Liebe Jugendbildungsstätten, liebe „Falken“, aber vor allem liebe Christine Reich, ihr könnt gewiss sein: Wir als Linksfraktion und die große Mehrheit dieses Hauses stehen an eurer Seite und danken euch für euer Engagement. In diesem Sinne: Freundschaft!
Wir setzen die Aussprache mit dem Redebeitrag der CDU-Fraktion fort. Für sie spricht Frau Abgeordnete Augustin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Jugendverbandsarbeit in Brandenburg ist von großem Wert und vielfältig. Allein im Dachverband, dem Landesjugendring, sind die unterschiedlichsten Jugendverbände organisiert, die auch die Breite der jugendlichen Ansprache reflektieren. Da gibt es zum Beispiel die Brandenburgische Sportjugend, da gibt es die Katholische Jugend, da gibt es die jungen Pfadfinderinnen und Pfadfinder, da gibt es die BUND-Jugend, wir haben die Jugendfeuerwehr und wir haben die „Sozialistische Jugend - Die Falken“. Sie alle arbeiten überall in Brandenburg daran, demokratische Prinzipien zu vermitteln, und bieten Kindern und Jugendlichen außerschulische Bildungsarbeit - und zwar unter anderem in den Bildungsstätten des Landes Brandenburg.
Obwohl die „Sozialistische Jugend“ sicherlich nicht die erste Adresse für die CDU ist und uns Positionen und Ziele trennen, kann ich persönlich auch aus der Begleitung als Jugendpolitikerin in den letzten sechs Jahren sagen, dass die „Sozialistische Jugend - Die Falken“ ein engagierter Verband ist und ich auch die Zusammenarbeit mit dem damaligen Vorstandsmitglied im Landesjugendring immer sehr geschätzt habe. Und ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Demokratie braucht Vielfalt! Dazu zählt natürlich auch die Arbeit linker Jugendorganisationen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag der AfD soll der „Sozialistischen Jugend - Die Falken“ die Unterstützung versagt werden, da diese den Linksextremismus fördere. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes, dies festzustellen, hat nunmehr wohl die AfD übernommen. Die Begründungen sind schnell herbeigeführt; so heißt es im Antrag:
„Eine enge Verbindung des Brandenburgischen Landesverbands der ‚Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken‘ mit der linksextremistischen Szene Brandenburgs ist daher schon wegen des Sitzes der Landesgeschäftsstelle auf dem ‚Freiland‘-Gelände gegeben.“
Ich würde also sagen, dass wir im Haushalt so einiges einsparen könnten, denn die AfD hat nunmehr zumindest die Aufgaben des
Verfassungsschutzes übernommen und widmet sich der Untersuchung von Links-, vielleicht ja auch bald von Rechtsextremismus.
Vielleicht ist dieses Interesse nur entfacht, da ja die AfD vom Verfassungsschutz nunmehr beobachtet wird. Und dass es mit dem neuen Arbeitsprofil der AfD nicht weit her ist, den Verfassungsschutz zu ersetzen, liest man bei genauer Betrachtung des Antrags. Da wird bei den Zahlungen an die „Falken“ zum Beispiel kritisiert - und jetzt passen Sie auf, liebe AfD -, dass die Förderung der Bildungsreferenten schwierig sei, denn - so heißt es im Antrag -
„[a]uf die von den Referenten erarbeiteten Inhalte hat die Landesregierung aber keinen Einfluss, sodass nicht auszuschließen ist, dass auch linksextremistische Inhalte in die Jugendarbeit einfließen.“
Ich verstehe also die AfD richtig, dass Sie im Umkehrschluss nur Förderung an Jugendverbandsarbeit akzeptieren, bei denen die Inhalte von der Regierung vorgegeben werden? Ich glaube, ich brauche nicht erwähnen, in welche Zeit mich das zurückversetzt.
Wenn Sie Ihren Antrag durchlesen, können Sie noch an einigen Stellen Belege dafür finden, warum dieser Antrag einfach nur überflüssig und Zeit und Anlass nicht wert ist. Überlassen Sie die Verfassungsschutzarbeit dem entsprechenden Gremium! Wir lehnen Ihren Verfassungsschutzbericht - Entschuldigung: Ihren Antrag - ab. - Vielen Dank.
Wir fahren in der Aussprache mit dem Redebeitrag der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion fort. - Herr Abgeordneter Vida, bitte.
Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte es kurz machen. Der Antrag gehört überhaupt nicht in die Sphäre des Landtags. Er ist weder organisatorisch noch inhaltlich richtig platziert.
Vielleicht kann ich doch kurz ausholen: Im Kreistag Barnim hat Ihre dortige Kreistagsfraktion - es gibt ja zwei davon dort -
versucht, mit einem Antrag feststellen zu lassen, dass der Landkreis Barnim diesem Verein die Gemeinnützigkeit aberkennen und der Landrat - wohlgemerkt - eine Verfassungsschutzprüfung initiieren soll. Schon das war dort im Kreistag völlig neben der Spur - und so ist es auch rein organisatorisch mit diesem Antrag hier der Fall, denn Fördermittelvergabe fällt nicht in die Zuständigkeit des Landtags. Das ist Aufgabe der Landesregierung und anderer Behörden bzw. sogar landesexterner Stellen. Und die Feststellung der Verfassungswidrigkeit - also etwaiger verfassungswidriger Bestrebungen - ist Aufgabe des Verfassungsschutzes und gegebenenfalls der Gerichte.
Hierbei ist auch zu beachten, dass eine partielle Anerkennung des Verfassungsschutzes nicht möglich ist. Mal wird in Abrede gestellt, dass er richtig arbeitet, wenn es um Feststellungen be
züglich Ihrer Partei geht; andererseits wird er jetzt hier als Kronzeuge verwendet, wenn es gegen einen Jugendverband geht. Also, beides zusammen funktioniert nicht.
Richtig ist in der Tat, dass einseitige politische Förderungen für etwaige undemokratische Agitationen nicht erfolgen dürfen - das stimmt schon. Dies festzustellen ist allerdings Aufgabe einer unpolitischen Verwaltungsprüfung oder Gerichtsprüfung. Die kann man durchaus einfordern - aber doch nicht durch eine parteipolitische Vorfestlegung seitens des politisiertesten Gremiums überhaupt, nämlich des Landtags. Deswegen ist der Antrag pauschalisierend und soll Feststellungen treffen, die überhaupt nicht in die Beurteilungs- und Vollzugskompetenz des Landtags gehören. Er wird daher von uns abgelehnt. - Vielen Dank.
Wir fahren mit dem Redebeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE fort. Für sie spricht Frau Abgeordnete Ricarda Budke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die AfD hier und jetzt, aber auch in den letzten Wochen, Monaten und Jahren durch Anfragen und durch solche Anträge erreichen will, ist, den Betroffenen Angst zu machen, sie an den Pranger zu stellen, den Diskurs in unserer Gesellschaft nach rechts zu verschieben. Als Demokratinnen und Demokraten werden wir uns schützend vor genau diejenigen stellen, die Sie hier angreifen. Das ist unsere Pflicht, und ich bin sehr froh, dass das heute alle Fraktionen - außer Ihrer natürlich - hier tun. Denn die, die Sie hier angreifen, leisten jeden Tag einen wertvolleren Beitrag für unsere Demokratie als Sie in den vergangenen sechs Jahren hier im Parlament.
Schauen wir einmal in den „hohen Norden“, nach Rheinsberg. Hier verwalten Jugendliche selbst einen Jugendklub der „Falken“. Es wird Hausaufgabenhilfe geleistet und werden Angebote für Kinder und Jugendliche ganz unterschiedlicher Altersgruppen unterbreitet. Ich weiß, bei vielen von Ihnen liegt die Jugend schon einige Jahre zurück - deswegen sage ich es hier noch einmal deutlich: Für viele Kinder und Jugendliche sind das die einzigen Orte und Räume in Brandenburg, an denen sie solche Angebote erfahren und wahrnehmen können.
Die Kurt-Löwenstein-Jugendbildungsstätte bietet Seminare an, um Kinder und Jugendliche auf ihrem eigenen Weg weiterzubringen. Es werden Klassensprecherinnen und Klassensprecher geschult. Kinder und Jugendliche werden darin bestärkt, aktiv zu sein, sich einzubringen, Demokratie zu leben. Es finden Seminare für Jugendliche statt, die ihnen bei der Berufsorientierung helfen; da wird geholfen, ihre Stärken zu entdecken und Bewerbungen zu schreiben. Die Angebote der „Falken“ richten sich gezielt an die Kinder und Jugendlichen, die ohnehin schon weniger Zugang zu Bildung haben - und genau die Gelder dafür wollen Sie mit Ihrem Antrag streichen. Sie greifen gezielt diejenigen an, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen, und ich finde, das sagt mehr darüber aus, welch eine Partei Sie sind als über die Arbeit der „Falken“ und der Jugendbildungsstätten. Ich denke, im Gegenteil: Die können das eher als Kompliment auffassen. - Danke.
Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, der Antrag reiht sich in eine geballte Anfragenflut gegen die „Falken“ und die Jugendbildungsstätte ein: vier parlamentarische Anfragen hier in Brandenburg, sieben sind es in Berlin, vielleicht auch noch weitere. - Sie alle zeigen aber nur, dass Ihre Unterstellungen falsch und diffamierend sind. Die Anfragen wurden beantwortet. Der Verein steht auf dem Boden des Grundgesetzes. Es gibt keine Erkenntnisse, dass die Aktivitäten gegen die verfassungsgemäße Ordnung gerichtet sind.
„Die Falken“ sind einer von rund 30 Jugendverbänden in Brandenburg. Sie arbeiten selbstständig; sie entscheiden über Inhalte frei und ohne staatliche Einmischung oder Lenkung. Sie vertreten ein weites und heterogenes Spektrum an Wertvorstellungen. Dazu gehört ausdrücklich das kritische Hinterfragen von und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Systemen. Eines jedoch vereint die Jugendverbände: die Achtung und der Schutz der Menschenwürde, die Achtung und das Eintreten für Demokratie und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit.
Deshalb verstehen die Jugendverbände - und zwar alle im Landesjugendring und darüber hinaus - Ihre Angriffe auch als das, was sie sind: als Angriffe auf Pluralität und Meinungsfreiheit. - Daher weisen alle Jugendverbände Ihre Angriffe zurück und demonstrieren heute. Sie haben neulich auch eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, was zeigt, welch tolle Jugendverbände wir in Brandenburg haben.
Sie müssen sich schon bewusstmachen: Sie legen sich mit der Brandenburgischen Sportjugend, der Katholischen Jugend, der Evangelischen Jugend, dem THW, der Schreberjugend etc. an. Wegen Ihrer Art und Weise, hier einzelne Jugendverbände zu diffamieren und diskreditieren, haben Sie die geballte Kraft dieser Jugendverbände gegen sich.
Ich muss ehrlicherweise sagen: Mich hat das auch an den Versuch erinnert, die Lehrkräfte unter Generalverdacht zu stellen, indem Sie dazu aufforderten, missliebige Äußerungen zu melden. Ihre Diffamierungsversuche hinterlassen eine längere Spur.
Ich muss auch ausdrücklich sagen, dass Sie hier eine Organisation angreifen, die sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts für Kinder- und Jugendrechte einsetzt, die vorbildliche Arbeit geleistet hat und 1933 verboten wurde. Dass Sie sich in diese Tradition stellen und dieser Organisation Mittel entziehen wollen, spricht wirklich für sich.
Ich glaube, es ist ganz deutlich: Nicht die „Falken“ haben ein Problem mit der Demokratie, sondern Sie haben es!
Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin. - Also, ich glaube, Frau Ministerin, Sie verwechseln hier auch ein bisschen was: Hier geht es natürlich nur um die Vereine, die ganz klar verfassungswidrige Absichten äußern. Das ist aber auch in meinem bzw. unserem Antrag klar geworden. Insofern pauschalisieren Sie bitte nicht! So kommen wir nämlich nicht weiter.
Erstens: Der hier vorliegende Antrag und insbesondere Ihre Ausführungen zeigen eindrucksvoll die Doppelmoral, die in diesem Parlament herrscht, wenn es um die Bewertung verfassungsfeindlicher Absichten geht.
Zweitens: Das Abstreiten tatsächlicher Verbindungen zu extremistischen und gewaltbereiten Gruppen, wie ich zum Beispiel mit einem Bild von Herrn Walter in trauter Gemeinsamkeit mit der „Antifa“ belegen kann.
Drittens - den Punkt muss ich auch noch loswerden -: Die Unfähigkeit der Koalitionsfraktionen, insbesondere der CDU, sich den sozialistischen Utopien und deren Vereinsstrukturen auch endlich einmal konsequent entgegenzustellen. Das wäre ein Punkt, wo Sie wirklich agieren könnten.
Ich komme zur Abstimmung. Wir stimmen über den Antrag der AfD-Fraktion „Fördermittelzahlungen an den Verein ‚Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein e. V.‘ und die dahinterstehende ‚Sozialistische Jugend Deutschlands‘ wegen linksextremistischer Bezüge sofort einstellen!“, Drucksache 7/1980, ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich ohne Stimmenthaltungen abgelehnt.