Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

(Beifall BVB/FW)

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER auf Drucksache 7/7822: „Kleingartenkultur pflegen und würdigen: Einsetzung eines Beauftragten für das Kleingartenwesen im Land Brandenburg“. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen, bitte! - Die Enthaltungen! - Damit wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt; es gab einige Enthaltungen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 23 und rufe, da wir über Tagesordnungspunkt 24 schon gestern beraten haben, Tagesordnungspunkt 25 auf.

TOP 25: Kommunen und Bürgerinnen und Bürger am Ausbau der erneuerbaren Energien stärker beteiligen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 7/7874 (Neudruck)

Die Debatte wird von Frau Abgeordneter Schwarzenberg für die Fraktion DIE LINKE eröffnet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste und liebe Zuhörer am Livestream! Auch wenn es ungewöhnlich ist: Zu Beginn möchte ich ein ganz herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energieagentur sagen. Ich bin beeindruckt, wie viel Daten gesammelt und zusammengefasst worden sind, um den Kommunen einen Energiesteckbrief an die Hand zu geben. Damit haben sie eine gute Grundlage, um Entscheidungen treffen zu können. Das war eine gute Sache. Herzlichen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie können Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger besser am Ausbau der erneuerbaren Energien partizipieren? Es sind vier Punkte, auf die ich eingehen möchte:

Zunächst einmal: die Beratung der Kommunen. Sie brauchen in allen Fragen rund um die Energiewende Beratung und Unterstützung durch das Land. Dafür braucht es natürlich auch Einrichtungen, die das leisten können. Wir haben im Land einen Beratungsbedarf von immerhin 113 Städten und 270 amtsangehörigen Kommunen. Aktuell ist diese Aufgabe von der Beratungsstelle für erneuerbare Energien bei der Energieagentur zu erfüllen. Dort sind aber gerade einmal zwei Mitarbeiter tätig. Nur zwei Mitarbeiter stehen dafür zur Verfügung! Das können Sie in der Antwort auf meine Kleine Anfrage nachlesen. Insgesamt hat die Energieagentur zehn Mitarbeiter.

Die finanzielle Ausstattung dieser Agentur liegt bei knapp einer Million Euro. Im Jahr 2022 wurden mit dieser einen Million - ich will es Ihnen nicht vorenthalten - 58 Beratungen mit Kommunen und Landkreisen, zwei Veranstaltungen für Kommunen zum Energiesteckbrief - ungefähr 60 Teilnehmer waren da - und zwei Veranstaltungen bezüglich Wärmelösungen mit insgesamt 113 Teilnehmern durchgeführt.

Wenn man in die anderen Bundesländer blickt - ein Vergleich lohnt sich -, ergibt sich folgendes Bild: Sachsen-Anhalt bezuschusst seine Landesenergieagentur mit rund 2,2 Millionen Euro und finanziert damit 18 Stellen. Die Thüringer Energieagentur hat mehr als 20 Stellen zur Verfügung und bekommt vom Freistaat zusätzlich 3,5 Millionen Euro für Veranstaltungen zum Thema Energiewende. Die Sächsische Energieagentur wird mit rund 2,4 Millionen Euro vom Land institutionell gefördert, erhält aber auch weitere, projektbezogene Zuschüsse vom Land. Wenn man aus diesem Vergleich das Fazit zieht, stellt man fest, dass alle anderen ostdeutschen Flächenländer mehr Finanzmittel für die Beratung der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger bereitstellen.

Ich möchte an dieser Stelle auch anmerken: Wir dürfen nicht vergessen, dass der Beratungsbedarf steigen wird. Wir sind ja erst am Anfang der Wärmeplanung, und das Gebäudeenergieeffizienzgesetz kommt noch hinzu. An dieser Stelle ein Denkansatz von mir: Vielleicht sollte man auch einmal darüber nachdenken, wie man die Energieagentur aus dem Schatten der WFBB herausholen und ihr einen eigenständigen Status geben kann.

(Beifall DIE LINKE)

Dieser Punkt - Beratung - ist also ausbaufähig.

Zweiter Punkt: finanzielle Beteiligung von Kommunen. Das EEG ermöglicht in § 22 Abs. 6 ausdrücklich eine weitgehende landesrechtliche Regelung zur Bürgerbeteiligung und zur Steigerung der Akzeptanz für den Bau von neuen Anlagen. Deshalb auch unsere Forderung, eine eigene landesrechtliche Regelung auf den Weg zu bringen, in der unter anderem eine verpflichtende Sonderabgabe an die Kommunen auch für Photovoltaikanlagen festgeschrieben wird - ähnlich, wie wir es schon bei den Windkraftanlagen haben.

(Beifall DIE LINKE)

Möglich wäre auch, kommunale Erneuerbare-Energien-Projekte mit einem Programm zur Absicherung kommunaler Investitionen zu fördern. Dabei könnte man auch durchaus darüber nachdenken, inwieweit das Land nicht Bürgschaften übernehmen sollte.

Ich möchte noch auf ein anderes Problem hinweisen: Die enge Ausgleichsregelung in § 6 stellt für die Kommunen am Rande der Tagebaue Welzow und Jänschwalde eine erhebliche Benachteiligung dar; denn in ihren Gemeindegebieten will die LEAG den durch Wind und Solar erzeugten Strom in die Produktion von Wasserstoff einspeisen, das heißt, dieser Strom wird nicht in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Folge ist: Die Kommunen erhalten keinen Cent! Denn das Gesetz regelt die Beteiligung ausschließlich für Strommengen, die in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Aus diesem Grund ist es dringend geboten, auch hierzu weitere Forderungen an die Bundesregierung zu stellen.

Kommen wir zu Punkt 3: Wie können Bürger besser beteiligt werden? - „Energie in Bürgerhand“ ist ein Schlüssel für die Akzeptanz und auch den Erfolg der Energiewende. In Thüringen ist ein Bürgerenergiefonds eingerichtet worden. Es handelt sich dabei um eine Förderung, um gezielte Unterstützung für Bürgerenergieprojekte aufzubauen. Die Förderung dort bezieht sich ausschließlich auf die Planungsprozesse und die Startphase solcher Projekte. - Das wäre ein Thema.

Thema „vergünstigte Stromtarife“: Das spielt für Bürger eine ganz große, manchmal sogar die entscheidende Rolle. Als Variante oder Alternative dazu könnte man statt vergünstigter Stromtarife auch über eine Direktzahlung nachdenken.

Und es kommt immer wieder die Frage: Können wir den Strom, der vor unserer Nase erzeugt wird, auch selbst nutzen?

(Zuruf von der AfD: Nein!)

Bisher ist das nur in der Gemeinde Feldheim möglich. Die Forderung, diese Möglichkeit zu erweitern, finden Sie ebenfalls in unserem Antrag.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine noch zu prüfende Möglichkeit ist das Thema „Energy Sharing“, welches bei richtiger Ausgestaltung durchaus eine hervorragende Rolle spielen kann. Bürgerinnen und Bürger sowie weitere regionale Akteure können sich vor Ort mit ihren Anlagen sozusagen zusammenschließen und diese gemeinsam betreiben. Damit können sie dann auch den Strom gemeinsam vergünstigt nutzen. Allerdings - das muss man ehrlicherweise auch sagen - gibt es hierbei noch einige Hürden zu meistern. So weist weder das Erneuerbare-Energien-Gesetz noch ein anderes Gesetz bisher eine Regelung dazu auf. Der Bundestag hat lediglich einen Entschließungsantrag auf den Weg gebracht, der einen Prüfauftrag enthält. Ich denke, das sollten wir im Auge behalten und auch positiv begleiten.

Und jetzt der vierte Punkt: frühzeitige Einbeziehung der Bürger. Immer wieder stellen wir in Gesprächen fest, dass viele Menschen eigentlich nichts gegen den Ausbau haben; aber sie wollen rechtzeitig einbezogen werden. Dabei geht es oft um den Standort und die Frage, wie solche Anlagen - das betrifft insbesondere Photovoltaikanlagen - sozusagen strukturiert aufgestellt

werden können. Wir wissen, dass diese Forderung in den Kommunen im Rahmen der Bauleitplanung umgesetzt werden muss; aber auch in den öffentlichen Beteiligungen im Rahmen von Genehmigungsplanungen muss man daran denken.

Ich möchte an der Stelle einmal ein Negativbeispiel nennen, weil das heute in der Presse nachzulesen war. In der „LR“-Ausgabe wird über eine Studie des Leibniz-Instituts für Raumbezogene Sozialforschung berichtet - vielleicht haben Sie es gelesen. Dabei geht es um Untersuchungen, die sich mit den Planungskonflikten rund um den Bau der Tesla-Fabrik beschäftigen. Dass die Standortauswahl nicht öffentlich durchgeführt wurde und die räumliche Wirkung von Großansiedlungen sowie das Tempo der Öffentlichkeitsbeteiligung werden darin kritisiert. Das Fazit dieser Studie sagt: Tesla-Geschwindigkeit ist kein Musterbeispiel an Bürgerbeteiligung. Eher braucht es transparente Genehmigungsverfahren und eine angemessene Zeit bzw. Geschwindigkeit der Verfahren, damit sich auch Bürger weiterhin beteiligen können.

Ich habe in unserem Antrag einige wichtige Punkte aufgezählt. Ich denke, die finanzielle Teilhabe von Kommunen und Bürgerinnen und Bürgern bleibt weiterhin ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz und auch für die lokale Zustimmung. Nur so können wir den Ausbau von erneuerbaren Energien auch vorantreiben. Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Kornmesser das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Projekte zur Nutzung von erneuerbaren Energien wie zum Beispiel Windkraft- oder Solaranlagen eignen sich tatsächlich sehr gut für eine direkte oder indirekte finanzielle Bürgerbeteiligung. Und richtig ist: Bürgerbeteiligung erhöht die Akzeptanz von erneuerbaren Energien bei den Menschen vor Ort. Jeder, der sich daran beteiligt, leistet einen eigenen Beitrag für die Zukunft, und das nicht irgendwo, sondern direkt vor Ort, im eigenen Umfeld. Und vom Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, ganz abgesehen bringt es den Bürgerinnen und Bürgern eine Einnahmequelle.

In meinem Wahlkreis Brandenburg an der Havel gab es in der Vergangenheit bereits solche Projekte, die von den Stadtwerken initiiert wurden. Oder sie luden ihre Kunden ein, sich an Projekten für Energieeffizienz und Klimaschutz in der Stadt zu beteiligen, und legten dazu zwei Bürgerfonds auf. Auch bundesweit gibt es bereits zahlreiche Modelle der Bürgerbeteiligung, von der einfachsten Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts über Aktiengesellschaften und Energiegenossenschaften bis hin zu ganz komplexen Finanzprodukten. Welche Art der Beteiligung letztendlich angewendet wird, hängt maßgeblich von den jeweiligen konkreten Vorhaben und den Rahmenbedingungen vor Ort ab. Es ist in der Tat auch unsere Aufgabe hier im Landtag Brandenburg, die Rahmenbedingungen für aktive Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, aber auch Kommunen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien positiv zu gestalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wirtschaftsministerium arbeitet bereits aktiv an vielen im vorliegenden Antrag aufgeführten Punkten. Ich möchte auf einige ganz konkret eingehen: So steht die Landesregierung einem Gesetz zu einer verpflichtenden Sonderabgabe bei PV-Freiflächenanlagen positiv gegenüber und setzte sich bereits für eine bundeseinheitliche verpflichtende Lösung durch die Anpassung von § 6 des EEG ein.

(Beifall SPD)

Zum Punkt Erarbeitung von Unterstützungsangeboten, damit Kommunen und Landkreise eigene Wind- und Solarparks errichten können: Ein gemeinsamer Erlass des damaligen MWE und des MIK unterstützt und fordert Kommunen explizit dazu auf, selbst verstärkt in Energiemaßnahmen sowie in erneuerbare Energien zu investieren. Der Erlass ermöglicht Kommunalkredite zur Realisierung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie und legt dar, dass auch Kommunen mit einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept sowie Kommunen in der vorläufigen Haushaltsführung diese Möglichkeit der Kreditfinanzierung in Anspruch nehmen können. Darüber hinaus erzielen die Kommunen auch über das Brandenburger Windabgabengesetz finanzielle Mittel, die sie selbst zur Realisierung eigener Projekte einsetzen können.

Zur Einrichtung flächendeckender Beratungsstellen zur Solarenergie für Kommunen und Brandenburger: In Brandenburg existiert bereits eine flächendeckende Beratung - für Kommunen durch die Energieagentur Brandenburg und für Bürger durch die Verbraucherzentralen. Sie machen wirklich einen guten Job. Aus meiner Sicht hinkt der Vergleich mit Sachsen, denn Sachsen hat erheblich mehr Einwohner als wir und viel mehr kommunale Institutionen.

Die Idee zur Einrichtung einer Solardachbörse zur Vermittlung von Dachflächen zur Nutzung bzw. Vermietung für PV nach dem Vorbild Berlins ist grundsätzlich gut. Allerdings muss, bevor die Einführung eines solchen Konzepts in Erwägung gezogen wird, die Berliner Solardachbörse im Hinblick auf ihren Erfolg betrachtet werden. Und da das Konzept in Berlin erst im Jahr 2022 eingeführt wurde, liegen leider noch keine Ergebnisse zum Erfolg vor. Hier sollte die tatsächliche Entwicklung abgewartet werden, aber ich finde es wichtig, dass wir genau dieses Projekt im Blick haben und, wenn es positiv umgesetzt wurde, auch in diese Richtung agieren.

Die Bereitstellung von zusätzlichem Personal für die Beratungsstellen zu erneuerbaren Energien kann geprüft werden, ist jedoch maßgeblich vom Arbeitsaufkommen, also den Anfragen bei der Beratungsstelle abhängig. Dieser Punkt wurde bereits in der 35. Sitzung des AWAE am 15. Februar dieses Jahres erörtert.

Zur Forderung, sich auf Bundesebene für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Stromeigenverbrauch durch Bürgerenergiegenossenschaften einzusetzen, ist festzustellen, dass die Regierung des Landes Brandenburg sich ohnehin bereits aktiv für die regionale Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien einsetzt und das auch eine Herzensangelegenheit insbesondere unseres Ministers ist.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Auch für die faire Verteilung der Verteilnetzentgelte setzt sich die Landesregierung bereits mit Nachdruck ein - zuletzt gemeinsam mit den norddeutschen und ostdeutschen Ländern im Rahmen der MPK am 15. Juni dieses Jahres.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Zur Berichtspflicht zum Stand der Umsetzung gegenüber dem AWAE bis zum vierten Quartal dieses Jahres ist festzustellen, dass die vorgeschlagene Frist für eine Berichtspflicht, insbesondere für die Maßnahmen, die derzeit noch nicht umgesetzt oder in Umsetzung sind, einfach nicht realistisch ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass viele der im Antrag angesprochenen Sachverhalte bereits in Bearbeitung sind. Aus unserer Sicht ist der Antrag daher entbehrlich, und wir lehnen ihn ab. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Das Wort geht an Herrn Abgeordneten Drenske für die AfD-Fraktion.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen!