Herr Cramer! Hören Sie doch wenigstens einmal einen Moment zu! Hier läuft doch das Übliche ab, PDS und Grüne Arm in Arm. Man kann nur sagen: Naht Ihr euch wieder, schwankende Gestalten! – Immer dasselbe, das haben wir alles schon gehabt. Die PDS ist auf einmal Anwalt der Bürgerinteressen und der Bürgerbeteiligung.
Donnerwetter! Aber nun doch mal ehrlich, liebe Kollegen – die Bürgebeteiligung ist Ihnen doch eigentlich völlig egal. Sie wollen doch vielmehr Sand ins Getriebe streuen, Sie wollen die Flughafenplanung verhindern, Sie wollen, dass der Flughafen nicht kommt, Sie wollen keine Arbeitsplätze an diesem Flughafen für die Berlinerinnen und Berliner. Das ist Ihr Ziel, und das versuchen Sie mit allen möglichen Verfahrenstricks und allen möglichen Initiativen hier zu erreichen. Aber dafür werden wir Ihnen die Hand nicht reichen,
Es gibt wohl kaum ein anderes Planungsrecht, Frau Matuschek – das darf ich Ihnen vielleicht noch einmal sagen, weil Sie hier so von „Bürgerfreundlichkeit“ reden –, das so bürgerfreundlich ist wie das deutsche. Man könnte sogar sagen, es ist bürgerfreundlich, aber investitionsfeindlich. Dass wir überhaupt noch eine Maßnahme bei diesen planungsrechtlichen Vorgaben zustande bekommen, grenzt schon an ein Wunder.
Manches erinnert auch mehr an ein Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte und Ingenieurbüros als an vernünftige Maßgaben. Da wäre auf Bundesebene einmal eine Entschlackung und eine Straffung des Rechts notwendig, damit solche Vorhaben künftig beschleunigt ablaufen können.
Ein Mangel jedenfalls an Bürgerbeteiligung ist hier in keiner Weise festzustellen. Dass es nun 49 Aktenordner sind, schmälert dieses Recht auch nicht. Beim Sachsendamm waren es auch in etwa so viele Ordner. Man könnte das auch noch aufbauschen, indem man die Akten in Metern misst. Aber wenn es nur ein Aktenordner gewesen wäre, hätten Sie gesagt: Das ist doch keine vernünftige Planung! – Damit hätten Sie auch Recht gehabt, denn es ist ein komplexes Verfahren. Insofern ist natürlich der Umfang der Unterlagen relativ groß. Was möchten Sie denn eigentlich? Soll die Verwaltung die Einwendungen der Bürger vielleicht noch vorformulieren, damit man sie nur ankreuzen
und unterschreiben muss? Dieser Mühe muss man sich doch schon unterziehen, die Unterlagen selbst zu sichten und zu prüfen, wo die eigenen Rechte eventuell beeinträchtigt sind und man Einwendungen erheben will. Ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit, in irgendeiner Art und Weise in das gesetzlich vorgegebene Verfahren einzugreifen und hier Sonderregelungen a` la PDS zu schaffen. Wir haben einen Rechtsstaat und Gesetze, und das ist auch völlig ausreichend.
Nun möchte ich auf den Flughafen Tempelhof zu sprechen kommen. Es ist immer wieder originell, dass manche offenbar Textbausteine in ihrem Computer haben, so dass bei bestimmten Anträgen immer nur das Datum ausgewechselt werden muss und dann neu herauskommt. Von den Grünen weiß man, dass sie keinen neuen Themen haben, und die Themen, die Sie haben, sind auch immer nur negative Themen. Sie wollen Flughäfen schließen, Sie wollen den Transrapid nicht bauen, Sie wollen die U 5 nicht bauen, Sie wollen auch die Eisenbahnverbindung nach München nicht bauen. Sie wollen nicht, Sie wollen nicht, Sie wollen ablehnen, Sie wollen abbauen, Sie wollen schließen und einstellen. Das ist Ihre negative Einstellung!
Das kennzeichnet Ihre ganze Verkehrspolitik, die Sie auch auf Bundesebene betreiben: abbauen, abschaffen, einstellen. Die Quittung durch den Wähler bekommen Sie jetzt regelmäßig, denn kein Mensch in dieser Republik will immer nur negative Themen auf den Tisch bekommen und hören, was alles nicht geht und was man nicht machen will, sondern die Leute wollen wissen, wie es vorangeht, was man an positiven Entscheidungen treffen kann.
Jedenfalls mit der Forderung nach Schließung von Tempelhof und unrealistischen Zahlen, nach dem Motto: Wir machen erst einmal nächsten Monat zu! –, als würde es sich um eine Würstchenbude handeln und nicht um einen Flughafen, wird eine völlig populistische Einstellung offenbart. Und sie sind nicht mal populistisch. Die Bürger in Neukölln und in Tempelhof haben sich in Umfragen ganz deutlich für den Erhalt des Flughafens Tempelhof ausgesprochen.
Ja, Herr Präsident! – Mit Ihrer populistischen Nummer kommen Sie nicht einmal dort zu einem Wahlerfolg.
Deshalb sind uns der wirtschaftliche Erfolg dieser Stadt, die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortqualität wichtig und deswegen:Voran mit dem Großflughafen Schönefeld! Und bis 2007, bis dieser Flughafen fertig ist – davon gehe ich aus –, brauchen wir den Flughafen Tempelhof als Cityairport, als Ausweichmöglichkeit für die Airlines, damit der Luftfahrtstandort Berlin nicht vor die Hunde geht. Wir werden uns von Ihnen da auch nicht Sand ins Getriebe streuen lassen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kaczmarek! Das war ja nun wirklich ein Misstrauensvotum gegen den Regierenden Bürgermeister Ihrer eigenen Partei.
Bekanntermaßen haben im Mai 1996 die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg und die Bundesregierung einen Konsensbeschluss gefasst, in dem es einen Single-Airport Schönefeld geben soll und in dem verbindlich –
Jetzt fängt der schon wieder an zu grölen. – festgelegt ist, dass Tempelhof und Tegel geschlossen werden. Dieser Konsensbeschluss trägt die Unterschrift des Regierenden Bürgermeisters und des Ministerpräsidenten von Brandenburg, Herrn Stolpe, und des damaligen CDU-Verkehrsministers Wissmann. Das sind die Fakten. Und, Herr Kaczmarek, Sie haben gerade diejenigen, die Sie daran erinnern, des Populismus bezichtigt. Ich kann nur sagen: Sie sind nicht vertragstreu. Der Regierende Bürgermeister redet anders als er handelt. Er unterschreibt Dinge, die er nicht einhalten will.
Und ärgerlich ist ihr Verhalten auch deshalb, weil wir bei dieser hoch sensiblen Frage eine breite Mehrheit für den Singlestandort in Schönefeld hier im Parlament und ebenfalls in der Bevölkerung haben. Diese Mehrheit kam auch dadurch zustande, weil der Flughafenstandort mit dem Schließen von Tempelhof und Tegel verknüpft war. Und jetzt sagen Sie uns: Tempelhof kann man nicht so von heute auf morgen schließen. Da haben Sie völlig Recht. Ich möchte aber doch daran erinnern, dass die BFG – die Berliner Flughafengesellschaft – bereits am 29. Dezember 1997 den Antrag gestellt hat, weil die Fristen so lang sind, Tempelhof im Jahr 2002 zu schließen. Und genau das ist doch der Punkt. Wir Bündnis 90/Die Grünen unterstützen diesen Konsensbeschluss und auch den Schließungsbeschluss für Tempelhof in 2002. Wir wollen nicht, dass der Senat ihn aussitzt, und fordern zum wiederholten Male – und Herr Borghorst wird mir bestimmt zustimmen –, dass nun auch der Senat in die Puschen kommt und ebenfalls den Antrag der BBF unterstützt, Tempelhof im Jahr 2002 zu schließen.
Das sagen Sie immer. Ich frage den Regierenden Bürgermeister – und Herr Kähne, Sie kennen sich da auch bestens aus. Warum äußern Sie sich eigentlich nicht dazu, dass permanent von Mitgliedern der Landesregierung, von Mitgliedern Ihrer Partei, auch im Parlament, immer wieder der Konsensbeschluss in Frage gestellt wird so als könnte der Bürgermeister heute unterschreiben und morgen das Gegenteil tun?
Melden Sie sich doch mal öffentlich zu Wort, dann hätten Sie wenigstens Klarheit in Ihrer eigenen Fraktion.
Herr Präsident! Noch habe ich Rederecht an diesem Pult, und das nehme ich in Anspruch. Herr Kähne kann sich melden. Sie wissen, der Senat hat jederzeit das Recht, sich hier zu Wort zu melden. Soll er das doch tun, wenn hier das Gegenteil von dem behauptet wird, was er beschlossen hat.
Jetzt zu dem Antrag mit der Planfeststellung für Schönefeld: Weil es so ist, dass breite Teile und große Mehrheiten in der Bevölkerung und hier im Parlament dafür sind, können Sie doch nicht die größte Investitionsentscheidung im Land Berlin-Brandenburg für den Single-Airport in Schönefeld, so behandeln als würde eine Straßenbahn um 100 m verlängert. Deshalb fordern wir Sie auf: Schaffen Sie doch Vertrauen in der Bevölkerung. Sie haben die Planung vorgelegt. Dass man die 49 Aktenordner nicht in Eile durchsehen kann, ist nachvollziehbar. Ich bin davon überzeugt, dass eine Ausweitung der Auslegungsfristen die richtige Antwort ist, für Berlin und Brandenburg in Schönefeld einen Single-Airport zu errichten und die anderen beiden Flughäfen zu schließen. Deshalb unterstützen wir den PDS-Antrag und fordern Sie auf, das ebenfalls zu tun, damit hier eine breite Debatte
über die richtige Entscheidung stattfindet. An diesem Punkt – nicht an der Frage der Größe – werden wir Sie unterstützen. Schaffen Sie hier nicht Differenzen, die nicht vorhanden sind.
Mein letzter Punkt an die PDS: Natürlich ist es richtig, die Forderungen nach breiter Debatte in der Bevölkerung auch an die Regierung, auch an den Staat zu richten. Aber richten Sie sie auch an die Verbände, an die Umweltverbände, an die Institutionen dieser Stadt, hier durch Veranstaltungen mitzuhelfen, mitzudiskutieren in der Öffentlichkeit über die Frage der Flugverkehrspolitik in Berlin und Brandenburg. Denn eines wollen auch wir: Wir wollen die internationale Anbindung dieser Stadt und dieser Region, aber nicht mit Größenwahnsinn, sondern mit Augenmaß. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte ist ja etwas verwirrend. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass dieses ganze Planungsverfahren für Schönefeld jetzt urplötzlich mit der Veröffentlichung der Auslegungsankündigung aufgetaucht ist, vorher niemand etwas davon gehört hat, keiner die Unterlagen gesehen hat, und jetzt also überrascht feststellt: Mein Gott, da kommt ein großes Vorhaben. Und jetzt hat man nur einen Monat Zeit, sich die Unterlagen anzusehen. Das ist natürlich absolut lächerlich, weil es so nicht ist. Sie wissen ganz genau, dass bei wenigen Vorhaben so umfangreich bereits im Vorfeld informiert worden ist wie bei diesem Flughafenprojekt. Sie haben genug Leute, Frau Matuschek, in Ihren eigenen Reihen, die bei den entsprechenden Bürgerinitiativen tätig sind und Ihnen vielleicht, falls Sie das noch nicht mitbekommen haben, mitteilen, wann bereits welche Unterlagen an die Bürgerinitiativen ausgehändigt worden sind, was die Flughafengesellschaft alles unternommen hat, um bereits im Vorfeld vorgezogene Bürgerbeteiligung vor der Planfeststellung zu machen. Sie sind im Bus herumgefahren über die Dörfer. Dort konnten sich das alle ansehen. Sie können mir doch nicht allen Ernstes erzählen, Sie glauben, dass sich die Leute diese Unterlagen angucken und dann feststellen, oh, jetzt muss ich aber Einwendungen erheben. Die sind doch alle längst fertig geschrieben. interjection: [Zuruf der Frau Abg. Matuschek (PDS)]
Und ich denke, es ist das gute Recht der Menschen dort, ihre Einwendungen geltend zu machen. Aber hier jetzt mit fadenscheinigen Begründungen zu kommen, wir müssten jetzt die Einwendungs- und die Ansichtsfrist verlängern, weil nur so gewährleistet sei, dass sie sich informieren, ist nun wirklich scheinheilig. Da kann ich mich dem Kollegen Kaczmarek anschließen. Das zielt nur darauf ab, Sand ins Getriebe zu streuen und dieses Flughafenprojekt zum Scheitern zu bringen. Das machen wir nicht mit. [Beifall bei der SPD und der CDU]
Wir wollen dieses 6-Milliarden-Projekt für Berlin und Brandenburg realisieren. Daran werden auch Sie uns nicht hindern – auch nicht, wenn Sie in schönem Schulterschluss mit der brandenburgischen PDS-Fraktion gleich lautende Anträge in beiden Landesparlamenten einbringen. Ich finde es schön, dass Sie jetzt die Fusion vorwegnehmen wollen,
indem Sie uns parallel mit den gleichen Themen beschäftigen. Es wäre noch schöner, wenn Sie das vielleicht auf andere Themen, mit denen wir weiterkommen, verlagern würden. Aber auf jeden Fall werden wir diesem Antrag so nicht zustimmen.