Wenn Sie hier dieses Konzept so vehement verwerfen, dann frage ich Sie, wer hier eigentlich Regierungspartei ist. Wenn ich es richtig weiß, dann haben wir hier eine große Koalition. Aber ein Konzept Ihrer Partei, Herr Schlede, vermisse ich bis heute. – Vielen Dank! [Beifall bei der PDS]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute einen Antrag der PDS-Fraktion, dessen Intention im Grunde von allen Fraktionen dieses Hauses getragen wird. Schließlich kann diese Drucksache auch als eine Fortsetzung der Mitteilung – zur Kenntnisnahme –, Drucksache 14/700, über Maßnahmen und Konzepte gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt angesehen werden.
Wie Sie wissen, wird seit geraumer Zeit in der ganzen Republik über das Thema Rechtsextremismus debattiert. In Berlin wird in diesem Zusammenhang ganz aktuell ein Verbot von Springerstiefeln und Bomberjacken oder – als anderes Extrem – über Schuluniformen diskutiert. Wir sind der Meinung, dass man mit derartig kurzsichtigen Maßnahmen die Gesinnung in den Köpfen der Jugendlichen nicht erreichen kann.
Dies ist auch allen Akteuren, soweit ich weiß, hinlänglich bekannt. Aber nichtsdestotrotz wird eine Scheindebatte bis in die obersten Reihen geführt. Wir lehnen aus diesem Grund jedwede Maßnahmen ab, die die Gesinnungskumpanei befördern und Kleidungsverbote einführen bzw. sonstige Uniformen von oben verordnen.
Im Gegensatz dazu benennt der vorliegende Antrag bzw. das Projekt „Standpunkt – Pädagogen gegen Rechtsextremismus“ konkrete Maßnahmen, die die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort stärken, unterstützen und zum Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus überhaupt befähigen. Es ist richtig, die Lehrerinnen und Lehrer unserer Stadt sind sensibilisiert in Bezug auf dieses Thema, aber sie brauchen dennoch Unterstützung, wenn man sich vor Augen führt, wie manchmal Pädagogen aus Angst oder aus sonstigen Gründen lieber schweigen und es zulassen, als dass sie etwas gegen das Phänomen oder gegen die Gewalt in einer Klasse unternehmen.
Wie bereits schon gesagt, im Grunde sind wir uns über die Notwendigkeit dieses Projekts und der Förderung derartiger Maßnahmen einig. Trotzdem wird diese Drucksache von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Dabei muss man näher betrachten, warum der Antrag abgelehnt wird. Er wird nicht
abgelehnt, weil der Inhalt nicht genehm ist, sondern weil die Opposition – in diesem Fall die PDS-Fraktion – Urheber dieses Antrags ist.
Frau Neumann! Wir haben im Schulausschuss darüber diskutiert, und Sie haben keine überzeugenden Argumente geliefert, warum Sie gegen diesen Antrag sind. – Das ist nichts Neues in diesem Hause. Vielleicht gehört es auch zum Spiel „Regierung gegen Opposition“. Allerdings bin ich im Gegensatz zu der Mehrheit in diesem Hause der Meinung, dass dieses Thema allzu wichtig ist, als dass es zum Opfer dieser Spiele wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Spielchen von den Betroffenen vor Ort, den Bürgerinnen und Bürgern, den Schülerinnen und Schülern in der Einwanderungsmetropole Berlin nicht als angenehm empfunden werden.
In der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Einstellungen, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt spielen Schulen und andere Bildungseinrichtungen eine gewichtige Rolle, und dabei die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, die die schwierige Last zu tragen haben. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, benötigen Lehrer und Lehrerinnen, Erzieherinnen und Erzieher Unterstützung und Förderung. Sie müssen gewappnet werden gegen die genannten Missstände, sie müssen geschult werden, um im Bedarfsfall argumentativ und pädagogisch eingreifen zu können. [Beifall bei den Grünen]
Genau hier setzt das Projekt „Standpunkt – Pädagogen gegen Rechtsextremismus“ an. Genau aus diesem Grund muss das Projekt auch gefördert werden.
Manche werden sagen, und so hat sich auch gerade Herr Schlede geäußert, dass dies bereits passiere. Das stimmt zwar, die Senatsschulverwaltung steht diesem Projekt positiv gegenüber und wird es – soweit mir es bekannt ist – auch fördern.
Allerdings erübrigt sich dieser Antrag dadurch nicht. Wir drehen es einfach einmal um: Warum soll denn dieses Parlament nicht einmal ein Projekt, das bereits in der Schublade des Senats ist und dem die Verwaltung positiv gegenüber steht, mit einem Mehrheitsbeschluss in dem Sinne befördern, indem es mit dieser Zustimmung die Intention des Projekts unterstützt und die zügige Umsetzung fordert? Genau das sollten wir bei diesem Antrag tun.
Aus diesem Grund appelliere ich an Ihre Vernunft: Vergessen Sie einfach, dass dieser Antrag ein Antrag der Opposition ist, vergessen Sie das Spielchen zwischen Regierung und Opposition und stimmen Sie diesem Antrag zu. Anderenfalls werden Ihre Beteuerungen und Ihre Äußerungen zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus und der Fremdenfeindlichkeit zu einfachen Sonntagsreden degradiert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, sofern Sie anwesend sind! Ich bedauere, dass wir uns über diesen Antrag streiten. Ich denke, es ist der falsche Weg, sich mit Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit auseinander zu setzen. Wir haben hier in diesem Haus, am 26. Oktober vergangenen Jahres, etwas gemeinsam und einstimmig beschlossen. Wir haben beschlossen:
Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz, wir stehen zusammen gegen das Wegschauen und die Gleichgültigkeit.
Das war unser gemeinsamer Beschluss. Wir sollten die Gelegenheit nutzen, noch einmal diesen Beschluss zu bekräftigen
Die SPD-Fraktion steht auch dazu, und da sind wir uns einig, dass Schule und politische Bildung bei der Förderung einer entschiedenen Gegenwehr und einer demokratischen Kultur eine zentrale Rolle spielen. Ich sage hier deutlich: Die Berliner Schule muss Wiege der Demokratie sein. Dennoch dürfen wir nicht – und Herr Schlede, da muss ich Ihnen ein wenig widersprechen – die Augen vor den Bildern verschließen, die nicht ganz in das demokratische Bild der Berliner Schule passen. Darauf aufmerksam gemacht zu haben ist das Verdienst des Berliner Lehrers Michael Rump-Räuber. Das von ihm gemeinsam mit dem Berliner Lehrerfortbildungsinstitut ins Leben gerufene Fortbildungsprojekt „Standpunkt: Pädagogen gegen Rechts“ geht direkt in die Schulen, übrigens genauso wie unsere Kollegin Frau Seidel-Kalmutzki direkt vor Ort in die Sportvereine geht. Er geht direkt in die Schulen und unterstützt konkret und mit Material Lehrerinnen und Lehrer in der Umsetzung ihres Erziehungsauftrages.
Ich bin froh, dass wir nicht nur Frau Seidel-Kalmutzki, sondern auch ihm, diesem Berliner Lehrer von dieser Stelle aus unseren Dank für seinen Mut – und das erfordert Mut – und seinen Einsatz sagen können.
Ich nutze hier auch die Gelegenheit, den Senat aufzufordern, durch die Bereitstellung der notwendigen Lehrerfortbildungsstunden diese wertvolle Arbeit zu unterstützen. Unterstützt wird diese Arbeit übrigens jetzt auch von außen: Die Firma Schering beteiligt sich mit 180 000 DM an dem Projekt. Auch an sie geht von hier der Dank für diesen Einsatz für Demokratie und Toleranz in der Schule.
Keiner wird als Demokrat geboren, deshalb ist langfristig angelegtes Handeln angesagt, keine Strohfeuer, die in der Wirkung schnell verpuffen. Es wurde hier bereits dargestellt, dass die meisten Berliner Lehrer dafür sensibilisiert sind und wertvolle Arbeit leisten. Eine ebenso bedeutsame Rolle spielen die Vermittlung politischer Inhalte, Besuche politischer Institutionen – auch des Abgeordnetenhauses –, Schülerbegegnungen mit ausländischen Klassen und Gedenkstättenfahrten. Deshalb habe ich mich gefreut, dass das Parlament die Anregung der SPD-Fraktion aufgegriffen und die Erhöhung der Haushaltsmittel für Gedenkstättenfahrten und Schülerbegegnungen beschlossen hat. Ich kann nur an alle Berliner Lehrerinnen und Lehrer appellieren, davon auch Gebrauch zu machen.
Der Senat hat sich der Herausforderung gestellt. Er hat ein umfassendes Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz mit Initiativen in den Bereichen Schule und Jugendarbeit vorgelegt, auch zur Umsetzung des Bundesprogramms „Jugend für Toleranz und Demokratie“. Er hat dies auch in den Berichten an den Hauptausschuss und in der ungewöhnlich detaillierten Beantwortung Kleiner Anfragen zum Ausdruck gebracht. Jetzt ist Handeln angesagt. Die Aufgabe des Parlaments ist es nun, darauf zu achten, dass die ausgesäten Pflanzen zum Wachsen und zum Blühen kommen. Deshalb ist es auch richtig – wie heute bereits gesagt wurde –, die Mittel für die Umsetzung dieser Programme von der Haushaltssperre auszunehmen. Das Parlament hat nämlich diese Mittel nicht bewilligt, damit sie kurze Zeit später gesperrt werden.
Der PDS-Antrag wurde eingebracht, bevor der Senat seine detaillierten Programme vorgelegt hat. Wir meinen, er hat seine Hausaufgaben gemacht, und er hat sie bisher auch gut gemacht. Wir werden als Parlamentarier darauf achten, dass es so bleibt. Dem Antrag der PDS werden wir daher nicht zustimmen. – Danke sehr!
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zur Abstimmung. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag Drucksache 14/766 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenstimmen! – Stimmenthaltungen? – Also, das ist nicht eindeutig zu erkennen, was da die Mehrheit ist, weil sich viele nicht beteiligt haben.
Deshalb wiederhole ich die Abstimmung: Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Und wer ist dagegen? – Letzteres war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 7. März 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Stärkung des Verbraucherschutzes bei Eigenheimförderung, Drucksache 14/629