Fest steht jedenfalls, dass die CDU nicht nur heute, sondern auch in Zukunft zu dieser Behörde steht, weil sie weiß, wie wichtig diese Arbeit ist. – Herr Gutzeit – Sie sind anwesend –, viele Grüße auch an Ihre Mitarbeiter! Machen Sie weiter so!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir bedanken uns – wie in jedem Jahr – bei Herrn Gutzeit und seiner Behörde für die geleistete Arbeit! – Dass wir wenig Neues zu diskutieren finden, ist auch ein Zeichen von Kontinuität und der Hinweis darauf, dass die alten Probleme auch die neuen sind, die wir auch in diesem und dem nächsten Jahr nicht lösen
werden. Deshalb haben sich die SPD- und PDS-Fraktionen auch ganz klar im Koalitionsvertrag zur Arbeit dieser Behörde bekannt. Viele Ungerechtigkeiten, die im Bericht beklagt werden, sind durch das Land Berlin nicht zu bereinigen, da sie Bundesrecht betreffen. Herr Apelt ging schon darauf ein. Ich muss Ihnen allerdings auch sagen, dass es nicht unbedingt einer neuen CDURegierung bedarf. Es waren immerhin 8 Jahre Zeit, um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Das hat eine KohlRegierung eben nicht geleistet.
Es wird allerdings auch immer deutlicher, dass das Land Berlin nicht nur aus einer historischen Situation heraus einen großen Teil dieser Lasten aufzuarbeiten hat, sondern auch durch die Hauptstadtsituation unsere Behörde zunehmend stärker frequentiert wird, als dies in anderen Bundesländern der Fall ist, abgesehen von der Tatsache, dass nicht überall ein Landesbeauftragter installiert ist.
Nach wie vor gibt es kaum lösbare Probleme, vor allem auch bei drei Fallgruppen, die von der Rehabilitierung ausgenommen sind. Es beschäftigt uns, wie auch in den letzten Jahren, die Situation von Schülern, deren Entwicklung in eine berufliche Richtung hin zu einem so frühen Zeitpunkt abgebrochen wurde, dass die heutige Rechtsprechung, die von einem beruflichen Ansatz zunächst einmal ausgeht, diesen nicht gerecht wird.
Zum anderen geht es um die Situation jener, die mit dem Stellen eines Ausreiseantrages von sich aus ihren Arbeitpslatz gekündigt haben. Dies ist vermutlich nur von Menschen zu bewerten, die in der DDR gelebt haben. Viele hatten dort Freunde, Verwandte, Bekannte, die genau wussten, welchem Druck sie am Arbeitsplatz ausgesetzt würden. Jeder konnte nachvollziehen, dass sie dem im Angesicht aller übrigen Schikanen ausweichen wollten. Die meisten fanden dann ihre Nische bei schlecht bezahlten Kirchenjobs, sei es als Friedhofswärter oder im evangelischen Krankenhaus. Das heute als freiwilligen Akt anzusehen, ist für die Betroffenen schwer nachvollziehbar.
Wir haben die Situation frei schaffender Künstler. Das ist eine Gruppe, die auch unter Marktbedingungen nicht gerade zu den Spitzenverdienern zählt. Die Nichtaufnahme in einen Berufsverband gerade auch bei bildenden Künstlern wird nicht als Eingriff in eine bereits vorhandene Position gewertet. Sie verkennt völlig, dass es ohne diesen Verband keine Arbeitsmöglichkeiten gab. Es gab keinen freien Kunstmarkt, keine Ausstellungsmöglichkeiten. Mehr noch als im vorliegenden Bericht dargestellt, gab es nicht einmal Arbeitsmaterialien für die nicht in diesem Verband Organisierten.
Es muss nach wie vor deutliche Kritik an den Unzulänglichkeiten der Rehabilitierungsgesetze geübt werden, die sehr viel von Ignoranz auch gegenüber den gelebten Widerstandsbiographien in der DDR ausstrahlen. Das Land Berlin kann da nur appellieren. Wir selbst müssen auch unsere Verantwortung wahrnehmen, zum einen – was wir schon getan haben – mit dem Anerkennen der Tatsache, dass die Arbeit des Berliner Landesbeauftragten nach wie vor unserer Unterstützung bedarf. Sie werden mir beipflichten, Herr Gutzeit, dass es nicht nur um Ihre Tätigkeit und um die von Ihnen unterstützten Vereine geht. Wir sollten bei den vor uns liegenden Haushaltsberatungen auch darauf achten, wo wir in anderen Ressorts die wenigen noch verbliebenen widerständigen Institutionen aus der DDR finden. Die Umweltbibliothek gibt es schon nicht mehr. Wie ich hören musste, steht jetzt auch die Kirche von unten, in deren Räumen das Matthias-Domaschk-Archiv vor kurzem noch sein 10jähriges Jubiläum feierte, vor dem finanziellen Aus. Das wäre ein fatales Signal. Wir stehen alle in der Verantwortung, dies nach dem Auswerten dieses achten Tätigkeitsberichts mit all seiner noch bestehenden Aktualität zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen. – Ich bedanke mich!
Es wäre unerträglich, wenn 10 oder 14 Jahre nach dem Ende der SED-Diktatur zwar ein Schlussstrich gezogen würde, soweit es Funktionsträger und Täter der überwundenen Diktatur betrifft, jenen aber, die durch ihren aufrechten Gang, durch Zivilcourage durch ihre demokratische Gesinnung und den Einsatz für Bürger- und Menschenrechte Schaden genommen haben, eine adäquate Anerkennung im Wege eines gerechten Schadenausgleichs verwehrt bliebe.
Aber sind wir nicht gerade im Land Berlin inzwischen fast aufdem Weg dahin? Wie gehen wir mit den Opfern der verbrecherischen SED-Diktatur um? Der Bericht gibt hier eine recht eindeutige Antwort. Es muss uns beschämen zu lesen, dass Opfer der Diktatur nach wie vor Nachteile bei der Rentenbemessung erleiden müssen, während die Täter von einst Zusatzrenten für ihr schändliches Tun kassieren. Es muss uns doch beschämen zu lesen, dass 95 % der Anträge auf Anerkennung und Behandlung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden von den Versorgungsämtern abgelehnt werden, während eine Schönfärberin des DDR-Regimes ausgerechnet mit der Louise-SchroederMedaille ausgezeichnet wird!
Es ist doch schwer zu ertragen, lesen zu müssen, dass die Opfer, die schwer und unter Missachtung jeglicher Arbeitsschutzbestimmungen in Chemiefabriken und Bergwerken zwangsarbeiten mussten und ihre Klagen gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden in der Regel „vom Gericht ohne für den Betroffenen einsichtige Gründe oder ohne Begründung“ zurückgewiesen werden – wie es im Bericht heißt.
Gerade hier bei der Ausbeutung der Gefangenen zeigte sich im übrigen der Charakter der DDR, um einmal in marxistischen Termini zu reden, als real existierende Sklavenhaltergesellschaft. Es muss uns beschämen zu lesen, dass es nach wie vor keine Regelung zur Entschädigung einst verfolgter Schüler gibt – auch ich muss das ansprechen –, denen das Regime am Anfang ihres Lebens mit oft lebenslangen Folgen alle Chancen genommen hat,
Herr Hahn! Ich würde Sie wirklich bitten, sich etwas zu mäßigen. Sie haben sich hier über Senatsmitglieder geäußert. Ich finde dies nicht gerechtfertigt. Also ein bisschen mehr Mäßigung gegenüber den Senatsmitgliedern würde ich Ihnen gern anraten wollen.
[Krestel (FDP): Unverschämtheit – wir sind hier nicht in der Volkskammer! – Goetze (CDU): Parteilichkeit!]
– dass es finanzielle Probleme bei der psychologischen Beratungs- und Therapiestelle „Gegenwind“ gibt, während in Berlin Geld für ein weiteres Rosa-Luxemburg-Denkmal ausgegeben werden soll.
Es muss uns doch beschämen zu lesen, dass die Zivildeportierten, vornehmlich Frauen – Herr Apelt hat das schon angesprochen –, die in die ehemalige Sowjetunion völkerrechtswidrig verschleppt wurden, dort unmenschliche Zwangsarbeit leisten und Hunger leiden mussten, vergewaltigt wurden und dort unter unsäglichen Schwierigkeiten Lagerkinder aufgezogen haben, dass diese Frauen die Hoffnung fast aufgegeben haben, noch zu Lebzeiten angemessen gewürdigt und entschädigt zu werden,
während unser Kanzler Altschulden der Sowjetunion in zweistelliger Milliardenhöhe kurzerhand streicht. Diese Frauen warten auf ein Zeichen des Bundeskanzlers. Sie sollten nicht mehr lange warten!
Der Gipfel der Verhöhnung im Jahre 1 der Regierungsbeteiligung der Partei der Diktatur von einst ist aber erreicht, wenn – auch das ist angesprochen worden – ein ehemaliger StasiGeneralmajor in der Zeitung verbreiten darf, politische Häftlinge in der DDR seien Täter von einst, darunter „Mörder, Terroristen, Nazis, Spione, Schädlinge, Diversanten und skrupellose Menschenhändler“. Dieser Mann hat mit seiner Äußerung bewiesen, dass er wohl zum menschlich und moralisch Miesesten gehört, das in diesem Land frei herumlaufen darf!
Immerhin hat dieser Kerl doch recht genau beschrieben, was seine Organisation, die Stasi, war. Sie hat Mörder, skrupellose Menschenhändler, Nazis, Spione, Terroristen in beträchtlicher Anzahl herangezogen, ausgebildet und beschäftigt. Auch daran müssen wir heute wieder erinnern!
Dann werde ich noch einen Satz dazu sagen. Die politische Bildungsarbeit ist in diesem Land von großer Bedeutung.
Das zeigt mir nicht nur die Debatte hier in dem Parlament, sondern das zeigen mir auch jüngste Umfragen der GEW zum Demokratieverständnis mancher Lehrer im Ostteil unserer Stadt.