Meine Damen und Herren, Politik mit der Brechstange ist an dieser Stelle falsch. Die vorläufige Haushaltsführung als Sanktionsmittel ist der falsche Weg.
Heute haben wir die Chance, diese Fehlentscheidung zum Wohle unserer Kommunen zu korrigieren. Meine Damen und Herren, natürlich bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Weil wir wollen, dass jeder Bürgermeister, jede Kämmerin, jeder Stadtverordnete und auch jeder Gemeindevertreter weiß, wer in diesem Landtag dafür sorgt, dass seine Gemeinde oder Stadt teils auf Jahre handlungsunfähig ist, beantragen wir die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, dem KAG-Gesetzentwurf stimmen wir zu, den Gesetzentwurf der AfD lehnen wir ab. Unser Lösungsvorschlag liegt auf dem Tisch. Ein neues Gesetzgebungsverfahren braucht es nicht - und das werden wir in dieser Wahlperiode auch nicht mehr schaffen. Deshalb unser Änderungsantrag - das ist der Lösungsvorschlag, den wir hier unterbreiten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. - Herr Abgeordneter Klemp bekommt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste! Zu Beginn meiner Rede möchte ich kurz daran erinnern, warum wir das Kommunalabgabengesetz heute
ändern. Wir wollen dem Wunsch von Tourismusverbänden und Kommunen entsprechen, die Erhebung von Gästebeiträgen in den Städten und Gemeinden zu erleichtern. Über die gesamte Legislaturperiode hinweg habe ich mich für diese Regelung eingesetzt, und ich freue mich, dass wir die Gesetzesänderung heute, in der letzten regulären Sitzungswoche des 7. Landtags, endlich verabschieden.
Städte und Gemeinden, die im Rahmen ihrer Selbstverwaltung Gästebeiträge erheben wollen, können damit von ihren Gästen zusätzliche Mittel akquirieren, um ihre touristische Infrastruktur zu erweitern oder zusätzliche touristische Angebote zu erstellen. - Das ist also eine Entlastung der Kommunen, Herr von Lützow - Sie hören aber gerade nicht zu.
Dies kann unter anderem die Einführung der sogenannten BrandenburgCard unterstützen, auf die die Branche schon lange hinarbeitet. Die BrandenburgCard könnte eine kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs bieten, zur Bündelung weiterer touristischer Angebote beitragen und somit brandenburgische Regionen insgesamt attraktiver machen.
Außerdem hat die Koalition laut Koalitionsvertrag verabredet, das Kommunalabgabengesetz auf seine Praktikabilität zu prüfen und es gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Auch das Ergebnis dieser Prüfung sehen wir heute.
Dabei möchte ich auf zwei Punkte besonders eingehen. Erstens: die Berechnung von kalkulatorischen Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten. Damit sollte der Preissteigerung für technische Anlagen Rechnung getragen werden. Geht man zum Beispiel von einem Ersatz eines Klärwerkes nach Ende der Nutzungsdauer aus, so ist klar, dass eine solche Investition nach 20, 30 oder 50 Jahren ungleich teurer als die ursprüngliche Investition sein wird. Das Ansetzen von Wiederbeschaffungszeitwerten würde zwar zu einem Anstieg der Abwassergebühren führen, könnte es aber den Verbänden ermöglichen, zukünftige Ersatzinvestitionen zu einem höheren Anteil aus eigenen Mitteln zu stemmen und so die Gebühren in Zukunft zu senken.
Dennoch haben wir uns in der Koalition am Ende gegen die Einführung der neuen Kalkulationsgrundlage ausgesprochen und einen entsprechenden Änderungsantrag vorgelegt. Aus meiner Sicht war unzureichend geregelt, wie wir die mit der Neuregelung ermöglichten höheren Gebühren in späteren Jahren für eine Senkung der Gebühren nutzen können. Das wäre aber für mich die Voraussetzung gewesen, einer derartigen Option zuzustimmen. Als reine Liquiditätsbeschaffungsmaßnahme für die Verbände war der Vorschlag nicht zustimmungsfähig.
Entspannt sehen wir dagegen die Verlängerung der Kalkulationsperiode von zwei Jahren auf drei Jahre. Das Prinzip der rollierenden Kalkulation, wonach Überschüsse oder Defizite der Verbände in der nachfolgenden Kalkulationsperiode verrechnet werden, stand ja nicht zur Debatte. Die Verlängerung der Kalkulationsperiode leistet aber einen Beitrag zum Abbau von Bürokratie.
Ich möchte noch kurz zum Gesetzentwurf der AfD und zum Änderungsantrag der Linken ausführen. Jahresabschlüsse sind für die Arbeit der Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter essenziell. Ohne valide und geprüfte Zahlen ist doch jeder Beschluss ein finanzpolitischer Blindflug! Deshalb muss das Augenmerk auf aktuelle Jahresabschlüsse gelegt werden. - Freiherr von Lützow, wir tun den Kommunen doch nichts Gutes, solange wir diesen Blindflug nicht beenden.
Der Landtag hat das Augenmerk schon immer darauf gelegt. So ist es nach der Kommunalverfassung schon seit ihrer Verabschiedung im Jahre 2007 geregelt - ich zitiere § 82 Abs. 4 -:
„Die Gemeindevertretung beschließt über den geprüften Jahresabschluss bis spätestens zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres […].“
Mit der Reform der Kommunalverfassung wurde lediglich ergänzt, dass nun auch Sanktionen eingeführt werden. Diese setzen aber erst ein, wenn das gesetzliche Ziel, am Ende des Folgejahres fertig zu sein, um ein weiteres Jahr verfehlt wird. Das muss machbar sein!
Wir beobachten ja seit der Androhung von Sanktionen einen massiven Aufholprozess der Kommunen, und ich gehe davon aus, dass das auch weitergeht. Es wäre kontraproduktiv, die Sanktionen wieder abzuschaffen.
Der Beschlussempfehlung des AIK stimmen wir zu, den Gesetzentwurf der AfD lehnen wir ab. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Klemp, Sie sagten eben, ohne Jahresabschlüsse in den Kommunalparlamenten sei das für die Gemeindevertreter ein Blindflug. Ich kenne die genauen Prozentsätze nicht,
aber ich würde sagen, 30 bis 50 % der Kommunen haben keinen aktuellen Jahresabschluss. Bei uns in Oder-Spree ist es so, dass manche gar keinen haben, manche sind irgendwo in den 10er-Jahren und ganz wenige sind ein bis zwei Jahre vor dem Punkt, an dem wir jetzt sind, also dem Abschluss von 2023.
Sie sagen also, 30 bis 50 % der Kommunalvertreter im Land Brandenburg befinden sich seit den letzten Jahren vollkommen im Blindflug. Ihre Aussage finde ich erschreckend. Ich glaube,
Sie sind auch Kommunalpolitiker, und Sie sollten wissen, wie schwierig die Einführung der Doppik für die Kommunalverwaltung in den letzten 20 Jahren war - und dass da oftmals, zumindest in den meisten Kommunen, intensiv daran gearbeitet wird, langsam und schrittweise die Abschlüsse zu realisieren, um dann irgendwann einmal zum aktuellen Abschluss zu kommen.
Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie den Kommunen und den ehrenamtlichen Gemeindevertretern, die das mühsam versuchen, hier sagen: Ihr macht einen kommunalpolitischen Blindflug, ihr macht einen finanzpolitischen Blindflug. - Sie haben auch gesagt, dass man vor diesem Hintergrund keine sinnvollen Entscheidungen treffen könne. Das würde bedeuten, unsere kommunale Demokratie müsste in vielen Kommunen auf Eis gelegt werden. Das ist nicht richtig.
Ich weiß nicht, wer es vorhin gesagt hat: Die Doppik wurde den Kommunen übergestülpt. - Sie mag angemessen sein - auch das hat hier ein Redner gesagt -, aber das Land hat bisher keine Doppik. Wie passt das mit der Vergleichbarkeit zusammen? Dann müssten Sie sich auch für die Einführung der Doppik auf Landesebene einsetzen. Das wäre doch ein guter Schritt - dann würden wir überall mit dem gleichen System arbeiten und wir hätten eine Kompatibilität.
Vielen Dank, Kollege Dr. Zeschmann, für diese Kurzintervention. Sie sind doch auch hier im Land Finanzpolitiker. Ich frage mich, wie Sie reagieren würden, wenn Sie über Jahre vom Land keine Rechnungsabschlüsse bekämen.
Ich glaube, Sie würden die Landesregierung kritisieren. Sie würden die Landesregierung sehr zu Recht kritisieren, denn ohne geprüfte Jahresabschlüsse befinden sich die kommunalen Vertreter im Blindflug. Das ist doch klar, weil diese Zahlen nicht valide sind - sie sind nicht geprüft. Ich kenne es so, dass diese Jahresabschlüsse den kommunalen Vertretern gar nicht vorgelegt werden - sie sind ja noch nicht geprüft.
Insofern muss ich, wenn Sie sagen, dass das erschreckend sei, sagen: Es ist erschreckend, wenn viele Kommunen keine geprüften Jahresabschlüsse haben. Deshalb müssen wir meines Erachtens den Druck aufrechterhalten. Wir sehen einen erheblichen Aufholprozess, und ich gehe davon aus, dass dieser Aufholprozess weitergeht.
Zur Einführung der Doppik. Ich muss mich outen: Ich komme aus der freien Wirtschaft, für mich ist doppelte Buchführung etwas ganz Normales. Die Doppik beschreibt auch den Ressourcenverzehr an den wirtschaftlichen Gütern im Eigentum einer Gemeinde. Ich halte sie für die richtige Art und Weise der Buchführung. Ob man sie für das Land einführt, ist eine andere Frage. In den Kommunen gibt es auch den Produkthaushalt, der sich an den Leistungen der Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger orientiert. Etwas Vergleichbares haben wir auf Landesebene
nicht. Insofern ist das eine Diskussion, die man durchaus einmal führen sollte; da bin ich mir mit Ihnen sehr einig. Ich würde die Diskussion aber wirklich ergebnisoffen führen, denn das Land hat eine etwas andere Struktur. - Danke schön.
Vielen Dank. - Nun hat Herr Abgeordneter Vida für die Gruppe BVB / FREIE WÄHLER das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es wird, glaube ich, das erste Mal sein, dass BVB / FREIE WÄHLER einer von der Landesregierung vorgeschlagenen Änderung des KAG zustimmt.
Allerdings muss man hier die Genese noch einmal Revue passieren lassen: Meine Damen und Herren, der erste Entwurf war ja ein versuchter Taschenspielertrick; das muss man schon so deutlich sagen.