Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Meine Damen und Herren! Mit Stand 2016 sind über 3 500 Windkraftanlagen im Land Brandenburg gebaut worden. Viele neue Windkraftanlagen sind bereits genehmigt bzw. im Genehmigungsverfahren. Ein Überblick über die Standorte der vorhandenen, der bereits genehmigten und der Windkraftanla gen im Genehmigungsverfahren ist auf der Internetseite Ener gie- und Klimaschutzatlas Brandenburg - http://eks.branden burg.de/ - veröffentlicht.

Der Bau von Windkraftanlagen stellt einen tiefen Eingriff in Natur und Landschaft der betroffenen Gemeinden dar. Die Bauherren müssen für die durch WKAs verursachten Beein trächtigungen des Landschaftsbildes erhebliche Zahlungen zu deren Kompensation leisten. Diese Zahlungen können gemäß Erlass des Umweltministeriums zur Kompensation von Beein trächtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen vom 10. März 2016 100 bis 800 Euro pro Meter Anlagenhöhe betragen. Bei einer angenommenen Anlagenhöhe von lediglich 100 Metern beträgt die maximale Zahlung 80 000 Euro je An

lage. Diese Zahlung fließt nicht an die vom Bau von WKAs betroffenen Gemeinden.

In § 6 Abs. 2 des Brandenburgischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz heißt es dazu:

„Die Ersatzzahlung ist als zweckgebundene Abgabe an das Land zu entrichten, das sie an die nach § 33 zuständi ge Stiftung weiterleitet.“

Die begünstigte Stiftung ist die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg. Die von WKAs betroffenen Gemeinden können bei der Stiftung Naturschutzfonds einen Förderantrag für klei ne Umwelt- und Naturschutzprojekte in ihren Gemarkungen stellen. Ein Anrecht auf einen Anteil an den Zahlungen der Bauherren von WKAs an die Stiftung Naturschutzfonds haben die betroffenen Gemeinden allerdings nicht.

Ich frage die Landesregierung: Welche Mittel sind dem Land Brandenburg bzw. der Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg aus den Zahlungen der Bauherren von Windkraftanlagen für die Kompensation von Beeinträchtigungen des Landschaftsbil des durch Windenergieanlagen im Jahr 2016 zugeflossen bzw. werden für das Jahr 2017 prognostiziert?

Es antwortet Herr Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im Land Brandenburg wurden im Jahr 2016 für die Errichtung von Windkraftanlagen Ersatzzahlungen in Höhe von insgesamt 4 025 000 Euro geleistet. Die Summe der Ersatzzahlungen für das Jahr 2017 - das kann, glaube ich, jeder nachvollziehen - kann ich erst am Jahresende beziffern; dann berichte ich gern.

Die Mittel werden zum Beispiel für Gehölzpflanzungen, Vor haben des Arten- und Biotopschutzes sowie Maßnahmen zur Gewässerentwicklung eingesetzt - also gut angelegtes Geld. Ich möchte gern einige Beispiele für in den Jahren 2015 und 2016 geförderte Projekte nennen: Pflanzung einer Allee am Branitzer Park in Cottbus, Anlage einer Streuobstwiese in Großwoltersdorf, Ortsteil Altglobsow, im Landkreis Oberha vel, Renaturierung eines Dorfteiches in Drieschnitz im Land kreis Spree-Neiße und Errichtung eines Schwalbenhauses in Potsdam-Drewitz.

(Beifall SPD - Frau Geywitz [SPD]: Sehr gut!)

Vielen Dank. - Herr Schröder hat eine Nachfrage.

Vielen Dank für die Antwort, Herr Minister. Über 4 Millio nen Euro sind dem Naturschutzfonds also durch die Kompen sationsmaßnahmen zugeflossen. Sie haben anhand von Bei spielen dargelegt, was damit gemacht wurde. Ich denke, das steht von den Kosten her nicht im Verhältnis zu der großen

Summe, die insgesamt gezahlt wurde. Wissen Sie, wie viele Kommunen insgesamt daran direkt partizipiert haben - ohne dass Sie mir die einzelnen Maßnahmen nennen müssen? Es geht mir nur um die Zahl der Kommunen.

Sehr geehrter Abgeordneter, es gibt stets einen Jahresbericht, in dem jede Maßnahme nachvollzogen werden kann. Diese Kom pensationszahlungen müssen entsprechend umgesetzt werden - insofern können wir das Kommune für Kommune durchgehen.

Ich will noch einen wichtigen Punkt nennen: Es gibt immer wieder Kritik, dass die Kompensation nicht ortsnah geschieht.

(Schröder [AfD]: Ja, das ist meine Kritik!)

Ganz wichtig für die kommunale Seite: Projekte vorbereiten, die förderfähig sind. Die Stiftung Naturschutzfonds - meine Staatssekretärin ist ja deren Vorsitzende - wird sich in der nächsten Sitzung damit beschäftigen, wie man die Kommunen noch besser dazu ermuntern kann, dies zu tun. Dann kann man das auch ortsnah ausgleichen. Aber da muss die Kommune mitziehen und entsprechende Projekte und Ideen entwickeln, um den Umweltbereich zu stärken. - Vielen Dank.

Herr Wichmann hat noch eine Frage. Bitte.

Sehr geehrter Herr Minister Vogelsänger, das ist genau der Punkt, der uns auch in der Uckermark immer wieder auffällt und den wir auch in der Enquetekommission schon diskutiert haben: Wir haben den Eindruck, dass ein Großteil der Kom pensationsleistungen über den Naturschutzfonds in die Regio nen kommt, die am wenigsten von den Nachteilen der Wind kraftanlagen betroffen sind.

Deshalb meine Frage: Stimmen Sie mir zu - Sie haben es eben schon ansatzweise gesagt -, dass wir als Land daran arbeiten müssen und das Problem nicht nur den Kommunen zuschieben dürfen, dass wir als Land überlegen müssen, wie wir es errei chen können, dass die Mittel, die dort von den Windkraftanla genbetreibern eingezahlt werden, als Kompensationsleistung in die Kommunen gelangen, in denen es Belastungen für die Bür gerinnen und Bürger gibt? Und sind Sie bereit, als zuständiger Minister daran mitzuarbeiten, dass wir gemeinsam mit den Ge meinden solche Lösungen in Zukunft besser hinbekommen?

Herr Abgeordneter Wichmann, Sie wissen doch, dass ich im mer gerne in die Enquetekommission komme, dass ich immer gerne den Dialog mit Abgeordneten pflege. Ich lasse mir von meiner Staatssekretärin von der Stiftungsratssitzung berichten, und wir schauen uns den Jahresbericht 2016 an. Denn ich habe ein großes Interesse daran, dass in den Kommunen mehr Ver ständnis für entsprechende Maßnahmen herrscht. Insofern ha ben wir ein gemeinsames Anliegen, und wir finden mit Sicher heit einen Weg. Ich glaube, nicht nur Sie haben Interesse, mit den interessierten Abgeordneten in den Dialog zu treten.

Bevor ich den nächsten Fragesteller aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der MaximGorki-Gesamtschule Kleinmachnow sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes für Ausländerangelegenheiten und Integration des Landkreises Oder-Spree. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 1061 (Schweinemastanlage Haßleben - legt die Landesregierung Berufung gegen das Urteil ein?) wird vom Abgeordneten Raschke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt.

Das Thema ist die Schweinemastanlage Haßleben. Mein Frak tionsvorsitzender hat vorhin gesagt: Das ist ein typisches Bei spiel dafür, dass Investoren der rote Teppich ausgerollt wird. Dazu habe ich eine Frage.

Sie erinnern sich: Am 16.10., vor gut einem Monat, hat das Verwaltungsgericht Potsdam geurteilt, dass die geplante Schwei nemastanlage in Haßleben bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist. Es sollten dort ursprünglich 80 000, dann 37 000 Schweine gehalten werden. Es gab erheblichen Widerspruch vonseiten der Umwelt- und Tierschutzverbände, der von der Landesre gierung damals zurückgewiesen wurde. Nun hat das Verwal tungsgericht entschieden, dass das Ganze bauplanungsrechtlich unzulässig und damit auch die Genehmigung unzulässig ist.

Ich frage die Landesregierung - weil es entsprechende Medien berichte gab -: Wird sie Berufung gegen das Urteil des Verwal tungsgerichts Potsdam vom 16.10.2017 einlegen?

Es antwortet Herr Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich muss hier grundsätzlich bemerken: Nach Vorliegen der schriftlichen Begründung des Urteils wird das Landesamt für Umwelt unabhängig entscheiden, ob die Zulassung der Beru fung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt wird. Die Unabhängigkeit von Genehmigungsbehörden, von Gerich ten ist ein hohes Gut in Deutschland, ein hohes Gut der Demo kratie. Deshalb weise ich die Unterstellung des Fraktionsvor sitzenden der Grünen, Axel Vogel, zurück, dass mein Landes amt hier tendenziös entscheidet. Ich weise das zurück, weil meine Mitarbeiter gute Arbeit leisten. - Vielen Dank.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Aber Sie haben gerade eine Klage verloren!)

Es gibt eine Nachfrage, Herr Minister.

Wir haben gerade festgestellt, dass das Verwaltungsgericht ge urteilt hat, dass das Landesumweltamt die Klage verloren hat. Insofern haben wir da unsere Zweifel. Sie haben gesagt: So bald die Gründe vorliegen, wird das entschieden. Können Sie uns erstens sagen, wann es nach Ihrer Meinung so weit wäre, wann Sie das geprüft haben werden?

Zweitens: Sie haben - da sind wir uns wohl einig - immerhin die Fachaufsicht. Vielleicht können Sie die Gründe nennen, die aus Ihrer Sicht bei Ihnen oder beim Landesumweltamt dafür sprechen würden, Berufung einzulegen.

Herr Raschke, Sie versuchen es immer wieder - Sie werden keinen Erfolg haben. Nach Vorliegen der schriftlichen Begrün dung des Urteils wird das Landesamt für Umwelt unabhängig entscheiden. Sie werden mich da nicht aus der Reserve locken: Ich halte das für richtig und wichtig, und wenn vor Gericht ent sprechend entschieden wird, muss man das akzeptieren.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Prima!)

Man muss dann prüfen, ob Berufungen notwendig sind. Das wird ohne jegliche Beeinflussung erfolgen.

Danke. - Die Frage 1062 wird vom Abgeordneten Vida ge stellt. - Er ist nicht da, dann wird die Frage nicht gestellt.

Die Frage 1063 (Wies Ministerpräsident Falschinformation an?) wird vom Abgeordneten Dr. Redmann für die CDU-Frak tion gestellt. Bitte schön.

Am 1. November 2017 erklärte der Ministerpräsident des Lan des Brandenburg auf einem Parkplatz in der Prignitz - im schö nen Meyenburg -, dass die seit drei Jahren vorbereitete Kreisre form vollständig gestoppt wird.

(Oh! sowie weitere Zurufe von der SPD)

- Nun hören Sie die Frage doch erst einmal zu Ende an. - Be reits am Tag zuvor gab es diesbezüglich Anfragen von Medien vertretern an die Staatskanzlei, ob ein Stopp der Kreisreform bereits geplant ist. Der Regierungssprecher antwortete darauf hin in einer schriftlichen Stellungnahme, dass an dem vorgese hen Verfahren im Landtag festgehalten werde und die Gesetz entwürfe im Novemberplenum zur Abstimmung stünden. Dies entsprach aber nicht den Tatsachen, denn zu diesem Zeitpunkt stand die Absage der Reform für Ministerpräsident Woidke be reits fest, wie Presseberichten und einem Mitgliederbrief des SPD-Landesvorsitzenden zu entnehmen ist.

Mit dieser gezielten Fehlinformation seines Regierungsspre chers konfrontiert, erklärte der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz am 1. November 2017, dass der Regierungs sprecher diese Falschinformation in seinem Auftrag kommuni ziert habe.

Ich frage die Landesregierung: Ist es zutreffend, dass auf An weisung des Ministerpräsidenten Medienvertretern bewusst falsche Informationen übermittelt wurden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Kralinski. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Redmann, es ist nicht zutreffend. Die Unterstellung, dass Journalisten bewusst Falschinformationen zugekommen sein sollen, entbehrt jeder Grundlage.

Der Abgeordnete hat Nachfragen. Bitte schön.

Ich bin ob dieser Antwort doch etwas verwundert. Was ist denn an der Darstellung des Sachverhalts, den ich gerade geschildert habe, unzutreffend?

(Zurufe von der SPD: Alles!)

Es sind in Ihrer Frage ein paar Behauptungen aufgestellt wor den, die schlicht und ergreifend nicht stimmen. Der Regie rungssprecher ist am 31.10. gefragt worden, ob die Reise in die Prignitz stattfinden werde.

(Dr. Redmann [CDU]: Es ist auch gefragt worden, ob im Parlament abgestimmt wird!)