Protokoll der Sitzung vom 30.11.2000

Zum Antrag meiner Fraktion sagte die Senatorin im Mai dieses Jahres:

Wenn wir dafür eine Mehrheit im Parlament bekommen, bin ich gerne bereit, so etwas gemeinsam mit Ihnen durchzuziehen.

Frau Schöttler, ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie werden nicht dafür bezahlt, dass Sie etwas „gemeinsam mit“ uns „durchziehen“. Sie werden dafür bezahlt, dass Sie die Interessen der Frauen in dieser Stadt – übrigens auch im Senat – vertreten. Wenn Sie dazu nicht bereit oder in der Lage sind, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich, geben Sie Ihre Funktion besser ab.

[Beifall bei den Grünen – Beifall der Abgn. Frau Baba (PDS) und Liebich (PDS)]

Auf die Frage, für wie viele Beschäftigte eine Frauenvertreterin zuständig ist, gibt das LGG bisher keine Antwort. Es ist die Rede von einer Freistellung „im erforderlichen Umfang“. Dies ist aber, wie wir alle wissen, ein unbestimmter Rechtsbegriff und hat schon in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Gerichte entscheiden mussten, was „im erforderlichen Umfang“ heißt. Deshalb muss endlich eine klare Aussage ins Gesetz, für wie viele Beschäftigte eine Frauenvertreterin freizustellen ist. Wir stimmen völlig mit Frau Wissell, der SPD-Bezirksbürgermeisterin und der Vorsitzenden des Frauenausschusses beim Rat der Bürgermeister, überein. Ich zitiere:

Hier wäre eine klare Aussage eine Hilfe. Denn wenn im Gesetz steht „im erforderlichen Umfang“, dann ist das interpretierbar. Daher ist es wichtig, dass die Frauenvertreterin abgesichert ist und dass klar ist, unter welchen Bedingungen die Arbeit geleistet wird.

Recht hat sie, die Frau Bezirksbürgermeisterin und das SPDMitglied aus Charlottenburg!

Deswegen hat meine Fraktion einen klaren und differenzierten Antrag eingebracht, um diese Frage zu regeln. Wir haben eine Anhörung im Ausschuss dazu veranstaltet, und es gab eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen, ohne Gegenstimme und mit den Stimmen der Fachabgeordneten der SPD- und der CDU-Fraktion.

Würden Sie zum Schluss kommen, Frau Kollegin?

Ich komme zum Ende, Herr Momper! Aber es ist schon ein relativ seltener Vorgang, den ich trotzdem in der Kürze der Redezeit bewältigen werde.

Dann hätten Sie doch gleich damit anfangen sollen, das wäre besser gewesen!

[Heiterkeit]

Vielleicht sollten wir uns auf eine längere Redezeit zu solchen Themen verständigen.

Die Fachabgeordneten haben eine gemeinsame Beschlussempfehlung ausgesprochen; sie entspricht nicht ganz unseren Wünschen, aber sichert immerhin eine Mindestausstattung ab. Der Hauptausschuss, der immer sehr lange tagt, hat nachts um 1.30 Uhr, ohne dieses Thema inhaltlich zu beraten – das haben sie ja nicht nötig, darauf verzichten sie –, mit den Stimmen von CDU und SPD beschlossen, die Beschlussempfehlung des Fachausschusses gegen ihre eigenen Abgeordneten abzulehnen. Wir machen so etwas nicht mit. Ich fordere Sie auf, der Beschlussempfehlung von allen Fraktionen aus dem Fachausschuss zuzustimmen. Um die Verwirrung zu steigern, zitiere ich aus dem Protokoll des Hauptausschusses. Da steht geschrieben: –

Kurz, bitte, Frau Kollegin!

– „Der Ausschuss schließt sich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen an.“ – Ich hoffe, das tun Sie jetzt hier auch.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr Frau Galland das Wort. – Frau Galland, Sie sind mir hier als Rednerin aufgeschrieben worden. – Sie werden nicht sprechen? – Dann ist der Nächste dran – Frau Holzheuer-Rothensteiner für die Fraktion der PDS. – Bitte schön!

[Unruhe]

Frau Kollegin! Lassen Sie sich nicht durch die Unruhe hier im Raum irritieren. Vielleicht können auch die Herren bei diesem schwierigen und wichtigen Thema zuhören.

Vielen Dank, Herr Präsident! Noch einmal zur Information: Jetzt kommt d i e nächste Redner i n – weil Sie d e n Redner angekündigt haben!

[Vereinzelter Beifall bei der PDS und den Grünen]

Meine Damen und Herren! Ziel des vorliegenden Antrags der PDS-Fraktion war es, im Zusammenhang mit den Herausforderungen der Bezirksfusion für die Frauenvertreterinnen im öffentlichen Dienst endlich eine verbindliche und ihren gesetzlichen Aufgaben angemessene gestaffelte Freistellungsregelung zu schaffen. Dies ist auch die Intention des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen.

Beide Anträge haben allerdings, obwohl gemeinsam diskutiert, eine sehr unterschiedliche Geschichte erfahren. Während im Laufe der Antragsdebatte im Arbeitsausschuss klar wurde, dass der weitergehende PDS-Antrag keine Mehrheit bekommen würde – er wurde dann auch abgelehnt, und wir mussten uns damit abfinden –, wurde der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Grundlage für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der dann nach einem komplizierten Diskussionsprozess als Kompromiss von allen Fraktionen getragen wurde. Der Kompromiss sieht vor, dass die stellvertretenden Frauenvertreterinnen nicht, wie von PDS und Bündnis 90 vorgeschlagen, schon ab 1 500, sondern erst ab 3 000 Beschäftigte freigestellt werden sollen. Dieser Beschluss ging so in den Hauptausschuss, und wurde hier allerdings mit Mehrheit der Stimmen der Koalition – das hat Frau Klotz schon erwähnt, und es ist durchaus noch einmal erwähnenswert – ohne Debatte abgelehnt.

Genau dies hat nun zu der Situation geführt, dass wir wieder am Anfang stehen, nämlich bei der bedarfs- und ermessensabhängigen Regelung gemäß Landesgleichstellungsgesetz, die inzwischen zu der Situation geführt hat, dass die Freistellung der Frauenvertreterinnen nirgendwo dem tatsächlichen Bedarf entspricht. In Bezirken wie Neukölln, Spandau oder Reinickendorf wird die Freistellung dem Arbeits- und Aufgabenvolumen der Frauenvertreterinnen schon lange nicht mehr gerecht. In der Mehrheit der neuen Großbezirke wird dies angesichts der Verdreifachung der Beschäftigtenzahlen – teilweise ist es noch mehr – bei Drittelung der Anzahl der Frauenvertreterinnen und der dann noch neu hinzu kommenden Aufgaben – durch § 6 Verwaltungsreformgesetz – nun schon gar nicht der Fall sein. Ein paar Zahlen hat Frau Dr. Klotz vorhin schon genannt. Die Bezirke Mitte, Wedding und Tiergarten werden z. B. bei weit über 4 000 Beschäftigten nur eine Frauenvertreterin haben; in Hohenschönhausen und Lichtenberg ebenso, auch in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee. Hinzu kommt, dass Frauenvertreterinnen künftig an neuen Aufgaben zu beteiligen sind, z. B. im Personalmanagement, wozu u. a. die Mitarbeiterbefragung, das Führungskräftefeedback, die Rotation usw. gehören. Man muss sich einmal klar machen, was es bedeutet, wenn die Frauenvertreterinnen ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen sollen. Frauenvertreterinnen sind eben nicht Teil eines Kollektivorgans; sie können nicht durch jemand anders ersetzt und vertreten werden. Sie sind jeweils einzeln für individuelle Probleme und Anliegen von Frauen zuständig.

Die Situation ist klar: Wir haben verantwortungsbewusst im Sinne der Frauenvertreterinnen und der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu entscheiden. Unsere Fraktion wird dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zustimmen, weil er über die jetzige Regelung im LGG hinaus geht und zumindest die Freistellung der Stellvertreterin in vollem Umfang ab 3 000 Beschäftigte gewährleistet. Genau dies war fraktionsübergreifender Konsens im Arbeitsausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt Frau Dunger-Löper das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Klotz! Ich möchte als Erstes sagen, dass die SPD-Fraktion die Frauenpolitik bei unserer Senatorin gut aufgehoben weiß.

[Beifall bei der SPD]

Das zu Ihrem Kommentar an dieser Stelle.

Sie haben sich alle auf die Hauptausschusssitzung vom 15. November bezogen und Ihr Erstaunen darüber kundgetan, dass dort ohne Debatte über die Beschlussempfehlung des Arbeitsausschusses abgestimmt wurde. Es war nicht einmal nachts um 1 Uhr, sondern noch vor 22 Uhr, aber das ist sicherlich auch für den Hauptausschuss eine ungewöhnliche Situation. Es repräsentiert insgesamt nicht die Diskussion, die es um diese Frage und diese Anträge gegeben hat. Sie ist in unserer Partei und darüber hinaus breit geführt worden. Das hat auch einen Grund. Das Landesgleichstellungsgesetz wurde von uns Frauen und unseren Vorgängerinnen in diesem Hause in zähem Ringen erkämpft. Die Umsetzung bzw. die Einhaltung dieses Gesetzes wird genau beobachtet. Das ist auch der Hintergrund der jetzigen Debatte.

Es geht, um es noch einmal klar zu sagen, um die Freistellung und die Vertretungsregelung der Frauenvertreterin. Im geltenden Gesetz erfolgt die Freistellung – ich zitiere – „im erforderlichen Umfang“ für die gewählte Frauenvertreterin und ggf. auch für ihre Vertreterin oder ihre Vertreterinnen. Was „im erforderlichen Umfang“ ist, ist in den einzelnen Dienststellen festzulegen.

Und Sie haben die Befürchtung gehabt, dass durch die Fusion von Verwaltungen – einerseits auf Senatsebene, andererseits durch die Bezirksgebietsreform – größere Verwaltungseinheiten entstehen bzw. ab Januar 2001 entstehen werden und damit das Gesetz nicht mehr im umfänglichen Maße erfüllt werden kann.

Die Antragsteller haben hier nun vorgeschlagen, in Analogie zum Personalvertretungsgesetz den Umfang der Freistellung der Frauenvertreterinnen festzuschreiben, und zwar in Analogie zur Zahl der Mitarbeiter. Die SPD-Fraktion in ihrer Mehrheit hat die bestehende Regelung als eine bessere Lösung angesehen, die den einzelnen Verwaltungen – und hier natürlich auch den Bezirken, wenn sie es für nötig halten – die Ausgestaltung freistellt. Insofern werden wir der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses folgen.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dunger-Löper! – Zum Gesetzesänderungsantrag der Fraktion der PDS empfehlen die Ausschüsse die Ablehnung. Wer dem Gesetz, Drucksache 14/463, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion der Grünen ist dieser Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Grünen, Drucksache 14/482, empfiehlt der Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen mit der Beschlussempfehlung Drucksache 14/813 die Annahme in neuer Fassung. Der Hauptausschuss empfiehlt zum Antrag einschließlich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen die Ablehnung. Ich lasse zuerst über den Ursprungsantrag der Grünen abstimmen. Wer

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. Luther

so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun lasse ich noch einmal über die Neufassung des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 14/813 abstimmen, zu der der Hauptausschuss die Ablehnung empfiehlt. Wer stimmt diesem Antrag zu?

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das ist kein Antrag, sondern eine Beschlussempfehlung!]

Pardon! – Dann ist das so abgelehnt.

[Zurufe]

Dann lasse ich noch einmal abstimmen über die Neufassung des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 14/813. Wer so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen! Dann ist der Antrag abgelehnt!

[Zurufe von der CDU: Zwei Enthaltungen!]