Protokoll der Sitzung vom 26.10.2000

Die Instrumente des Ordnungsrechts, insbesondere Energieaufsicht, Strompreisaufsicht und Kartellrecht sind für die Durchsetzung einer ökologisch ausgerichteten Energiepolitik wenig geeignet.

Das ist das absolute Gegenteil von dem, was Sie uns vor drei Jahren erzählt haben. Damals haben Sie gesagt, diese Instrumente seien so stark, dass wir damit alles durchsetzen könnten. Heute sagen Sie, sie taugten überhaupt nichts, und verweisen darauf, dass die Bundesregierung einige Fördermaßnahmen mehr zur Wärme-Kraft-Kopplung machen müsse. Dazu sage ich: Dann ist allerdings einiger Budenzauber in der damaligen Diskussion entfacht worden und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier rein taktisch-instrumentell und nicht entlang der Sache argumentiert worden ist.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Was man auch nicht unwidersprochen stehen lassen kann, Herr Kurth, ist Ihre Bemerkung, dass die Versprechen, die Nebenabreden alle erfüllt worden seien. Die hatten damals eine ganz große Bedeutung in der öffentlichen Argumentation, als es darum ging darzulegen, welche riesigen Vorteile für den Standort Berlin dabei herausgekommen sind. Schauen wir es uns einmal von der Bilanz her an. Sie haben es selbst angesprochen. Die Telekommunikationszentrale von Viag Interkom steht zur Disposition. Sie sagen selbst in Ihrer Antwort zur Großen Anfrage, dass E.on schon deutlich gemacht hat, dass zumindest keine Arbeitsplätze im Telekommunikationsbereich entstehen werden, wie es versprochen worden ist. Ansonsten enthält Ihre Antwort eine Reihe von Formulierungen, die das Ganze im Vagen lässt.

Zur Zweigniederlassung der Viag Immobilien Management GmbH schreiben Sie, wahrscheinlich werde diese durch eine Neuordnung des Unternehmens durch die Fusion mit E.on auch betroffen sein. Auch hier wahrscheinlich Fehlanzeige. Die zugesicherte Prüfung der Errichtung des Unternehmens zur Serienfertigung solarthermischer Wasserkollektoren ist ebenfalls negativ geprüft worden. Auch dieses wird es nicht geben.

Gehen wir zur GASAG-Privatisierung weiter. Hierzu wurden mehrere Gemeinschaftsunternehmen von Gaz de France, Bewag und GASAG angedacht. Von diesen vier Gemeinschaftsunternehmen ist nichts übrig geblieben. Ich will sie jetzt nicht im Einzelnen aufzählen.

(A) (C)

(B) (D)

Jedenfalls sollte es 600 Arbeitsplätze geben, diese 600 Arbeitsplätze mit den versprochenen Steuereinnahmen sind auch Fehlanzeige, Herr Kurth.

[Müller-Schoenau (Grüne): Luftblasen!]

Dann wurde noch als sozialpolitisches Bonbon versprochen, dass Gaz de France ein in Frankreich praktiziertes Verfahren in Berlin einführen soll, dass „sozial schwachen Gaskunden der GASAG zur Überbrückung finanzieller Notlagen unterstützen“ soll. „Dieses Verfahren wird in Kooperation mit den Sozialämtern durchgeführt werden.“ – Was antworten Sie uns jetzt in der Großen Anfrage?

Denken Sie an Ihre Redezeit, Herr Abgeordneter!

Ich zitiere aus der Antwort zur Großen Anfrage:

Zu diesem Zweck hat Gaz de France bereits Frankreichaufenthalte von GASAG-Mitarbeitern organisiert, um die dort verfolgten Prinzipien und Aktionen zu erläutern.

[Heiterkeit bei der PDS]

Angesichts der unterschiedlichen Vorschriften und Verwaltungsorganisationen in beiden Ländern können die französischen Konzepte nicht ohne Weiteres übertragen werden.

Auch wenn den Sozialhilfeempfängern und den sozial schwachen Gaskunden nicht geholfen wurde, war es sicherlich ein angenehmer Aufenthalt in Frankreich für diverse GASAG-Mitarbeiter mit Informationen über den französischen Sozialstaat, der nicht völlig kompatibel ist mit dem bundesdeutschen. Das hat ja nun auch etwas gebracht.

[Heiterkeit bei der PDS – Niedergesäß (CDU): Hört, hört!]

Ich bin leider am Ende der Redezeit, ich deshalb nur ansprechen, was noch aussteht, das ist vorhin schon gesagt worden: Es ist die Frage der Regelungen der Nachbesserungen auf Grundlage des Verfassungsgerichtsurteils in Sachen Berliner Wasserbetriebe.

Herr Abgeordneter, bitte!

Hier wird offensichtlich überlegt – ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident –, durch Veränderung der Abschreibungsregelungen und des Gesetzes wieder die Kunden zahlen zu lassen: auch hier kein Ruhmesblatt.

Ich denke – und dies jetzt wirklich mein letzter Satz –: Die Aufgabe, wie man unter den neuen Bedingungen des Wettbewerbs, der Globalisierung und alledem öffentliche Aufgaben so wahrnimmt, politische Ziele so verfolgt, ohne dass dies in althergebrachter Form der Staatsunternehmen geschieht, diese politische Aufgabe steht nach wie vor zu lösen; die bisherigen Privatisierungen im Lande Berlin haben dafür keine Lösungen gebracht.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Herr Abgeordneter! Sicherlich war das ein megalanger Satz zum Schluss. – Dennoch hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Alexander Kaczmarek das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoffnungen, Erwartungen und Versprechungen, hat die PDS entdecken können in der Privatisierungspolitik. Hoffnungen haben wir auch,

[Eßer (Grüne): Die Betonung wie Diepgen!]

und zwar geben wir die Hoffnungen nicht auf, dass die PDSFraktion den Irrweg des Opportunismus endlich aufgibt und sich der Aufgabe der Konsolidierung endlich stellt.

[Beifall des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Und wir haben die Erwartung, dass hier nicht nur gesagt wird, wie es nicht geht und dass alles schlecht gelaufen ist, sondern auch konkrete Vorschläge gemacht werden, wie es besser gehen kann und dass diese Vorschläge nicht nur behauptet werden.

Und versprechen, Herr Wolf, können wir Ihnen auch etwas, das halten wir auch, nämlich dass wir vom Weg einer finanzpolitisch ertragreichen, ordnungspolitisch sinnvollen und sozial ausgewogenen Privatisierung von öffentlichen Unternehmen nicht abweichen werden

[Frau Oesterheld (Grüne): Nichts davon ist wahr!]

und auch das: dass wir aus Fehlern, die gemacht wurden im bisherigen Privatisierungsprozess lernen werden.

[Zuruf des Abg. Berger (Grüne)]

Und wir versprechen Ihnen – auch Ihnen, Herr Berger –, dass wir auch bei allen weiteren maßvollen Privatisierungen, die wir durchführen werden,

[Heiterkeit des Abg. Berger (Grüne) – Frau Oesterheld (Grüne): Sie haben ja bald nichts mehr zu verkaufen!]

vertragliche Regelungen anstreben, die erstens die Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sichern in ihrer Eigenschaft als Kundinnen und Kunden dieser Unternehmen, zweitens die berechtigten Interessen der Beschäftigten in diesen Unternehmen sichern

[Zuruf des Abg. Berger (Grüne)]

und erst an dritter Stelle ein optimales Ergebnis für den Landeshaushalt sichern.

[Frau Oesterheld (Grüne): Haben Sie noch nie geschafft!]

Hoffnungen, Erwartungen und Versprechungen – vielleicht hätten Sie lieber den Titel „Glaube, Liebe, Hoffnung“ gewählt, Ihr Glaube an den Staat ist nämlich weiter ungebrochen, das haben Ihre Beiträge deutlich gemacht.

[Liebich (PDS): Sie hätten einmal zuhören müssen, das habe ich lang und breit gesagt!]

Auch wenn Sie etwas anderes behauptet haben, Herr Liebich, es nutzt nichts, dass Sie Ihr Programm zitieren, dann handeln Sie doch nach Ihrem Programm, wenn es so schön ist.

[Liebich (PDS): Haben wir getan!]

Und vor allem, dass Sie sich hier darstellen als die wahren Erfinder des Privatisierungskurses

[Liebich (PDS): Stimmt doch gar nicht!]

das haben Sie sehr wohl getan – und als Unterstützer der Privatisierung,

[Doering (PDS): Sind wir nun für den Staat oder für die Privatisierung, was denn nun?]

da muss ich sagen, da fehlt mir allerdings der Glaube, ich habe es in der Realität bisher auch nicht feststellen können.

Vielleicht ist es auch eher das Ihnen geläufigere Wortpaar „tarnen und täuschen“ der richtige Begriff für Ihre Politik in dem Bereich.

[Gelächter des Abg. Krüger (PDS)]

Sie tarnen sich hier als Haushaltskonsolidierer und wollen letztendlich nur die Bürgerinnen und Bürger über ihre wahren Ziele täuschen.