Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem heutigen Antrag der FDP-Fraktion erleben wir sicherlich den Auftakt für weitere Anträge, die darauf abzielen, Verordnungen abzuschaffen – Thema: Schilderwald in Berlin und Ähnliches. interjection: [Beifall bei der FDP – Frau Senftleben (FDP): Richtig!]
Ich gebe Ihnen insofern Recht, als es auch Verordnungen und Rechtsvorschriften im Land Berlin gibt, die völlig unsinnig sind. Mit der Frage, ob ich in Berlin Elefanten ausführen oder im Wald eine Hängematte aufhängen darf, müssen sich die Berlinerinnen und Berliner sicherlich nicht beschäftigen. Diese Dinge interessieren niemand, und entsprechende Vorschriften können abgeschafft werden. Die Zweckentfremdungsverbotsverordnung gehört aber mit Sicherheit nicht dazu.
Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, weshalb der Bundesgesetzgeber sich vor über 30 Jahren dazu entschlossen hat, und ich weise darauf hin, dass damals eine sozial-liberale Koalition regiert hat. Es war mit Sicherheit nicht alles verkehrt, was damals beschlossen wurde, und dazu gehört auch dieses Gesetz, das die Länder und Kommunen ermächtigt hat, entsprechende Zweckentfremdungsverbotsverordnungen zu erlassen.
Der Wohnungsmarkt ist nach wie vor durch eine bestehende Mangelsituation an bezahlbarem Wohnraum für breitere Schichten der Bevölkerung gekennzeichnet. Die generelle Abschaffung des Zweckentfremdungsverbots muss deshalb aus wohnungspolitischen Erwägungen abgelehnt werden. Der Schutz von Wohnraum vor Zweckentfremdung muss in Berlin als einer Mieterstadt nach wie vor oberste Priorität haben.
Der vorhandene Wohnungsleerstand in Berlin führte im vergangenen Jahr zu einer Flexibilisierung, nämlich der hier bereits erwähnten Änderung der bestehenden Zweckentfremdungsverbotsverordnung.
Herr Lindner, Sie dürfen mir auch zuhören! – Mit dieser Änderung haben wir erreichen können, dass es für einzelne Gebiete der Stadt zu einer Flexibilisierung kommt und dass hier nicht mehr rigide die Zweckentfremdungsverbotsverordnung gehandhabt wird. Aber der Grundsatz muss bleiben, dass der Wohnraum als Wohnraum erhalten bleibt und nicht zweckwidrig verwendet werden sollte.
Das ist genau die Intention, die die PDS-Fraktion in der letzten Legislaturperiode, als es um die Änderung dieser Verordnung ging, eingebracht hat. Es ist nun einmal so, dass der bundesgesetzliche Rahmen diesen Vorschlag, die Zweckentfremdungsverbotsverordnung bezogen auf einzelne Stadtgebiete anzuwenden, nicht zulässt. Deshalb ist eine Änderung des entsprechenden Bundesgesetzes erforderlich. Insoweit unterstützen wir den Antrag der CDU-Fraktion.
Wenn die FDP-Fraktion damit argumentiert, es gebe wie z. B. in den Sanierungsgebieten entsprechende planungsrechtliche Instrumente, dann weise ich selbstverständlich wie der Kollege Schimmler darauf hin, dass das auch bürokratische Akte in Gang setzen und auch Kapazitäten erfordern würde. Ich bin mir sicher, da würde die FDP-Fraktion wiederum als Erste fordern, dass diese staatlichen Eingriffe bekämpft werden müssten.
Wenn behauptet wird, der Leerstand von Wohnraum stehe in Zusammenhang mit einer angeblichen mietrechtlichen Überregulierung, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liege, so weise ich darauf hin, dass gerade der Bund den Ländern und Kommunen diese Möglichkeit gegegeben hat, und davon haben wir auch Gebrauch gemacht. Hinsichtlich des Arguments, Belegungsrechte könnten in Angriff genommen werden, weise ich ebenfalls darauf hin, dass die erkauft werden müssten und dann
auch entsprechende Regelungen erforderlich wären. Meine Damen und Herren von der FDP: Das Zweckentfremdungsverbot ist kein Eingriff in den Wohnungsmarkt, denn damit soll ja schließlich gewährleistet werden, dass Wohnraum nicht ohne Weiteres dem Wohnungsmarkt entzogen wird.
Nun zum Stichwort Wohnungsämter: Die bezirklichen Wohnungsämter können meiner Meinung nach in der Tat aufgelöst werden. Diese Koalition wird zum 1. September 2002 die Fehlbelegungsabgabe gänzlich abschaffen. Damit entfällt eine, aber auch nur eine Aufgabe der Wohnungsämter.
Wir müssen dann prüfen, ob die Wohngeldangelegenheiten von den Sozialämtern beziehungsweise den Bürgerämtern sowie die Aufgaben nach der Zweckentfremdungsverbotsverordnung und dem entsprechenden Gesetz von den Bauämtern übernommen werden können.
Erst kommt die Aufgabenkritik und dann die Auflösung von Ämtern, nicht umgekehrt. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen und dem CDU-Antrag zustimmen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ich total ätzend finde, ist die Tatsache, dass die FDP absolut beratungsresistent ist.
Das ist unerträglich. Wir haben während der Koalitionsvereinbarungen genau über dieses Thema schon umfangreich gesprochen. Sie wollten auf der einen Seite das Ergebnis der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, aber Sie wollten die Verordnung nicht. Das ist doch alles widersinnig.
Der Wohnraum soll geschützt werden, weil der Wohnraum dem Mietrecht unterliegt und damit ist die Höhe der Miete festgelegt. Wenn Sie daraus Gewerberäume machen wollen, dann doch nur deshalb, um dort mehr „Kohle“ zu machen.
Wenn Sie jetzt argumentieren, wir hätten 100 000 leer stehende Wohnungen, dann lesen Sie einmal bitte die Zahlen, wie viel Millionen Quadratmeter leer stehende Gewerbefläche existieren. Es wäre geradezu eine Aufforderung, Gewerbe in Wohnungen umzuwandeln, wenn Sie davon ausgehen, dass es die Masse macht.
Na, schauen Sie sich doch einmal um. Sie müssen doch hier nur vor die Tür treten und treffen überall auf die großen Plakate: Zu vermieten! Das heißt, der Gewerbeleerstand ist weit größer als der Wohnungsleerstand.
Es kann also kein Interesse daran bestehen, dass, weil zu wenig Gewerberaum besteht, die Wohnungen umgewandelt werden müssen. Sie wollen den Schutz der Wohnungen abschaffen.
Jetzt zu der Verordnung und zu dem, was in der Verordnung steht – Herr Spindler hat es an bestimmten Stellen schon gesagt: Das, was Sie angeblich erreichen wollen, das lässt die Verordnung heute schon zu. Eines lässt die Verordnung jedoch ebenfalls zu, was wir aber nicht haben wollen: Sie schreiben, es gäbe Sanierungssatzungen, und damit könnte man ja eingreifen. Dies zeigt, dass Sie sich nicht mit der neuen Rechtsprechung beschäftigt haben. Die Rechtsprechung sagt nämlich, dass die Verordnung in ihrer jetzigen Form die Sanierungsziele außer Kraft setzt. Und das genau wollen wir nicht erreichen.
Was die Ladenwohnungen betrifft: Wir haben lange die Diskussion geführt, speziell für eine bestimmte Infrastruktur innerhalb der Großsiedlungen, dass dort auch die Möglichkeit für Praxen und dergleichen geschaffen werden soll. All das beinhaltet die Verordnung schon, und das soll auch so sein. Ich denke, da macht es einen Sinn.
Ich bin, das sage ich ehrlich, über den sehr guten Antrag der CDU erstaunt. Das habe ich so nicht erwartet, weil Sie bisher hier auch immer ein wenig grobschlächtig waren. Und deshalb finde ich Ihre Idee sehr interessant, denn Sie haben Recht: Genau das ist das Problem. Berlin ist dermaßen vielschichtig, und wir haben zum Beispiel dieses Rechtsproblem in Mitte. Dort besteht ein enormer Druck, die Wohnungen umzuwandeln. Hier sagte der Richter, dass das Sanierungsziel von der Verordnung weggedrückt werde. Das wollen wir aber nicht, da wir einen bestimmten Prozentsatz an Wohnungen dort für nötig halten, während wir in anderen Bereichen, so z. B. Friedrichshain oder aber Marzahn und Hellerdsdorf, damit keine Probleme haben. Auch Prenzlauer Berg, selbst ein Bezirk als solcher, hat Ecken, in denen der Verdrängungsdruck enorm ist, aber auch solche, wo es diesen Verdrängungsdruck nicht gibt. Deshalb ist die einzige Lösung zu sagen, wir müssen kleinteiliger und differenzierter damit umgehen. [Dr. Lindner (FDP): Kleinteiligkeit ist das Prinzip in dieser Stadt!]
Nun noch etwas zur Grundphilosophie der FDP: Sie wollen zum einen, und das haben Sie uns auch bei unseren Gesprächen sehr deutlich gemacht, ohnehin die staatliche Wohnungspolitik abschaffen. Das ist der eine Punkt.
Sie sagen, alles andere ist marktwidrig. Ich möchte Ihren Großkopfeten Herrn Eckhoff zitieren, der bei einer Veranstaltung sagte, dass der Staat überhaupt nicht in den Wohnungsmarkt eingreifen solle, aber er solle ordentlich Wohngeld zahlen. Das ist Ihre Philosophie. Das ist nämlich auch nicht mehr Markt. Subvention der Mieten ist nicht mehr Markt. Es gibt nämlich auch andere Liberale, die sagen, dass wir im Prinzip die Mieten um ein Drittel senken müssten, wenn wir tatsächlich eine Vermietung und einen Markt im Wohnungsbereich haben wollen. Deshalb ist Ihre Sicht im Moment etwas sehr einseitig.