Und jeder neue potentielle Erwerber – offensichtlich gibt es ja einige, die Schlange stehen bei Herrn Diepgen – wird die Unterlagen der Bankgesellschaft ganz genau anschauen, er wird sie alle prüfen, von vorne bis hinten. Er wird nichts übernehmen vom Mehrheitsaktionär des Landes Berlin, was ihm seine Rendite verhagelt und ihm zusätzliche Risiken beschert.
Wir können die Bankgesellschaft sofort verkaufen, da gehört nur eins dazu: [Zuruf des Abg. Gram (CDU)]
Dass sie dem Erwerber erklären, das Land Berlin übernimmt alle Risiken, die noch nicht bekannt sind, und alle Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft, dann können wir die Bankgesellschaft sicher noch für 1 oder 2 Milliarden DM verkaufen.
Mit dem Risiko, das im Immobiliengeschäft drin ist, werden wir Schwierigkeiten haben, zu einem vernünftigen Preis einen Käufer zu finden. Das muss man endlich zur Kenntnis nehmen.
Die Bankgesellschaft ist in ihrer Konstruktion höchst problematisch. Es hilft aber auch nichts, dass heute einige so tun, als ob das eine neue Konstruktion sei.
Auch diese Konstruktion kann auch nicht alles rechtfertigen und vor allen Dingen nicht auf allen Ebenen das Missmanagement rechtfertigen. Das hat mit der Konstruktion nichts zu tun.
Das hat auch nichts damit zu tun, dass da ein öffentlich-rechtlicher Teil dabei ist. Wir werden uns höchstwahrscheinlich ideologiefrei von der Bank trennen müssen, wenn wir das überhaupt noch können.
Es ist ja nicht mehr die Frage, wie damals bei der gescheiterten Fusion mit der NordLB, dass wir noch darüber verhandeln, wie hoch der Preis ist, den wir bekommen. Wir können ja heute zufrieden sein, wenn wir sie überhaupt loswerden mit den ganzen Risiken. Das wird das Problem sein. Es ist gar nicht mehr eine Frage, ob hier irgendwelche Wirtschaftspolitiker meinen, man müsse sich von der Bank trennen, sondern wir sind in der Situation, wo wir uns fragen müssen, ob wir für unser Kapital, für unser Eigentum überhaupt noch Geld bekommen. Das ist die entscheidende Frage.
Und wir wollen natürlich, dass die Bankgesellschaft mit ihren Filialen, mit ihren Kunden für die Berlinerinnen und Berliner da ist, dass sie auch ein wirtschaftlicher Faktor in der Stadt bleibt, da werden wir alle Hände voll zu tun haben. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben, die jetzt anliegt, die Bankgesellschaft aufzustellen. Außer der Kreditgabe, Herr Diepgen, habe ich da bisher auch wenig gehört. Es wird die vornehmste Aufgabe des Finanzsenators sein, zeitnah – wir haben nicht lange Zeit – Konstruktionen und Konzeptionen zu finden, wie die Bankgesellschaft die Zukunft bestehen kann. Es gibt ein internes Sanierungsprogramm, das ist nicht damit abgetan, dass wir hier 4 Milliarden DM oder wie viele Milliarden DM auch Kapital zuführen, das allein reicht nicht aus. Wir müssen die Bankgesellschaft tatsächlich, egal in welcher Konstruktion, fit machen, dass sie die Aufgaben erledigen kann.
Wir haben zeitnah – eigentlich ist die Frist ja schon abgelaufen – den Nachtragshaushalt des Jahres 2001 zu erfüllen. Auch das ist kein Geheimnis, die Haushaltsberatungen für das Jahr 2002 laufen parallel. 6 Milliarden DM zusätzlich zu den 676 Millionen DM, die Finanzsenator in seinen Nachtragshaushalt auflösen wollte, sind aus meiner Sicht nicht durch konkrete Einsparungen zu belegen. Das ist Illusion. Wir werden um eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme nicht umhin kommen. Aber es wäre geradezu fatal, wenn wir den Eindruck erwecken würden, wir lösten unsere Probleme damit, dass wir den Schuldenstand des Landes Berlin, der im Jahr 2001 bei den direkten Schulden schon bei 72 Milliarden DM liegt, einfach dadurch lösen, dass wir ihn auf 78 Milliarden DM hochpuschen und im nächsten Jahr, wo wir wieder Risiken von über 2 Milliarden DM mindestens haben werden, vielleicht noch einmal um 2 Milliarden DM. Das wird nicht gehen, denn die Schuldenaufnahme hat einen kleinen Nachteil, nämlich die Zinszahlungen. Die liegen jetzt auch schon bei 4 Milliarden DM. Die steigen ohne die 6 Milliarden DM im nächsten Jahr schon auf 4,3 Milliarden DM. Durch die Kreditaufnahme des Jahres 2001 und durch zusätzliche Risiken kommen noch mindestens 300 oder 400 Millionen DM dazu. Da sind wir schnell bei 5 Milliarden DM Zinszahlungen pro Jahr. Was könnten wir an dringend notwendigen Stadterneuerungs-, Sozial- und Schulprojekten mit 5 Milliarden DM alles finanzieren!
Wer heute Politik betreiben will und sagt: Wir leben gut dadurch, dass wir zur Bank gehen, und die anderen zahlen die Zeche – dann ist das eine Politik, zu der wir keinen Senat und kein Abgeordnetenhaus brauchen. Das kann ein Ministerialbeamter im Finanzministerium besser.
Wir müssen Politik gestalten und zukunftsfähig halten. Das bedeutet, dass wir Prioritäten setzen müssen. Wir geben pro Jahr 40 Milliarden DM aus. Es kann mir keiner einreden, dass wir nicht die richtigen Prioritäten setzen können. Selbstverständlich muss Bildung Zukunftssicherungspolitik sein. Da müssen an vorderster Stelle Ausgaben getätigt werden. Gut ausgebildete Jugendliche sind Zukunftskapital für diese Stadt. Da darf nicht gespart werden, auch in diesen Situationen nicht!
Aber es kann nicht so weitergehen, dass jeder Senator sagt: Bei mir geht nichts, es ist alles Zukunftsinvestition. – Und auch das Parlament muss hier mittun.
Das ist nicht nur eine Einzelveranstaltung des Senats. Auch wir müssen sagen, wer Prioritäten setzt, das heißt auch, wo man Nachrangigkeiten einräumen muss.
Wir haben schon versucht, das Entwicklungsgebiet Eldenaer Straße/Alter Schlachthof aufzulösen. Das ist immer von der Verwaltung verhindert worden. Das muss auf den Prüfstand.
Herr Wolf hat vollkommen Recht, die U 5 – eine Lieblingsveranstaltung des Regierenden Bürgermeisters –, braucht kein Mensch in der Stadt!
Dafür mehrere Hundert Millionen DM auszugeben, das ist schlechterdings nicht machbar. Und bevor diese U 5 nicht gecancelt wird, bin ich nicht bereit, irgendwo im Bildungsbereich eine Einsparung vorzunehmen. Da kann mir keiner erzählen, dass dann dort etwas gemacht werden muss.
Ein zentraler Stellenpool für das Überhangpersonal, damit es sinnvolle Arbeit machen kann, ist von der Innenverwaltung seit vier Jahren systematisch verhindert worden, obwohl das alle Fraktionen des Parlaments beschlossen haben. Diese Strukturmaßnahmen – ich könnte noch viele aufzählen – müssen endlich in Angriff genommen werden.
[Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne) – Frau Ströver (Grüne): Das ist doch Ihre Koalition!]
Nur so lässt sich überhaupt rechtfertigen, dass wir im Landeshaushalt die Kreditaufnahme erhöhen. Wenn wir nicht in der Lage sind, zu zeigen, dass diese Koalition, dass diese Regierung, die Mehrheiten, die im Parlament vorhanden sind, endlich Strukturentscheidungen durchbringen, dann werden wir zu Recht als Koalition aus dem Tempel hinausgetragen werden und dann werden diese Volksbegehren Erfolg haben.
Wir sind auf dem Prüfstand, als große Koalition zu zeigen, dass wir die großen Herausforderungen für die Stadt meistern wollen. Die SPD ist dazu bereit. Ich fordere die CDU auf, es auch zu tun. – Schönen Dank!
[Beifall bei der SPD und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den Grünen – Cramer (Grüne): Am besten sofort anfangen!]
Meine Damen und Herren! Die Redezeiten sind erschöpft. Damit ist die Regierungserklärung abgegeben und besprochen. Die Aktuelle Stunde haben wir damit auch erledigt.
Für die dringlichen Anträge der Fraktion der PDS wird die Überweisung an den Hauptausschuss vorgeschlagen. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung so beschlossen.
II. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über 9. Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin, Drucksache 14/534, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 16. Mai 2001
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. Erhebt sich Widerspruch? – Das höre ich nicht.
Ich rufe auf die Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut des Antrags Drucksache 14/534 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung Drucksache 14/1218. Wird Beratung gewünscht? – Wer spricht für Ihre Fraktion? – Frau Hämmerling, dann haben Sie das Wort. Sie beginnen, fünf Minuten pro Fraktion. – Bitte sehr!