Aber es geht noch weiter. Laut „Morgenpost“-Zitat will Herr Gysi sich Alternativen für den Fall überlegen, dass die juristischen Fehler in Schönefeld zu groß sind. Frau Matuschek will nicht überlegen, sondern abbrechen. Herr Gysi sagt, Sperenberg wäre ausbaufähig, sollte es juristisch aber zu spät sein, müsse er sich mit dem Ist-Zustand abfinden, also doch Schönefeld ausbauen. Frau Matuschek will eigentlich gar nicht ausbauen und sich mit gar nichts abfinden. Und der Fraktionsvorsitzende der PDS, Herr Wolf, schweigt in offensichtlicher Ratlosigkeit zu dem bunten Treiben. Vielleicht können Sie da doch einmal etwas Ordnung hineinbringen.
Es ist unverantwortlich, wenn die PDS durch ihre Sprecherin den Anwohnern in Tegel und Tempelhof die Schließung der Flughäfen verspricht und gleichzeitig den Ausbau von Schönefeld für überflüssig erklärt, um die Wählerstimmen der dortigen Anwohner auch noch einzufangen. Diese durchsichtige Strategie wird nicht aufgehen. Sie weckt aber falsche Erwartungen und Hoffnungen und trägt damit im Ergebnis zu Verunsicherung und Politikverdrossenheit bei. Noch einmal: Regierungsfähigkeit demonstrieren Sie damit nicht, meine Damen und Herren von der PDS!
Aber nun zur anderen Oppositionspartei, der CDU. Seit der Einigung auf den Konsensbeschluss versuchen Sie, ihn zu hintertreiben. Steffels bunte Truppe
ist hierbei nicht besser als das Gysi geführte Pendant auf der linken Seite des Hauses. Der vielstimmige CDU-Chor forderte in den vergangenen Jahren mal die Offenhaltung Tegels, mal den Weiterbetrieb Tempelhofs und in Person des Kollegen Niedergesäß die Schließung von Schönefeld. Wenn das Klarheit in der Sache ist, Herr Steffel, ich habe davon ein anderes Verständnis.
Nicht einmal ein Jahr nach dem Konsensbeschluss vom Mai 1996 schrieb der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Landowsky einen ganzseitigen Zeitungsartikel für die Offenhaltung Tegels. Einige Wochen später sagte er dann im April 1997 in einer Abgeordnetenhaussitzung wiederum:
Sie können davon ausgehen, dass diese CDU und ich in meiner Person – ich habe kein Problem damit, dies zu unterschreiben – zu dem Single-Airport, dem Großflughafen Berlin Schönefeld International stehen – ohne Wenn und Aber.
So Herr Landowsky in dieser Sitzung. Ein großes Wort. Und was folgt in der anschließenden namentlichen Abstimmung über einen SPD-CDU-Antrag Single-Standort Berlin-BrandenburgInternational in Berlin-Schönefeld? – 20 CDU-Abgeordnete wollten diesen Antrag nicht mittragen.
Schauen wir einmal in die Liste dieses Plenarprotokolls. Illustre Namen, unter anderem der Parlamentspräsident, Herr Führer, hat sich enthalten, aber, besonders interessant, was finden wir denn dort hinter dem Namen Steffel? – Frank Steffel, CDU, Enthaltung.
Das ist also frank und frei die entschlossene und vorbehaltlose Unterstützung dieser CDU für eines der wichtigsten Wirtschaftsprojekte der Region. Ich glaube, da helfen auch Reisen nach Brüssel nicht mehr, Herr Steffel, da müssen Sie sich etwas anderes einfallen lassen!
Ein Wort noch zu den Investoren für die Flughafenprivatisierung. Sie haben eine Chance, ihr vorliegendes Angebot nachzubessern, um es für die Gesellschafter Bund und die Länder Berlin und Brandenburg überhaupt verhandlungsfähig zu machen. Wenn die Investoren nun meinen, das Angebot sei so schlecht, weil die Rahmenbedingungen von der öffentlichen Hand geändert wurden – ich weiß nicht, was Herr Diepgen den Investoren an Wünschen genannt hat, deren finanzielle Folgen er nicht sehen konnte oder wollte. Aber Herr Steffel, bevor Sie dafür diesen Senat beschimpfen, fragen Sie doch einmal Ihren ehemaligen Regierenden Bürgermeister, was er sich dabei gedacht hat und was die Konsequenzen sind. Mit diesem Senat haben keine Verhandlungen über die Rahmenbedingungen stattgefunden. Das ist ganz allein Ihre Verantwortung gewesen.
Ja! – Für die SPD-Fraktion ist das Angebot untragbar, ein Angebot, das den größten Teil der Risiken auf die öffentliche Hand abwälzt. Verstaatlichung der Verluste und Privatisierung der Gewinne hat es unter Diepgen und Landowsky viel zu lange gegeben. Jetzt muss Schluss sein damit, nicht nur bei der Bankgesellschaft, sondern auch beim Flughafen.
Berlin hat mit dem neuen rot-grünen Senat das erste Mal nach fünfeinhalb Jahren eine Regierung, die ohne Wenn und Aber zum Konsensbeschluss steht, zum Konsensbeschluss als einzige realistische Grundlage für eine zukunftsfähige Flughafenentwicklung. Das Zaudern und Zagen der Diepgen-Ära, die Pirouetten eines Landowsky sind Vergangenheit. Wir werden gemeinsam die Zukunft der Region durch einen leistungsfähigen internationalen Flughafen am Standort Schönefeld sichern und damit einen erheblichen Arbeitsplatzmotor schaffen für die Menschen in unserer Region, für die Wirtschaft und für die Zukunft unserer Stadt.
Danke schön Herr Kollege! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat nunmehr der Kollege Niedergesäß für die Fraktion der CDU!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gaebler, was Sie sich hier geleistet haben, ist nun wirklich die Negation der Negation.
Sie, die SPD hat 1995 plakatiert: „Tegel, Tempelhof und Schönefeld schließen.“ – und ein halbes Jahr später haben Sie den Antrag eingebracht, den Sie hier vorgelesen haben. Der ist unter Federführung der SPD entstanden. Noch weiter kann die Heuchelei gar nicht gehen, als dass Sie jetzt behaupten, die Grünen und die PDS hätten das so gewollt. Sie, die SPD hat diesen Zustand herbeigeführt und kein anderer in dieser Stadt. Da können Sie sich hier hinstellen und sonstwelche Erklärungen abgeben. Sie SPD hat sowohl in Brandenburg als auch in Berlin plötzlich das Flattern bekommen, hat die Hosen voll gehabt, wie eh und je, und dann sind alle miteinander umgefallen und haben diesen Antrag eingebracht. Deshalb haben wir jetzt dieses Durcheinander mit dem Standort. Ansonsten wäre hier ganz etwas anderes passiert. Das müssen Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben, so können Sie nicht mit dem Parlament umgehen. [Beifall und Bravo! von der CDU]
Herr Kollege Niedergesäß! Sie sind zwar immer sehr wortgewaltig, aber offensichtlich bringen Sie erstens gewisse Daten durcheinander und hören zweitens nicht zu.
Der Konsensbeschluss zum Standort Schönefeld stammt bekanntlich aus dem Jahr 1996. Ich hatte bereits gesagt, dass nicht nur die SPD, sondern auch Wirtschaftsverbände wie die Industrie- und Handelskammer, die in der Regel nicht sozialdemokratischer Umtriebe verdächtig sind, sich für Sperenberg eingesetzt haben und dass wir auf Druck der anderen drei Fraktionen dieses Hauses dann irgendwann gesagt haben, wenn wir hier überhaupt etwas voranbringen wollen, dann müssen wir uns auf eine vernünftige Lösung einigen. Das war der Konsensbeschluss. Dass Sie den dann gleich zerreden und Sie, Herr Niedergesäß, wegen Ihrer Kirchturmpolitik für Bohnsdorf nichts Besseres zu tun haben, als das alles kaputt zu reden,
Jetzt geht es in der normalen Reihenfolge weiter. Frau Matuschek hat für die Fraktion der PDS das Wort. – Bitte schön, Frau Matuschek!
deswegen werde ich einmal versuchen, im Laufe meiner Redezeit die Fragen zu stellen, die hier alle ungeklärt geblieben sind.
Vorweg zwei Bemerkungen. Herr Cramer, Sie reden immer von einem kleinen, schnuckeligen Flughafen, Single, alleinstehender Flughafen auch noch mit Nachtflugbeschränkung. Ich würde Ihnen empfehlen, nehmen Sie sich bitte den Planfestellungsantrag und sehen Sie sich an, was da geplant wird. Das ist das, worüber wir reden und nicht das, was Sie sich erhoffen. Das ist der Fakt, mit dem wir umgehen müssen.
Herr Gaebler! Sie finden nicht ein einziges Zitat von mir, wo ich gesagt habe, Berlin brauche keinen Flugverkehr. Das finden Sie nirgendwo. Das habe ich nie gesagt. Im Gegenteil: Wir in der PDS – sowohl Herr Gysi, als auch Herr Wolf als auch ich – haben mehrfach gesagt, Berlin braucht eine gute internationale Flugverkehranbindung, wie sie auch immer aussehen mag.
Der rot-grüne Senat ist hier angetreten, um den Mief der großen Koalition auszulüften – auch mit dem Anspruch, unangenehme Wahrheiten zu sagen. Die unangenehmen Wahrheiten, die in diesem Großflughafenprojekt enthalten sind, sind bisher unausgesprochen. Es scheint, dass es nach dem Motto geht: Irgendwann muss es mal klappen. Dreimal ist die Privatisierung schon gescheitert. Irgendwann muss es kommen – sei es mit eigenen finanziellen Mitteln.
Ich denke, das kann man noch eine Weile so weitertreiben, aber dann sollte man auch den Mut haben, zu den Leuten, die dort am Planfeststellungsverfahren seit mehreren Monaten sitzen und versuchen, mit diesen harten Fakten des Planfeststellungsverfahrens umzugehen, hinzugehen und ihnen zu erzählen, was tatsächlich auf sie zukommt, und denen zu erklären, dass eine Flugbelastung von mehreren Flugzeugen in einer Minute etwas ganz Tolles und für Berlin unerlässlich sei. Diesen Mut müssten Sie haben, sehr geehrte Damen und Herren – in der Regel sind es Herren – von der SPD und den Grünen. Gehen Sie hin zu den Leuten! Gehen Sie nach Bohnsdorf! Gehen Sie
nach Schmöckwitz! Gehen Sie nach Schulzendorf und erklären dort den Leuten, warum sie auf ihre Lebensqualität verzichten sollen. [Beifall bei der PDS]