Und was ist mit den Studenten, die aus bestimmten Verhältnissen kommen, wo sie durchaus in der Lage wären, Studiengebühren zu zahlen?
Steuern zahlen: Sie wissen genau, dass es steuerlich absetzbar ist, wenn die Eltern das Geld für die Ausbildung geben, als dass es steuerlich noch in irgendeiner Weise in Rechnung gestellt wird.
Nein! „Chancengerechtigkeit“ muss das Wort sein. „Soziale Gerechtigkeit“ fordern Sie doch immer, und sozial gerecht ist es nur dann, wenn gerade denjenigen, die wirklich schwach sind, stärker geholfen wird, als es bisher geschehen ist. – – Schauen Sie sich doch die Universitäten an! Schauen Sie, was auf den dortigen Parkflächen für Autos stehen!
und Sie verstehen unter Interessenvertretung dann Chancengleichheit. – Nein! Die „Speckstudenten“ sollten Studiengebühren zahlen, und es wäre gut gewesen, wenn diese „Speckstudenten“ in der ehemaligen DDR, nämlich die aus einer bestimmten Elite und SED-Schicht, auch Studiengebühren bezahlt hätten,
Wir wissen alle, wie heute die finanzielle Situation an den Hochschulen aussieht und was man mit diesem Geld für die Studenten machen könnte, die wirklich in sozial schwierigen Verhält
nissen leben. Das gilt z. B. für Lehrbücher und viele andere Dinge, die sich die anderen ohne Weiteres leisten können, aber die sozial Schwachen nicht.
Nein! Sie wollen eine Einheitsbrühe machen, und diese Einheitsbrühe hat nichts mit Gerechtigkeit und erst recht nichts mit Chancengerechtigkeit zu tun.
Genauso haben wir damals im Rechtsausschuss zugestimmt, dass Gebühren für das 2. juristische Staatsexamen bezahlt werden müssen. Auch seinerzeit sind dieselben Argumente wie heute gekommen. Aber wir haben gesagt: Die können es bezahlen, und wer es bezahlen kann, der soll es auch bezahlen. – Verstecken Sie sich nicht unter einem sozialen Mantel, der bei Ihnen gar nicht vorhanden ist, denn Sie wollen hier einseitig bestimmte Interessenvertretungen vornehmen und nicht diejenigen zur Kassen bitten, die dazu in der Lage sind!
Damit ist der Antrag der PDSFraktion ausgiebig besprochen und diskutiert. – Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer also dem Antrag Drucksache 14/134 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung vom 17. Februar 2000 zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD über Einsetzung eines Ehrenrates, Drucksache 14/71
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung vom 17. Februar 2000 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Überprüfung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses in der 14. Wahlperiode, Drucksache 14/32
Wird im Hinblick auf den vorliegenden gemeinsamen Änderungsantrag aller vier Fraktionen, Drucksache 14/71-1, noch Beratung gewünscht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion trägt den interfraktionellen Änderungsantrag mit, weil wir damit die Hoffnung verbinden, dass es nunmehr in der 14. Legislaturperiode gelingen möge, zu einer sachgerechten Auseinandersetzung mit dem Thema geheimdienstlicher Tätigkeit von Abgeordneten für das MfS zu kommen. Bislang konnten sich Teile dieses Hauses nicht der Versuchung entziehen, dieses sensible Thema kurzsichtiger parteipolitischer Instrumentalisierung zu unterwerfen.
Die PDS-Fraktion trägt diesen Antrag mit, obgleich – ich betone: obgleich – wir eigentlich zu schlechten Anträgen in der Regel nicht Ja sagen.
Und dieser Antrag ist schlecht. Er ist sachlich fehlerhaft, dazu werde ich gleich noch etwas sagen. Er enthält politisch für uns nicht akzeptable Aussagen, und anderes, was für uns politisch wichtig wäre, wird hier einfach weggelassen, wie z. B. die Erweiterung auf die Tätigkeit für alle deutschen Geheimdienste. Dennoch – trotz aller Kritik hat sich in der PDS-Fraktion eine eindeutige Mehrheit für diesen gemeinsamen Änderungsantrag gefunden, und zwar aus folgenden Gründen:
1. In dieser, die Glaubwürdigkeit des Parlaments berührenden Frage ist ein gemeinsames Agieren aller im Parlament vertretenen Parteien ein hoher politischer Wert an sich. Nicht nur die Grünen haben sich mit ihrem Antrag bewegt in verschiedenen für uns wichtigen Fragen, sondern auch die Koalition hat dies in zwei für uns wichtigen Fragen im letzten Augenblick getan, nachdem es im Rechtsausschuss so aussah, als sie ihren Antrag einfach „durchstimmen“ wollte. Dies war erstens die mögliche Öffentlichkeit des Verfahrens. Zweitens war es der Respekt vor der Wählerentscheidung, dass nämlich Mandatsniederlegungen nur in extremen Ausnahmefällen empfohlen werden können.
Außer der Tatsache, dass Berlin an der Freiwilligkeit dieses Überprüfungsverfahrens festhält, gibt es kaum noch Gutes über diesen Antrag zu sagen. Ich will auf einige Kritikpunkte kurz eingehen, die ich bereits angedeutet habe.
1. Das Ehrenratsverfahren selber ist trotz der halbherzigen Öffnung das falsche Verfahren. Wir meinen, dass allein ein Untersuchungsausschuss das angemessene Gremium für ein solches Verfahren sein könnte. Auch der Verweis auf schützenswerte Persönlichkeitsrechte der Abgeordneten geht meines Erachtens fehl, denn wer sich in diese Position begibt, nämlich kandidiert und Abgeordneter wird, der wird zur Person der Öffentlichkeit und muss sich auch gefallen lassen, dass anders als bei anderen Personen sein Tun und Lassen in Gegenwart und Vergangenheit der öffentlichen Kontrolle unterworfen ist.
2. Die Erweiterung der Überprüfung durch den völlig unpräzisen Dehnbegriff „politische Verantwortung“ hat leider gar nichts mit dem Abgehen von einer Dämonisierung des MfS und der Frage nach der wirklichen politischen Verantwortung zu tun in völliger Unkenntnis der Realität der DDR, sondern zielt auf eine umfassende und ausgeweitete Delegitimierung. Auch das ist unseres Erachtens völlig verfehlt.
3. Dies wird durch in von wenig Sachkenntnis getrübte Definitionen etwa von hauptamtlicher oder von inoffizieller Mitarbeit ganz deutlich. Zum einen werden heute – zehn Jahre nach Untergang des MfS – Leute post festum rückwirkend zu hauptamtlichen Mitarbeitern gemacht, sie sollen als Mitarbeiter gelten, auch wenn sie es tatsächlich nicht waren.
4. Die gleiche Zuordnungs- und Nomenklaturfreiheit zeigt sich darin, wie man versucht IMs in diesem Antrag einzuordnen. Der Witz ist, dass nicht nur Stolpe, sondern auch Gauck selbst nach dieser Definition auf einmal IMs sind. Denn jeder Veranstalter, auch von Kirchentagen, Rockkonzerten, Liederabenden oder von Jugendclubs konnte eine formelle Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit nicht umgehen.
5. Neben der Empfehlung zur Mandatsniederlegung sollen nun auch noch – und das ist völlig unbestimmt geblieben – andere Empfehlungen möglich sein. Welche Empfehlungen sollen das sein? – Das konnten die Fraktionen der Koalition im Ausschuss nicht darlegen.
6. Die Tatsache, dass die Regierungskoalition eine Zweidrittelmehrheit in diesem Ehrenrat haben wird, spricht unseres Erachtens nicht gerade für parlamentarische Kultur.
Ich komme zum Schluss. – Nach all dem dürfte nun klar sein, dass die Mehrheit der PDS-Fraktion die Zustimmung zu diesem Antrag nicht ganz leicht gefallen ist. Es gab auch viele gute Gründe, dagegen zu stimmen. Wir werten
aber die Bewegung der Koalition als Zeichen eines politischen Willens, zu einem anderen Umgang mit dem Thema zu kommen. Da man solche Versuche nicht einfach ablehnen soll, hat sich diese Mehrheit in der PDS-Fraktion gefunden. Wir werden sehen, ob sich dieser Wille auch bei der Durchführung des gemeinsamen Verfahrens zeigt. – Ich danke.
Vielen Dank, Herr Dr. Nelken! – Die CDU-Fraktion verzichtet auf einen Redebeitrag. Damit ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe. Es spricht Frau Künast!
Herr Dr. Nelken! Bei diesem Beitrag gerade muss ich Ihnen neidvoll anerkennen: Sie haben wieder einmal versucht, Niklas Luhmann, dem großen Soziologen, bei der Textexegese Konkurrenz zu machen. Wissen Sie, wo die Gemeinsamkeit liegt? – Auch den haben die meisten nicht verstanden. interjection: [Heiterkeit bei den Grünen]
Sie versteigen sich am Ende der Textexegese dieses gemeinsamen Antrags in eine Analyse, die dazu führt, dass auch Herr Gauck Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen wäre. Das finde ich doch ein bisschen weit hergeholt. So bin ich auch auf den Vergleich mit Niklas Luhmann gekommen, muss ich Ihnen sagen.
Es ist in der Opposition selten genug, dass man Erfolge feiern kann. Das Schöne am heutigen Tag ist, dass wir gleich zwei haben. Der erste Erfolg war der bei den Wahlen zum Verfassungsgerichtshof, der zweite Erfolg ist dieser Antrag hier, den wir gemeinsam als Ersetzungsantrag einbringen. Ich werde auch gleich erklären warum.