Alles ist einmal zu Ende, Herr Niedergesäß! – seit 1996 versucht hat, die Netto-Kreditaufnahme in jährlichen Schritten von 650 Millionen DM abzusenken.
Das war richtig! Völlig richtig! Wir haben auch lange dafür gekämpft, dass da etwas unternommen wird. –
Dafür mussten Einschnitte vorgenommen werden; die Bürgerinnen und Bürger haben dieses gespürt. Und jetzt erhöht sich in einem Jahr mit einem Schlag die Netto-Kreditaufnahme um zusätzliche 10 Milliarden DM. Damit sind die Konsolidierungserfolge vieler Jahre zunichte gemacht worden. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie noch die Legitimation, vor die Berlinerinnen und Berliner zu treten, nachdem Sie dieses angerichtet haben, und zu sagen: Wir stehen zu unserer Verantwortung? Liebe Berlinerinnen und Berliner, ihr müsst jetzt den Gürtel noch enger schnallen! – Ich glaube, dass Ihnen das nicht mehr abgenommen wird, weil man bei Ihnen nie weiß, ob das, was die Berlinerinnen und Berliner für die Haushaltssanierung abgeben, nicht wieder an anderer Stelle verschleudert, vernichtet und zunichte gemacht wird. [Beifall bei den Grünen – Niedergesäß (CDU): Ist ja ungeheuerlich!]
Wenn Sie, Herr Diepgen, von „Sparen mit sozialem Gesicht“ sprechen, dann sage ich Ihnen mit Blick auf das, was Sie in der Vergangenheit gemacht haben – und damit meine ich Sie in Person und das, was Sie vertreten haben, gerade auch in den Auseinandersetzungen, als Frau Fugmann-Heesing Finanzsenatorin war –: Es ist nicht sozial, notwendige strukturelle Änderungen zu blockieren und auf die lange Bank zu schieben, weil damit die finanzielle Grundlage für den sozialen Ausgleich in
dieser Stadt langfristig unterhöhlt wird durch die Verschuldung, die wir damit eingehen. Genau diese Politik haben Sie jahrelang propagiert und vertreten und haben gestichelt und gezündelt gegen eine Politik der Haushaltskonsolidierung. Dafür müssten Sie auch die Verantwortung tragen.
als ob man das jetzt entdecke. Denn in dieser Situation ist es nicht sozial, aus eigenen Prestigegründen – weil sich der Namen Diepgen damit einmal verbunden hat – weiterhin an dem Ausbau der U 5 festzuhalten mit der Konsequenz, dass uns Hunderte von Millionen an Investitionsmitteln an anderer Stelle verloren gehen, wo wir sie dringend brauchten.
Es ist nicht sozial, die Politik eines Innensenators zu dulden, der sich seit Jahren als Bollwerk vor der Bürokratie und vor der Verwaltung der Verwaltung in diesem Lande geriert
und verhindert, dass an den Stellen, wo die Bürgerinnen und Bürger es nicht merken würden – nämlich bei der Umschichtung von Akten im Lande Berlin –, nicht eingespart wird und gleichzeitig Personal abgebaut wird dort, wo es dringend notwendig wäre, nämlich in den Leistungsbereichen, dort, wo Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger erbracht werden. Das, Herr Diepgen, finde ich, ist nicht sozial.
Ich finde es auch nicht sozial, wenn trotz mehrfacher Beschlüsse des Parlaments dieser Innensenator die Umwandlung der Fachhochschule für Verwaltung und Recht blockiert und immer noch einen Zustand aufrechterhält, dass Studenten mit Beamtenanwärterbezügen bezahlt werden. Auch das finde ich nicht sozial.
Ich finde es nicht sozial, dass einerseits diskutiert wird über die Erhöhung der Sozialmieten innerhalb dieser Stadt und das Land Berlin sich aber immer noch die Förderung von Wohneigentum aus dem Landeshaushalt leistet. Auch dieses ist nicht sozial. Und ich finde es unverantwortlich in dieser Situation, wenn von Seiten der CDU immer noch davon geredet wird, dass wir demnächst die Gewerbesteuer senken. Ich glaube, wer soziale Gerechtigkeit in dieser Stadt will, wer die soziale Schieflage in dieser Stadt verhindern will, der muss dafür sorgen, dass die Lasten, die in Zukunft getragen werden, sozial ausgewogen getragen werden und dass diejenigen, die das zahlen können, zur Kasse gebeten werden. [Gram (CDU): Das würde die Stadt töten! Sie haben ja keine Ahnung!]
Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Gram (CDU): Das ist der Abbau des Mittelstandes!]
Herr Gram, ich weiß, Sie sind ein Ideologe, aber Sie müssen sich einmal mit Geld beschäftigen, das ist nämlich dringend notwendig in dieser Stadt.
Ich finde, dass auch die Berliner SPD gefragt ist, sich zu entscheiden – [Klatschen des Abg. Czaja (CDU)]
sich zu entscheiden, ob sie diese Politik, diese Mentalität, wie sie Herr Diepgen exemplarisch repräsentiert, weiter mit betreiben will oder ob sie bereit ist zu einem politischen Neuanfang.
Herr Strieder, als Sie am Sonntagabend nach dem Koalitionsausschuss mit Herrn Diepgen vor dem Gästehaus standen, Herr Diepgen sein Interview gab und erklärte: „Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff“ und Sie freundlich lächelten – ich glaube, das ist das, was die Berlinerinnen und Berliner nicht mehr sehen wollen von der Berliner SPD.
Ich glaube, von der Berliner SPD wird erwartet, dass sie klar sagt, wie man aus dieser Situation herauskommen will, über welche Maßnahmen, und dass sie zum Zweiten klar sagt, dass sie mit diejenigen, die dafür politische Verantwortung tragen oder die politische Verantwortung in der Vergangenheit verdeckt und vertuscht haben, zur Rechenschaft zieht. Ich glaube, das ist das, was die Berlinerinnen und Berliner von der Berliner SPD verlangen können und davon auch abhängig machen, ob es weitergeht mit ihrer Koalition oder nicht.
Wir jedenfalls sagen: Diese Koalition, dieser Regierende Bürgermeister hat jede Legitimation verloren, sowohl gegenüber der Berliner Bevölkerung,
von ihr weitere Maßnahmen, weitere Einschränkungen zu fordern, als auch – weil Sie das angesprochen haben – gegenüber der Bundesregierung, um Verhandlungen über notwendige Hilfen des Bundes zu führen. Ich kann das gut verstehen, dass Herr Eichel erklärt: Haushaltsnotlage – da sagt das Bundesverfassungsgericht: Unverschuldete Haushaltsnotlage verlangt das Einstehen des Bundes. Diese Haushaltsnotlage ist jedenfalls in erheblichem Umfang selbst verschuldet, und da kann ich gut verstehen, dass Herr Eichel sagt: Das gute Geld des Bundes und der Länder geben wir nicht den Leuten, die gezeigt haben, dass sie nicht in der Lage sind, verantwortlich mit Steuergeldern umzugehen. – Deshalb glaube ich, dass auch die Voraussetzung für Verhandlungen mit dem Bund ein Neuanfang in Berlin ist und für eine Koalition, die deutlich macht, wie sie mit den Finanzen Berlins in Zukunft in sozialer Verantwortung umgehen will.
Es waren gerade 19 Minuten, und ich bin gleich zu Ende. – dass Sie, Herr Diepgen – als die Senatoren, die Herr Stobbe einmal vorschlug, durchgefallen sind – erklärt haben: Das ist die Stunde des Parlaments. – Ich glaube, das ist heute nicht die Stunde des Parlaments. Ich glaube aber, es ist demnächst die Stunde der Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt. Die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, die Menschen, die von der Auswirkung dieser Politik betroffen sind, müssen jetzt die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern darüber, ob sie bereit sind, dieser Regierung, diesem Regierenden Bürgermeister weitere Legitimation zu verleihen, oder ob sie sagen: Wir brauchen einen Neuanfang, wir müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, wir brauchen Neuwahlen in dieser Stadt. – Deshalb begrüße ich es, dass heute die Landesvorsitzenden von PDS, der Grünen und der FDP sich darauf verständigt haben,
ein Volksbegehren, getragen von einer Gruppe unabhängiger Personen, zu unterstützen, denn wir glauben, es ist in der Tat die Stunde der Bürgerinnen und der Bürger. Sie müssen jetzt eine Stimme bekommen, sie müssen sagen, was sie davon halten. Dann werden wir uns auch im Parlament wiedersprechen, wie es weitergehen soll. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wolf, Sie haben viele Fragen gestellt – teilweise durchaus richtige, die wir uns auch stellen, teilweise aber leider auch sehr polemische. Ich habe allerdings den Eindruck, dass heute nicht der Tag der schlauen Fragen ist, sondern der Tag der klaren Antworten.
Und wenn wir schon beim Antworten sind, dann sollten auch Sie von der PDS die Fragen hinsichtlich Ihrer Mitverantwortung an dieser Situation beantworten.
Mitverantwortung haben Sie für das, was Sie uns nach 40 Jahren deutscher Teilung in Form von Teilungs- und Vereinigungskosten hinterlassen haben.