Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Bitte schön, Herr Kollege Wolf!

Sind Sie überrascht, dass ich Sie lasse, oder warum zögern Sie?

Nein, ich warte nur, bis mein Mikrofon freigegeben ist. Das ist aber jetzt der Fall, wie Sie hören.

Meine Frage ist ganz kurz: Wer hat denn das Vergabeverfahren, das dazu führt, dass die Sanierungsmaßnahme OlympiaStadion und die Modernisierung dieses wichtigen Indentifikationspunktes, jetzt erst einmal in der Warteschliefe ist oder gar scheitert, wer hat dieses Vergabeverfahren in den Sand gesetzt? War das der Senat von Berlin, oder war das die Opposition? [Beifall bei der PDS und den Grünen]

Das Vergabeverfahren ist vom Senat und den Koalitionsfraktionen

[Krüger (PDS): In den Sand gesetzt worden!]

überhaupt nicht in den Sand gesetzt worden. Wenn es um einen Betrag von knapp 600 Millionen DM geht, dann gibt es auch Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Das lässt sich nicht in einer halben Stunde oder in anderthalb Stunden locker vom Hocker entscheiden. So verantwortlich geht die CDU-Fraktion mit dem Thema um – der Senat tut das Gleiche – und ringt um eine Finanzierung, die die öffentliche Hand – und auch das Land Berlin, wenn es um den Bundeszuschuss geht – möglichst frei hält oder teilweise frei hält. Das ist uns beim Bundeszuschuss wegen 100 Millionen DM gelungen, aber wir haben immer die Meinung vertreten: 100 Millionen DM sind ein bisschen wenig bei der Finanzierung. Wenn sich das auch jetzt nicht erhöhen lässt, so ist das ein wesentlicher Beitrag, der für die Finanzierung geleistet wird. Außer Lippenbekenntnissen, die sie auch mit solchen Zwischenfragen abgeben,

[Heiterkeit bei der PDS]

wo Sie vom eigentlichen Thema ablenken, was die Stadt politisch mit dem Olympia-Stadion machen will, kommen Sie wieder auf kleinkarierte Fragen zur Finanzierung zurück.

[Starke Heiterkeit und Klatschen bei der PDS]

Genau! Sie werden es sehen, dass der Senat und mit ihm die Koalitionsfraktionen es schaffen, dass in den nächsten Wochen im Olympia-Stadion Baubeginn ist. Das wird Sie beruhigen! Wir haben den Berlinerinnen und Berlinern garantiert, dass in diesem Jahr Baubeginn ist, und der Baubeginn wird auch sein. Trösten Sie sich! [Beifall bei der CDU]

Er wird auch deswegen sein, weil wir wissen, dass das OlympiaStadion ein wesentliches Spannungsfeld der Interessen hat, insbesondere deswegen, weil es ein wichtiges Wahrzeichen ist. Wir erinnern uns, ich nenne ein paar Spannungsfelder, die auch mit der Finanzierung zusammenhängen – ich rede immer noch zum Thema Finanzierung.

[Ach! von der PDS]

Erstes Spannungsfeld: Neubau eines Fußballstadions oder Sanierung und Modernisierung? Weil das Olympia-Stadion ein Baudenkmal ist und weil wir es so hoch einschätzen, hat die CDU-Fraktion die deutliche Position vertreten, dass wir eine Sanierung und Modernisierung vorziehen. Das hängt auch mit dem Denkmalschutz zusammen, aber wird sind auch in der Verpflichtung gewesen, den Denkmalschutz abzuwägen mit der Forderung in dem Beschluss vom 25. Februar letzten Jahres, dass ein international konkurrenzfähiges, attraktives, modernes Sportstadion geschaffen werden muss, das all den Ansprüchen entspricht, die auch von den Verbänden und Weltverbänden gestellt werden. Hinsichtlich des Außenbereiches waren wir einig, dass wir das historische Erscheinungsbild erhalten wollen. Hinsichtlich des Innenbereichs war die Koalition einig, dort weitestgehend zu versuchen, die Modernität, die Attraktivität und die Internationalität herzustellen. Das ging bis zur Diskussion über Logen, Dach und Dachstützen. Dabei sind Kompromisse erzielt worden, die auf der einen Seite den Denkmalschutz berücksichtigen, auf der anderen Seite auch garantieren, dass wir, wenn das Olympia-Stadion fertig ist, uns mit diesem Stadion international und national sehen lassen können. Welche Bedeutung das Stadion hat, haben wir auch gesagt: Wir haben die Fußball-Weltmeisterschaft vor uns. Anders als für Sie ist das für uns kein schreckliches Ereignis. Wir hoffen sehr, dass wir die Fußball-Weltmeisterschaft am 6. Juli dieses Jahres nach Berlin bekommen.

[Zurufe von der PDS]

Jedermann in unserem Lande weiß doch – deswegen ist die Frage, ob letzte Woche der Spatenstich war oder nächste Woche sein wird, egal: In der Fußballwelt und darüber hinaus in den internationalen Verbänden glaubt jeder: Deutschland und damit Berlin sind in der Lage, innerhalb von 6 Jahren ein Fußballstadion zu sanieren und zu modernisieren.

[Beifall bei der CDU – Doering (PDS): Deutschland vielleicht ja, aber nicht Berlin!]

Doch, Berlin in erster Linie! Sie vielleicht nicht, aber die Koalition ist mit unserem Senat in der Lage, in 6 Jahren mindestens ein Fußballstadion zu sanieren und zu modernisieren.

[Doering (PDS): Gucken Sie sich mal das Poststadion an, was daraus geworden ist!]

Nun seien Sie doch nicht so kribbelig! – Die Dauer der Bauzeit hängt in erster Linie damit zusammen, dass wir uns entschlossen haben, während der Baumaßnahmen den Betrieb weiter laufen zu lassen. Das haben insbesondere die Grünen kritisiert. Die haben gesagt, Hertha BSC kann doch in die Alte Försterei

[Müller-Schoenau (Grüne): So ein Quatsch!]

oder ins Jahn-Stadion und wohin auch immer. Nein! Wenn es die Chance gibt, dass Hertha BSC während der Bauzeit von mehreren Jahren dort spielen kann, dann sollen sie und werden sie da spielen. Wir werden es auch nicht den Berliner Fußballfans antun, dass sie in das 35 000 Plätze fassende Jahn-Stadion

gehen müssen und nur ein Teil hinein kann. Die Berliner Fußballfans, die Fans von Hertha BSC sollen weiter ins Olympia-Stadion gehen. Und wir wollen auch nicht die Chance aufs Spiel setzen, dass das Olympia-Stadion weiter Austragungsort des deutschen Pokalendspiels ist; es gibt mehrere Städte in Deutschland, die darauf warten, dass wir es abgeben. Deshalb ist die Entscheidung richtig, und dafür hat auch die CDU-Fraktion gefochten, dass die Bauzeit zwar etwas länger ist, der Fußballsport aber dort stattfinden kann.

Die Modernisierung und Sanierung hängt nicht nur mit der Frage: Fußball-Weltmeisterschaft oder nicht? – zusammen. Es geht um den Bundesligasport, und es geht um die internationalen Spiele von Hertha BSC, und es geht um die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft, die im Augenblick im OlympiaStadion gar nicht stattfinden können. Und es geht auch um die Bewerbung Deutschlands um die Leichtathletik-Weltmeisterschaft – deswegen sind wir ja für ein multifunktionales Stadion eingetreten – und z. B. auch für das Deutsche Turnfest. Von da her bietet das modernisierte und sanierte Olympia-Stadion – das ist einer der markanten Punkte der CDU-Forderung gewesen – vielen Veranstaltungen einen Ort des Treffens und Stattfindens. Zum Beispiel können Sie am 21. Juli zu Tina Turner gehen; die Veranstaltung ist nun auch im Olympia-Stadion, allerdings möglicherweise auch während der Baumaßnahmen. Aber das wird die Sängerin nicht hindern, viele Fans in das Stadion zu ziehen.

Die CDU-Fraktion hat darauf Wert gelegt, dass die Nutzer beteiligt werden, und das ist voll eingehalten worden. Alle Konzepte und Detailveränderungen der Konzepte sind mit Hertha BSC, mit dem Leichtathletikverband, mit dem Landessportbund kompromisshaft abgesprochen und vereinbart worden, so dass unsere Forderung aus dem Beschluss vom 25. Februar 1999 – die Nutzer müssen beteiligt werden, da darf keine Planung am grünen Tisch gemacht werden – voll erfüllt wurde.

Heute gibt uns das vorliegende Erste Änderungsgesetz zum Haushaltsgesetz 2000 die Chance, nicht der kleinlichen Mäkelei, wie Sie das gemacht haben, Herr Wolf, und alles in einen Topf geworfen haben,

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

selbst den prima Rundgang des Regierenden Bürgermeisters durch die Tunnelröhre – das war ja bei Ihnen alles mit dem Olympia-Stadion vermischt –,

[Doering (PDS): Warum war er gestern unter der Erde?]

sondern gibt uns die Chance, das abzurunden, haushaltstechnisch, finanztechnisch abzurunden. Deshalb wird die CDU-Fraktion dieser Gesetzesinitiative zustimmen. Was mir allerdings fehlt, das ist mir aufgefallen, als ich zum Thema Literatur gelesen habe: [Öh! von der PDS]

1995 – Herr Wowereit zum Beispiel – gab es ein Gutachten Olympiapark der Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Umweltschutz. Waren Sie, Herr Strieder, da schon Senator? – Sie wurden es aber danach.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen, denn jetzt haben Sie die Redezeit des Kollegen Wolf erreicht.

Ich wollte nur 10 Minuten sprechen.

Gut! Wir sind großzügig.

Ich bin ja beim Schlusssatz. – 1998 gab es das Gutachten von Seebauer. Beide haben nachgewiesen, dass es auf dem Gelände des Olympia-Stadions Flächen gibt, die man beispielsweise für Wohnungsbau vermarkten kann. Wenn ich mir das jetzt alles ansehe, dann muss das wohl irgendwie verloren gegangen sein. Wo sind denn die Gewinne und die Kostendeckung für Teile der Kosten, die jetzt entstehen, aus der Vermarktung der Flächen, die im Randbereich des Olympia-Sta

dions für Wohnungsbau nachgewiesen wurden? Deswegen wird die CDU-Fraktion dem Ersten Änderungsgesetz zum Haushaltsgesetz 2000 gerne zustimmen, weil wir endlich weiter vorankommen in der Sanierung und Modernisierung des OlympiaStadions. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU – Doering (PDS): Sie haben trotzdem nichts zur Sanierung gesagt!]

Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr der Kollege Müller-Schoenau das Wort, und zwar wieder mit der Regelredezeit ohne Überschreitung. interjection: [Zurufe]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was der Kollege Rabbach hier eben geboten hat, ist bezeichnend für die Haltung der CDU zu diesem Problem. Der Hauptausschuss und der Senat ringen darum, wie man knapp 300 Millionen DM aufbringen kann, um das OlympiaStadion zu sanieren – denn sanieren wollen wir es alle, und wir streiten um den richtigen Weg dahin. In dieser Debatte präsentiert die CDU einen Sportpolitiker, der auf die Frage: Wie finanzieren wir das denn? – ungefähr drei Antworten aus der Sportsprache hat. Die eine ist: Hipp, hipp, hurra!

[Heiterkeit bei den Grünen und der PDS]

Die zweite ist: Gut Sport! Und die dritte: Ha, ho, he! Hertha BSC!

[Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der CDU]

Das ist das, was Sie beizutragen haben zu der Frage: Wie kann die Sanierung des Olympia-Stadions bezahlt werden? Zu der Frage: Wo kommt das Geld her? – kein einziges Wort! Inzwischen kann ich verstehen, dass der Finanzsenator sich für heute Nachmittag abgemeldet hat.

[Heiterkeit bei den Grünen und der PDS]

Ich hätte mir auch ungern von den eigenen Parteifreunden erzählen lassen, was Sie hier eben für die CDU vertreten haben.

Aber Sie stehen in Ihrer Partei leider nicht allein damit. Herr Wolf sprach bereits den Auftritt von Herrn Diepgen mit dem Helm im Tunnel an. Er kam mir ein bisschen vor wie kurz vor seinem letzten Gefecht – mit dem Unterschied, dass die Leute, die gestern ebenfalls einen Helm aufhatten, nicht unbedingt auf seiner Seite streiten; das kann man heute in den Zeitungen nachlesen. Herr Diepgen hat gestern ein ganz neues Motto kreiert, das wir Haushälter uns besonders merken sollten. Es heißt: „Sparen durch Geldausgeben“.

[Heiterkeit bei den Grünen und der PDS]