Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

Es wird auch niemals einen Umbau der Berliner S-Bahn auf eine andere Art der Stromversorgung geben; denn die Kosten dafür wurden bereits 1994 auf über 10 Milliarden DM geschätzt. Daher ist Ihre Idee weitestgehend nicht umsetzbar.

Was Ihren zweiten Antrag angeht, sind wir darin, dass eine Notwendigkeit zur Schaffung weiterer SPNV-Verbindungen als Querverbindungen zwischen den bisherigen Hauptschienentrassen besteht, durchaus einer Meinung. Diese müssten sorgfältig anhand ihres Nachfragepotentials ausgewählt werden.

Es wäre aus unserer Sicht jedoch unverantwortbar, den Fokus schwerpunktmäßig und stark übergewichtet fast nur noch auf SPNV-Verbindungen zu richten. Vielmehr muss wesentlich mehr Geld aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes in den Ausbau und den Umbau des straßengebundenen kommunalen ÖPNV fließen, um den Menschen aus der Weite Brandenburgs überhaupt erst einmal Zugang zu den SPNV-Haltepunkten zu ermöglichen.

Daher ist es aus unserer Sicht geboten, zu beiden Anträgen eine Ablehnung auszusprechen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. - Frau Abgeordnete Walter-Mundt gibt ihre Rede zu Protokoll.

(Beifall CDU)

Damit entfällt auch die Rede von Herrn Abgeordneten Brüning.

Wir fahren in der Redeliste mit Frau Vandre für die Fraktion DIE LINKE fort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin zwar nicht die verkehrspolitische Sprecherin meiner Fraktion, aber ich verfolge natürlich als Mitglied des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung sehr aufmerksam die Debatten, die wir dort regelmäßig führen, und beteilige mich auch an diesen.

Herr Dr. Zeschmann, ich muss Ihnen leider sagen: Die verkehrspolitischen Anträge Ihrer Fraktion funktionieren scheinbar

(Vida [BVB/FW]: Scheinbar!)

immer nach zwei Prinzipien, die wir auch hier zur Anwendung kommen sehen, nämlich zum einen nach dem Prinzip „Wünsch dir was!“ und zum anderen nach dem Prinzip „Copy and Paste“. Verkehrliche und politische Sinnhaftigkeit der Forderungen, technische oder rechtliche Rahmenbedingungen spielen dagegen offensichtlich eine eher untergeordnete Rolle.

(Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Die heutige Debatte beinhaltet beides: Der Antrag zu den RegioS-Bahnen folgt dem Prinzip Copy and Paste und ist dazu noch schlecht gemacht, und der Reaktivierungsantrag ist eher ein Wünsch-dir-was-Antrag.

Kommen wir zunächst zum Antrag zu den Regio-S-Bahnen. Herr Rüter hat es bereits erwähnt: Die Idee ist vom Bündnis Schiene

Berlin-Brandenburg abgekupfert. Diesem Bündnis gehören zahlreiche Organisationen an, die sich in unserer Region für die Verkehrswende engagieren. An dieser Stelle richte ich einen Dank an die ehrenamtlich Aktiven in diesem Bündnis, die sehr viel Engagement und Expertise vereinen

(Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und B90/GRÜNE)

und dabei viele wichtige und beachtenswerte Vorschläge und Hinweise formuliert haben.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde gern erst weiter ausführen, Herr Vida.

Und danach die Zwischenfrage, ja?

Das alles heißt aber nicht, dass jede Idee aus den Reihen des Bündnisses den allein seligmachenden Weg zur Verkehrswende darstellt, sondern es ist im Gegenteil eher so, dass insbesondere der Vorschlag zur Einführung von Regio-S-Bahnen auch innerhalb des Bündnisses durchaus umstritten ist. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Auf ein paar wurde bereits eingegangen.

Erstens. Die Regio-S-Bahn gibt es in der Regel in und um kleinere Großstädte, wo keine normalen S-Bahn-Systeme existieren. Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg verfügt allerdings über ein umfangreiches S-Bahn-Netz, das auch das Berliner Umland erschließt und weiter ausgebaut wird, beispielsweise mit den Verlängerungen nach Falkensee, Velten oder Stahnsdorf.

Zweitens. Die von BVB / FREIE WÄHLER geforderte Differenzierung der Verkehrsformen auf der Schiene existiert bereits. Wir haben Regionalexpresslinien, die auf langer Strecke zügige Verbindungen schaffen. Wir haben Regionalbahnlinien, die die Region mit Haltepunkten engmaschig erschließen, und wir haben S-Bahn-Linien, die für ein noch dichteres Erschließungsnetz auch auf den Außenästen Berlins führen.

Schauen wir uns doch einmal die Netzkarte des VBB an. Ein Beispiel: Die RB 23 fährt zwischen Potsdam und dem Flughafen BER, fährt zwischen Potsdam Hauptbahnhof und Berlin Ostkreuz auf derselben Strecke wie der RE 1 und bedient außerhalb Berlins zusätzliche Stationen wie Park Sanssouci, Charlottenhof oder Griebnitzsee. Weitere Beispiele für dieses Schema sind die Regionalbahnen 10, 12, 14 und 24.

Außerdem wurde bereits gesagt, dass die Schienenachsen innerhalb Berlins schon heute überlastet sind. Selbst das Bündnis Schiene - ich betone es hier noch einmal - hat auf die Überlastung der Stadtbahn hingewiesen und Vorschläge gemacht, wie damit umzugehen ist. Das bedeutet nicht, zusätzliche Regio-SBahnen einzusetzen. Sie sagen vielmehr: Wir brauchen keine

zusätzlichen Züge, sondern wir müssen die vorhandenen Kapazitäten etwa durch Bahnsteigverlängerungen ausnutzen.

(Beifall des Abgeordneten Rüter [SPD])

Fazit: Regio-S-Bahnen erscheinen uns nicht als geeignetes Mittel, um die Herausforderungen im Schienenverkehr zu bewältigen.

Ich muss Sie noch einmal fragen, Herr Dr. Zeschmann: Wo in Ihrem Antrag steht eigentlich die vorgeschlagene Lösung, wie der Verkehr zwischen den Schienenachsen zu organisieren ist? Das kommt in dem ersten Antrag überhaupt nicht vor; dazu gibt es in dem Antrag gar keine Antwort. Das müssten Sie mir bei Gelegenheit bitte einmal zeigen. Ansonsten passt Ihre Rede überhaupt nicht zu dem, was sich im Antrag wiederfindet.

Kommen wir noch kurz zur Streckenreaktivierung. Herzlichen Glückwunsch, Herr Dr. Zeschmann, das Thema Reaktivierung haben Sie jetzt auch für sich entdeckt, nachdem meine Kollegen Herr Görke und Herr Büttner seit ungefähr vier Jahren den Ausschuss regelmäßig mit der Aufgabe beehren, sich eine Streckenschließung nach der anderen dahin gehend anzuschauen, welche Öffnungen zukünftig möglich wären.

Von daher finde ich es unverständlich, dass Sie in Ihrem Antrag Strecken einbringen und dabei sogar hinter dem zurückbleiben, was die Landesregierung - wenn auch nicht wirklich ambitioniert - voranbringt. Um ein Beispiel zu nennen: In der Fachwelt herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass man die Ketziner Bahn, die Wriezener Bahn, die Buckower Bahn reaktivieren sollte. Aber darauf gehen Sie nicht wirklich ein. Das taucht bei Ihnen nicht richtig auf.

Als einzigen zu reaktivierenden Haltepunkt nennen Sie Schönwalde - Glien/Bötzow. Selbst die Landesregierung sagt in Ihrem Nahverkehrsplan: Wir haben 15 potenzielle Reaktivierungsstationen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Mir erschließt sich Ihr Antrag überhaupt nicht. Deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Frau Abgeordnete Vandre, ich habe Sie so verstanden, dass Sie eine Zwischenfrage zulassen wollten, aber im Anschluss an die Rede. War das richtig? - Herr Abgeordneter Vida, bitte.

Vielen Dank, Frau Vandre. - Sie haben uns ja vorgeworfen, „Wünsch dir was“ zu machen. Ich rekapituliere kurz: Bei der Linie RB 63, Joachimsthal - Templin, gab es eine von den Freien Wählern und den Linken im Barnim unterstützte Petition zum Erhalt der Linie. Nachdem diese nicht erfolgreich war, wurde im Kreistag Barnim auf Antrag von Linke und Freien Wählern eine Resolution beschlossen, den Landtag zum Erhalt aufzufordern. Nachdem das nicht erfolgreich war, gab es einen gemeinsamen An-

trag von Linken und Freien Wählern hier im Landtag zum Erhalt der Linie und, nachdem das nicht erfolgreich war, einen gemeinsamen Beschluss - ich glaube, einstimmig - im Kreistag, eine eigene Machbarkeitsstudie durchzuführen.

(Münschke [AfD]: Noch ein bisschen schneller, bitte!)

Fällt das auch in die Kategorie „Wünsch dir was“?

Das Gleiche bei der RB 73/74: Die Linken in der Prignitz haben zusammen mit dem Bürgermeister Meyenburgs, Freie Wähler, den Erhalt der Linie gefordert. Ist das auch die Kategorie „Wünsch dir was“?

Die zweite Frage: Sie haben gerade kritisiert, wir blieben hinter dem LNVP zurück. Haben Sie den Antrag richtig gelesen und somit erfasst, dass wir gesagt haben: „Die im LNVP vorgesehenen Linien sollen reaktiviert werden - plus darüber hinaus die von den Experten geforderten weiteren Linien“, sodass Ihr Vorwurf, wir würden dahinter zurückbleiben, doch nicht zutreffend ist? Können Sie das vielleicht richtigstellen?

Bitte schön.

Herr Vida, ich beginne mit der ersten Frage. Ausnahmen bestätigen die Regel.

(Lachen bei der AfD)

Bei den erstgenannten Anträgen waren wir dabei, um sie weiterzuentwickeln.

Natürlich sind unsere Zielstellungen in Bezug auf die RB 63 und die RB 73 nach wie vor richtig, und wir werden uns auf jeden Fall weiter dafür einsetzen.

Was die zweite Frage anbelangt: Ich habe den Antrag so interpretiert, dass Sie eine zusätzliche Haltestelle haben wollen und auf die anderen nicht eingegangen sind. -