Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Sen Dr. Stölzl

politischen –, sondern dies mit allen Beteiligten – das ist der Bund, die Bundesregierung und das Parlament, das sind die Bezirke, das Land Berlin und die Sinti und Roma – in aller Ruhe zu besprechen und auch mit der Bundesstiftung, die dies auf ihre Agenda gesetzt hat, das Gespräch zu führen. – Ich glaube, einen bösen oder schlechten Willen zu unterstellen, geht tatsächlich an der Verantwortung des Senats vorbei, und ich darf hinzufügen: Ich bin hier nicht der Kulturhistoriker früherer Senate, aber es gibt nach der Aktenlage keinen Beschluss des Senates und insofern auch kein gebrochenes Versprechen.

[Wieland (Grüne): Wer war der Archivar?]

Das Wort hat der Abgeordnete Schlede zu seiner Mündlichen Anfrage über

5. Klassen an Gymnasien zum Schuljahr 2000/2001

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie ist das Verhältnis von Anmeldungen und Aufnahmen für die 5. Klassen einschließlich der Expresszüge an Gymnasien zum Schuljahr 2000/2001?

2. Ist der Senat bereit, im Rahmen des Platzkontingents einen überbezirklichen Ausgleich vorzunehmen?

Zur Beantwortung hat Herr Senator Böger das Wort – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schlede! Am letzten Tag des Anmeldezeitraums lagen für die 5. Klassen an den öffentlichen Gymnasien 3 295 Anmeldungen vor, davon 1 316 für Expresszüge und 1 979 für Gymnasien ab Klasse 5 – das macht zusammen 3 295 Anmeldungen. Dem stand die Kapazität von ca. 1 850 Plätzen gegenüber, so dass auf 100 Schülerplätze etwa 177 Anmeldungen kamen.

Zu Ihrer Frage 2: Die Einrichtung des kommenden Schuljahres wird auf der Grundlage der erteilten Genehmigungen vorgenommen, d. h. dass es an keinem Standort mit 5. Gymnasialklassen mehr als die bewilligte Klassenzahl geben wird. Bei der Anmeldung für das Schuljahr 2001/2002 wird der Senat auf die Bezirksämter als die für die Schüleraufnahme verantwortlichen Schulträger Einfluss nehmen mit dem Ziel, rechtzeitig einen Abgleich der Schüleranmeldungen untereinander vorzunehmen und Schüler möglichst so umzulenken, dass alle verfügbaren Kapazitäten genutzt werden.

Ich weiß, Herr Abgeordneter, dass Sie auf einen Vorgang in einer Schule im Bezirk Prenzlauer Berg anspielen, die Plätze nicht ausreichend belegen konnte. Ich möchte darauf hinweisen, dass nach unseren Recherchen der Bezirk als äußerer Schulträger nicht zu einem Abgleich bereit war und dass wir darüber hinaus auf Grund der gesetztlichen Regelungen – auch der Mitwirkung – in diesem Zeitraum nicht rechtzeitig reagieren konnten.

Herr Schlede, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator Böger! Halten Sie es nicht doch für sinnvoller, kurzfristig ein Genehmigungsschreiben zu ändern bzw. sich mit dem Bezirk als Schulträger auseinanderzusetzen, statt über Jahre mehr als 30 Schüler von Hohenschönhausen nach Prenzlauer Berg pendeln zu lassen?

Herr Senator, bitte!

Herr Abgeordneter Schlede! Ich halte es immer für sinnvoll, mit den Bezirken zu reden. Das sind manchmal sehr schwie

rige Gespräche, doch neigen wir und auch ich persönlich zu mehr Flexibilität in vielen Fragen. Man muss sich immer klarmachen, dass wir hinsichtlich der äußeren Schulaufsicht überhaupt keine Rechte haben, und wenn Bezirke dort störrisch sind, können Sie nicht so flexibel handeln. Im Übrigen muss ich Sie darauf hinweisen, dass nahezu alle Fragen – wie Sie sehr genau wissen – durch Mitwirkungsgremien genehmigt werden, so dass in diesem Fall nach meiner Einschätzung keine Möglichkeit bleibt. Bei allem Respekt vor der Entfernung zwischen Hohenschönhausen und Prenzlauer Berg: Wir leben in einem Stadtstaat, und in einem Flächenstaat gilt es sicherlich ganz andere Distanzen zu überwinden, wenn man den Kindern die entsprechende und jeweils gewünschte Ausbildung ermöglichen will. Ich halte dies zwar nicht für angenehm, aber ich halte es für zumutbar.

Noch eine Zusatzfrage des Fragestellers? – Bitte!

Ich frage doch noch einmal nach: Meinen Sie, dass Sie Eltern verständlich machen können, dass auf Grund der Tatsache, dass der Landesschulbeirat nicht bereit ist, noch ein weiteres Mal vor den Ferien zu tagen, ihre Kinder nun nach Prenzlauer Berg geschickt werden müssen – ich sage ausdrücklich: über Jahre, denn von der 5. bis zur 12. oder 13. Klasse –, statt ihnen die Möglichkeit zu bieten, im näheren Umfeld eine Schule besuchen zu können? Ich bin der Auffassung, dieses ist Eltern nicht sinnvoll klar zu machen.

Herr Senator, bitte!

Herr Abgeordneter Schlede! Ich bin leider nicht in der Lage, den Tagungsrhythmus des Landesschulbeirates entscheidend zu beeinflussen. Ich wünschte mir in vielen Bereichen eine höhere Flexibilität. Es tut mir leid, ich kann Ihnen in der Sache keine andere Auskunft geben.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Thieme-Duske, bitte sehr! – Frau Thieme-Duske! Drücken sie bitte noch einmal den Knopf!

Herr Senator! Sie haben auf die Diskrepanz der Zahl der Anmeldungen für grundständige Klassen an Gymnasien und den freien Kapazitäten hingewiesen. Halten Sie es für möglich und für wahrscheinlich, dass zumindest in den nächsten Jahren durch vermehrte Durchführung von differenzierenden Maßnahmen an den Grundschulen diese Diskrepanz sich dadurch auflöst, dass der Drang in die grundständigen Klassen an den Gymnasien nachlässt?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Thieme-Duske! Das halte ich in der Tat für möglich. Ich glaube, wir müssen in vielen Bereichen deutlich machen, dass in unserem Schulsystem – ich darf einmal so sagen – viele Wege nach Rom führen. Ich meine das jetzt nicht im christlichen – ich muss da vorsichtig sein –, sondern im übertragenen Sinne.

[Heiterkeit bei der PDS und den Grünen]

Es gibt wirklich sehr gute Wege.

Gleichwohl müssen wir zur Kenntnis nehmen, das sage ich mit allem Ernst, dass es einen starken Wunsch bei vielen Eltern gibt, ihre Kinder auf sogenannte grundständige Gymnasien zu schikken. Wir haben das im Senat sehr häufig diskutiert. Mein Kollege Strieder und ich haben uns dafür zwar nicht gerade entschuldigt, aber wir sind auf grundständige Gymnasien gegangen. Berühmte Kollegen wie der Regierende Bürgermeister und der Fraktionsvorsitzende der CDU sind auf normale Gymnasien

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Bm Böger

gegangen, und aus denen ist auch etwas geworden. Vielleicht kann man das als Beispiel nehmen. Es gibt in der Tat viele Möglichkeiten, um in Berlin und anderswo erfolgreich voranzukommen. [Beifall bei der SPD]

Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Richter-Kotowski!

Herr Böger! Hier stellt sich die Frage: Was ist für Sie wichtiger, Bürokratie oder Elternwille?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Kollegin! Auf diese Frage will ich Ihnen gerne antworten. Für mich ist als allgemeines, politisches Ziel die Chancengleichheit sehr wichtig, und für mich ist auch der Elternwille wichtig. Vielleicht helfen Sie mit, dass man eine überbordende Bürokratie in diesem Land abbaut. Ich denke, wir haben dazu demnächst sehr gut die Gelegenheit, nämlich beim Entwurf eines Schulgesetzbuches, mit dem wir einige Verfahren etwas vereinfachen können.

Aber, mit Verlaub, auch in den Gremien laut Schulverfassungsgesetz sitzen nach meiner Kenntnis Menschen, die Eltern und gewählt sind.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Wir kommen damit zur sechsten Mündlichen Anfrage vom Abgeordneten Gaebler über

Engagement der Technologiestiftung Berlin für Projekte des Inno-Regio-Wettbewerbs des Bundesforschungsministeriums

Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Projekte im Rahmen des Inno-Regio-Wettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt die Technologiestiftung Berlin finanziell?

2. In welchen Projekten im Rahmen des Inno-Regio-Wettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist die Technologiestiftung Berlin in Beiräten vertreten?

Zur Beantwortung hat das Wort Herr Senator Branoner, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaebler! Zur Frage 1: Für die einzige prämierte Berliner Initiative Gesundheitsregion Berlin-Buch werden die Technologiestiftung Innovationszentrum Berlin und die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur gemeinsam zu jeweils 50 Prozent die sogenannte Überbrückungsfinanzierung der Projektkoordination übernehmen. Die Bewilligung der Mittel steht unmittelbar bevor.

Gegenstand der auf den 30. Juni diesen Jahres befristeten Phase 2 des Wettbewerbes sind ausschließlich die Entwicklung und erste Konkretisierung von Konzept- und Projektideen. Die Überbrückungsfinanzierung der Projektkoordination stellt insofern eine entscheidende Grundlage für die weitere Teilnahme des Berliner Beitrages am Wettbewerbsverfahren dar. Die Umsetzung von Konzeption und Projekten steht entsprechend den Richtlinien des Bundesforschungsministeriums erst mit Beginn der Phase 3 des Inno-Regio-Wettbewerbs ab

Herbst 2000 an. Die Fragen, die sich dann in den einzelnen Projekten ergeben, hinsichtlich einer Mitfinanzierung von Berlin als eine paritätische Finanzierung des Bundes und Berlin oder als eine Drittelfinanzierung von Industrie, Berlin und Bund, ist dann anhand der konkreten Projekte zu klären.

Zu Frage 2: Die Technologiestiftung Innovationszentrum Berlin ist durch das Biotop-Aktionszentrum Berlin-Brandenburg im Lenkungsgremium der Initiative Gesundheitsregion Berlin-Buch vertreten. Darüber hinaus nimmt das Biotop-Aktionszentrum als Einrichtung der Region Berlin-Brandenburg eine begleitende Beraterfunktion im Zusammenhang mit der Luckenwalder Initiative Anwendungsverbund Biohybridtechnologien wahr, so dass auch hier eine, wenn Sie so wollen, gemeinsame Vertretung Berliner als auch Brandenburger Interessen gegeben ist.

Lassen Sie mich aber ergänzend darauf hinweisen, dass wir uns sehr darum bemüht haben sowohl vom Senat – seinerzeit die Senatsverwaltung für Technologie und auch die Wirtschaftsverwaltung – als auch im Kuratorium der Technologiestiftung Berlin, wie wir die unterschiedlichen Initiativen in den einzelnen Regio-Wettbewerben miteinander kombinieren können. Die Schwierigkeit ist, dass die Wettbewerbsbeiträge keine der Länder oder Kommunen sind, sondern von Privaten, von Institutionen eingereicht werden. Eine der Antworten, die wir gehört haben: Enge Vertraulichkeit und Konkurrentenschutz ist an dieser Stelle vorherrschend, so dass die Wettbewerbsbeiträge einer Jury übergeben werden und diese dann die Beiträge bewertet und man nicht bereits im Vorfeld Dinge über Beiträge preisgeben will, die man selbst erarbeitet hat.

Wir haben dieses nicht transparente Verfahren auch mit dem Bundesforschungsministerium erörtert. Wir haben vor allen Dingen darüber nachgedacht, was die nicht angenommenen Beiträge anbelangt, die in der Größenordnung von 20 bis 30 liegen, konkret aus einer Initiative des DGB ist die Zahl von 24 genannte worden, was wir mit diesen nicht in die weitere Phase eingebrachten Beiträge machen sollen. Ohne Frage gibt es darunter eine Reihe von innovativen Lösungsvorschlägen. Dazu muss man sich überlegen, ob man dafür nicht auch Partner am Markt findet oder ob man sie durch geeignete Instrumente, wie beispielsweise die Kooperation mit Universitäten und Hochschulen, der Berlin-brandenburgischen Wirtschaft oder anderen Institutionen – wir haben rund 250 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen – sinnvolle, vermarktungsfähige Produkte entwickeln kann. Hierzu gibt es zwei Ansätze. Das eine ist die von mir eben genannte Initiative des DGB, das andere ist die Forschungsanstalt Jülich, die vom Bundesforschungsministerium beauftragt wurde, die entsprechende Begleitung und Koordination der Wettbewerbe durchzuführen. Mit beiden Institutionen stehen wir in Kontakt, um das zu erreichen, was ich eben gesagt habe. Wer einen Wettbewerbsbeitrag abliefert und nicht reüssiert, sollte nicht aufgeben, sondern wir sollten dann überlegen, dass wir über die Berliner Projekte oder/und über eine Vernetzung der Berlin-Brandenburger Projekte oder/und über eine Vernetzung der Projekte aus den neuen Bundesländern einschließlich Berlin eine Art von Forschungs- und Entwicklungsverbund parallel zu den Inno-Regio-Wettbewerben des Bundes kreieren können. Auch hieran, glaube ich, gibt es viel Interesse, vor allem auch von Seiten der Finanzierungsinstitutionen.