Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Die Angebote der Schwerpunktversorgung werden in geeigneten Häusern zusammengeführt werden. Spezialangebote in den einzelnen Häusern strahlen mit ihren Leistungen auf ganz Berlin aus. Damit wird auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung gesichert sein. Wenn die manchmal zitierte Sorge, dass sich das Angebot für die Patienten in dem neuen Betrieb verschlechtert, begründet wäre, dann müssten alle Krankenhäuser in privater Rechtsform schlecht sein. Tendenziell ist aber eher das Gegenteil der Fall.

Betrachten wir die Situation der Krankenkassen: Die Kassen – insbesondere die AOK Berlin – befinden sich in einer schwierigen Finanzsituation. Die Schere zwischen berechtigten Ansprüchen auf Grund des medizinischen Fortschritts, höherer Inanspruchnahme auf Grund einer höheren Lebenserwartung und erhöhter Morbidität im Ballungsraum Berlin einerseits und den stagnierenden Einnahmen der Krankenkassen andererseits geht weit auseinander. Es bedarf daher gesundheitspolitischer und organisatorischer Anstrengungen, um die Probleme der Zukunft zu meistern. Neben den überdimensionierten Krankenhauskosten gibt es das Problem der unterschiedlichen Kopfpauschalen und der daraus resultierenden umstrittenen Arzneimittelund Ärztebudgets. Wir haben die Möglichkeit, durch die Neustrukturierung der städtischen Krankenhäuser unseren Beitrag im Vorfeld der Einführung der DRGs zu leisten.

Worin liegt die Chance des neuen Unternehmens? – Gegenstand der Gesellschaft wird neben dem Betreiben von Krankenhäusern und der Erfüllung des Versorgungsauftrags nach dem Krankenhausplan die Möglichkeit der Übernahme von weiteren gesundheitlichen und sozialen Aufgaben sein.

Hierin sind die Chancen und Möglichkeiten der Zukunft begründet. Lassen Sie mich in Anlehnung an ViEW, das auch Visionen beinhaltet, eine Vision entwickeln: Wenn für die Erfüllung des Versorgungsauftrags nicht mehr benötigtes Personal durch die aus sozialer Verantwortung bestehenden Schutzrechte der Beschäftigten nicht abgebaut werden kann, hat der neue Betrieb die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit Gewinne zu erzielen, um seine Personalkosten zu erwirtschaften. Die städtischen Krankenhäuser werden sich zu kiezbezogenen Gesundheitszentren entwickeln, präventive Angebote machen, die Verzahnung von Ambulantem und Stationärem verbessern, Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten zur besseren Ausnutzung ihrer Großgeräte schließen und so weiter. Das ist eine Form von Zusammenarbeit und Angeboten die städtische Krankenhäuser bisheriger Prägung auf Grund der rechtlichen Schranken nicht oder nur sehr begrenzt nutzen konnten. Die örtlichen Krankenhausbetriebe werden trotz aller notwendigen strategischen Leitungsverantwortung der Unternehmensleitung in hohem Maß dezentrale Kompetenzen haben. Ein Motto des Projekts ViEW war immer: So viel dezentral wie möglich, so wenig zentral wie nötig.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Landowsky (CDU): Da hat sie Recht!]

Dem hat die Koalition durch einige Ergänzungen des Gesetzes, die wir heute auch beschließen werden, Rechnung getragen.

Nachdem die Lösung der Probleme der städtischen Krankenhäuser in einem CDU-geführten Haus jahrelang verschleppt wurde, [Frau Richter-Kotowski (CDU): Haha!]

ist es nunmehr unserer Senatorin, Gabriele Schöttler, in kürzester Zeit gelungen, den Reformstau in der Krankenhauslandschaft zu beseitigen.

[Beifall bei der SPD]

Wir begrüßen es, dass die Koalitionsvereinbarung in diesem Punkt in weniger als einem Jahr erfolgreich eingelöst wurde.

[Beifall bei der SPD]

Ich bin der festen Überzeugung, dass die von uns heute zu beschließenden Eckpunkte für das neue Unternehmen die Voraussetzungen für einen ausreichenden selbständigen Handlungsrahmen der örtlichen Krankenhausleitungen schaffen, um die Individualität und Kiezverbundenheit der einzelnen Standorte zu wahren. Auf Grund der Tatsache, dass alle Grundstücke – auch die nicht betriebsnotwendigen – in den neuen Betrieb übertragen werden, sind auch die ökonomischen Grundlagen für eine gesunde Entwicklung gegeben. Wir schaffen heute durch den Beschluss des Gesetzes die Rahmenbedingungen für eine kreative, phantasievolle und dynamische Geschäftsführung. Ich bin zuversichtlich, dass mit dem neuen Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden können und soziale Verantwortung und ökonomische Vernunft kein Widerspruch sind, sondern zusammengeführt werden können. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Helbig! – Für die PDS-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Simon das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste! Mit der für heute geplanten Verabschiedung des Entwurfs für das Krankenhausunternehmens-Gesetz erlebt die Berliner Gesundheits- und Krankenhausplanung eine einschneidende Zäsur,

[Wowereit (SPD): Das stimmt!]

die in ihren Auswirkungen heute noch nicht einschätzbar ist. Mit der jetzt zu erwartenden Entscheidung für die Annahme dieses Gesetzentwurfs verschwinden die letzten noch bestehenden städtischen Kliniken in Berlin. Dieses Ereignis wäre vor 15 Jahren noch absolut unvorstellbar gewesen.

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Inzwischen bestätigt es nur noch einen landesweit zu beobachtenden Trend. Auch in der Gesundheitspolitik erfolgte inzwischen eine Weichenstellung in Richtung Privatisierung und Entstaatlichung mit dem Ziel der Modernisierung und des Umbaus des Sozialstaats. Die Zahl der öffentlichen Akutkrankenhäuser sank in Deutschland von 1991 bis 1997 um 18 Prozent. Gleichzeitig nahm die Zahl der privaten um 16 Prozent zu. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kommentiert diese Entwicklung mit der Feststellung:

Im Verdrängungswettbewerb, der auf dem Krankenhausmarkt seit Jahren herrscht, sind die öffentlichen Häuser die Verlierer und die privaten die Gewinner.

Berlin leistet dazu jetzt seinen eigenen Beitrag.

Das kommt nicht überraschend. Mit dem Entwurf eines Krankenhausunternehmens-Gesetzes realisiert der Berliner Senat ein im Koalitionspapier vorgegebenes Ziel. Darin heißt es, dass in der Eigentümerschaft des Landes Berlin ein Unternehmen errichtet werden solle, das die kommunalen Krankenhäuser zu einem wettbewerbsfähigen Unternehmen zusammenführen solle.

Der vorliegende Entwurf enthält zwei relevante Entscheidungen, die es zu bewerten gilt: 1. Alle neun noch vorhandenen städtischen Kliniken werden unter Einbeziehung des Max-Bürger-Zentrums zu einem Einheitsunternehmen zusammengeführt; 2. das Einheitsunternehmen erhält die private Rechtsform einer GmbH. Zu beiden Punkten äußere ich mich folgendermaßen: Die PDS-Fraktion unterstützt die Zusammenführung der zehn Kliniken zu einem einheitlich organisierten Verbund. Angesichts eines politisch gewollten und forcierten Wettbewerbs im Krankenhausbereich sind solche Zusammenschlüsse notwendig, um längerfristig zu überleben.

[Beifall bei der PDS]

Kleine Häuser müssen künftig um ihre Existenz bangen, wenn sie keinen besonderen Versorgungsauftrag wahrnehmen.

Wir unterstützen auch die für den Krankenhausverbund entwickelten Zukunftsvisionen vom „Netzwerk Gesundheit“, das die einzelnen Häuser mit unterschiedlichen Versorgungsprofilen und Schwerpunkten zu einem leistungsstarken Zentrum unter Einbeziehung ambulanten und komplementärer Angebote verknüpfen soll. Eine damit einhergehende weitreichende Umstrukturierung braucht einen möglichst großen Rahmen. Das von den Krankenhausleitungen, den Grünen und Teilen der CDU favorisierte Holdingmodell mit rechtlich selbstständigen einzelnen Krankenhaus-GmbHs wäre zu einer derartigen Netzbildung auf Grund anderer organisatorischer Zusammenhänge und Bedingungen nicht in der Lage. Für die Beschäftigten bietet ein großes Unternehmen eine höhere Arbeitsplatzsicherheit. Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass die Gewerkschaften das Einheitsunternehmen forderten, während dieses von den Krankenhausleitungen als Instrument der Entmachtung abgelehnt wird. Gerade weil wir die Bildung eines stadtweit agierenden Verbands unterstützen, der nach dem Willen des Senats das Rückgrat der regionalen und bezirklichen Versorgung in Zukunft bilden soll, fragen wir uns, warum nicht alle städtischen Häuser – sowie Moabit – mit einbezogen wurden. Unser Anliegen nach Einbeziehung aller städtischen Kliniken und Moabit haben wir im Antrag Drucksache 14/435 festgehalten.

Einmal abgesehen davon, dass die genannten Häuser vom Senat ausdrücklich an dem Diskussionsprozess zur Entwicklung neuer Strukturen im Projekt ViEW beteiligt wurden, was den Schluss zulässt, dass ihre Beteiligung im Verbund zumindest geplant und denkbar war, bedeutet ihr Ausschluss, der heute vollzogen werden soll, dass sie damit zu Konkurrenten des Verbundes gemacht werden. Buch wäre für das Unternehmen eine deutliche Stärkung gewesen, zumal dieses große Klinikum auf Grund seines besonderen Leistungsspektrums und seiner vielfältigen Kooperationsbeziehungen das vom Netzwerk erhoffte Profil eingebracht hätte.

Ähnliches lässt sich zum Krankenhaus Moabit sagen. Anstatt ein in seinen Strukturen und Beziehungen vernetztes attraktives modernes Krankenhaus mit seinen Spezialleistungen einzubin

den, streitet man sich jahrelang vor Gericht mit ungewissem Ausgang. Wir alle wissen hier, dass das Krankenhaus Moabit nicht etwa auf Grund der Tatsache, dass es vielleicht nicht bedarfsgerecht oder wirtschaftlich gewesen wäre, aus dem Krankenhausplan herauskatapultiert wurde, sondern weil ein politisches Opfer gebracht werden musste. Dieses politische Opfer heißt Krankenhaus Moabit, weil es das Unglück hat, in einer hochversorgten Region in Mitte angesiedelt zu sein.

Zusammenfassend stelle ich zu der Problematik Einheitsunternehmen fest, dass die Strukturentscheidung für eine starken Krankenhausverbund richtig, ihre Realisierung aber durch den Ausschluss von Buch und Moabit halbherzig ist. Hier wird auf potente Partner verzichtet und deren Rolle als zukünftige Konkurrenten hingenommen. Auch die Vision der Etablierung eines Gesundheitsnetzwerks wird von uns ausdrücklich unterstützt. Das wird Sie nicht wundern. Die meisten Kollegen meiner Fraktion kommen aus einem Land, in dem vernetzte Strukturen das Selbstverständlichste von der Welt waren. Allerdings vermissen wir in dem Gesetzentwurf die Berücksichtigung der vom Projekt ViEW als notwendig angesehenen Maßnahmen für einen Zielvereinbarungsprozess zwischen den beteiligten Kliniken und der Unternehmensleitung, der den Mitgliedern die erforderlichen Freiräume dazu schafft. Unser Antrag zum Abschluss von Zielvereinbarungen trägt genau diesem Anliegen, das auch noch einmal schriftlich festgehalten wurde, Rechnung.

Im zweiten Teil möchte ich einige Bemerkungen zur Rechtsformänderung anfügen. Im Vorblatt zum Gesetzentwurf wird behauptet, zum Senatsvorschlag gäbe es keine Alternative. Das ist nicht richtig, wie die Lektüre der Projektergebnisse von ViEW zeigt. Hier wird deutlich gesagt, dass es mit der GmbH und der Anstalt öffentlichen Rechts zwei Rechtsformen gibt, die den von allen vertretenen Zielen der eigenen Rechtsfähigkeit des politikfernen Managements und der sachgerechten Kompetenzerfüllung gerecht werden. Darum forderten wir mit unserem Antrag vom Mai 2000 – dass er heute verhandelt wird, ist dem Widerstand der Koalitionsparteien geschuldet – einen Errichtungsgesetzentwurf auch für die Anstalt öffentlichen Rechts, um zwischen den beiden Varianten wählen und entscheiden zu können.

Der Senat hat eine der beiden Möglichkeiten, die der Anstalt öffentlichen Rechts, die von der PDS wegen der unmittelbaren Verantwortung, die dann beim Land bleibt, präferiert wird, einfach ignoriert und sich für die GmbH-Lösung entschieden. Offenbar hat den Senat folgende Feststellung des ViEW-Beraters dazu veranlasst – ich zitiere sinngemäß –: „Es gibt kein trennscharfes Gestaltungskriterium, das für oder gegen eine Rechtsform spricht. Sollte allerdings das Ziel der materiellen Privatisierung verfolgt werden, dann ist eine privatrechtliche Rechtsform zu bevorzugen.

Diese Aussage und ihre Befolgung durch den Senat lässt zumindest den Schluss zu, dass die zunächst angestrebte formale Privatisierung mit dem Land Berlin als alleinigem Gesellschafter nur eine Zwischenstation auf dem Weg in die echte und materielle Privatisierung sein könnte. Anlass zur Sorge ist da. Die Privatisierung von Leistungen, die man der allgemeinen Daseinsfürsorge zuordnet und die bisher durch kommunale und städtische Träger angeboten wurden, ist bundesweit zu beobachten. Das gilt auch für Berlin, wie die vom Senat eingesetzte Expertenkommission Staatsaufgabenkritik oder das Diskussionspapier über Modernisierungsstrategien von der Senatsinnenverwaltung belegen.

Die hier erkennbaren Strategien nach dem Motto: „Weg von der Verwöhnungsdemokratie und hin zum Bürger als Koproduzenten und Unternehmer“ mögen interessante Anregungen für bestimmte Politikfelder sein. Im Gesundheitswesen wirken solche Denkanstöße eher bedrohlich. Dennoch gibt es sie auch hier. Neuerdings und immer deutlicher wird von der rot-grünen Koalition die Ausgrenzung und damit Privatisierung bisher noch gesetzlich zugestandener Leistungen debattiert. Die gesetzlichen Krankenkassen werden 2001 erhebliche Einnahmeverluste zu verkraften haben. Von rund 5 Milliarden DM ist die Rede, weil gesetzliche Maßnahmen vor allem im Renten- und Arbeitslosenbereich diese Verluste unmittelbar zur Folge haben.

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Arme Krankenkassen, wie wir sie in Berlin haben, trifft eine solche Maßnahme besonders hart. Die Kassen müssen versuchen, diesen drohenden zusätzlichen Einnahmeverlust durch die Absenkung ihrer Ausgaben zumindest abzuschwächen. Außerdem hat sich der Senat vertraglich verpflichtet, seinerseits Maßnahmen zu treffen, um in Berlin zu deutlichen Budget- und Beitragsabsenkungen beizutragen. Dazu will er das neue Krankenhausunternehmen in der Hoffnung auf betriebswirtschaftlich positive Entwicklungen nutzen. Das Unternehmen soll nicht nur Garant zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Krankenkassen sein, indem es für eine deutliche Reduzierung der Krankenhausausgaben sorgt. Es soll ab 2003 auch noch schwarze Zahlen schreiben. Ob die ab 1. Januar 2001 eingesetzte Geschäftsführung dieses Kunststück fertigbringt, bleibt abzuwarten, zumal die Zielsetzung des Landeskrankenhausgesetzes, das eine bedarfsgerechte und humane Krankenhausversorgung fordert, oberste Priorität behalten muss.

Mit Sicherheit werden sich die Bemühungen der Unternehmensleitung auf den kostenintensivsten Bereich, die Personalausgaben, konzentrieren. Allein im Jahr 2001 sollen 1000 Vollkräfte mit Hilfe eines sogenannten „intensiven Personalmanagements“ abgebaut werden. Diese Vorstellung erscheint vor allem dem Pflegepersonal abwegig, weil seit langem Überstunden und Mehrarbeit zum Pflegealltag gehören und die Beschäftigten, die im Jahr 2000 Entlassungsanträge stellten, zum überwiegenden Teil wegen der sonst nicht mehr leistbaren Arbeit, die Dienst am Kranken bedeutet, bleiben mussten.

Die vom Senat entschiedene formale Privatisierung der städtischen Kliniken schafft Unruhe. Man muss keine Prophetin sein, um sich vorzustellen, wie die zunehmende Privatisierung im Gesundheitswesen insbesondere für die sogenannten schlechten Risiken wie chronisch Kranke, alte und behinderte Menschen, Langzeitarbeitslose, also Menschen mit einem hohen Bedarf an gesundheitlicher Zuwendung, zu einer fühlbaren Bedrohung wird. In dem Maße, in dem sich durch zunehmende Privatisierung zwangsläufig auch im Gesundheitswesen betriebswirtschaftliches Handeln immer stärker durchsetzt und damit gleichzeitig medizinisch und pflegerisch notwendiges Handeln in den Hintergrund gedrängt wird, wird das Werben um die so genannten guten Risiken zunehmen und die Versuchung verstärkt, sich von Patienten und Kranken, die sich nicht rechnen, zu trennen.

Ich wünsche mir, dass sich die mit dem Entschluss zur Privatisierung städtischer Krankenhäuser skizzierten Entwicklungen für Berlin nicht bewahrheiten. Uns fehlt zurzeit die Gewissheit, dass das neue Gesundheitsunternehmen wirklich eine Chance für Berlin darstellt und soziale Verantwortung mit ökonomischer Vernunft zusammenführt, so wie es der Titel der heutigen Aktuellen Stunde unterstellt. Unsere Fraktion wird dem vorgelegten Gesetzentwurf heute nicht zustimmen, bittet aber selbstverständlich um die Annahme unserer Anträge.

Zum Schluss möchte ich noch eine Bemerkung anfügen. Ich habe heute in einer großen Berliner Tageszeitung gelesen, dass ein Kollege im Neuköllner Krankenhaus mit dem Blick auf die zu gründende GmbH die Befürchtung geäußert hat, dass dieses der Kapitalismus im Krankenhaus ist. Ich schlage vor, dass wir diese Erkenntnis als Frage in einem Jahr an dieser Stelle im Rahmen einer Aktuellen Stunde behandeln, und könnte mir vorstellen, dass es eine hochspannende Diskussion wird; wir werden dann schlauer sein.

[Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Frau Simon! Ich darf noch einmal an die Regeln erinnern. Wir hatten 20 Minuten Redezeit pro Fraktion verabredet. Ich sage ihn interessehalber immer wieder, wie viel bereits verbraucht worden ist. Damit kann sich der nachfolgende Redner darauf einstellen. In der zweiten Runde haben Sie noch sechs Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Handlungsbedarf zu dieser Gesetzgebung ergibt sich einerseits aus der Notwendigkeit und der Pflicht des Landes Berlin, die Daseinsvorsorge auf dem bekannten hohen Niveau der stationären Behandlung für die Berliner Bevölkerung sicherzustellen, und andererseits aus der Situation der Krankenkassen in Zusammenhang mit der Betriebswirtschaftlichkeit der Krankenhäuser selbst. Auf diesen Punkt ist meine Vorrednerin, Frau Helbig, schon dezidiert eingegangen, so dass ich mich in dieser Hinsicht relativ kurz fassen möchte. Der Handlungsdruck wird – das ist allen Fachleuten bekannt – durch die Einführung des DRG-Systems 2003 akut verstärkt. Dies ist Bundespolitik, dies hat Rot-Grün zu verantworten, dies können wir hier im Landesparlament nicht debattieren, dies ist Tatbestand.

Zu den Rechtsformen: Als Rechtsform war die Anstalt öffentlichen Rechts, die GmbH als Einheitsbetrieb, die GmbH in einer Holdingstruktur und die Aktiengesellschaft möglich. Wir haben parlamentarisch hart gerungen und diskutiert, welche dieser Rechtsformen die richtige für die neue Krankenhausgesellschaft sein wird. Das Gutachten hat uns dazu eine dezidierte, fachlich versierte Hilfestellung geleistet. Wenn Frau Simon von Privatisierung im Rahmen der GmbH-Gründung spricht, so ist dies zwar hinsichtlich der privaten Rechtsform per se richtig, aber es handelt sich nicht um einen privaten Träger, denn das Land Berlin bleibt weiterhin Eigentümer.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz ein paar Worte an die SPD-Fraktion richten: Ich denke, auch anlässlich dieser Gesetzesdiskussion hier im Parlament ist es wenig sachdienlich, wenn man eine Geschichtsklitterung in der Rede mit verwendet, Frau Helbig! Bereits 1997 stellte der damalige CDU- Staatssekretär Orwat in Fachkreisen ein GmbH-Gesetz zur Diskussion – damals natürlich in der Holdingstruktur.

[Gaebler (SPD): Wollen Sie Herrn Orwat posthum heiligsprechen?]

Und ich erinnere daran, dass die damalige Senatorin Hübner

[Wowereit (SPD): Herrn Orwat entlassen hat!]

die gesamten Gutachten und z. B. das ViEW-Projekt auf den Weg gebracht hat, ohne das wir heute keine fachliche und sachliche Diskussionsgrundlage hätten.