Protokoll der Sitzung vom 30.11.2000

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Gut, Sie weisen es gerade an, also gehe ich davon aus, dass das dann auch entsprechend durchgesetzt wird.

Die Berliner SPD hat sich jedenfalls dazu entschlossen, zusammen mit ausländischen Vereinen eine Aktion für Einbürgerung zu starten, die im Rahmen derer die einbürgerungswilligen Bürgerinnen und Bürger telefonisch beraten. Und ein Wort sei mir auch hier noch mal gestattet, ich habe es auch im Hauptausschuss gesagt: Wir werden selbstverständlich im Januar durch entsprechende Nachfragen bei der Senatsinnenverwaltung überprüfen, ob der gewählte Weg zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Zuerst lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS abstimmen, Drucksache 14/522-1. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag empfiehlt der Ausschuss ebenfalls die Ablehnung. Wer dem Antrag Drucksache 14/522 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 12, Drucksache 14/808:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Betriebe und Technologie vom 13. November 2000 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Zukunft für die Love-Parade auf dem Tempelhofer Flugfeld, Drucksache 14/338

Der Ältestenrat empfiehlt hier für die Beratung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Dazu höre ich auch keinen Widerspruch. Mit den Wortmeldungen beginnt die Fraktion der Grünen. Frau Paus hat das Wort – bitte schön, Frau Paus!

[Dr. Steffel (CDU): Kenn’ ich doch schon!]

Herr Steffel, dann gehen Sie doch einfach raus, wenn Sie es nicht noch einmal ertragen können.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Dr. Steffel (CDU): Ich muss ja auf Sie aufpassen hier!]

Ich schaffe das schon alleine, danke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Love-Parade geht 2001 in ihr zwölftes Jahr. Sie ist inzwischen zu dem jugendkulturellen Großereignis der Stadt mit einer Ausstrahlung weit über Berlin hinaus geworden,

[Beifall bei der CDU]

zieht Raver und Technofreaks aus der ganzen Welt an und ist mittlerweile das touristische Zugpferd und Markenzeichen Berlins, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

[Rabbach (CDU): Daraus müssen Sie die Konsequenzen daraus ziehen!]

Und das alles entstand wieder einmal nicht wegen, sondern trotz des Berliner Senats.

[Beifall bei den Grünen]

Der lange Atem der großen Koalition ist ja inzwischen sprichwörtlich. Hektische Betriebsamkeit kann man ihr wirklich nicht vorwerfen. Aber 12 Jahre, finde ich, sollten genug sein, auch für den Berliner Senat, um endlich eine dauerhafte Sicherung dieses Events und eine allen Bedürfnissen gerecht werdende Lösung zu finden. Stattdessen steigt der Senat in den Wettkampfring mit der grünen Lunge Berlins, um auszutesten, wer denn wohl den längeren Atem hat – der Tiergarten oder der Senat. Das, finden wir, kann nicht sein.

[Beifall bei den Grünen]

(A) (C)

(B) (D)

Wir sagen: Um die Love-Parade endlich auf eine gesicherte Grundlage zu stellen, müssen wir endlich zwei Dinge klären, und das geht ganz ohne Dramatik und ohne rhetorische Schlacht, es ist einfach geboten. Zum einen sollte die Stadt endlich dokumentieren, dass es ein stadtweites öffentliches Interesse gibt, dass die Love-Parade als Großereignis zu Berlin gehört. Dazu gehört aber auch die Feststellung, dass so ein auch kommerzielles Großereignis etwas anderes ist als eine politische Demonstration.

[Beifall bei den Grünen]

Die Love-Parade ist keine politische Demonstration. Sie gibt sich nicht als solche, und die Organisatoren, Planetcom, verstehen sie auch nicht als eine solche, was sie deutlich demonstrieren, wenn sie z. B. die Fernseh- und sonstigen Übertragungsrechte verkaufen, wenn sie z. B. Teilnahmegebühren für Wagen von bisweilen 30 000 DM verlangen etc. Die Love-Parade ist wie der Karneval der Kulturen der Welt, wie der Kölner Karneval ein öffentlicher Umzug, der grundgesetzlich abgesichert ist auch ohne das Mäntelchen der politischen Demonstration.

[Cramer (Grüne): Werthebach, aufpassen! – Bm Dr. Werthebach: Das müssen Sie sagen!]

Das Land Berlin und die Bezirke müssen sich nur darauf verständigen, dass sie das auch wollen. Und das stellt, denke ich, keiner in diesem Hause und kein politisch Verantwortlicher in dieser Stadt in Frage. Es muss eben einfach nur gemacht werden.

[Beifall bei den Grünen]

Zum Zweiten muss der Tiergarten endlich von der jährlichen Tortur entlastet werden. Auch wenn Senator Branoner in diesem Jahr alternative Routen ganz unvoreingenommen und ausführlich geprüft und schließlich verworfen hat: Das kann nicht das letzte Wort in dieser Sache gewesen sein.

[Beifall bei den Grünen]

Das kann es einfach deswegen nicht, weil die Bodenverdichtung im Tiergarten, weil die Zerstörung der Vegetation dort mittlerweile ein Ausmaß angenommen haben, das im Normalfall schon längst als Umweltstraftat geahndet worden wäre.

[Beifall bei den Grünen]

80 Güllecontainer a` 20 Kubikmeter Flüssigkeit, damit lässt sich eine Jauchegrube ganz ordentlich füllen. Aber eine Jauchegrube mitten in Berlin, direkt neben dem Sitz des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue oder neben dem Bundeskanzleramt, das kann doch nicht wirklich Ihre Zukunftsvision vom Tiergarten sein, Herr Branoner, der aber leider heute nicht anwesend ist.

Wir haben deswegen den Vorschlag unterbreitet, die LoveParade auf dem Tempelhofer Flugfeld neu zu etablieren.

[Rabbach (CDU): Da wird geflogen!]

Dafür gibt es viele gute Gründe, und nicht nur den, dass „Friede, Freude, Eierkuchen“ oder „One world – one future“ gut zu der Geschichte und Funktion des Tempelhofer Flughafens und dem Platz der Luftbrücke passen. Das Sicherheitsproblem, bei einem Auflauf so vieler Menschen kein unbedeutendes, wäre wegen der Großzügigkeit des Geländes keines mehr. Und ohnehin ist der Flughafen Tempelhof als Veranstaltungsort eingeführt. Katja Riemann z. B. hat ihren Geburtstag dort gefeiert. Und der Flughafen wurde sehr wohl bereits geschlossen für Veranstaltungen, z. B. beim Tag der offenen Tür und bei der Feier anlässlich der 50 Jahre der Berliner Luftbrücke. Und das war auch angesichts der Überkapazitäten an Slots an den drei Berliner Flughäfen wirklich kein Problem. So weit also unser Vorschlag. Und was passierte? – Obwohl Sie von der CDU und SPD unserer Einschätzung in der politischen Problematik im Prinzip folgen, denn von Ihnen kam ja der Vorschlag, unseren Antrag nicht etwa im Innenausschuss, wie es für die Diskussion über eine politische Demonstration angezeigt wäre, zu behandeln, sondern im Wirtschaftsausschuss und im Umweltausschuss, aber obwohl dem so ist, haben Sie von CDU und SPD sich in der Sache kein bisschen bewegt. Schlimmer, Sie haben Desinteresse zur Schau gestellt. Senator Branoner sah sich nicht einmal bemüßigt, auf

Fragen aus dem Ausschuss zu reagieren, und Herr Steffel fiel als Ausschussvorsitzendem mangels Argumenten nichts Besseres ein, als die Sitzungsleitung zu manipulieren.

[Och! von der CDU]

Und das, obwohl sie wissen, dass in spätestens 5 Monaten die Debatte um die Rettung des Tiergartens in die nächste Runde geht. Ich finde Ihr Verhalten verantwortungslos, und als solches werden wir es auch weiterhin brandmarken. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat Herr Brauner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Ich hoffe, Sie haben eben gut zugehört!]

Ich habe gut zugehört! Aber das ist ja nicht die erste Debatte in diesem Haus und zu diesem Thema „Love-Parade“ und vor allem über den Standort.

Die erste Frage, die man sich hierbei stellen muss, lautet, ob wir die Love-Parade in der Stadt haben wollen. Ich denke, es sollte Konsens bestehen, dass wir die Love-Parade in Berlin haben wollen. Dann muss man auch die Frage nach dem adäquaten Rahmen für dieses Ereignis stellen.

Wenn wir uns einmal die Alternativvorschläge für einen anderen Standort vergegenwärtigen – da wurde von der Frankfurter Allee gesprochen, vom Tempelhofer Damm, vom Kaiserdamm, vielleicht auch die Heerstraße –, dann wird jetzt auch noch der Flughafen vorgeschlagen. Es mag vielleicht den einen oder anderen Grund geben, der für diesen Standort spricht, aber es gibt auch ernsthafte Gründe, die dagegen sprechen. Um eine Love-Parade durchzuführen, die auch ein entsprechendes Gewicht und angemessen wahrgenommen wird, bedarf es eines vernünftigen Rahmens, in dem die Love-Parade stattfinden kann.

Wir haben die verschiedenen Erfahrungen auch mit dem Wachstum der Love-Parade gemacht, und es ist klar erkennbar, dass die derzeitige Strecke diejenige ist, die – bei Abwägung aller Gesichtspunkte – geeignet ist. Sicherlich gibt es begründete Bedenken wegen des Tiergartens, aber man kann auch Überlegungen anstellen, wie man dieser Problematik Herr werden könnte. Da ist sicherlich auch die Verwaltung gefordert. Ich bin der Meinung, dass sich eine Lösung finden lassen müsste.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das hätten Sie in den vielen Jahren schon machen müssen!]

Man kann sich nicht nur hinstellen und sagen, es gebe keine Lösung, wir müssten uns etwas anderes suchen.