Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Auch das Vorgehen bezüglich der zu besetzenden Stellen lässt uns an Transparenz und Seriosität zweifeln. Bereits im Juni wurden die Stellen mit dem Zusatz „vorbehaltlich des Inkrafttretens der gesetzlichen Grundlagen“ ausgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt lag dem Ausschuss für Verfassungsschutz aber noch nicht einmal der Entwurf des Gesetzes vor. Man kann sicherlich davon ausgehen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Struktur der künftigen Abteilung „Verfassungsschutz“ absehbar war. Nur der zuständige Ausschuss wurde nicht informiert. „Neues Klima“ beim Verfassungsschutz bedeutet für uns vor allem rechtzeitige und umfassende Information. Als Resümee bleibt uns nur der Blick in Goethes Faust: „Die Botschaft hör ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube.“ – Dies erst recht bei diesem Senat und bei Innensenator Werthebach. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Cramer! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung. Zur Schlussabstimmung erbitte ich Ihre besondere Aufmerksamkeit, da wir noch eine weitere Änderung in der Beschlussvorlage vornehmen müssen. Entsprechend der Fußnote der Vorlage Drucksache 14/609 zu Artikel XII § 1 Abs. 1 Satz 1 soll dieser Satz entfallen, wenn das Gesetz erst nach den Personalratswahlen Mitte November 2000 in Kraft tritt. Da das Gesetz auf jeden Fall aber erst nach der am 21. November 2000 stattfindenden Personalratswahl in Kraft treten kann und wird, ist dieser Satz zu streichen.

Wer nunmehr dem Gesetz zur Reform des Verfassungsschutzes im Land Berlin auf der Grundlage der Beschlussvorlage Drucksache 14/609 unter Berücksichtigung der Änderungen durch die Beschlussempfehlung 14/782 und der Streichung des soeben von mir erwähnten Satzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Ersteres war die Mehrheit. – Enthaltungen? – Damit ist dies ohne Enthaltungen von den Regierungsfraktionen beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1 C, Drucksache 14/787:

II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zum Staatsvertrag über die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 6 Abs. 1 Satz 7 Abfallverbringungsgesetz, Drucksache 14/451, gemäß Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz vom 25. Oktober 2000 und des Hauptausschusses vom 10. November 2000

Der Dringlichkeit wird offenkundig nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Paragraphen miteinander zu verbinden, und höre auch dazu keinen Widerspruch. Ich rufe auf die §§ 1 und 2, die Überschrift und die Einleitung der Vorlage Drucksache 14/451 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses Drucksache 14/787. Die Ausschüsse empfehlen einstimmig die Annahme, wobei der Hauptausschuss in § 2 einen neuen Absatz 2 empfiehlt. Eine Beratung ist von den Fraktionen nicht erbeten worden.

Ich schließe die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz Drucksache 14/451 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, Drucksache 14/787, zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön! Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1 D, Drucksache 14/788:

II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Gefahrenbeherrschungsgesetz – GefG), Drucksache 14/603

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Paragraphen miteinander zu verbinden. Auch dazu höre ich keinen Widerspruch und rufe auf die §§ 1 bis 4, die Überschrift und die Einleitung der Vorlage Drucksache 14/603. Einstimmig wird die Annahme von den Ausschüssen empfohlen. Eine Beratung wird von den Fraktionen nicht gewünscht.

Ich schließe die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung. Wer dem Gefahrenbeherrschungsgesetz auf der Grundlage der Beschlussvorlage Drucksache 14/603 zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! – Danke schön! Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist auch dieses einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 2, Drucksache 14/774:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Gesetz zur Sicherung der sozialen, kulturellen und bildungspolitischen Leistungsfähigkeit des Landes Berlin durch Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (Haushaltssanierungsgesetz 2001)

in Verbindung mit

Drucksache 14/791:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der PDS über Gesetz zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts 2001 (Haushaltsstrukturgesetz 2001 – HStrG 2001)

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Momper

Eine gemeinsame Beratung nach der Geschäftsordnung mit bis zu fünf Minuten Redezeit ist angesagt. Die I. Lesung ist eröffnet. Schon hat sich der Abgeordnete Müller-Schoenau von der Fraktion der Grünen zu Wort gemeldet und hat es hiermit, bitte schön!

Vielleicht können wir noch ein wenig warten, damit wir die Kollegen im Saal nicht stören. – Entweder führen Sie Ihre Gespräche im hinteren Teil oder gehen Sie hinaus, was Ihnen Ärger des Präsidenten bescheren wird. Bleiben Sie also lieber hier, aber sprechen Sie bitte leise, wenn es unabweisbar ist!

Den Finanzsenator hätte ich auch gern bei der Debatte dabei!

Können wir feststellen, wo sich dieser gerade aufhält und ihn bitten? – Er wird herbeigebeten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Herr Kurth ansonsten aufmerksamer Beobachter der finanzpolitischen Debatten ist, bin ich jetzt großzügig, hoffe aber, dass er gleich hinzukommt.

Wir legen Ihnen heute unseren Entwurf für ein Haushaltssanierungsgesetz 2001 vor. Ich gebe gern zu, dass wir dieses gar nicht vorhatten. Wir waren noch vor drei Wochen so naiv zu glauben, dass der Senat selbst ein solches Gesetz vorlegt, wie er es im Juli beschlossen hat und wie es auch seine Aufgabe ist. Der Senat hat im Juli beschlossen, parallel mit dem Haushaltsentwurf den Finanzsenator zu beauftragen, dieses Haushaltssanierungsgesetz vorzubereiten und hier einzubringen. Wir wissen inzwischen alle, dass Herr Kurth mit diesem Projekt gescheitert ist.

Ich fand es übrigens sehr ehrlich, dass Herr Kurth dieses Scheitern auch öffentlich eingestanden hat. Er hat Mitte Oktober auf einer Pressekonferenz seinen Kollegen vorgeworfen, sich Sparvorschlägen zu widersetzen, ohne eigene Alternativen vorzulegen. Der Senator steht offenbar mit seinem Sparwillen inzwischen im Senat allein da. Wir legen heute nun einen Gesetzentwurf vor, damit es doch noch zu einem Haushaltssanierungsgesetz 2001 kommt, denn das brauchen wir ganz dringend.

[Beifall bei den Grünen]

Unser Gesetzentwurf umfasst 29 Artikel und enthält Sparvorschläge mit einem Gesamtvolumen von rund 900 Millionen DM bis zum Jahr 2003, davon allein 235 Millionen DM im kommenden Jahr. Darin enthalten sind Vorschläge zu Strukturveränderungen, zu Einnahmeverbesserungen, zum Abbau von Subventionen sowie zur Auslagerung und Privatisierung von Einrichtungen. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die meisten Vorschläge auf den öffentlichen Dienst und die öffentliche Verwaltung beziehen. Das ist ein Bereich, in dem Berlin immer noch eine Milliarde DM teurer ist als vergleichbare andere Großstädte und Stadtstaaten. Hier muss als erstes angesetzt werden.

Ich nenne hierzu einmal einige Beispiele: Zunächst sind die Personalkosten zu nennen. Sie liegen jährlich um mehrere Hundert Millionen DM zu hoch. Das liegt vor allem daran, dass rund 5 000 Beschäftigte beim Land Berlin arbeiten, ohne dass es für sie eine finanzierte Stelle gibt. Wir wollen dieses Personal natürlich nicht entlassen, wollen es aber flexibler einsetzen. Wir wollen es auf freien Stellen einsetzen. Wenn das nicht möglich ist, wollen wir es dort einsetzen, wo es Einnahmen erzielen oder Ausgaben reduzieren kann.

Wir schlagen deswegen auch in dem Bereich, in dem Neueinstellungen erforderlich sind – diese Bereiche gibt es weiterhin – vor, diese generell – zumindest bei den höheren Einkommensgruppen – auf 80-%-Stellen zu beschränken. Das war in den letzten Jahren bei den Lehrern möglich. Es sollte unserer Meinung nach im gesamten öffentlichen Dienst möglich sein.

Ein weiterer Komplex ist der Bereich der Zulagen. In Berlin grassiert ein Zulagenunwesen. Der Regierende Bürgermeister erhält 700 DM im Monat, damit er sich vernünftig anzieht. Wir halten diese Zulage für überflüssig.

Ich habe nichts dagegen, dass er sich gut anzieht. Als Dressman in diesem Haus gilt eigentlich Herr Wowereit; er kommt auch ohne Zulage aus. Auf diese Zulage können wir also gut verzichten. – Es geht aber nicht nur um die Zulage bei dem Regierenden Bürgermeister, sondern auch um zahlreiche andere. Das gilt auch für viele andere Zulagen, die wir nicht generell abschaffen, aber zumindest auf den Prüfstand stellen wollen.

Nun gibt es inzwischen auch einen Gesetzentwurf der PDS, der viele gute Vorschläge enthält. Diese werden wir zum großen Teil auch unterstützen. Ich muss aber auf einen wesentlichen Unterschied hinweisen. Im Gegensatz zur PDS machen wir nicht nur Sparvorschläge, sondern nennen zwei Punkte, bei denen wir eigene positive Schwerpunkte setzen und zusätzliches Geld einsetzen wollen. Wir wollen zum einen 40 Millionen DM für einen Fonds einsetzen, um daraus Modernisierungen finanzieren zu können, die sich langfristig durch Einsparungen rechnen. Wenn beispielsweise die Polizei durch eine Modernisierung ihrer Technik langfristig 700 Stellen einsparen kann, unterstützen wir dies und wollen dafür auch Geld bereitstellen.

Wir wollen auch – es wundert mich, dass die PDS hier nicht mitzieht – die pauschale 5-%-Kürzung für alle freien Träger, wie sie in einem früheren Haushaltssanierungsgesetz vorgesehen ist, zurücknehmen. Das haben wir in diesem Gesetz vorgesehen. Wir sind auch ehrlich genug, die 30 Millionen DM, die dafür erforderlich sind, einzustellen. Ich habe es in Ihrem Entwurf nicht feststellen können und hoffe, dass Sie diese Position noch korrigieren.

[Doering (PDS): Noch einmal nachlesen!]

Meine Damen und Herren – und dabei wende ich mich jetzt eher an die Koalition –, Sie haben heute – Herr Wolf wird ja noch die Vorschläge der PDS-Fraktion begründen – zwei Vorschläge für ein Haushaltssanierungsgesetz 2001 auf dem Tisch! Beide Vorschläge haben das Manko, dass sie nicht von den Regierungsfraktionen, sondern von den beiden Oppositionsfraktionen sind. Ich fordere Sie trotzdem auf: Prüfen Sie diese Vorschläge genau! Es ist dringend notwendig, noch einiges mehr für die Haushaltssanierung zu tun. In den vergangenen Jahren haben Sie es eher so gemacht, dass Sie unsere Vorschläge erst einmal abgelehnt und dann im folgenden Jahr als eigene Vorschläge eingebracht haben. Wir haben aber nicht mehr so viel Zeit. Sie sollten unsere Vorschläge und die Vorschläge der PDS, weil sie gut sind, schon in diesem Jahr annehmen. Ich hoffe deswegen auf Ihre Unterstützung.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Das Wort hat nun der Kollege Kaczmarek – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Müller-Schoenau! Sie sagten, in vergangenen Zeiten sei es so gewesen, dass Sie die Vorschläge gemacht und wir sie abgelehnt und später selbst eingebracht hätten. Wenn ich die Gesetzesentwürfe der beiden Fraktionen jetzt lese, muss ich feststellen, dass es diesmal anders ist: Wir haben die Vorschläge in die Beratung eingebracht, und Sie machen ein Gesetz daraus.

[Heiterkeit – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Nun gut, das ist ja auch schon ein gewisser Fortschritt!

Aber im Ernst – und da will ich Sie ausdrücklich loben – –

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

Bitte einen Moment Ruhe! Nehmen Sie doch das Lob entgegen! – Ich finde es gut, dass die Opposition sich der Mühe unterzieht, sich auch einmal mit der Konsolidierung zu beschäftigen, und dass Sie das offensichtlich als eine Aufgabe auch Ihrer politischen Tätigkeit ansehen. Das finde ich eine gute Entwicklung, die wir mit Sicherheit unterstützen werden. Allerdings ist ein Haushaltssanierungsgesetz kein Selbstzweck, sondern es geht darum, strukturelle Veränderungen, die langfristig wirken, zu initiieren, und wir standen bei diesem Haushalt tatsächlich vor der