Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

[Cramer (Grüne): So wie Landowsky!]

Deshalb müssen wir die Schwachen fördern und die Starken fordern. [Beifall bei der CDU]

Zu unserer Vision gehört auch, dass Sie den kulturellen Klassenkampf einstellen. Die Subkultur ist der Humus, auf dem Nachwuchstalente wachsen, wo neue Ideen und Ausdrucksformen erprobt werden. Die Hochkultur ist der Magnet, der die großen Namen und die großen Mengen an Touristen und Menschen in unsere Stadt zieht. Eine Metropole ohne Off-Szene erstarrt. Eine Metropole ohne große Institute versinkt im Provinzialismus.

[Beifall bei der CDU]

Zu dieser Vision gehört auch ein Abschied von staatlicher Bevormundung. Was wir an Gesetzen und Vorschriften, an Normen und Regeln, an Auflagen und Formularen produzieren, ist der Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegen die Verantwortlichkeit und gegen die Freiheit der Menschen.

[Doering (PDS): Wie hieß der Innensenator?]

Wer heute nichts anderes tun will, als ein paar Arbeitslosen eine Chance auf einen neuen Arbeitsplatz zu bieten, der erstickt sehr bald in einem Paragraphen- und Behördendschungel.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Reform der Berliner Bauordnung kein Einzelfall bleibt. Die Beispiele einer erlebbaren Zukunftsvision lassen sich fortsetzen. Das ist auch in Zeiten extrem knapper Kassen leistbar. Wir brauchen Wirtschaftskraft in Berlin, um unsere Finanzprobleme zu lösen. Wessen Phantasie sich allerdings auf den Einsatz des Rotstiftes beschränkt, macht diese Stadt von einem lebendigen Organismus zu einem passiven Objekt der Bilanzbuchhaltung. Wenn wir nicht die Kraft aufbringen, auch unsere Köpfe zu deregulieren, wenn wir die Stadt auf Verschulden oder Kaputtsparen reduzieren, dann trocknen wir sie aus.

[Beifall bei der CDU]

Das ist es, was ich in dieser parlamentarischen Auseinandersetzung über die Regierungserklärung herausarbeiten möchte.

[Unruhe bei der PDS]

Die Ideenwelt des Übergangssenats ist karg und trocken. Das ist leider kein Neuanfang und schon gar keine Vision für unsere Stadt Berlin. Eine Strategie des Handelns im Sinne Roman Herzogs schon überhaupt nicht.

[Gaebler (SPD): Lassen Sie doch die Wähler entscheiden!]

Am Ende Ihres Weges, meine Damen und Herren von der linken Seite, haben Sie zwar Ihr machtpolitisches Ziel erreicht, aber nun stehen Sie ratlos herum und bringen die Stadt Berlin um ihre Zukunftschancen.

[Beifall bei der CDU – Unruhe]

In diesem Punkt, Herr Regierender Bürgermeister, stimmen wir sogar überein: Dieser Senat muss so schnell wie möglich abgewählt werden,

[Beifall bei der CDU – Unruhe denn er ist leider die etwas teuer geratene Verkörperung von Stagnation und Stillstand. Bei den Problembeschreibungen bla- sen Sie die Basstuba, Herr Wowereit, bei der Problemlösung die kleine Piccoloflöte. Und beenden Sie endlich auch das unwürdige Spiel um den Wahltermin. [Große Unruhe]

Wir haben uns in der CDU-Fraktion, als einzige Fraktion dieses Hauses, in geheimer Abstimmung mit überwältigender Mehrheit für Neuwahlen ausgesprochen.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben uns für den 21. Oktober 2001 entschieden, weil wir den Berlinerinnen und Berlinern Wahlanfechtungsklagen und eine Wahlwiederholung ersparen wollen.

[Beifall bei der CDU]

Vor allem aber, weil wir nichts zu verstecken haben und deshalb an einem fairen Wettbewerb der Ideen interessiert sind, an Chancengleichheit, an der alle Berlinerinnen und Berliner teilnehmen können, und die Berliner haben ein Recht darauf, nicht schon wieder die rot-grüne Katze im Sack zu kaufen,

[Beifall bei der CDU]

sondern sich klar zwischen den Alternativen einer bürgerlichen Mehrheit auf der einen und einem Linksbündnis mit den Sozialisten auf der anderen Seite zu entscheiden.

[Beifall bei der CDU]

Die CDU-Fraktion hat bis zuletzt versucht – das halten viele heute für naiv –, die großen Volksparteien zum Wohle Berlins zu einen und diese Stadt in Frieden und Freiheit weiter aufzubauen.

[Unruhe]

Hätten beide Partner an einem Strang gezogen, so wie es in einem Vertrag festgelegt war, hätten wir auch die Schwierigkeiten gemeistert und Berlin gemeinsam in eine gute und lebenswerte Zukunft geführt. Die SPD hat von langer Hand den Bruch der Koalition vorbereitet. Sie hat den Konsens der Demokraten verlassen. Sie liefert die Stadt Kräften aus, die nach eigenem Bekunden radikale und marxistische Politik machen wollen. Die SPD Berlin verleugnet damit nicht nur ihre eigene Geschichte, sie riskiert, dass alle Aufbauerfolge der vergangenen elf Jahre, die wir mit den Berlinerinnen und Berlinern gemeinsam ermöglicht haben, wieder gefährdet werden. Wir lassen uns diese gemeinsam errungenen Erfolge jetzt nicht kaputtreden, nur weil es in das Wahlkampfkonzept von Herrn Müntefering passt.

[Beifall bei der CDU]

Die Berliner waren bereit, große Opfer zu bringen. Sie waren bereit, große Leistungen zu erbringen und tun dies unverändert. Wir lassen uns die Stadt von Ihnen und Ihrem Senat nicht schlechtreden!

[Beifall bei der CDU – Frau Merkel (SPD): Die Berliner waren weiter als Sie!]

Rot-grün hat für Berlin frischen Wind angekündigt. Das schaffen Sie aber nicht, indem Sie jetzt wie ein Ventilator rotieren, damit der alte Mief noch umgewälzt wird.

[Heiterkeit bei der SPD, der PDS und bei den Grünen]

Dazu müssen Sie schon einmal die Fenster öffnen. Das werden wir am 21. Oktober 2001 tun. Dann haben die Berliner das Wort. Ich bin sicher, dass dieser Senat von unserem frischen Wind weggefegt wird. Wir brauchen neue Kraft für Berlin!

[Anhaltender Beifall bei der CDU – Gelächter bei der SPD, der PDS und bei den Grünen]

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Fraktionsvorsitzende Müller – bitte sehr!

[Friederici (CDU): Die Schlaftablette! – Glocke des Präsidenten]

Ich bitte Sie, sich in den Äußerungen zu mäßigen!

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat gerade gerufen, es würde jetzt langweilig oder etwas in der Art. Der SFB hat letzte Woche gesagt, Müller sei das Kontrastprogramm zu Frank Steffel. Seit dieser Rede bin ich stolz darauf!

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Normalerweise, Herr Steffel, müsste man Ihre Rede als Karnevalsrede bezeichnen. Die Äußerungen reihen sich aber leider nahtlos daran an, was wir seit langem von dem früheren CDUFraktionsvorsitzenden Landowsky kennen. Sie haben von Ihren Vorgängern und Ihrem neuen Chefberater Helmut Kohl offensichtlich nicht nur die politische Gesinnung übernommen, sondern vor allen Dingen auch die zurückhaltende und sachliche Art der politischen Auseinandersetzung.

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Niedergesäß (CDU): Blödsinn!]

Herr Steffel, wenn man in das Handbuch des Abgeordnetenhauses sieht, steht dort, dass Sie deutlich jünger als Helmut Kohl sein sollen.

[Heiterkeit bei der SPD, der PDS und bei den Grünen]

Eines sind Sie mit Sicherheit: Sie sind geistige Altersgenossen. Das haben Sie gerade eben bewiesen.

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Es gibt Konstellationen, die sind unschlagbar: Dr. Kohl und Dr. Steffel für Berlin. Das ist wirklich unschlagbar!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Kittelmann (CDU): Sie vergessen, was dieser Mann für diese Stadt getan hat!]