Protokoll der Sitzung vom 18.06.2024

Drucksache 7/9346 (Neudruck)

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales

Drucksache 7/9790

Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat Herr Abgeordneter Adler für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Liebe Gäste! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Heute stehe ich vor Ihnen, um über den Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes zu reden. Dieser Entwurf ist nichts Geringeres als ein notwendiges und dringliches Instrument zur Sicherung unserer verfassungs

mäßigen Ordnung. In den letzten Jahren haben wir eine beunruhigende Entwicklung beobachtet: Der Extremismus nimmt zu und bedroht unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Diese Bedrohung ist vielschichtig und komplex. Feinde unserer Demokratie agieren zunehmend professionell, sitzen unter anderem in Landesparlamenten und nutzen moderne Kommunikationsmittel und Finanzierungswege, um ihre Ziele zu erreichen. Auch zeigt sich eine besorgniserregende Zunahme der Zahl extremistischer Straftaten. Dazu gehören Sachbeschädigungen, Anschläge, Gewalt gegen politische Gegner und gegen Sicherheitskräfte - was wir erst kürzlich schmerzhaft am Mordanschlag auf einen jungen Kollegen in Mannheim erleben mussten.

Unsere Verfassungsschutzbehörde als eine der wichtigsten Institutionen unseres Landes steht dabei vor der schwierigen Aufgabe, diese Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und ihnen effektiv entgegenzuwirken. Ein Blick auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen zeigt jedoch, dass wir hier dringend nachbessern müssen. Insbesondere bei den Befugnissen zur Durchführung von Finanzermittlungen gibt es erhebliche Lücken. Die derzeitigen Voraussetzungen, unter denen Finanzermittlungen durchgeführt werden dürfen, sind veraltet und entsprechen nicht mehr der aktuellen Gefahrenlage. Extremistische Gruppierungen nutzen komplexe Finanzstrukturen, um ihre Aktivitäten zu verschleiern. Ohne die Möglichkeit, umfassende Finanzermittlungen durchzuführen, tappt unsere Verfassungsschutzbehörde oft im Dunkeln.

Ein weiterer kritischer Punkt ist das Fehlen einer klaren Regelung zur Bestandsdatenabfrage. Ohne diese Möglichkeit ist es für die Verfassungsschutzbehörde extrem schwierig, notwendige Kontodaten zu erlangen. Dies führt dazu, dass Finanzströme extremistischer Organisationen oft im Verborgenen bleiben. Darüber hinaus fehlt uns eine Regelung des Marktortprinzips, das in einer globalisierten Wirtschaft immer wichtiger wird. Es ist unerlässlich, dass unsere Gesetze auch auf international agierende Unternehmen angewendet werden können. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn es darum geht, Finanztransaktionen nachvollziehen und analysieren zu können.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU)

Die Arbeit an dieser Gesetzesänderung war keine leichte Aufgabe; sie erforderte umfangreiche Diskussionen, Detailarbeit und ein hohes Maß an Engagement. Ich bedanke mich bei den Mitgliedern des Ausschusses für Inneres und Kommunales für ihre konstruktive Zusammenarbeit. Gemeinsam haben wir daran gearbeitet, die besten Lösungen zu finden und die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Diese Zusammenarbeit zeigt, wie wichtig der Dialog und das gemeinsame Ringen um die besten Lösungen in unserer parlamentarischen Arbeit sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetzentwurf leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit unseres Landes. Wir rüsten unsere Verfassungsschutzbehörde für die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft.

Ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Mache ich, Frau Präsidentin! - Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Brandenburg ein sicherer Ort bleibt, an dem die freiheitlich-demokratische Grundordnung geschützt wird. Ich bitte Sie daher um Ihre Unterstützung und um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Unser Brandenburg soll sicher bleiben! - Vielen Dank.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE - Hohloch [AfD]: Dann SPD abwählen!)

Vielen Dank. - Frau Abgeordnete Kotré hat für die AfD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

(Beifall AfD - Keller [SPD]: Ich bin immer erstaunt, dass Sie sich jetzt so angesprochen fühlen! - Dr. Berndt [AfD]: Ach Gott!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen Abgeordnete! Liebe Brandenburger! Erst zum März-Plenum haben die Koalitionsfraktionen den - ihnen vom Innenminister mutmaßlich diktierten oder mit einer sogenannten Formulierungshilfe untermauerten - Gesetzentwurf eingebracht und durch die parlamentarischen Stationen gepeitscht.

In der mit kurzem Vorlauf anberaumten mündlichen Anhörung in der Ausschusssitzung vom 10. April 2024 wurde noch einmal die Verfassungswidrigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfs herausgearbeitet. Der Sachverständige Prof. Murswiek hat es auf den Punkt gebracht, indem er sagte:

„Verzichten Sie auf die Streichung von § 14a Abs. 2 Satz 2.“

Aber vorhersehbarerweise haben Sie ihm nicht Folge geleistet. Stattdessen haben Sie Ihren eigenen, parteiischen Sachverständigen benannt, dessen Qualifikation die Tätigkeit als Ständiger Bevollmächtigter der sogenannten Parlamentarischen Kontrollkommission hier im Hause darstellt.

(Hünich [AfD]: Nee? - Hohloch [AfD]: Doch!)

Dass es keine echte parlamentarische Kontrolle gibt, weiß allerdings jedes Kind:

(Beifall AfD)

Die einzige tatsächliche - und nebenbei auch die größte - Oppositionskraft im Landtag ist aufgrund des Systemfehlers der Not-

wendigkeit einer Wahl der Mitglieder in die PKK - anstelle der Einführung eines Entsendungsrechtes - blockiert; auch daran sieht man die Unrechtsstaatlichkeit des Verfassungsschutzes.

(Beifall AfD)

Ich stelle Ihnen die Frage: Wer schützt uns vor diesem Verfassungsschutz, meine Damen und Herren?

(Beifall AfD - Keller [SPD]: Dass Sie so Angst haben vorm Verfassungsschutz! - Gegenruf des Abgeordneten Dr. Berndt [AfD])

- Ganz ruhig, Herr Keller!

Bekanntlich sind Grundrechte die Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Mit dem institutionalisierten Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland und unserem Land Brandenburg wird allerdings gegen die Verfassung verstoßen:

(Einzelbeifall)

Der Verfassungsschutz diffamiert öffentlich unliebsame politische Gegner wie die AfD und verstößt schon damit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

(Beifall AfD)

Er verstößt namentlich gegen das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. Durch die ständigen Verleumdungen und Diffamierungen der parlamentarischen Opposition sollen die potenziellen Wähler von ihrer Wahlentscheidung für die AfD abgehalten werden.

Auch weitere fundamentale Wertprinzipien werden durch den Verfassungsschutz verletzt, zum Beispiel die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung. Uns allen ist noch das verfassungsfeindliche Verhalten der ehemaligen Kanzlerin Merkel in Erinnerung, die die Wahl des Ministerpräsidenten Kemmerich in Thüringen hat rückgängig machen lassen -

(Hünich [AfD]: Hat sie das gemacht? Nee! - Hohloch [AfD]: Doch!)

und das kurzerhand.

Sie und Ihre Altparteien-Vorgänger - und sicherlich auch die Nachfolger - haben keine Ahnung von Verfassungsmäßigkeit;

(Beifall AfD)

das stellen Sie hier und heute wieder einmal unter Beweis.

Das vorliegende Änderungsgesetz zum Verfassungsschutz ist verfassungswidrig, und wir werden es einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung durch das Landesverfassungsgericht unter-

ziehen lassen. Wir lehnen den Gesetzentwurf natürlich ab. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Herr Abgeordneter Lakenmacher spricht für die CDU-Fraktion. Bitte schön.

(Hünich [AfD]: Los, du kannst noch was gutmachen! - Wei- terer Zuruf des Abgeordneten Hünich [AfD])

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Innenminister für die Formulierungshilfe, die er uns für diesen Gesetzentwurf hat zuteilwerden lassen - so viel schon einmal vorab.

Uns liegt heute das Vierte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes zur Beschlussfassung vor, und mit der vorliegenden Änderung sollen - getreu dem Grundsatz „Folge dem Geld!“ - die Befugnisse des Verfassungsschutzes zu Finanzermittlungen zur Abwendung von extremistischen Gefahrenlagen neu geregelt werden. Sie ist ein entscheidender Baustein für die Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegen Islamisten, gegen Rechtsextremisten, gegen Linksextremisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jede Bedrohung unserer Demokratie ist eine Bedrohung zu viel. Wir müssen unseren Verfassungsschutz mit den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten ausstatten, um diese Bedrohung frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.