Ja, Herr Wieland, wenn wir uns erlauben würden, in unseren Kulturausschuss jemanden von der Bundesseite zu zitieren, und der kommt dann nicht, dann können wir auch ein Spiel daraus machen, das sollten wir mal beiseite tun.
Nicht dass da Prestigedenken da ist, Herr Stölzl wird sicher auch in den Bundestag gehen und für die Sache Berlins kämpfen. Die Sache Berlins wird dadurch aber nicht besser, Herr Wieland, dass Sie so tun, als ob hier unberechtigte Forderungen erhoben würden.
Herr Cramer, ich habe ja zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie im Kulturausschuss sitzen, Sie sollten sich aber doch lieber auf verkehrspolitische Themen beschränken.
Das ist zwar auch schon schlimm, aber da kann man ja noch sagen, dass eine jahrzehntelange Erfahrung da ist.
Der Vertrag mit dem Bund muss gemacht werden. Da geht es nicht um Eitelkeiten. Wenn der Bund sagt, er wolle 20 Millionen DM in den Hauptstadtkulturfonds packen und das soll dem Landeshaushalt zukommen, dann ist das akzeptabel. Wenn der Bund sagt, er wolle wissen, wo die 80 Millionen DM hingehen, dann ist das auch akzeptabel. Über den Vorschlag, ganze
Einrichtungen in die finanzielle Zuständigkeit des Bundes zu übergeben, braucht man sich nicht zu streiten. Es gibt in diesem Haus hoffentlich keinen Streit, dass das Jüdische Museum in die Bundeszuständigkeit kommt, da gibt es keinen Streit. Dass wir das Haus der Kulturen der Welt vom Bund hundertprozentig finanzieren lassen, da gibt es keinen Streit.
Da könnte ich weitermachen. Da muss man sich zusammensetzen und sachlich diskutieren und kommt dann zu Regelungen, die dazu führen, dass man sich nicht öffentlich streitet und schon gar nicht zwischen den Menschen in der Stadt, die hier Kultur zu ihrem Anliegen gemacht haben. Zurzeit streiten sich die Kulturpolitiker des Bundes und des Landes, da muss man ein Ende finden, deshalb muss man da hin kommen.
Strukturreformen sind notwendig. Ein Senator hat sie gemacht. Er hat den Mut gehabt, auch am Anfang seiner Legislaturperiode zu sagen, er könne nicht alles versprechen, er müsse auch an die Strukturen herangehen. Durch den gestrigen Streik der Lehrerinnen und Lehrer – und zuvor die für mich noch beeindruckendere von den Eltern organisierte Demonstration am Samstag – ist deutlich geworden, was das bedeutet für den Bildungsbereich und was es für einen Senator bedeutet, der eine Fachverantwortung hat. Nur sind hier keine Stellen gestrichen worden. Hier hätte es eines Aufwuchses von 1 200 Stellen bedurft trotz sinkender Schülerzahlen. Hier hat der Senator doch Verantwortung übernommen, wenn er vor dieses Parlament getreten ist und gezeigt hat, wie er in seinem Ressort etwas machen kann, ohne die alte Plattitüde: „Ich brauche mehr Geld!“
Da hat er einen mutigen Schritt getan, der in dieser Situation nicht anders ging. Dabei hat er auch die Unterstützung der SPDFraktion. Das sage ich hier ganz deutlich.
Das ist zwar keine Freude, und ich sage auch klipp und klar: Ich verstehe, warum Lehrerinnen und Lehrer sich besonders bestraft fühlen, weil es in der Tat eine Einzelmaßnahme ist. Es gibt keine generelle Arbeitszeiterhöhung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, es ist eine gezielte für Lehrerinnen und Lehrer.
Ich glaube auch, dass die meisten Lehrerinnen und Lehrer, die gestreikt haben, dies nicht getan haben, weil sie für sich etwas erreichen wollten, weil sie dachten, die Stunde mehr sei nicht zumutbar – das vielleicht auch –, aber sie haben auch gestreikt, weil sie auf eine Situation in den Berliner Schulen hinweisen wollten, wo sie in Angst und Sorge sind um die Bildungschancen der Menschen, die ihnen anvertraut sind. Das unterstelle ich auch jedem, der sich da engagiert. Und ich finde es auch gut, dass sie protestiert haben.
Ich finde es aber nicht gut, dass sie einen Streik gemacht haben. Der Streik ist rechtswidrig, und so muss er auch behandelt werden, da gibt es nichts zu vertun.
Dagegen gibt es Maßnahmen, die man anwenden muss. Das sind Gehaltsabzug und eine schriftliche Missbilligung. Das wird der Schulsenator auch so machen müssen. Das ist keine Bestrafungsaktion, das ergibt sich aus dem Status und dem Beamtenrecht.
Dennoch muss im Bildungsressort etliches getan werden. Wir haben es getan. Es wird immer vergessen, dass wir 100 Millionen DM eingestellt haben pro Jahr, dieses Jahr beginnend für die nächsten Jahre der Legislaturperiode. 500 Millionen DM für ein Schulanlagen- und Sportanlagensanierungsprogramm: Warum wird denn das in den Schulen nicht zur Kenntnis genommen? Das ist doch auch kein Pappenstiel: 500 Millionen DM zusätzlich.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Spindler (PDS): Geben Sie das den Bezirken!]
Wir haben im Jugendressort 42 Millionen DM für die Kitas umgeschichtet, hauptsächlich aus dem Bauressort. Das ist ein Schwerpunkt. Das heißt, im Haushalt Schule, Jugend und Sport gibt es Steigerungsraten.
Die inhaltliche Debatte darüber, was an der Schule reformiert werden kann, ist zu führen: mit den Schulen, mit den Gewerkschaften, mit den Eltern und mit den Schülervertretungen. Aber das muss nicht immer mehr Geld bedeuten, sondern da ist Innovation gefragt.
Das Programm „Computer an die Schulen“ muss unterstützt werden. Ich finde den Vorschlag, mehr als 50 Millionen DM auszugeben, richtig aber, das ist zu wenig, das reicht nicht aus.
Wir sollten wirklich darüber nachdenken, ob aus dem Zukunftsfonds, aus den Erlösen der Wasserbetriebe 100 Millionen DM in dieses Computerprogramm investiert werden können.
[Beifall bei der SPD – Beifall der Abgn. Frau Herrmann, Barbara (CDU) und Mierendorff (CDU) – Müller-Schoenau (Grüne): Das wollen wir doch genau! – Zuruf der Frau Abg. Martins (Grüne)]
Das ist doch in vornehmster Weise Zukunftsförderung. Und es ist doch ein Unding, dass der Bildungsminister Rüttgers, der es in der Vergangenheit verpennt hat, heute mit der Parole „Kinder statt Inder“ in den Wahlkampf zieht, statt dass er unsere Gesellschaft fit gemacht hätte für die neuen Technologien.
Wenn er es nicht geschafft hat, dann haben wir doch den Mut, es zu tun, nehmen wir es aus dem Bereich heraus und investieren es in die Schulen, die dort hereinkommen!
Nein, tut mir Leid; sonst immer gern, aber ich habe nur noch wenige Minuten. – Noch ein Wort zur PDS. Wir hatten in den letzten Monaten so ein Frühlingsgefühl gehabt, als wir in den Zeitungen den Kollegen Landowsky und Herrn Gysi sehen konnten. Da hat er ja sicherlich viel Ärger gekriegt in seiner eigenen Partei.
Herr Gysi hat auf dem Parteitag der PDS erklärt, worum es ihm dabei ging, Herr Landowsky. Ich nehme an, Sie haben es mitbekommen, dass Sie ein Hauptthema auf dem Parteitag waren; Sie sind dort erwähnt worden von Herrn Gysi, der hat gesagt: Sie haben sich praktisch bewegt, nicht er hat sich bewegt. Da waren wir auch zufrieden, dass das Enttabuisieren des Themas PDS auch in Berlin möglich ist. Das konnten höchstwahrscheinlich nur Sie machen. Dafür sind wir Ihnen nach wie vor dankbar.
Nun haben Sie natürlich wieder die Kehrtwende gemacht. Aber dass es gleich dazu führt, dass durch diese Umarmungstaktik diejenigen Kräfte in der PDS die Oberhand haben, die man gar nicht haben wollte, das ist natürlich bedauerlich.
Aber ohne die Galionsfiguren Gysi und Bisky zeigt sich auch seit dem letzten Wochenende schonungslos, was die PDS eigentlich ist: eine tief zerrissene Partei, die noch gar nicht in der Bundesrepublik angekommen ist,
und wo nach Gysis eigenen Worten – Zitat Gysi – die Gruppe derjenigen immer größer wird, die dort auch gar nicht ankommen wollen. Kein geringerer als Gysi selbst befürchtet, dass die PDS als Sekte untergehen kann. Ich kann den Interviewartikel aus der „Süddeutschen“ noch einmal hoch halten. Er schließt auch eine künftige Allianz von Kommunistischer Plattform, versprengten K-Gruppen und ergrauten SED-Funktionären, die von den alten Dogmen nicht lassen wollen, nicht aus. – Ich muss sagen, ich habe ja beobachtet: Herr Brauer hat sehr verhalten geklatscht, als Gysi geredet hat.
Herr Wolf, es ist immer ganz schön, dass Sie den liberalen PDSler in dieser Stadt geben. Aber ich habe nach dem Parteitag leider die Befürchtung, dass nicht nur an der Basis, sondern bis hin zum Bundesparteitag Ihre liberalen Auffassungen eben nicht die Basis der PDS darstellen.