Protokoll der Sitzung vom 23.03.2000

Auch hier hat die Fraktion der PDS ihren Beratungsvorbehalt zurückgezogen. Ohne Aussprache kommen wir also dann zur Abstimmung. Der Ausschuss empfiehlt die Annahme des

Antrags in neuer Fassung. Wer dem Antrag im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 14/247 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Die Mehrheit war dafür, dann wird so verfahren.

Lfd. Nr. 14 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Lfd. Nr. 14 A, Drucksache 14/282:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 15. März 2000 zum Antrag der Fraktion der Grünen über keinen zweiten Spreedurchstich in Charlottenburg, Drucksache 14/121

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Wortmeldungen gibt es auch nicht. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme in neuer Fassung. Wer dem Antrag im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 14/282 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen.

Lfd. Nr. 14 B, Drucksache 14/286:

Beschlussempfehlung gemäß § 21 Abs. 5 Satz 5 GO Abghs des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin- Brandenburg vom 22. März 2000 über Umgang der Oberfinanzdirektion sowie des Landes Berlin mit den ehemaligen Mauergrundstücken

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Bei der einstimmigen Beschlussempfehlung lasse ich sofort abstimmen. Wer der Beschlussempfehlung Drucksache 14/286 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Stimmenthaltungen? – Gegenprobe? – Dann ist so beschlossen.

Lfd. Nr. 15, Drucksache 14/264:

Vorlagen – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 VvB

Überweisungsanträge liegen mir nicht vor. Ich stelle dann fest, dass das Haus von den Verordnungen Kenntnis genommen hat.

Die lfd. Nrn. 16 bis 26 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 26 A, Drucksache 14/288:

Antrag der Fraktion der Grünen über Gegenfinanzierung für die Länder in der Steuerreform 2000 berücksichtigen

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Dann ist eine Beratung bis zu fünf Minuten vorgesehen. Für die Fraktion der Grünen spricht die Abgeordnete Paus. Frau Paus, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Knapp 200 Meter Luftlinie von hier im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages läuft gerade die dreitägige Anhörung von Wirtschaftsverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und wissenschaftlichen Sachverständigen zur Steuerreform 2000. Und es zeigt sich: Der Einstieg in eine strukturelle Reform der Unternehmensbesteuerung, wie sie der Entwurf der rot-grünen Bundesregierung vorsieht, ist gelungen.

[Beifall bei den Grünen]

(A) (C)

(B) (D)

Und es zeigt sich: Die CDU ist nicht nur wegen Bimbes, wegen Spendensumpf und Korruption am Boden, die CDU ist auch zusehends isoliert, weil ihre Vorschläge einfach von ihrer inhaltlich-fachlichen Substanz her nicht überzeugen.

[Gram (CDU): Von wem reden Sie denn jetzt? – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vordergründig die Idealisierung des Familienpatriarchen der der Personengesellschaft vorsteht, um im Hintergrund die Rentiers wie Krupp und Flick und wie sie alle heißen zu befriedigen, das hat nichts, aber auch wirklich gar nichts mit einem modernen, wettbewerbsfähigen und leistungsfähigen Steuersystem zu tun; das ist original das System Kohl, und deswegen wenden sich ja selbst die Wirtschaftsverbände zu Recht von Ihnen ab, meine Damen und Herren von der CDU.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Die Grünen können es verschmerzen, dass die SPD jetzt die Lorbeeren erntet für ein Steuerkonzept, das sie in wesentlichen Teilen von den Grünen übernommen hat.

[Zurufe von der CDU: Abgeschrieben! – Können die überhaupt schreiben?]

Einkommensteuereingangs- und Spitzensteuersätze von 15 und 45 %, Anhebung des Grundfreibetrages auf 15 000 DM etc. – alles bündnisgrüne Vorschläge, die jetzt in dem Gesetzentwurf verankert sind.

Allerdings, wir Bündnisgrünen haben uns immer für niedrige Sätze bei einer Verbreiterung der Steuerbasis ausgesprochen. Und das ist nicht nur eine haushalterische Frage, Stichwort Gegenfinanzierung, sondern das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Aber wiewohl ich Lust verspüre, gerade hier in die inhaltliche Debatte der Reform einzusteigen, Thema soziale Gerechtigkeit, ist das hier nicht der Ort. Wir sind hier nicht der Deutsche Bundestag, wir sind hier das Abgeordnetenhaus von Berlin.

[Dr. Steffel (CDU): Sie haben hier auch keine Mehrheit!]

Und deshalb beschränkt sich dieser Antrag auf die Konsequenzen der Steuerreform für die Länder, nämlich die zu erwartenden Mindereinnahmen. Wir sehen, dass die CDU und daher mit ihr auch Herr Kurth als Finanzsenator schwer in der Klemme sitzt. Das CDU-Steuerreform-Gegenkonzept der CDU findet keinen Widerhall, und das verzweifelt angebotene Zuckerl, nämlich die gegenüber dem rot-grünen Vorschlag noch höhere Nettoentlastung der Einkommen von Unternehmen, ist in Berlin angesichts der Haushaltssituation nun wirklich nicht ernsthaft zu vertreten. [Beifall bei den Grünen]

55 Milliarden DM Nettoentlastung ist einfach illusorisch. Schon die vom Senat geschätzten Mindereinnahmen von 1,2 Milliarden DM jährlich – das ist quasi die Notwendigkeit, jedes Jahr eine GSW zu verkaufen, und wir haben sie wirklich nur einmal –, also diese geschätzten Mindereinnahmen bei dem vorliegenden Entwurf der Bundesregierung mit einem Entlastungsvolumen von 44 Milliarden DM, und wir haben die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs auch noch vor uns, sind praktisch nicht zu schultern. Da verwundert es nicht angesichts dieser Situation, dass Herr Kurth seltsam verstummt ist. Das hilft uns nur leider nicht weiter. Wiewohl wir von Bündnis 90/Die Grünen nun wirklich die Finanzmisere der Stadt nicht zu verantworten haben, sondern auch sie das Ergebnis vor allem der von Gigantomanie geleiteten und in den Sand gesetzten verfehlten Politik der CDU ist, können wir diesem Dilemma Ihrer Partei nicht einfach voller Schadenfreude zusehen. Deswegen formuliert unser Antrag die Notwendigkeit einer stärkeren Gegenfinanzierung der geplanten Steuerreform und der Absicherung der Landes- und kommunalen Finanzierung. Mit Freude haben wir auf der Suche nach in Frage kommenden Steuerschlupflöchern festgestellt, dass zumindest in einem Punkt eine echte Annäherung an bündnisgrüne Vorstellungen auch von der CDU möglich ist,

[Gram (CDU): Was?]

nämlich bei der Umwandlung der Kilometerpauschale in eine verkehrsträgerunabhängige Entfernungspauschale. Das ist ein vernünftiger Ansatz, das wird von den CDU-regierten Ländern in ihrem Entwurf so vorgetragen. Das unterstützen wir. Daran sollten wir anknüpfen. Unser Antrag führt weitere Sondertatbestände auf, zum Teil sind sie auch aus dem Entwurf der CDUregierten Länder übernommen, und weitere. Insbesondere möchte ich noch hervorheben den Punkt Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen für Unternehmen. Wir finden, eine Besteuerung in Höhe von 10 bis 20 % ist angemessen. Eine Steuerbefreiung wäre wirklich international ohne Vergleich. Diese dadurch zusätzlich entstehenden Mindereinnahmen von 5 Milliarden DM sind nicht notwendig und haben ja auch negative strukturelle Konsequenzen, wie wir es jetzt angesichts der Fusion von Deutscher Bank und Dresdner Bank vor Augen haben.

Also der Appell: Lassen Sie uns konstruktiv über unseren Antrag diskutieren. Nehmen Sie insbesondere von den Regierungsfraktionen unser Angebot an und lassen uns in dieser Weise aktiv werden für das Land Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Paus! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort Herr Kaczmarek.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Paus! Ihr Antrag und Ihr Redebeitrag haben mich etwas ratlos zurückgelassen.

[Oh! von den Grünen]

Vielleicht darf ich Ihnen mitteilen – das war Ihnen vielleicht entgangen –, dass die Grünen über eine Koalition an der Bundesregierung beteiligt sind. Und nun kann es sein, dass Sie in den Koalitionsrunden nicht alles haben durchsetzen können, was Ihnen wichtig war. Das kommt ja manchmal vor bei Koalitionsverhandlungen. Aber meinen Sie nicht auch, dass es der richtige Weg gewesen wäre, diese Dinge über den Bundestag und über Ihre Bundestagsfraktion in die Wege zu leiten und nicht hier das Land Berlin als Briefträger für Ihre Interessen missbrauchen zu wollen?

[Beifall bei der CDU]

Ich habe mit Freude gehört, dass Sie die Position einiger CDUgeführter Bundesländer unterstützen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich will das Thema kurz abhandeln. Wir werden uns im Hauptausschuss über unsere Positionen auseinandersetzen. – Etwas verwundert darf man darüber sein, dass Sie versuchen, dies durch eine Resolution des Abgeordnetenhauses durchzusetzen. Dagegen, sich über die Steuerreform und ihre Details zu unterhalten, ist nichts zu sagen. Ich sagte schon in meiner Haushaltsrede bei der Einbringung, dass vieles an rotgrüner Steuerreform nach dem Motto läuft: „Der Bundesfinanzminister hat die Spendierhosen an, und die Länder sind die Hosenträger.“ Es ist schön, wenn Sie das auch so sehen und erkannt haben, dass es nicht angeht, dass der Bund sich auf Kosten der Länder entlastet, und Sparen nicht bedeutet, Lasten auf Dritte zu verlagern, sondern ernsthaft in den eigenen Etats einzusparen. Wenn wir das gemeinsam der Bundesregierung und Herrn Eichel nahe bringen könnten, dann sind wir dabei. Ansonsten ist das ein Beitrag von verhinderten Bundespolitikern. Es ist nicht so weit zum Reichstag. Vielleicht gehen Sie einmal zu Ihrer Fraktion und reden mit denen über Ihre Forderungen. Vielleicht können Sie sich dort durchsetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! – Die Fraktion der PDS hat das Wort. – Bitte, Herr Liebich!

(A) (C)

(B) (D)