Protokoll der Sitzung vom 30.11.2000

[Beifall bei der CDU – Wieland (Grüne): Unverschämter Knilch!]

Für die Fraktion der PDS hat Herr Querengässer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, insbesondere auf Grund der gescheiterten Klimaschutzkonferenz in Den Haag geben diese Anträge der Bündnisgrünen hier schon einen wichtigen Impuls für die kontinuierliche Fortsetzung der Klimaschutzpolitik im Land Berlin. Aber ich halte es für fraglich, ob tatsächlich immer neue und – meines Erachtens auch mit heißer Nadel gestrickte – höhere Forderungen an Energiestandards innerhalb der Berliner Bauordnung auch realistisch sind.

Die Forderung, 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter Jahresheizwärmebedarf festzuschreiben – und dies völlig undifferenziert zu fordern –, halte ich nicht für realistisch. Vielleicht ist dies für Mehrfamilienhäuser oder Wohnhäuser möglich, vielleicht funktioniert es auch noch bei Zweifamilienhäusern, aber bei Einfamilienhäusern ist es kaum möglich, ohne dass die Baukosten extrem in die Höhe schnellen.

[Berger (Grüne): Da sind die Fachleute aber anderer Meinung!]

Am Ende sind dann nur einige wenige privilegierte Bauherren in der Lage, überhaupt noch in Berlin zu bauen. Sie wissen doch, höhere Baupreise haben weniger Bauvorhaben zur Folge, weniger Bauvorhaben bedeutet weniger Beschäftigte. Dabei haben wir in der Region Berlin-Brandenburg bereits 30 000 arbeitslose Bauarbeiter. Das sollte Anlass genug sein, diese Dinge auch differenziert zu betrachten. Vielleicht könnte man sich in Bezug auf den Bau von Einfamilienhäusern auf einen Kompromiss verständigen, beispielsweise mit 70 Kilowattstunden pro Jahr. Im Ausschuss lässt sich vielleicht eine vernünftige Lösung finden.

Wenn nun noch Förderregularien hinzukommen, die den Landeshaushalt belasten und eine Umverteilung der Mittel von unten nach oben zur Folge haben, dann ist dies mit der PDSFraktion nicht zu machen.

[Berger (Grüne): Wie kommen Sie denn darauf?]

Was von der Bundesregierung oder von einer Weltklimakonferenz nicht geleistet werden kann, das darf auch nicht zu Lasten der Berliner Landeskasse gehen.

[Berger (Grüne): Bewerben Sie sich mit der Rede bei der CDU-Fraktion?]

Die Kollegen in der Bundesregierung könnte man dagegen einmal anregen, zum Beispiel über Steuerabschreibungen einfache und überschaubare Förderregularien zu schaffen und dies im Bereich der solaren oder energieeffizienten Bauweise umzusetzen. Hier ist offensichtlich der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit einfach ignoriert worden.

Ich verstehe auch Ihre Verliebtheit in die Solaranlagenverordnung. Aber die Zeit ist nicht stehen geblieben. Heute, die hohen Investitionen des Warmwasserbedarfs zu 30 bis 60 % aus Solaranlagen zu decken, ist völlig unökonomisch. Hier gibt es neue Erkenntnisse, nach wie vor besteht der höchste Energiebedarf bei den Heizungen, nur zu geringen Teilen beim Warmwasser. Das bedeutet, wenn Solarthermieanlagen installiert werden, wenn an dieser Stelle investiert, dann muss man heutzutage auch immer damit eine Unterstützung der Gebäudeheizung ankoppeln. Dann lohnen sich nämlich die Investitionen und auch für die Mieter oder die späteren Nutzer.

Heute gibt es längst neue Baustandards oder neue Bautechnologien, die dies auch wirtschaftlich gestalten. Zum Beispiel beim Einsatz von Solarthermieanlagen mit bivalent arbeitenden Wärmepumpanlagen bietet die Bewag nicht nur Ökostrom an, sondern auch einen sehr günstigen Wärmepumpentarif. Ich halte das für einen wichtigen Beitrag des Berliner Energieversorgers, auf der einen Seite für Klima und Umwelt und auf der anderen Seite aber auch für die Arbeitsplätze im Berliner Energieerzeugerbereich.

Wir brauchen zweifellos einen Energiepass für alle neuen Gebäude, aber eben auch für die Gebäude im Bestand.

[Berger (Grüne): Bringen Sie doch auch einen Antrag ein!]

Der Einsatz von Blockheizkraftwerken, der hier im Bereich der Krankenhäuser gefordert wird, ist nur ein Teil von dem, was notwendig wäre. Der Kostendruck besteht gleichfalls in anderen Einrichtungen des Landes Berlin, ob es Schwimmbäder sind, Altenheime oder oder. Der Antrag greift hierbei etwas zu kurz.

Ich fasse zusammen: Warum kommen wir nicht zuerst einmal auf das, was wir an Gesetzen und Regelungen, Programmen und Konzepten in Berlin bereits haben? Auf dem Papier – da stimmen wir vielleicht auch überein, Herr Senator – ist Berlin Spitze, was jedoch davon auch tatsächlich umgesetzt wird, ist im Verhältnis dazu recht wenig. Solange das Landesenergieprogramm vom Senat nur als Mohnschnuller für die Abgeordneten betrachtet wird, nach dem Motto: „Wir – der Senat – machen ohnehin nur das, was uns gefällt und was wir für richtig halten.“, dann ist das zwar einiges, aber längst nicht alles. Die punktgenaue Kontrolle des Parlaments fehlt, die Rechenschaft fehlt.

Die Vorschläge in den eingebrachten Anträgen halte ich für beratungsnotwendig und verbesserungswürdig. Eines sollte jedoch klar sein: Eine Energiepolitik, die an den tatsächlichen sozialen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Berliner Bevölkerung vorbeigeht, hält die PDS-Fraktion für falsch und auch nicht für durchsetzbar. Wir bejahen nachhaltige Energiepolitik, aber nicht zu Lasten des Landeshaushalts, nicht seiner selbst wegen und auch nicht zu Lasten der Berliner Bevölkerung. Lassen Sie uns also in den kommenden Ausschusssitzungen zu diesen Themen beraten und eine möglichst optimale Lösung dieser Problematik finden! – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Herr Querengässer! – Das Wort hat nun als Schlussredner zur Klimakonferenz Herr Dr. Rogall von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Menschheit die natürlichen Belastungsgrenzen durch ihren hemmungslosen Ressourcenverbauch überschreitet, ist wohl spätestens seit der UN-Umweltkonferenz von 1971 in Stockholm Teil der Allgemeinbildung, auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass das noch nicht alle aus dem Hohen Hause mitbekommen haben. Der Wissenschaftler Taylor führt

das auf ein genetisch bedingtes Selbstmordprogramm des Menschen zurück. Ich glaube das nicht. Realistischer finde ich die Erkenntnisse der „Neuen Umweltökonomie“, die uns dieses typische Marktversagen mit der Externalisierung, d. h. der Überwälzung der Umweltkosten auf die Natur und künftige Generationen erklärt. Die CDU fordert daher – aus meiner Sicht völlig zu Recht – in ihrem Grundsatzprogramm von 1994:

Wir wollen, dass in Zukunft jeder die Kosten unterlassener Umweltfürsorge und der Inanspruchnahme von Umwelt tragen muss. Das ist nur dann gewährleistet, wenn sich diese Kosten in ökologisch ehrlichen Preisen niederschlagen.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Natürlich hätte da jeder die Unterstützung der ökologischen Steuerreform der rot-grünen Koalition im Bund erwartet. Kleine und kurzfristige Parteipolitik hilft uns bei diesem Thema nicht. Hier geht es um die Zukunft der jetzt Lebenden und die Zukunft der künftigen Generationen. Die Berliner Politik hat seit 1990 zumindest immer wieder versucht, diesem Marktversagen, das die CDU in ihrem Grundsatzprogramm richtig erkannt hat, entgegenzuwirken und die CO2-Emissionen mit dem Landesenergiespargesetz und dem Landesenergieprogramm zu senken. Nun könnte ich es mir leicht machen und darauf verweisen, dass das Landesenergieprogramm nach fünfjähriger Diskussion erst am Anfang dieses Jahres verabschiedet und wir jetzt in Ruhe die Umsetzung abwarten sollten. Das tue nicht. Ich tue das nicht, weil die Zunahme der Stürme, die Überschwemmungen in Italien, in England, Australien und Bangladesch zeigen, dass die Klimaveränderung schneller und nicht langsamer erfolgt, als wir das vor zehn Jahren erwartet haben. Die SPD-Fraktion stellt sich dieser Mitverantwortung, die wir als Berliner haben. Sie stellt sich dieser Mitverantwortung der künftigen Generationen und fordert daher auch zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen des Landes.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Sie unterstützt ihren Umweltsenator, der gerade die Initiativen des Bundes zum Klimaschutz begrüßt hat.

[Doering (PDS): Aha!]

Ob das gerade die Maßnahmen sind, die uns heute hier vorgelegt worden sind, das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Es ist aus meiner Sicht eine Unsitte, dass wir über Anträge vor der fachlichen Beratung hier debattieren. Eigentlich müsste das nach der fachlichen Beratung erfolgen.

[Doering (PDS): Da wollt ihr ja auch nie!]

Das sehe ich anders, da stehe ich immer an der Seite derjenigen, die sagen: Bestimmte wichtige Themen müssen auch hier im Plenum behandelt werden. – Da also die SPD-Fraktion in ihrer Verantwortung steht, fordere ich die Umweltpolitiker aller Fraktionen auf, die normalen Spielchen zu lassen und im Umweltausschuss zu einem gemeinsamen Antrag, zu einer gemeinsamen Konzeption zu finden.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Dr. Rogall! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Zu den Gesetzesanträgen Drucksache 14/826 und 14/828 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Zum Antrag Drucksache 14/827 wird die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz – federführend –, an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr, an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. Zum Antrag Drucksache 14/829 wird vom Ältestenrat weiterhin die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz – federführend – und an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration empfohlen. Wer diesen Überweisungen seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann sind die Überweisungen einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6 A, Drucksache 14/845:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Viertes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Vorgeschlagen wird die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist auch das einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7, Drucksache 14/804:

Wahl von vier Abgeordneten zu Vertretern Berlins für die 31. Ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Städtetages vom 8. bis 10. Mai 2001 in Leipzig

Die Wahl erfolgt durch einfache Abstimmung gemäß § 74 Absatz 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung durch Handaufheben. Zur Wahl werden vorgeschlagen von der Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Axel Rabbach und Herr Abgeordneter Marcus Weichert, von der Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Kirsten Flesch und von der Fraktion der PDS Herr Abgeordneter Dr. Peter-Rudolf Zotl. Wer die Genannten zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist das so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8, Drucksache 14/816:

Große Anfrage der Fraktion der Grünen über Berlin, Eldorado der Müllmafia

in Verbindung mit

Drucksache 14/860:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz vom 29. November 2000 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Maßnahmen gegen illegale Deponien, Drucksache 14/777