Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

(Vogel [B90/GRÜNE]: Oh - ein vergiftetes Lob!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wie Sie schon ausgeführt ha ben, will Ihre Fraktion die Vorsorge für spätere Pensionszah lungen mit der Schuldentilgung verbinden. Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass für jeden Beamten und Richter pro Jahr eine pauschale Summe - für das Jahr 2018 hochgerechnet wären das ungefähr 166,4 Millionen Euro - in die Schuldentilgung gege ben wird. Die in den Folgejahren entstehenden Zinsersparnisse sollen dann zur Absicherung der steigenden Ausgaben - so auch in Ihrer Begründung - eingesetzt werden. Soweit die Idee, die hinter diesem Konzept steht.

Sehr geehrter Herr Vogel, mit dem vorliegenden Ansatz wird das Ziel, eine nachhaltige Versorgung für spätere Pensionszah lungen aufzubauen, aus meiner Sicht verfehlt. Denn erstens wird durch die Schuldentilgung lediglich erreicht, dass eine ge ringe Zinsersparnis, die sich aufgrund der Schuldentilgung er gibt, zur Finanzierung der Beamtenpensionen verwendet wer den kann. Das eingesetzte Kapital steht später aber nicht mehr für die Zahlung der Beamtenpensionen zur Verfügung.

Zweitens schränkt der Gesetzentwurf jede finanzpolitische Handlungsfähigkeit ein, denn die für die Schuldentilgung ein gesetzten Mittel stehen nicht mehr für wichtige Ausgaben - da bin ich dann bei Frau Prof. Färber aus der Anhörung - wie bei spielsweise Investitionen zur Verfügung. Insofern ist der Ge setzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch nicht er forderlich. Denn wie Sie wissen, wurde in diesem Haus be schlossen, die jährlichen Zuführungen an den Versorgungs fonds für die ab 2009 neu eingestellten Beamten auszusetzen, da unter den aktuellen Rahmenbedingungen die Renditeziele nicht erreicht werden können.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Das ist Quatsch!)

Werden diese Renditeziele wieder erreicht, sind wieder Kapi talzuführungen für alle aktiven Beamten nach Maßgabe des Haushaltes möglich. Insofern ist weiterhin eine gewisse Flexi bilität gegeben, um damit auch die Vorsorge auszubauen.

Gestatten Sie mir zum Schluss meiner Ausführungen noch ei nen Hinweis zur Schuldentilgung. Ich habe es hier im Landtag schon mehrfach gesagt - die Kollegen Schmidt und Wilke sind darauf schon eingegangen: Die Koalition braucht zur Schul dentilgung keine gesetzliche Vorgabe - wir praktizieren sie. So hat der Ministerpräsident vorhin in seiner Regierungserklärung erläutert, dass wir die Steuermehreinnahmen 2017 wie folgt verwenden: Von 220 Millionen Euro Steuereinnahmen fließen 110 Millionen Euro in Investitionen, und 110 Millionen Euro werden für die Tilgung eingesetzt. Mit diesem erneuten Til gungsbetrag haben wir in den letzten vier Jahren nun fast 600 Millionen Euro getilgt, gleichzeitig investiert und dann auch noch eine Schwankungsrücklage aufgebaut, die auch be nötigt wird. Insofern setzen wir unseren Kurs unverändert und unbeirrt fort. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Wort erhält nun noch einmal der Abgeordnete Vogel.

Recht herzlichen Dank für die umfangreiche Diskussion. Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass es im Kern darum ging, dass wir 50 Milliarden Euro plus x an Schulden haben, und da rum, diesen Schuldenberg zu verringern. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man verringert die Pensionsverpflich tungen - da hat sich über den Pensionfonds herausgestellt, dass das nicht weit trägt - oder man verringert die Staatsverschul dung. Insgesamt muss doch aber das Ziel sein, von diesen Schulden herunterzukommen.

Frau Prof. Färber, die übrigens von uns für die Anhörung vor geschlagen wurde, war zumindest in einem Punkt eindeutig: Sie war ganz entschieden gegen einen Pensionsfonds. Insofern verstieß zumindest das, was unser Minister hier dargestellt hat, nämlich dass irgendwann einmal die Einzahlungen in den Pen sionsfonds wiederaufgenommen werden könnten, in jeglicher Form gegen das, was Frau Prof. Färber vorgebracht hat.

Frau Färber hat - das ist richtig - einen Investitionsfonds als Alternative vorgeschlagen. Aber das funktioniert ja nur dann, wenn die Investitionen am Ende tatsächlich eine Rendite ab werfen, die höher ist als die Kapitalmarktrendite, und das kann man nachschauen. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass das garantiert immer zutrifft.

Nun lautet die Alternative: Die Landesregierung möchte - Sie hätten das als Umsetzung des Vorschlags von Frau Färber brin gen können - einen solchen Investitionsfonds auflegen. Aber es ist seitens der Landesregierung zu keinem Zeitpunkt mit den zukünftigen Pensionszahlungen verknüpft worden.

Es ist richtig, es gab keine einheitliche Expertenmeinung. Aber der Großteil der Experten war gegen den Pensionsfonds, wie er bis dato bestanden hat. Die Expertinnen und Experten waren weitestgehend dafür, entweder Schulden zu tilgen oder zu ei nem solchen Investitionsfonds zu kommen.

Zur Höhe des Betrags in Thüringen noch ein Satz: Dass es in Thüringen weniger Einzahlungen gibt, ist ganz eindeutig zu er klären. Thüringen hat bisher keine Lehrer verbeamtet. Insofern hat sich das Problem in Thüringen auch gar nicht so gestellt. Wir haben den Betrag von 166 Millionen Euro, weil wir den hohen Vorlauf hatten.

Schade, dass Sie den Antrag nicht überweisen, aber wir werden dies bei Gelegenheit dann anders in den Ausschuss einbrin gen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ich schließe die Aussprache und rufe zur Abstimmung den An trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf, den Ge setzentwurf „Brandenburgisches Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversor gung“, Drucksache 6/7514, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer stimmt dieser Überweisung zu? - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/7514 zur Abstimmung auf. Ich möchte Sie fragen: Wer stimmt diesem Antrag zu? - Gegen stimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer großen Zahl von Enthaltungen ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungs punkt 9 auf:

Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes zur Regelung der Amtszeiten der Landrätinnen und Landräte vor den allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2019

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) der Abgeordneten Iris Schülzke (fraktionslos) des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos)

1. Lesung

Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE vor.

Die Aussprache wird von der CDU-Fraktion eröffnet. - Herr Abgeordneter Petke, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Bischoff, der ebenso wie der Ministerpräsident nicht mehr hier ist, hat uns für diesen Gesetzentwurf gelobt. Ich weiß nicht, ob ich das recht ernst nehmen soll, aber Fakt ist tatsächlich: Ohne die gescheiterte Kreisgebietsreform von SPD und Linken hät ten wir diesen Gesetzentwurf nicht machen müssen. Gelobt hat er uns nicht deswegen, weil das Vorhaben gescheitert ist, son dern weil wir - anders als das Innenministerium, das Kommu

nalministerium - die Zeit gefunden haben, uns mit der Direkt wahl der Landräte, mit einer sehr wichtigen Frage, nämlich der Frage der Rechtmäßigkeit von Wahlen in Brandenburg, zu be schäftigen und in der zur Verfügung stehenden Zeit einen Ge setzentwurf vorzulegen.

(Beifall CDU)

Ich darf an Folgendes erinnern: Diejenigen, die diesen Gesetz entwurf unterstützen, verfügen nicht - wie auf der anderen Sei te der Straße - über ein großes Ministerium mit Abteilungen, Referaten usw.

(Och! bei der SPD)

Ich sage es einmal für meine Begriffe: Der Kollege Lakenma cher und ich, wir teilen den Bereich MIK unter uns auf. Wir sind also zwei, und wir haben einen Referenten. Dieser eine Referent hat den Gesetzentwurf geschrieben. Ich freue mich ganz besonders - die Freude ist in der CDU-Fraktion sehr ver breitet -, dass Mike Bischoff diesen Gesetzentwurf gelobt hat. Ich hoffe auch, er versteht das, was er gesagt hat, was dieses Lob betrifft.

(Beifall CDU - Zuruf der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

- Ursula, wir gehen ja politisch zusammen. Euch lobe ich na türlich auch noch, wenn es so weit ist.

Meine Damen und Herren, was Sie nicht hinkriegen - die Kreisgebietsreform -, das haben wir heute diskutiert. Die Poli zeireform haben wir scheitern sehen. Kollege Schmidt, Sie ha ben die Zahl 8 250 angesprochen. Fakt ist doch Folgendes: Wir haben überhaupt nicht 8 250. Wir haben Stellen, aber wir ha ben keine Polizisten. Noch nie hatte Brandenburg so wenig Po lizisten wie heute.

Meine Damen und Herren, Sie kriegen einen großen Flughafen nicht hin. Als ich jünger war, hieß es noch, es sollte ein interna tionales Großdrehkreuz werden. Der damalige Ministerpräsi dent war Manfred Stolpe. Heute ist es ein BER. Der Minister präsident lobt sich heute Morgen, dass man dort nachts nicht fliegen darf. Nach meiner Kenntnis kann man dort auch tags über nicht fliegen. Da fliegt überhaupt niemand - außer viel leicht einigen Insekten, wenn es etwas wärmer ist.

(Beifall CDU)

Aber das mag der Ministerpräsident in den verbleibenden 20 Monaten dieser Legislaturperiode noch mitbekommen, dass dort kein Flugzeug startet und auch kein Flugzeug landet.

Meine Damen und Herren, Sie arbeiten in dieser Landesregie rung nach einer E-Government-Strategie aus dem Jahre 2003. Ich weiß gar nicht, ob es da schon ein I-Phone gab, ich glaube nicht. Kollege Holzschuher, Sie waren einige Monate Innenmi nister, Sie lachen. Das ist die gleiche Strategie, unter der Sie damals das Ministerium geführt haben.

Bezüglich des Breitbandausbaus hat der Kollege Barthel dem Kollegen Homeyer hier im Landtag bei den Haushaltsberatun gen widersprochen. Er hat gesagt: Das brauchen wir alles nicht, diese Millionen, das machen wir alles selber. - Einige

Monate später war es ganz anders. Kollege Bretz und ich staunten nicht schlecht. Damals wollte Ihr Wirtschaftsminister im Haushalts- und Finanzausschuss ganz vorn angebracht ha ben, dass wir endlich die Eigenmittel zur Verfügung stellen.

Das alles hält uns nicht davon ab, uns um die Direktwahl der Landräte zu kümmern. Das war das erste Gesetz Ihrer Kreisre form, das haben Sie ja hinbekommen. Sie wollten nicht nur die Direktwahl der Landräte so regeln, dass das mit der Kreisre form von SPD und Linken kompatibel ist, sondern Sie wollten auch die Direktwahl abschaffen.

(Zuruf: Genau!)

Das war es doch, was eigentlich dahinterstand.

Wir haben jetzt etwas auf den Weg gebracht. Das ist dringend notwendig, weil es der Verfassung entspricht. Der Landkreis tag befürwortet dies und stellt in seiner Stellungnahme aus drücklich fest, dass der Gesetzentwurf so, wie er jetzt gilt, überholt ist und nur deswegen zustande gekommen ist, weil die Landesregierung eine Kreisgebietsreform wollte.

Vor wenigen Minuten erhielt ich die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes. Dieser sieht es ein bisschen kritischer und fragt: Warum gilt die Sechsmonatsfrist, die Sie jetzt im Er gänzungsantrag vorgeschlagen haben, für alle Landkreise? Wa rum gilt sie nicht nur für die Landkreise, die dann tatsächlich betroffen sind? Ich muss Ihnen sagen, ich erwarte im anschlie ßenden Innenausschuss auch einige Antworten darauf, weil die Wahlzeit eines Hauptverwaltungsbeamten natürlich eine be sondere Größe ist und wir nicht ohne Grund hergehen und ein fach mal aus acht Jahren neun oder zehn Jahre machen können. Kollege Dr. Scharfenberg, das konnten Sie damals in der DDR; Herr Schöneburg, Sie erinnern sich. Wir können es in einer De mokratie nicht.

(Heiterkeit und Beifall CDU - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Wollen Sie das einmal wiederholen? - Wir haben eine Verfas sung, und an diese Verfassung halten wir uns.

Wir haben Ihnen diesen Gefallen gern getan. Wir hoffen, dass wir das in den nächsten Stunden entsprechend durchbringen. Ich hoffe, dass wir nicht bis 2.45 Uhr brauchen, sondern das morgen entsprechend verabschieden.

Aber, Kollege Kurth, wir erwarten natürlich eine Antwort auf die Frage: Wie ist das jetzt mit euren Änderungen? Wollt ihr es für alle machen, oder gilt das nur für die, die dann tatsächlich betroffen sind? Das würde uns schon interessieren. Ich sage es ganz deutlich: Wir haben ein gewisses Misstrauen; das ist auch logisch. Dieses Misstrauen gilt nicht nur vonseiten der CDUFraktion hier im Landtag, sondern auch vonseiten der kommu nalen Ebene. Was Sie schon alles versprochen haben! Kollege Dr. Scharfenberg, ich habe Sie im Innenausschuss gefragt, ob das, was Sie jetzt zur Kooperation sagen, echt ist, oder ob das von vor vier Wochen echt ist. Wer ist der richtige Scharfen berg - der, der jetzt gegen die Kreisgebietsreform ist, oder der von vor vier Wochen, der für die Kreisgebietsreform war? Sie haben mir die Frage nicht beantwortet, aber so sind die Dinge.

(Beifall CDU)

Ich werbe ganzen Herzens für diesen Gesetzentwurf. Das ist ein gutes Ding. Was die Änderungsanträge betrifft, so hoffen wir auf die Antworten des Kollegen Kurth. - Danke.