Protokoll der Sitzung vom 18.06.2024

und das gilt eben vor allem dann, wenn Bestrebungen mit viel Geld aus undurchsichtigen Quellen es schaffen,

(Hohloch [AfD]: Wie die Parteienfinanzierung zum Beispiel! - Dr. Berndt [AfD]: Nordrhein-Westfalen!)

einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesellschaft zu nehmen.

Wir Bündnisgrüne haben uns die Entscheidung für dieses Gesetz nicht leicht gemacht. Jede Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes muss sorgfältig geprüft werden, aber jede Erweiterung kritisch zu prüfen heißt eben nicht, sie pauschal abzulehnen. Unser Grundgesetz gibt uns nicht nur die Erlaubnis, sondern nimmt uns in die Pflicht, unsere Demokratie aktiv gegen ihre Feinde zu verteidigen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie des Abgeordneten Domres [Die Linke])

Und Frau Kotré, der Verfassungsschutz ist eine Ausprägung dieses Auftrags unserer Verfassung. Man kann darüber streiten, wie dieser Auftrag genau ausgeführt werden sollte und welche Strukturen dafür sinnvoll sind, aber die pauschale Diffamierung, die Sie hier und auch im Innenausschuss regelmäßig über diese demokratische Institution auskippen, zeigt wirklich, wes Geistes Kind Sie und Ihre Fraktion sind.

(Beifall B90/GRÜNE - Dr. Berndt [AfD]: Demokratische In- stitution - jaja!)

Wenn wir eine Gefahr sehen, der mit den bestehenden Mitteln nicht ausreichend begegnet werden kann, dann ist es unsere Pflicht, zu prüfen, wie wir Abhilfe schaffen können. Deshalb werden wir diesem ausgewogenen Gesetzentwurf zustimmen, der einerseits die Befugnisse zu Finanzermittlungen erweitert, im gleichen Atemzug aber auch die Kontrolle durch das Parlament stärkt, denn ohne diese Transparenz und Rechenschaft gegenüber den Kontrollgremien ist auch der Verfassungsschutz in Brandenburg nicht in der Lage, seine Rolle in unserer Demokratie angemessen auszufüllen.

Gleichzeitig gilt es an dieser Stelle natürlich, alle demokratischen Kräfte dieses Landes umso dringlicher aufzurufen, sich für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung einzusetzen, aktiv für die Demokratie zu werben und sich menschenfeindlichen Kräften solidarisch entgegenzustellen.

Ich danke allen, die das hier in Brandenburg jeden Tag tun - ehrenamtlich in Vereinen und Verbänden, hauptamtlich als Lehrerin oder als Sozialarbeiter oder einfach auch so nebenbei im Alltag -: zu widersprechen und sich dem entgegenzustellen, wenn menschenfeindliches Gedankengut in die Gesellschaft getragen wird, denn unsere Demokratie verteidigen wir nur gemeinsam und nur, wenn die demokratische Mehrheit ganz klar Position bezieht und aufsteht. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU sowie des Abgeordne- ten Domres [Die Linke])

Danke schön. - Von Herrn Abgeordneten Hohloch wurde eine Kurzintervention angemeldet. Bitte schön.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Schäffer, Sie verteidigen keine Demokratie, Sie

schaffen sie gerade ab. Sie schaffen Sie von Jahr zu Jahr weiter ab, und Sie werden von Jahr zu Jahr aufs Neue dafür mit schlechteren Wahlergebnissen bestraft, doch anstatt endlich einmal zu überlegen, woran es liegt, kommen Sie immer wieder zum Anfangspunkt zurück und versuchen, mit dem Verfassungsschutz - mit sämtlichen staatlichen Repressionsmaßnahmen, die Sie haben - gegen die unliebsame Opposition vorzugehen. Wir haben gesehen, wie es bei Corona lief; wir wissen genau, wie es jetzt laufen wird.

Machen Sie sich doch einmal ehrlich! Ich weiß, die Grünen tun sich schwer mit Ehrlichkeit - Robert Habeck und sein Ministerium, da ist wenig mit Ehrlichkeit.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [AfD] - Zuruf des Abgeordneten Adler [SPD])

Aber wir wissen doch alle, worum es geht, wenn Sie von „extremistische[n] Bestrebungen“ reden und das so schön verklausulieren, damit dort draußen niemand weiß, worum es eigentlich geht: Es geht um die AfD.

(Bretz [CDU]: Wie viel Kohle hat denn Putin heute schon überwiesen? - Zuruf von der Fraktion Die Linke)

Sie ist Ihnen zu mächtig. Sie ist eine Partei, die Ihnen zu gefährlich wird, weil wir an Ihren Posten nagen. Es geht um Ihre Posten, es geht um Ihre Macht. Es geht nicht um die Demokratie, es geht nicht um die Freiheit - und das sollte hier einmal festgehalten werden.

Dann reden Sie auch noch davon, dass Sie auf Konten schauen wollen. Vorhin habe ich gehört - ich weiß gar nicht, wer es am Anfang gesagt hat, ich glaube, der Redner der SPD; genau, Herr Adler -, Sie wollten zum Beispiel extremistische Straftaten wie jene in Mannheim verhindern.

(Zuruf des Abgeordneten Lakenmacher [CDU])

Wie hätten Sie denn so etwas verhindert? Indem Sie auf dem Konto des Attentäters geschaut hätten, wo er sich sein Messer gekauft hat? Was für ein Schwachsinn!

(Vereinzelt Beifall AfD - Zuruf des Abgeordneten Laken- macher [CDU])

Sie wollen einfach nur an die Parteienfinanzierung ran. Sie wollen dafür sorgen, dass niemand mehr der AfD Geld spendet. Sie wollen diese Partei trockenlegen, weil Sie nämlich zu einem nicht bereit sind: Ihre eigenen Fehler anzuerkennen,

(Beifall des Abgeordneten Münschke [AfD])

die dafür sorgen, dass dieses Land den Bach runtergeht, dass die Leute weniger Jobs und weniger in der Tasche haben, dass der Strompreis in die Höhe schnellt und die Sicherheit in unserem Land schwindet. Während der EM: überall Messerattacken und Angriffe, Gruppenvergewaltigungen, Schlägereien - das ist das Resultat Ihrer Politik!

(Vereinzelt Beifall AfD - Zuruf des Abgeordneten Adler [SPD])

Die Antwort, die Sie darauf finden, ist, den Verfassungsschutz zu stärken. Das ist perfide, meine Damen und Herren. Sie schaffen damit den Rechtsstaat ab; Sie stärken ihn nicht.

Ganz zum Schluss mein letztes Wort: Wenn Sie dann noch von parlamentarischer Kontrolle reden …

Sie müssen bitte zum Ende kommen.

… aber die größte Oppositionsfraktion nicht einmal in die Kontrollkommission lassen, ist das lächerlich, meine Damen und Herren, und es ist schäbig. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall AfD - Zuruf des Abgeordneten Noack [SPD])

Frau Abgeordnete Schäffer möchte gerne darauf reagieren. Bitte sehr.

Herr Hohloch, ich mache es kurz: Wir haben in diesem Land - in Deutschland - ein Grundgesetz; wir haben die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie schützt das Rechtsstaatsprinzip, das Demokratieprinzip und die Menschenwürde als Grundlage von allem, was die Politik in diesem Land veranstaltet und veranstalten darf.

Sie und Ihre Fraktion arbeiten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung,

(Hohloch [AfD]: Was?! - Unruhe bei der AfD)

Sie arbeiten an der Lächerlichmachung und der Verächtlichmachung von demokratischen Institutionen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt Die Linke - Frau Kotré [AfD]: Und wir werden gefragt, warum wir uns ange- sprochen fühlen! - Weitere Zurufe von der AfD)

Entsprechend dem Auftrag des Grundgesetzes werden wir uns dem immer entgegenstellen - zusammen mit allen demokratischen Kräften. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD, CDU und Die Linke)

Wir setzen die Debatte fort. Herr Abgeordneter Vida hat das Wort für die Gruppe BVB / FREIE WÄHLER. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben diese Diskussion schon in der 1. Lesung geführt, und ich habe darauf hingewiesen, dass ich die Hoffnung habe, dass im Rahmen der Überweisung an den Innenausschuss entsprechende Beratungen erfolgen und dort auch die einreichenden Fraktionen einen Erkenntnisgewinn haben und eine rechtlich sichere Formulierung wählen würden. Leider ist dies nicht gelungen; diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt.

Es bestehen aus unserer Sicht weiterhin erhebliche Bedenken, dass dieses Gesetz einer gerichtlichen Überprüfung standhalten kann. Ein Gesetz zum Schutz der Verfassung, das womöglich selbst berechtigte verfassungsrechtliche Unsicherheiten in sich birgt, würde genau das Gegenteil von dem erreichen, wofür es eigentlich gemacht wurde. Aus Sicht unserer Gruppe wäre daher eine weitergehende Beratung - ohne Zeitdruck aufgrund des Ablaufs der Wahlperiode - sinnvoll und erforderlich gewesen.

Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen bezieht sich leider nicht auf diese kritischen Punkte. Er ist so weit korrekt, aber es bleibt dabei, dass CDU, SPD und Grüne mit der Gesetzesvorlage schwerwiegende Eingriffe und Datenabfragen ermöglichen wollen: Zum einen wird die Schwelle für das Abfordern von Daten durch den Verfassungsschutz gesenkt - es soll bereits die vage Gefahr einer Schädigung ausreichen -, und zum anderen werden die Befugnisse bei der Datenabfrage sehr weit ausgedehnt: Unter Missachtung des allgemeinen Steuergeheimnisses sollen alle Finanzdaten vom Bundeszentralamt für Steuern abgefragt werden dürfen. Besonders schwer wiegt und rechtlich angreifbar erscheint, dass der Gesetzentwurf eine Kombination beider Schwellensenkungen innerhalb eines Vorgangs ermöglicht. Deswegen werden wir ihm nicht zustimmen können.

Meine Damen und Herren, es erschließt sich auch nicht, warum diese Vorlage zwingend in der letzten Sitzung der Wahlperiode durchgepaukt werden muss. Diskontinuität hin oder her - derart schwerwiegende Eingriffe, die wie gesagt kumulativ auftreten können, sind wohl abzuwägen. Unseres Erachtens ist diese Abwägung nicht hinreichend erfolgt. Es täte dem Verfassungsschutzgesetz gut und stünde auch den drei Koalitionsfraktionen gut zu Gesicht, dieses mit weitreichenden Grundrechtseingriffen verbundene Gesetz weiter zu beraten, es vielleicht vorab verfassungsrechtlich prüfen zu lassen und gern nach der Landtagswahl einen neuen und dann rechtlich sichereren und vor allem die Datenschutzgrundrechte der Bürger besser wahrenden Anlauf zu nehmen.

Ich glaube, dass politische Motivation und Zeitdruck keine gute Kombination als Basis für ein Verfassungsschutzgesetz sind - vor allem nicht für ein Gesetz, welches seinem Namen Ehre machen soll. Das tut dieser Entwurf nicht. Sie haben die Möglichkeit versäumt, über jeden Zweifel erhaben zu sein. Sie haben es auch versäumt, Formulierungen aus anderen Bundesländern verfassungskonform in das Gesetz aufzunehmen. Diese Kritik bleibt bestehen, denn der Zeitdruck rechtfertigt nicht derart gravierende Veränderungen. Deswegen werden wir nicht zustimmen können. - Danke schön.

(Beifall BVB/FW Gruppe)

Danke schön. - Zum Abschluss der Debatte spricht Herr Minister Stübgen für die Landesregierung. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute haben Sie als Landtag die Möglichkeit, im Kampf gegen extremistische Bestrebungen einen wichtigen Schritt nach vorn zu gehen. Durch die Annahme des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes werden die Finanzermittlungsbefugnisse in einem ausgewogenen Maße der realen Bedrohung angepasst.

Einerseits sind Finanzermittlungen künftig auch dann möglich, wenn keine Hinweise auf Gewalt oder Hass vorliegen. Die heutige Bedrohungslage führt immer wieder vor Augen, dass von extremistischen Bestrebungen - egal aus welchem Phänomenbereich - erhebliche Gefahren für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgehen können, selbst wenn nicht explizit zu Gewalt aufgerufen wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn durch Propaganda oder die systematische Verbreitung von Falschinformationen gegen die Verfasstheit unseres Staates vorgegangen wird. Daher ist es wichtig, dass der Verfassungsschutz künftig auch diese Bestrebungen in den Blick nehmen kann.