Protokoll der Sitzung vom 30.11.2000

Ihrer Rede kann man nur wenig entnehmen. Sie haben zwar offensichtlich das Problem erkannt. Aber wo sind Ihre Konzepte, wo ist Ihr Handeln? Sie sagen hier, dass in Brandenburg 350 Deponien seien, in Berlin aber wesentlich weniger. Wenn Sie das auf die Flächen umrechnen, werden Sie deutlich erkennen, dass es hier in Berlin ein großes Problem gibt.

[Dr. Rogall (SPD): Die Zahlen stimmen wieder gar nicht!]

Wenn Sie davon sprechen, dass es viele ordnungsgemäße Anlagen hier gibt und viele Betreiber, die den gesetzlichen Bedingungen gerecht werden, dann ist das richtig, aber es gibt eben darunter auch sehr viele schwarze Schafe, und da ist die Frage was Sie tun. Was unternimmt der Senat, was unternimmt Ihre Verwaltung gegen diese schwarzen Schafe, was machen Sie im Senat gegen dieses Dumping? Da Sie ansonsten nicht sehr viel anzubieten haben, kann ich mich eigentlich nur auf diesen Fortschreibungsbericht konzentrieren, den Sie uns in dieser Woche überreicht haben. Das ist zwar sehr interessant, dass Sie von sich aus eine Fortschreibung vorgenommen haben, aber beim genauen Lesen muss man doch feststellen, dass der Fortschritt beim Abbau illegaler Deponien nur sehr gering ist.

Wenn man hier an verschiedenen Stellen liest, kann man nur den Hinweis sehr kritisch nehmen, dass Sie Akten an die Bezirke übergeben. Plötzlich werden offenbar genehmigungspflichtige Anlagen zu nicht genehmigungspflichtigen Anlagen, weil Adressen nicht mehr vorhanden sind. Was tut Ihre Verwaltung da? Wie arbeitet sie hier? Das kann es doch nicht sein! Das ist kein vernünftiges Verwaltungshandeln. Es werden nicht auf einmal genehmigungspflichtige Anlagen zu nicht genehmigungspflichtigen Anlagen!

Bei dem Bericht muss man auf der einen Seite die illegalen Abfalldeponien sehen; auf der anderen Seite sind viele Flächen angegeben, die durch Bürger genutzt werden, die ihren Sperr

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müll auf kurzem Weg und kostenlos loswerden wollen. Das ist eine Unsitte, die sich im Land Berlin sehr ausgebreitet hat. Hier ist dringend Handeln notwendig.

In dem Bericht ist unter 5.3 zu Lichtenberg eine Fläche in Karlshorst angegeben; das ist eine landeseigene Fläche. Da wird dann zwar gesagt, dass Kühlschränke beseitigt wurden und dass keine Gefahr für die Umwelt mehr bestehe, aber es wird auch ausgesagt, dass es noch Halden gibt, wo die Verunreinigung nicht bekannt ist. Die Bürger sind da wesentlich kritischer. In der „Berliner Zeitung“ vom 29. November wurde ein Artikel veröffentlich, in dem geringfügige Beräumungen aufgezeigt wurden, aber die Sicherung dieser Fläche wurde als völlig unzureichend dargestellt. Es können dort weiterhin Kühlschränke, Autoreifen etc. abgelegt werden. Für die Kinder ist das sicherlich ein abenteuerlicher Spielplatz, aber dem ist kein Hindernis entgegengesetzt worden.

Die Sicherung der Flächen ist unbedingt erforderlich. Wir können dem Stadtrat Geisel folgen, wenn er sagt, das könne aus dem Bezirkshaushalt nicht geleistet werden; es könnten nicht Mittel von Schulen und Kitas in Anspruch genommen werden, und es müssten andere Mittel her. Da sind der Senat und die Stadt gefragt. Hier müssen Veränderungen der Regelungen erfolgen.

Wir denken, dass Veränderungen nur wirksam werden, wenn sie mit drastischen Erhöhungen von Bußgeldern verbunden sind. Erst wenn es den Leuten ans Geld geht, sind sie bereit, geordnete Wege zu gehen. Dies sollte man in Angriff nehmen. Wir sehen auch die Notwendigkeit, dass die BSR ihr Angebot erweitert. Die Schließung von Recyclinghöfen und zeitliche Begrenzungen der Annahme sind nicht kundenfreundlich. Dies bietet keinen Anreiz für eine ordnungsgemäße Entsorgung.

Es ist auch darüber nachzudenken, wie der Abfall von den öffentlichen Flächen entfernt wird. Die Bauämter beauftragen die BSR, die Rechnungen gehen an die Senatsverwaltung für Finanzen, und dort wird bezahlt, die Sache scheint erledigt zu sein. Uns interessiert, welche Kosten auf Dauer entstehen. Wir werden dazu noch einmal parlamentarisch tätig werden.

In der gestrigen Sitzung gab es zwei Beschlüsse, die uns hoffentlich ein Stück dem Ziel näher bringen, dass die illegalen Deponien in Zukunft verschwinden. Es gab den Änderungsantrag der Fraktionen CDU und SPD zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Wir fanden die Aufforderungen darin weitreichender als die der Grünen. Wir sehen es als einen wichtigen Punkt an, dass eine Unterstützung für die Änderung der Vierten Bundes-Immissionsschutzverordnung auf Bundesebene gegeben wird. Das wird in Zukunft ein wichtiger Schritt sein.

Wir sind sehr gespannt auf die Berichterstattung im März 2001, denken aber, dass es nicht reicht, dass es 10 Deponien weniger werden. Es wurde hier schon gesagt, dass ständig Deponien hinzu kommen. Dies muss in jedem Fall schneller gehen, und Sie müssen tätig werden.

Im zweiten Antrag, der gestern behandelt wurde, ging es um die Bauordnung. Auch dazu ist ein Schritt beschlossen worden, der hoffentlich in Zukunft mehr Sicherheit geben wird, nämlich die Anforderung, vor der Nutzungsaufnahme Sicherungsleistungen zu tätigen. Vielleicht hilft das ein Stück weiter.

Für uns ist es ein Schwerpunkt, dass die Verwaltungszuständigkeiten in eine Hand kommen. Die derzeitigen Verhältnisse sind so, dass die Senatsverwaltung in zwei Abteilungen tätig wird, aber auch die Bezirke tätig werden, und dort ist es auch in mehreren Händen. Das ist ein untragbarer Zustand. Dies muss in eine Hand gelegt werden, um zügiges Handeln zu ermöglichen.

Herr Senator, ich denke, dass nur positive Ergebnisse zählen. Die haben wir heute vermisst. Sie haben viel zu tun. Wir sind sehr gespannt auf Ihren Bericht im März. – Danke!

[Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Dr. Rogall das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema, das wir hier behandeln, hat die große Ernsthaftigkeit, mit der wir es bereits im Umweltausschuss und heute hier im Plenum behandeln, wahrlich verdient. Auf Grund der leicht verdienten Mark – teilweise gibt es hier Gewinnspannen wie im Drogenhandel – und der Nachlässigkeit der Bezirke hat sich in den vergangenen Jahren in Berlin-Brandenburg eine organisierte Kriminalität entwickelt, die wir nicht länger hinnehmen werden.

Wie in den Protokollen nachzulesen war, hat die Kollegin Hämmerling die erzielten Erfolge – immerhin 20 % sind bereits angegangen worden – ironisiert. Ich sage Ihnen dazu, Frau Hämmerling, Sie hätten Recht, wenn Sie heute endlich dem zuständigen Senator für die Erfolge gratulieren würden, –

[Ach! und Gelächter bei den Grünen]

Ihr Problem ist, dass Sie nie zu Ende hören können, weil Sie in Ihrem nicht mehr ganz so jugendlichen Leichtsinn nicht mehr die Zeit haben, offensichtlich auch Sie, Herr Cramer, einen Satz zu Ende anzuhören. – gleichzeitig aber ihn auffordern würden, nicht nachzulassen, auch wenn die meiste Verantwortung bei den Bezirken liegt. Unsere Verantwortung bleibt, auch wenn die eigentliche Verantwortung bei den Bezirken liegt. In 10 Bezirken liegen immerhin noch illegale, teilweise riesige Abfallberge mit mehreren Tausend Kubikmetern gemischter Bauabfälle, von denen erhebliche Gefahren ausgehen können. Wir können und wollen da nicht wegsehen.

Nachdem diese Probleme in der letzten Legislaturperiode virulent wurden, haben die Koalitionsfraktionen im Koalitionsvertrag eine Lösung verabredet. Gerade auch dem Kollegen Goetze haben wir hier deutliche Worte zu verdanken.

[Beifall bei der CDU]

Ja, wenigstens die CDU applaudiert einmal an der richtigen Stelle!

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU]

Es ist ja skandalös, was sich hier abspielt, obwohl ich meiner Fraktion schon dreimal die Möglichkeit zum Beifall gegeben habe.

Mit dem heute vorliegenden Antrag Drucksache 14/860 und der vom Umweltausschuss verabschiedeten Novellierung der Bauordnung haben die Koalitionsfraktionen ein Maßnahmenbündel vorgelegt, das den kriminellen Sumpf trockenlegen wird.

[Dr. Steffel (CDU): Jawoll!]

Dieser Ansicht hat sich der Ausschuss auch mit seinem Abstimmungsverhalten Ausdruck verliehen. Nur eine kleine – um nicht zu sagen: die kleinste – Partei hat leider nicht immer mitstimmen können.

Erstens: Wir setzen durch, dass das Land Berlin bei der Vergabe der Bauabfallentsorgungsleistungen nur noch Entsorgungsfachbetriebe oder Unternehmen mit gleichen Standards berücksichtigt. Keinen öffentlichen Auftrag mehr an Unternehmen, die mit Kriminellen gemeinsame Sache machen!

[Starker Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

So meinte ich das vorhin!

[Cramer (Grüne): Es muss auch ein Grund dafür da sein!]

Ja, Herr Cramer, Sie könnten auch einmal an den richtigen Stellen mit applaudieren!

[Starker Beifall bei der SPD und der CDU]

Liebe Kollegen und Kolleginnen von den Grünen! Ich begreife Sie gar nicht. Wenn Sie zuhörten, würden Sie bei jeder dieser Einzelforderungen nur applaudieren können!

[Oh! von den Grünen – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Dieser Forderung haben Sie sich doch angeschossen!

Wir wollen zweitens die Bauordnung so verändern, dass die Bauherren von vornherein die Abfallmengen und die Entsorger angeben müssen, damit wir im Nachhinein überprüfen können, ob diese Angaben auch erfüllt worden sind.

Wir wollen drittens, dass die Bauherren verpflichtet werden, bei der Bauabnahme auch Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung vorzulegen. Es muss überprüfbar sei, dass nicht die schwarzen Schafe, die zu Billigstpreisen anbieten, sondern die Unternehmen, die sich gesetzestreu verhalten, die Entsorgung durchführen.

Viertens fordern wir den Senat auf, den Gesetzesentwurf der rot-grünen Bundesregierung zur Novellierung der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Bundesrat zu unterstützen. – Nicht einmal hier klatschen Sie! Ich verstehe das gar nicht!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich dachte immer, dass Sie an der Bundesregierung beteiligt seien und solch eine Unterstützung begrüßen würden. Aber Sie stellen sich trotzköpfig hin und haben beschlossen: Das wollen wir jetzt nicht, auch wenn das richtig ist. – So werden Sie im Land Berlin nicht regierungsfähig werden können!

[Bravo! von der CDU – Starker Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

So einen Applaus habe ich von der CDU noch nie bekommen!

[Heiterkeit bei der CDU]

Als wichtigstes Instrument könnte sich die gestern vom Umweltausschuss beschlossene Novellierung der Bauordnung erweisen, die eine Bankwirtschaft für bestimmte Bauabfallverwerter einführt und damit den Kriminellen die Grundlage ihres wirtschaftlichen Handelns entzieht, während die Gesetzestreuen die notwendigen Wettbewerbsvorteile erhalten, die sie für ihre Arbeit in der Tat brauchen.