Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator Kurth! Wir haben letztes Jahr in diesem Haus viel über Opern geredet, deswegen sei mir erlaubt, einleitend zu sagen: Es lag diese Woche so etwas wie Götterdämmerung in der Luft. Götterdämmerung des „Systems Landowsky“. Und Sie, Herr Kurth, hätten heute die Chance gehabt, etwas aus dem Schatten dieses Gottvaters herauszutreten. Sie haben sie leider nicht genutzt, und das ist schade.

[Beifall bei den Grünen und vereinzelt bei der PDS]

Wer soll ernsthaft glauben, dass Sie und Ihr Kollege Branoner, diese beiden Konfirmanden,

[Unruhe]

diesen Gottvater in Zukunft kontrollieren? Das tut doch kein Mensch hier. Wenn Sie etwas zu sagen haben, reden Sie, Herr Landowsky. Sie nehmen diese beiden Funktionen wahr und entziehen sich hier der argumentativen Verantwortung. Sie haben sich in einer Weise klein gemacht, wie ich es, seitdem ich Sie kenne, noch nie erlebt habe. Heute morgen erklärten sie: Ich bin ja nicht im Vorstand der Bankgesellschaft drin, was kann ich für die sonstigen Geschäfte? Ich habe doch nur meine kleine Hypothekenbank, und die ist in Ordnung.

Wenn man einmal in den Geschäftsbericht der Bankgesellschaft schaut: Er beginnt damit, dass gesagt wird: Seid ruhig, Hauptaktionär ist das Land Berlin. Und dann stellen sich die Vorstandsmitglieder des Konzerns mit Bild vor, und wer lächelt einen dort an? Klaus-Rüdiger Landowsky als Mitglied des Konzernvorstandes dieser Bankgesellschaft. Das gleiche Ergebnis hat man, wenn man im Internet anklickt, wer heute noch in dieser Bankgesellschaft für Immobilien zuständig ist: Vorstandsmitglied Klaus-Rüdiger Landowsky. Sie haben ja wohl keinen Zwillingsbruder, das sind Sie, und dann stehen Sie auch zu dieser Verantwortung!

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Herr Kaczmarek fand es ganz reizvoll, die Berufe der Mitglieder unserer Fraktion aufzuzählen. Herr Kaczmarek, ich bin von Beruf Rechtsanwalt. Das haben Sie vergessen. Ich bin einmal in den letzten drei Tagen durch dieses Fondsgebilde der Tochtergesellschaften der Bankgesellschaft Berlin gestiegen: Meine Berufsgruppe ist dort, wie man neudeutsch sagt, voll satt vertreten. Ku’damm rauf, Ku’damm runter. Insofern sage ich, ich fühle mich durchaus in der Lage, dort mitzureden.

[Kittelmann (CDU): Crash-Kurs!]

Und ich fühle mich vor allem auch – das gestehe ich ja – als Kunde der Berliner Hypothekenbank in der Lage, dort mitzureden. Denn diese Bank ist anhänglich, und diese Bank informiert mich auch immer über das, was sie im Angebot hat, die Fondspalette, die sie vertreibt. Herr Kaczmarek, da muss ich sagen, die mildtätigen Dinge, die Sie hier geschildert haben, werden weniger angeboten.

[Heiterkeit bei den Grünen]

Ich darf Ihnen einmal ein Schreiben der Berlin Hyp vom Juni letzten Jahres vorlesen an den „sehr verehrten Herrn Wieland“:

Sie überlegen, wie Sie Ihre Steuern für dieses Jahr reduzieren können?

Entschuldigen Sie bitte Herr Kurth, jetzt kommt wieder etwas Seniles: Stärker als der Sexualtrieb ist der Steuerspartrieb, und der wird hier gezielt angesprochen. –

[Heiterkeit bei den Grünen]

Sie ärgern sich über die Senkung der Sparerfreibeträge?

Die Ökosteuerkampagne war noch nicht, sonst wäre gekommen: und Sie werden von der Ökosteuer gequält? –

Dann freuen Sie sich über unser vielfältiges Produktangebot.

Ja, und dann kommt es: Dann kommen Filme beispielsweise, die mit Wohnungsbau und notwendigen gemeinwirtschaftlichen Aufgaben wenig zu tun haben, kommen Leasing-Projekte: Wenn ich patriotisch bin und mir den Fonds Deutschland III anschaue, wird mir – Fondsumfang 1,1 Milliarden DM, damit man einmal die Größenordnung sieht – tatsächlich, wie Herr Wolff es gesagt hat, mehr Sicherheiten versprochen, als es jeder Bundesschatzbrief hat: Garantierte Ausschüttung – steigend von 5 auf 7 % –, ich kann das Ganze nach 25 oder 30 Jahren, was eine lange Zeitspanne ist, für 100 % zurückgeben. Dass man mit diesem Angebot Zeichner bekommt, ist kein Wunder.

[Kittelmann (CDU): Und, haben Sie gekauft?]

(A) (C)

(B) (D)

Aber die ganzen Risiken, die Mietgarantien bleibt bei der Bankgesellschaft, und das hat sie in diese Schieflage gebracht.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Wenn Sie sich jetzt hinstellen und sagen, dass ist ein hochprofitables Ding, insbesondere die Berliner Hypothekenbank, dann muss man das erst einmal ein wenig objektivieren. So schaue ich einmal in die Börsenzeitung – ich frage nicht Kaczmarek, ich frage nicht Kurth, die sagen, dass alles in Ordnung ist, ich frage nicht die Opposition, die alles mies macht, sondern schaue, was mir dort als Anleger gesagt wird. Mitte des Monats Januar die Überschrift: „Unbeherrschbare Risiken in Berlin“:

Da nicht auszuschließen sei, dass auch 2000 und 2001 ein weiterer Risikobedarf von zusammen 750 Millionen Euro fällig werde, könnte sich die Gesamtsumme an Risikoposten seit Gründung der Bankgesellschaft 1994 auf bis zu 4 Milliarden Euro, circa 8 Milliarden DM, summieren, konstatierte der resignierte Rupf vor gut einem Jahr. Um die Dividendenzahlung dennoch zu ermöglichen, scheint entweder ein extrem tiefer Griff in die eigenen Reserven oder die der Mutter unumgänglich. Welche Folgen eine nachträgliche Risikokorrektur, sei sie vom Aufsichtsamt verfügt oder von den Wirtschaftsprüfern, freilich für den Vorstand hat, ist eine andere Frage. Vor allem für einen Vorstand, der nach extrem schwierigen Jahren im extrem schwierigen Immobilienmarkt Berlin und neue Bundesländer entsprechend vorsichtig hätte agieren müssen. Die vermeintlich beherrschbaren Risiken haben sich schneller als befürchtet als unbeherrschbar entpuppt.

So sagt es eine unabhängige Fachzeitung. Und da stellen Sie sich hier hin und sagen, die Opposition redet unsere schöne Berlin Hyp schlecht. Das tut sie nicht.

Die Beunruhigung ist bereits da. Sie ist nicht von uns gekommen. Sie ist durch die Fakten gekommen. Das weiß doch jeder: Man hat in einer Spur von Größenwahn aus dieser kleinen Pfandbriefbank, die im Grunde im alten Berlin eine Behörde war mit dem Politbanker Landowsky an der Spitze, europaweit die größte Immobilienbank machen wollen, hat damit geworben, dass man im Fondsgeschäft die Nummer 1 ist, dass man die meisten Fonds aufgelegt hat, und hat unentwegt frisches Geld – ich übersetze für Herrn Werthebach: fresh money –

[Heiterkeit bei den Grünen und der PDS]

akquiriert mit diesen wahnsinnigen Garantien, die keine andere gegeben hat, um die Verluste und um die Schieflage zu überbrücken. Dagegen ist das, was hier früher einmal als Pilotenspiel diskutiert wurde, Kindergarten gewesen. Gegenüber diesem Schneeballsystem ist es Kindergarten gewesen, und jetzt platzt die Bombe. Die Frage ist, ob Sie, Herr Kurth, den Bach mit herunter gehen, wenn die Bombe platzt. Überlegen Sie sich das gut, ob Sie nicht ein wenig versuchen wollen, zur Aufklärung beizutragen, als weiter solche Märchenstunden abzuliefern, wie Sie es vorhin getan haben.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Wir haben gefragt, was folgt denn daraus, dass sich der Aktienkurs der Bankgesellschaft von 1998 bis heute halbiert hat. Darauf haben Sie, Herr Kurth, gesagt, daraus folgt gar nichts, denn wir wollen ja nicht verkaufen. Das ist so sinnig, als wenn Sie einen Verkehrsunfall haben, Sie holen einen Sachverständigen, der stellt fest, an sich ist Ihr Auto nur noch die Hälfte wert, aber Sie haben ja erklärt, Sie wollen es weiter fahren und es nicht verkaufen, deswegen sage ich: Schadenshöhe ist gleich Null.

Natürlich ist dieser Schaden für das Land Berlin eingetreten. Welcher Aktionär kann sich damit trösten, wenn er nach einem Blick auf seinen Depotzettel sieht, dass er nur noch die Hälfte besitzt und aktuell nicht mehr verkaufen kann? Er ist um die Hälfte entreichert. Das Land Berlin ist es immer wieder durch diese Immobilienmissgeschäfte, die niemand anderes als KlausRüdiger Landowsky aus seiner Position heraus zu verantworten hat. Da können Sie sich drehen und wenden, wie Sie wollen.

[Beifall bei den Grünen]

Abschließend möchte ich anmerken, dass wir nicht scharf auf einen Untersuchungsausschuss sind. Ich habe gestern einmal die Tür ein Stück weit aufgemacht, um zu zeigen, was sich hier alles im Topf befindet. Das sage ich ganz deutlich. Wir fürchten diesen Untersuchungsausschuss nicht. Wir sagen Ihnen aber, dass Sie die Wahl haben. Sie müssen dabei auch an die Interessen der Bankgesellschaft denken. Hoffentlich gibt es ein Ende mit Schrecken, mit persönlichen Konsequenzen, wie sie im Übrigen die hier geschilderte BayernHyp auch gezogen hat. – Hören Sie einmal zu, es ist nicht nur von der Bankgesellschaft die Rede. Auch andere Banken mit entsprechender Schieflage im Immobilienbereich haben diese Konsequenzen gezogen. Wenn Ihr Landowsky glaubt, alles aussitzen zu können, gibt es kein Ende mit Schrecken, sondern ein Schrecken ohne Ende. Wir wollen das nicht so! Wir fürchten das nicht. Sie zwingen uns aber, diesen Weg der Aufklärung zu gehen. Sie haben heute nicht aufgeklärt, sondern weiter versucht, das schönzureden, was nicht mehr schönzureden ist!

[Beifall bei den Grünen – Goetze (CDU): Das war ja ein Abgesang!]

Für die Fraktion der CDU hat nun das Wort der Abgeordnete Atzler, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich drei Bemerkungen zu den Ausführungen von Herrn Wieland machen. Ich halte es für absolut unfair, wenn Sie, Herr Wieland, hier Senatoren als Konfirmanden beschimpfen,

[Unruhe bei der PDS und bei den Grünen – Frau Dr. Klotz (Grüne): Ist das ein Schimpfwort?]

das muss man einmal klar darlegen –

[Beifall bei der CDU]

und den Fraktionsvorsitzenden der CDU in einer Form angreifen, die unschicklich ist. Das muss ich Ihnen einmal sagen!

[Unruhe – Glocke des Präsidenten]

Sie wissen genau, dass Herr Landowsky überhaupt nicht in der Lage ist, hier Stellung zu nehmen.

[Müller-Schoenau (Grüne): Deswegen hat er hier auch nichts zu suchen!]

Schon auf Grund des Bankgeheimnisses kann er zu Einzelengagements kein Wort sagen. Das wissen Sie und nutzen es schamlos aus. Das finde ich unfair!

[Beifall bei der CDU]

Ich will gar nicht – damit möchte ich die Vorbemerkungen beenden – auf das eingehen, was Ihre Vorredner, Herr Wieland, zu Menschen gesagt haben und in welcher Form sie abqualifizieren, was selbige von Beruf sind. Ihr Vorgehen ist unmöglich. So etwas kann man nicht machen!

Ich möchte nun versuchen, wieder zur Sachlichkeit des Themas zurückzukommen.

[Cramer (Grüne): Da müssen wir erst einmal hinkommen!]

Zuvor möchte ich feststellen, weil es auch um die Bankgesellschaft insgesamt geht, dass wir seinerzeit schon – wie wir meinen – den richtigen Weg gegangen sind, als wir die Bankgesellschaft Berlin aus der Landesbank, der Berliner Bank und der Berliner Pfandbriefbank gegründet haben. Das war unseres Erachtens der richtige Weg. Dazu stehen wir im Übrigen auch. Natürlich gab es zwischenzeitlich richtige und wichtige strukturelle Weichenstellungen, die auch Geld gekostet haben. Das wussten und wollten wir auch. Trotzdem wollten wir im Interesse der Wirtschaftlichkeit die Berliner Bank mit der Bankgesellschaft verschmelzen, die Berliner und die Hannoversche Hypothekenbanken zu einer Bank mit einem Marktauftritt fusionieren. Sie haben nicht erwähnt, dass dort so verfahren wurde. Auch die Umwandlung – weil es Herr Müller erwähnt hat – der IBB zur