gesetze zur Einführung der brandenburgischen Amtsgemeinde vorzulegen, zumal im zuständigen MIK für
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über die Einfügung eines Satzes in das GKG. Dieser Satz ist hinreichend besprochen worden, auch wegen seiner Notwendigkeit. Ich bedanke mich bei den Vorrednern - es ist wirklich alles ausführlich dargestellt worden - und bitte Sie um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank. - Ich rufe jetzt zur Abstimmung über Beschluss empfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales, Drucksache 6/7596 - Erstes Gesetz zur Ände rung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg - auf. Wer stimmt dieser Beschlussempfeh lung und dem Bericht zu? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung einstim mig angenommen und das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.
Brandenburgisches Gesetz zur finanzpolitischen Vor sorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenver sorgung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass jeder hier im Raum ungefähr eine Vorstellung hat, wie hoch die Verschuldung des Landes Brandenburg ist. Offiziell beträgt sie 18,2 Milliarden Euro. Da das Land aber aktuell un ter anderem über eine Schwankungsreserve - die allgemeine Rücklage - in Höhe von inzwischen rund 1,5 Milliarden Euro verfügt, Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet wurden, Mittel nicht so abfließen wie geplant, beträgt die tatsächliche Ver schuldung am Kreditmarkt - am 30. Juni 2017 war das so - le
diglich 15,7 Milliarden Euro, also deutlich weniger. Die reale Verschuldung ist also weit stärker rückläufig, als die Tilgungen der letzten Jahre anzeigen. Jetzt könnte man sagen: Alles in Butter! Diesen Eindruck kann man aber nur dann gewinnen, wenn man die Pensionsverpflichtungen des Landes gegenüber seinen Beamten ausblendet.
Das letzte uns vorliegende versicherungsmathematische Gut achten für die Finanzierung der Pensionsverpflichtungen des Landes gibt den Barwert der Pensions- und Beihilfeverpflich tungen für die vor dem 1. Januar 2009 neu begründeten Beam ten-, Richter- und Amtsverhältnisse mit etwa 30 Milliarden Euro an, also fast das Doppelte der Verschuldung des Landes am Kreditmarkt. Hinzu treten die Pensionsverpflichtungen für die seit 2009 neu eingegangenen Verbeamtungen. Der Barwert ist dabei abhängig von den zugrunde gelegten Zinssätzen. Lie gen diese über 2 %, reduziert sich der Barwert. Liegt der Zins satz darunter, was gegenwärtig eher wahrscheinlich ist, steigt der Barwert. Sollten in Zukunft dann noch die eingeplanten Besoldungserhöhungen höher ausfallen, als ursprünglich ge plant, können aus 30 Milliarden Euro auch plötzlich 40 Milli arden oder mehr werden. Auf jeden Fall können wir sagen: Es bestehen schon heute Zahlungsverpflichtungen mindestens in der genannten Höhe von 30 Milliarden Euro.
Geschuldet ist diese Situation den Anfangsjahren, in denen Brandenburg im öffentlichen Dienst verbeamtet hat, was nur zu verbeamten ging. Im Gegensatz zu allen anderen ostdeut schen Bundesländern wurden hier beispielsweise die Lehrerin nen und Lehrer im Regelfall verbeamtet. Auch die Forstbe diensteten wurden - bis auf die Waldarbeiter - verbeamtet.