Und solange das so ist, brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, dass es in den alten Mechanismen läuft. Sie haben etliches zu tun in Ihrer Partei.
Die SPD-Fraktion erklärt hier ganz eindeutig: Wir werden an unserem Versprechen festhalten, dass wir Ihre Anträge sachlich prüfen werden. Wir werden nicht einfach alles ablehnen, nur weil es von der PDS kommt. Aber Ihre Aufgabe ist es, tatsächlich zu beweisen, dass das, was Sie durch Ihre Galionsfiguren vorgegeben haben, programmatisch Ihr Teil ist, dass Sie auf dem Weg sind zu einer Linkspartei in der demokratischen Gesellschaft.
Da haben Sie also einiges zu tun. Und ich denke, da müssen Sie noch einige Beweise bringen. Ich glaube, der Parteitag hat Sie, Herr Wolf, sicherlich ganz schön betroffen gemacht, andere in Ihrer Fraktion sicherlich weniger. Aber es war ein Rückschritt, das muss man deutlich sagen. Und ich glaube, das hat insgesamt dem politischen Klima in dieser Stadt geschadet.
Ja, Herr Brauer, wir haben ja immer ein besonderes Verhältnis miteinander. Sie sind ja sicherlich die Erneuerung dieser Partei.
Das habe ich auch schon festgestellt, das haben wir zumindest im Hauptausschuss ganz deutlich gemerkt.
Also, ich würde sagen, wir haben vieles zu tun, und wir müssen die großen Themen auch noch anpacken in dieser Stadt, das ist nach wie vor immer noch die Fusion Berlin-Brandenburg. Es war schon zeitweise der Eindruck in der Stadt entstanden, als ob das alles beschlossene Sache ist. Die PDS hatte sich bewegt, Herr Schönbohm hatte was erklärt, die SPD hat was erklärt; da dachte man, alle sind sich einig. Ich bin leider nach den Erfahrungen der letzten Wochen wieder skeptischer geworden, ob das tatsächlich der gemeinsame Wille ist. Ich halte es nach wie vor für dringend erforderlich, dass wir an dem Ziel, ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg, festhalten und dass wir es nach vorn bringen.
Das ist eine Aufgabe für diese Region, denn wir sind nicht nur Hauptstadt, wir sind auch Hauptstadtregion. Und das, was wir uns wirtschaftlich wünschen, ist nur zu erreichen, wenn wir tatsächlich gemeinsam als ein starkes Bundesland arbeiten. Die SPD-Fraktion wird weiter daran arbeiten. Wir sind auch nach wie vor für eine Enquete-Kommission zwischen den beiden Bundesländern. Ich sage aber auch ganz deutlich: Ich sehe noch nicht, ob wir eine Mehrheit in den beiden Parlamenten dafür bekommen. Daran müssen wir arbeiten, dazu wollen wir unseren Beitrag leisten.
Es wird heute noch über die einzelnen Pläne detailliert diskutiert werden müssen. Wir haben einen Haushalt, der uns vorgelegt wird nach den Beratungen im Senat und im Abgeordnetenhaus, der unter den finanziellen Rahmenbedingungen das ermöglicht, was zu machen war. Es sind Schwerpunkte gesetzt
worden, die sind erkennbar. Es sind Einschnitte gemacht worden, die waren notwendig; die werden nicht allen gefallen. Trotzdem, denke ich, sind wir auf dem richtigen Weg. Wir müssen nicht nachlassen, und wir dürfen nicht nachlassen. Der Haushalt 2001 steht vor der Tür. Auch das wird nicht ohne Schmerzen vonstatten gehen. Aber auch da sage ich für den Haushalt 2001: Pauschale Kürzungen bringen nichts mehr. Man muss aufgabenkritisch herangehen, sich anschauen: Von welchen Aufgaben muss man sich trennen, wo kann man etwas herausholen? – Mit dem Rasenmäher geht hier nichts mehr. Wir müssen die Schwerpunkte setzen. Die SPD wird sich an dieser Schwerpunktsetzung beteiligen. Wir werden dem Haushalt des Jahres 2000 zustimmen. – Schönen Dank!
Vielen Dank, Herr Wowereit. – Für den Senat hat jetzt das Wort der Regierende Bürgermeister, Herr Diepgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere des Hauptausschusses, vielmals bedanken. Dieser Haushalt ist mit großer Kraftanstrengung, großem Arbeitseinsatz, großen Mühen in einer Frist verabschiedet worden, die der Stadt sicherlich dient, aber die in Teilbereichen sogar als Zumutung gegenüber den Kolleginnen und Kollegen begriffen werden konnte. Ich bedanke mich vielmals für diese Arbeitsleistung.
Die Debatte um den Etat des Regierenden Bürgermeisters ist traditionsgemäß eine Auseinandersetzung mit der Gesamtpolitik. Und hier sind einige kritische Anmerkungen gemacht worden, am Anfang hatte ich den Eindruck, über die Debatte dieses Abgeordnetenhauses fällt so etwas wie Mehltau, weil im Grunde alles nur die alten Rituale waren. Man hat zu kritisieren, man übertreibt, man setzt sich mit der Regierung auseinander, lässt möglichst kein gutes Haar daran,
und fristgemäß, wie das auch in jedem Jahr stets war, gab es auch genug Artikel, jeweils auch von den Gleichen im Regelfall, quer durch die verschiedenen Jahre, die man dann zitieren konnte.
Bei der Debatte habe ich mich allerdings ein paar Mal gefragt, ob diejenigen, die hier geredet haben, in der Stadt Berlin sind oder irgendwoanders.
Da ist die These aufgestellt worden, es gebe in den letzten Jahren nur Stillstand in der Stadt. Seit 1990, seit 1991 habe sich nichts bewegt in der Stadt.
Offensichtlich gab es weder die Veränderungen der wirtschaftlichen Strukturen, gab es nicht das Zusammenwachsen der Stadt, das Zusammenwachsen der großen Eigenbetriebe, das Zusammenwachsen der Verwaltung, den Aufbau einer gemeinsamen Verwaltung der Stadt und den Erhalt auch der verschiedenen Institutionen, die es im alten Ost- und im alten Westberlin gegeben hat. Und offensichtlich ist das, was die Faszination ausmacht, von der ja so viele Touristen Berlins immer wieder reden,
Ich nehme ja gern auch noch den nächsten Zwischenruf auf: Alles das, was positiv in der Stadt geschehen ist, hat nichts mit der Senatspolitik zu tun, das machen alles andere. Und insbesondere – jetzt nehme ich einen konkreten Punkt heraus –, wenn es Steuererhöhungen gibt vor dem Hintergrund von Wirtschafts
wachstum in den letzten Jahren, hat das nichts mit Berliner Politik zu tun, sondern dann ist die rot-grüne Bundesregierung zuständig. Ich sage Ihnen allerdings voraus: In dem Augenblick, wo wir auch nur irgendwo eine Schwierigkeit in Berlin haben, wird immer der Berliner Senat dafür verantwortlich gemacht. Damit muss man sicherlich leben.
Wie war das mit der Entwicklung der Stadt und den einzelnen Beschlüssen? Sie haben sich in der Vergangenheit stets dagegen gewehrt, dass beispielsweise die Messe vernünftig ausgebaut wird. Sie wehren sich auch jetzt dagegen, dass die notwendigen Ergänzungen vorgenommen werden. Der Regierende Bürgermeister wirbt dafür, dass das Notwendige – und zwar an Veränderungen und neuen Investitionen – gemacht wird. Wer ist hier für Stillstand?
Bei der U-Bahnlinie 5 werbe ich jedenfalls dafür, dass man nicht kurzfristig an solche Themen herangeht,
dass man nicht unter dem Gesichtspunkt herangeht: Welches ist gegebenenfalls die Behinderung von aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen, und was ist tagespolitische Bequemlichkeit, die auch das eine oder andere erfordern kann? Dabei räume ich durchaus ein – ich bleibe bei der U-Bahnlinie 5 –, dass auch ich oftmals den Eindruck habe, dass es sehr schön wäre, wenn die Zahl der Baustellen – die nach Meinung der Opposition Stillstand demonstrieren – ein wenig reduziert werden könnte. Unter den Linden spazieren zu gehen ohne von einer Baustelle in die andere zu fallen, das möchte ich auch gerne.
Es ist aber richtig, dass, wenn man das von der Opposition geforderte und von Abgeordnetenhaus beschlossene Verhältnis zwischen öffentlichen Personannahverkehr und Individualverkehr verwirklichen will, man den öffentlichen Personennahverkehr so leistungsfähig wie möglich machen muss.
Dazu gehört, dass man heute die Entscheidung darüber trifft, was in zehn Jahren von uns allen als selbstverständlich für den heutigen Zeitpunkt erwartet wird, und dass man heute keine Entscheidung aus Bequemlichkeit dagegen trifft. Darüber ärgern wir uns in fünf oder zehn Jahren.
Ich weiß noch nicht, was bei diesem strittigen Thema herauskommt. Aber wer ist dabei für Stillstand und wer für Bewegung und Aufbau der Stadt? Der totale Stillstand ist die Forderung der Opposition im Abgeordnetenhaus. Sie wollen den Stillstand.
Ich greife das Thema Zukunftsfonds auf. Was steckt denn hinter der Idee des Zukunftsfonds? Entwicklung in der Zusammenarbeit von Forschung, Industrie, Dienstleistung und Ausbildung. Der Zukunftsfonds soll eine Hilfe dafür sein, dass wir notwendige gesellschaftliche Initiativen und Infrastrukturmaßnahmen der öffentlichen Hand – beispielsweise für Adlershof und Buch – finanzieren können. Sie sind dagegen. Ich frage erneut: Wer ist für Stillstand und wer für Bewegung und Aufbau in Berlin mit den notwendigen strukturellen Veränderungen, die wir durchsetzen wollen?