Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Meine Damen und Herren, der Katastrophenschutz und der gesamte Bevölkerungsschutz sind mehr denn je Themen der Zeit. Wir befinden uns seit dem 24. Februar dieses Jahres in einer Phase, die als Zeitenwende oder auch als das „neue Normal“ bezeichnet werden muss. Das zum Teil völlige Neudenken bisheriger Strukturen und Ausrichtungen des friedensmäßigen Bevölkerungsschutzes ist eine enorme Herausforderung, die uns die nächsten Jahre bzw. die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird.

Die möglichen Bedrohungsszenarien sind heute viel komplexer, als wir uns das noch vor einiger Zeit hätten vorstellen können. Hybride Angriffe - auch militärische - stellen im „neuen Normal“ leider reale Gefahren dar.

Unser Fraktionsvorsitzender, Jan Redmann, hat in seiner Rede bereits deutlich ausgeführt, welche Maßnahmen zur Verbesserung des Bevölkerungsschutzes im Rahmen des BrandenburgPakets vorgesehen sind. Da diese Maßnahmen in die unmittelbare Fachzuständigkeit des Innenministeriums fallen, erlauben Sie mir, dass ich die geplanten Maßnahmen an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal hervorhebe und begrüße. Im Kern geht es um Folgendes: Sicherung von Kommunikationswegen im Krisenfall - die Stichworte lauten hier: Netzhärtung und Digitalfunk -, Unterstützung der Kommunen bei der Einrichtung sogenannter Katastrophenschutz-Leuchttürme, Neubau eines zeitgemäßen Katastrophenschutz-Lagers und eine deutliche Verbesserung der Ausstattung unserer Einsatzkräfte in Form von Schutzausrüstung und Spezialfahrzeugen.

Meine Damen und Herren, vor uns liegen große haushalterische Herausforderungen - auch und vor allem im Innenbereich. Der Einzelplan 03 samt den vom AHF beschlossenen Änderungen sowie der sicherheitsrelevante Teil des Brandenburg-Pakets stellen in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden, eine sehr solide Grundlage für die kommenden Haushaltsjahre dar. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Kollegen Stefke für die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER fort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen! Das Ministerium des Innern und für Kommunales sah sich im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung für den Doppelhaushalt 2023/2024 mit Einsparvorgaben in Höhe von 50 Millionen Euro konfrontiert. Bei einem Gesamtvolumen von über 1,7 Milliarden Euro über beide Haushaltsjahre ist das auf den ersten Blick ein verkraftbarer Betrag. Aber man kann zu diesem Urteil - wie bei einer bekannten Waschmittelwerbung - nur bei oberflächlicher Betrachtung gelangen. Porentief unter die Lupe genommen bietet sich ein anderes Bild.

Nehmen wir als Beispiel den Haushaltsansatz bei Zuweisungen für den Brand- und Katastrophenschutz an Gemeinden und Gemeindeverbände, der von 200 000 Euro auf 50 000 Euro gekürzt wurde. Wenn der Innenminister dazu öffentlich erklärt, irgendwo müsse er ja sparen, dann ist das entweder ein deutliches Zeichen dafür, dass die 50 Millionen Euro eben doch nicht so problemlos zu verkraften sind, mangelndes Gespür für die Notwendigkeit einer auskömmlichen Ausstattung einer der wichtigsten Haushaltstitel im Einzelplan 03 oder eine gewiefte Taktik eines Politprofis in den Haushaltsverhandlungen. Was immer es auch gewesen sein mag, eines ist klar: Der Ansatz war und bleibt deutlich zu niedrig - dies auch, weil Anträge der Opposition, so auch unserer Fraktion, auf Verstärkung mit der Koalitionsmehrheit abgelehnt wurden.

Sie - auch Herr Lakenmacher gerade - argumentieren, dass die Landesregierung den Kommunen in der Vergangenheit immer ihre Aufwendungen für die Waldbrandbekämpfung ausgeglichen habe und dies auch in Zukunft tun werde. Dies ist unter zweierlei Gesichtspunkten bemerkenswert: erstens, weil demzufolge für die Kommunen das Prinzip Hoffnung gelten soll, und zweitens, weil dies unserer Beurteilung nach gegen die Grundsätze von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit verstößt. Ihrer Logik zufolge bräuchten wir ja eigentlich nur einen einzigen Haushaltstitel, aus dem alle Ausgaben aus dem Bereich des Einzelplans getätigt werden. Und wenn der nicht ausreicht, wird auf die globalen Minderausgaben im Einzelplan 20 zurückgegriffen. Dann können wir uns aber die sich über Wochen und Monate erstreckenden mühsamen Haushaltsberatungen sparen. Nein, das Parlament ist der Haushaltsgesetzgeber und hat die Pflicht zu einer den Aufgabenstellungen angemessenen Einzelveranschlagung von Haushaltsansätzen. Ich will die Absurdität Ihres Vorgehens an einem Satz aus den Erläuterungen des Titels 633 15 verdeutlichen. Dort heißt es: Um die kommunalen Aufgabenträger bei der Bewältigung von Großschadensereignissen zu unterstützen und sie nicht in finanzielle Zwangslagen durch die Anforderung von Hubschraubern zu bringen, ist eine Unterstützung aus Landesmitteln dringend geboten.

Halten Sie 50 000 Euro für das ganze Land wirklich für ausreichend? Deshalb fordern wir in unserem Sachantrag, diesen Titel ab 2023 dauerhaft mit einer Summe auszustatten, die dem Bedarf Rechnung trägt. Unser damit korrespondierender Änderungsantrag zum Haushalt beläuft sich auf 700 000 Euro. In Anbetracht der diesjährigen Waldbrandsaison - wohlgemerkt einer der heftigsten überhaupt - und des öffentlichen Hilferufs des Ordnungsdezernenten des Landkreises Elbe-Elster sehen wir uns in der Notwendigkeit dieser Anträge bestätigt.

Zu diesem Themenkomplex gehört auch der Ansatz für den Landesfeuerwehrverband, der seitens des Innenministeriums mal eben um 100 000 Euro gekürzt wurde.

Es ist sehr befremdlich, einerseits die Feuerwehrleute bei Veranstaltungen für ihre mitunter auch lebensgefährlichen Einsätze zum Wohle der Gesellschaft zu ehren, ihnen seitens des Ministerpräsidenten und des Innenministers Dank auszusprechen - zuletzt beim Parlamentarischen Abend, den der Landesfeuerwehrverband hier im Oktober ausgerichtet hat -, und ihnen andererseits den Haushaltsansatz um 25 % zu kürzen. Das passt nicht zusammen. Das haben Sie dann wohl aufgrund der oppositionellen Änderungsanträge - auch von unserer Fraktion - eingesehen und die Kürzung vollständig zurückgenommen - und das ist gut so.

Man sieht daran, wie zweckmäßig und notwendig die Einzelveranschlagung ist. Andernfalls hätte niemand die geplante Kürzung bemerkt. Gleiches gilt für den Ansatz zur Kampfmittelbeseitigung, den Minister Stübgen um satte 1 Million Euro pro Jahr kürzen wollte. Man kann die Meldungen bezüglich Bombenentschärfungen - vor allem in Oranienburg - gar nicht mehr zählen. Erst am Mittwoch vergangener Woche waren es wieder zwei, die ca. 3 Millionen Euro gekostet haben. Die Munitionsbelastung in unseren Wäldern ist eines der Probleme, weshalb Waldbrände so schwer unter Kontrolle zu bringen sind. Aber man kürzt die Mittel dafür mal eben um gut zehn Prozent. Das verstehe, wer will - wir verstehen es jedenfalls nicht. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, auch hier die Kürzung vollständig rückgängig zu machen. Die Koalitionsfraktionen haben den Antrag auf KeniaFahnen umgeflaggt, und dann ging er durch - so kann es gehen.

Als peinlich muss man es dann aber bezeichnen, wie Sie mit dem Haushaltsansatz zum Einsatznachsorgeteam verfahren sind. Die Koalition bringt in die Juni-Sitzung noch einen gemeinsamen Antrag unter der Überschrift „Das Einsatz-Nachsorge-Team (ENT) im Land Brandenburg besser ausstatten“ ein, belässt den Ansatz aber für 2023 und 2024 bei 20 000 Euro. Unser Antrag auf Erhöhung um 25 % - in dem Fall angesichts eines jährlichen Gesamthaushaltsvolumens von über 15 Milliarden Euro geradezu lächerliche 5 000 Euro - wird abgelehnt. Liebe Koalition, ein Wunsch zu Weihnachten: Bitte sparen Sie sich doch solche Schaufensteranträge im neuen Jahr!

Die Sicherheitspartner werden von Ihnen immer gerne gelobt und als wichtige Ergänzung der Sicherheitsarchitektur bezeichnet. Aber mehr Geld für die Ehrenamtlichen, die gerade in dieser Jahreszeit auch Streifenfahrten mit dem eigenen Pkw absolvieren und wie wir alle unter den gestiegenen Benzinpreisen leiden - Fehlanzeige! Wir versuchen es hier heute im Plenum erneut, ihnen via Antrag eine kleine Zulage bei der Aufwandsentschädigung zukommen zu lassen.

Zum Ein- und Ausreisezentrum haben wir häufig im Innenausschuss beraten. Dennoch sind für uns noch immer nicht alle Fragen geklärt. Im Übrigen war und ist Frau Ministerin Lange selbst über den BLB im Zusammenhang mit den Verhandlungen mit dem Bund fachlich in den Vorgang eingebunden. Deshalb bringen wir hier erneut den Antrag ein, den Ansatz mit einem qualifizierten Sperrvermerk zu versehen. Der bisher vorgesehene einfache Sperrvermerk, welcher von der Finanzministerin ohne parlamentarische Beteiligung aufgehoben werden kann, ist aus objektiver Sicht kein ausreichendes Kontrollinstrument.

Das Brandenburg-Paket ist ja noch nicht maßnahmenscharf unterlegt. Wir werden im Innenausschuss sehr genau darauf achten, was bei diesem Paket für die innere Sicherheit und die Kommunen herauskommt.

Zum Schluss möchte ich mich noch einmal bei allen Mitgliedern der sogenannten Blaulichtfamilie - also unseren Polizistinnen und Polizisten, unseren Feuerwehrkameradinnen und -kameraden und auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Rettungsdienste sehr herzlich im Namen unserer Fraktion bedanken. Wir schätzen Ihre Arbeit ausdrücklich und bedanken uns dafür. - Ich danke auch für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Abgeordnete Klemp zu uns. Bitte schön.

Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Was es bedeutet, in Sicherheit zu leben, ist in diesem Jahr durch den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mit voller Wucht präsent geworden: die Bedeutung einer funktionierenden Infrastruktur, und wie wichtig es ist, diese besser als bisher abzusichern; die Bedeutung eines funktionierenden Rechtsstaats, der das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit schützt und der ohne Ansehen der Person für jeden und jede gleichermaßen da ist - dieser Anspruch muss Leitlinie unserer Innenpolitik sein.

Die Aufgaben, die die Polizei in einer von politischer Polarisierung und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägten Gesellschaft hat, werden komplexer und schwieriger. Es ist nicht Aufgabe der Polizei, gesellschaftliche Konflikte zu lösen, aber sie ist zwangsläufig mit den Auswirkungen dieser Konflikte konfrontiert und muss mit ihnen umgehen. Das kann nur mit ausreichend Polizistinnen und Polizisten, guter, andauernder Ausbildung und vernünftiger Ausstattung gelingen. Daher gehen wir weiter auf dem Weg zu 8 500 Polizistinnen und Polizisten im Land, denn in allererster Linie sind es die Menschen, die zur Sicherheit in diesem Land beitragen.

Ein weiterer Baustein guter Polizeiarbeit wird die Polizeibeauftragtenstelle sein, für die wir im Einzelplan 01 die finanziellen Voraussetzungen schaffen - über den Gesetzentwurf beschließen wir am Freitag. Damit ebnen wir den Weg, durch einen unabhängigen Blick von außen den Umgang mit Konflikten auf eine qualitativ neue Stufe zu heben und damit auch das Verhältnis von Bürgerschaft und Polizei zu stärken.

Meine Damen und Herren! Natürlich wollen und werden wir bei größeren Waldbränden die Kommunen nicht im Stich lassen. Das ist in der Vergangenheit nicht passiert und das wird auch in Zukunft nicht so sein. Der dazu im Haushalt vorgesehene Ansatz wird aber immer eine fiktive Zahl sein; ob nun eine Million oder eine Null im Haushalt steht: Wir wissen nicht, was kommt. Daher werden wir die Anträge der Freien Wähler ablehnen, die eine fiktive Zahl durch eine andere zu ersetzen. Was wichtig ist, ist doch: Die Kommunen können sich auf das Wort der Koalition verlassen. Im Bedarfsfall stehen wir ihnen zur Seite.

Aus dem Waldbrandgeschehen der vergangenen Jahre ist viel gelernt worden, und so manche Beschaffung ist erfolgt. Im Einzelplan 03 lässt sich an vielen Stellen erahnen, was es uns kostet, mit dem ja bereits stattfindenden Klimawandel einigermaßen Schritt zu halten und die Gefahrenabwehr anzupassen.

Ein gutes Beispiel dafür ist der von der Koalition zusätzlich aufgenommene Ansatz von einer Million Euro für die Absuche von Waldwegen nach Kampfmitteln. Damit leisten wir einen Beitrag,

damit Waldgebiete im Brandfall von unseren Feuerwehren überhaupt befahren werden können und eine effektive Brandbekämpfung erst möglich wird.

Als Abgeordneter aus Oranienburg ist es mir besonders wichtig, dass es gelungen ist, die Ansätze für die Kampfmittelräumung im ganzen Land auf dem Niveau des Vorjahres zu halten, sodass die Bombensuche mit der gleichen hohen Intensität fortgeführt werden kann. Mehr als 200 Bomben mit den tückischen Langzeitzündern werden in Oranienburg noch im Boden vermutet - hier darf es kein Nachlassen der Bemühungen geben.

Meine Damen und Herren, als Informatiker sage ich ganz deutlich, dass ich mit dem Stand der Digitalisierung nicht zufrieden bin. Sie alle wissen, dass in wenigen Tagen die Frist abläuft, die das Onlinezugangsgesetz dem Staat für die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen gesetzt hat. Sie alle wissen ebenso, dass dieses Ziel weit verfehlt wurde. Dennoch konnten wir - trotz Krisenzeit - einige wichtige Impulse geben. Besonders liegt mir dabei das Thema Open Data am Herzen, weil damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Denn ein guter Überblick darüber, welche Daten wo und in welcher Form vorhanden sind, ist sowohl für die Transparenz nach außen als auch für die solide Digitalisierung nach innen essenziell. Deshalb freut es mich, dass der Datenadler den Kommunen fortan als IT-Basiskomponente kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Vor besonderen Herausforderungen bei der Digitalisierung stehen die Kommunen. Hier konnten wir beispielsweise

350 000 Euro zusätzliche Mittel gegenüber dem Haushaltsentwurf für die Kommunalredaktion des BUS-BB ermöglichen. Damit helfen wir auch den Kommunen, digitalisierte Verwaltungsdienstleistungen zu den Bürgerinnen und Bürgern zu bringen. Der Zweckverband Digitale Kommunen Brandenburg ist für mich ein Musterbeispiel, wie Kommunen gemeinsame Lösungen finden und tragfähige Strukturen aufbauen können. Deshalb unterstützen wir ihn aus dem Landeshaushalt.

Meine Damen und Herren, das letzte wichtige Thema im Einzelplan 03 sind Asyl und Migration. Asyl ist ein grundlegendes Menschenrecht. Die rechtliche Ausgestaltung obliegt der Bundesebene, aber es ist unsere Verantwortung hier auf Landesebene, bei der Umsetzung des Bundesrechts menschenwürdige Bedingungen zu sichern.

Ein Beitrag dazu ist die unabhängige Asylverfahrensberatung. Hier gilt die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, dass die unabhängige Geflüchtetenberatung in Brandenburg mindestens im gleichen Umfang weitergeführt wird. Das haben wir mit unserem Änderungsantrag zum Haushalt klargestellt.

(Zuruf)

- Das Geld war ja drin.

Das mit Abstand schwierigste Thema im Bereich Asyl ist allerdings das sogenannte Behördenzentrum am BER. Der Haushalt beschreibt das Projekt eines Ein- und Ausreisezentrums nur abstrakt. Doch ginge es nur um einen Ersatz für das bezüglich der Bedingungen für Betroffene nicht angemessene Bestandsgebäude, gegebenenfalls in Verbindung mit einer moderaten Anpassung an die Deckung der nachgewiesenen Bedarfe, würden wir diese Debatte nicht führen. So debattieren wir aber über die konkreten im AIK vorgestellten Pläne mit einem konkreten Investor und der bekannten Historie. Auch nach vielen Ausschussbefassungen und nach Akteneinsicht stehen erhebliche Fragen zu diesem Projekt im Raum.

Auch wenn nach wie vor klar ist, dass keine Abschiebehafteinrichtung gebaut wird, stand von Anfang an die Frage der geplanten Kapazitäten für Flughafenasylverfahren und Ausreisegewahrsam im Mittelpunkt der Debatte. Die geplanten Kapazitäten übersteigen die bisherigen Kapazitäten um ein Vielfaches - und das, obwohl letztere bisher kaum ausgelastet waren und immer noch nicht schlüssig erklärt wurde, woraus der zukünftige Bedarf resultieren soll.

Wir haben einen Fach- und Arbeitskräftemangel in Deutschland, der mit baldigen Renteneintrittswellen nur heftiger wird. Wir brauchen jeden Menschen, der bei uns bleiben, hier arbeiten und in der Gesellschaft mitwirken möchte. Die Bundesregierung hat das zum Glück erkannt und mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht endlich eine migrationspolitische Wende eingeleitet, die vielen Menschen erstmalig die Möglichkeit gibt, sich hier ein sicheres Leben aufzubauen und zum Wohlstand unserer Gesellschaft beizutragen.

Auf der anderen Seite ist jede Abschiebeinitiative bisher an den juristischen Hürden unseres an den Menschenrechten orientierten Rechtsstaates und Verwaltungshürden wie der Passersatzbeschaffung gescheitert - nicht an den Kapazitäten am BER. Inwiefern sollten also diese teuer zu bezahlenden zukünftigen Kapazitäten tatsächlich gebraucht werden?

Auch die vergaberechtlichen Fragen stehen weiterhin im Raum und werden lauter. Die Festlegung auf ein bestimmtes Grundstück, einen bestimmten Investor und ein Vermieter-Mieter-Modell, das dem Land nur Nachteile bringt, sind für mich nicht zu erklären.

Diese Vorabentscheidungen aufgrund sehr dünner Aktenlage sind bis heute nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, dass Alternativen ernsthaft geprüft wurden, bevor mit dem Verweis auf mangelnde Alternativen auf eine Ausschreibung verzichtet wurde. Spätestens durch das leer stehende Terminal 5 am BER ist inzwischen aber eine klare Alternative ersichtlich,

(Zuruf des Abgeordneten Stefke [BVB/FW])

die einen Bau in eigener Trägerschaft durch Nachnutzung des Terminals oder einen Neubau auf dem Gelände ermöglichen würde. Angesichts dieser Faktenlage kann ich nicht verstehen, dass die Abgeordneten der SPD- und der CDU-Fraktion nicht bereit waren, gemeinsam diesen Haushaltsentwurf zu überarbeiten - zumindest durch eine Qualifizierung des Sperrvermerks.

(Zuruf)

Meine Damen und Herren, ich bin ziemlich erschüttert, dass trotz aller Bedenken - bei denen es nicht primär um ideologische Unterschiede zwischen uns Bündnisgrünen und SPD oder CDU, sondern um verantwortungsvollen Umgang mit den uns anvertrauten Steuergeldern geht - die Koalitionspartner dieses Projekt durch die Verknüpfung mit dem Haushalt zu einer Frage des Weiterbestehens der Koalition gemacht haben.

Ureigene Aufgabe der Politik ist es, Alternativen sorgfältig zu prüfen und die Ausgaben auf das Notwendigste zu beschränken. Mit dem Vabanquespiel bezüglich des Landeshaushalts verhindern SPD und CDU aber genau das.

Herr Klemp, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich lasse keine Zwischenfragen zu. Danke schön. - Die verbleibende Alternative ist, dass entweder der Landtag der Ausreichung der Gelder vollumfänglich zustimmt oder aber dass die Regierung zerbricht und ihre Bürger im Stich lässt. Meine Damen und Herren, wir Bündnisgrüne werden an dieser Frage in einer Situation, in der Menschen wie selten zuvor auf Stabilität und Sicherheit angewiesen sind, nicht die Koalition beenden. Wir werden diesem Haushalt zustimmen, der mit erheblichem Aufwand sicherstellt, dass Brandenburg - so gut es nur geht - durch die multiplen Krisen kommt.

(Zuruf: Danke, liebe Grüne!)

Mit der Haushaltsaufstellung ist die Diskussion über dieses Projekt aber nicht beendet. Die Gelder für das Behördenzentrum sind gesperrt. Innenminister Stübgen und Finanzministerin Lange stehen hinsichtlich einer rechtmäßigen Mittelverwendung, der Wahl der wirtschaftlichsten Alternative und der Einhaltung aller Ausschreibungs- und Vergaberegelungen persönlich in der Verantwortung.

Wir erwarten, dass die Regierung nicht ein Projekt in Auftrag gibt, das später die Gerichte oder einen Untersuchungsausschuss beschäftigen muss. Deshalb erwarten wir, dass den rechtlichen und fiskalischen Fragen, die in dieser Debatte aufgeworfen wurden, vollumfänglich Rechnung getragen und Transparenz über die Entscheidungen hergestellt wird. Denn wir erwarten von allen Mitgliedern der Koalition, das Wohlergehen des Landes an die erste Stelle zu setzen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht jetzt Innenminister Stübgen zu uns. Bitte schön.

(Unruhe)