Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Sie haben also zum Einstieg in den Solidarpakt mir den Gewerkschaften vorgeschlagen, einen Teil der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf 60 bis 67 % ihres Nettogehaltes zu setzen. Das ist, denke ich, eine Zielrichtung des Antrages, die wir noch in dem zuständigen Ausschuss zu diskutieren haben.

Dann komme ich zu Ihrem Vorschlag für den Umgang mit den Auszubildenden und Anwärtern des öffentlichen Dienstes. Hier möchte ich hervorheben, dass aus dem Grünen-Antrag erstens hervorgeht, dass Berlin einzelgesetzlich handeln kann. Der Kollege Schruoffeneger hat eine gewisse Widersprüchlichkeit in die Argumentation gebracht, weil er gefordert hat, dieses Problem der Amts- und Stellenzulagen in Verhandlungen mit den Gewerkschaften zu klären. Was wollen Sie eigentlich, Kollege Schruoffeneger? In der Tat, wenn Sie als solide Oppositionspartei einen Finanzierungsvorschlag unterbreiten, dann ist das diskutabel. Wenn Sie das in Verhandlungen klären wollen, dann werden Sie wahrscheinlich noch lange warten müssen.

[Beifall bei der PDS]

Insofern brauchen wir auch hier die Klärung der Widersprüchlichkeiten im Ausschuss.

Bei Ihrem Paket zum Solidarpakt haben Sie sich einigen Problemen zugewandt, aber an dem Kernproblem, dem Umgang mit den Haushaltsbelastungen durch die Tarifzuwächse und Besoldungserhöhungen, sich einfach vorbeigemogelt. Das ist aber die Hauptfrage des Solidarpaktes, und hier muss logischerweise der Haussegen mit den Gewerkschaften schief hängen. Ich gebe Ihnen gerne zu, dass dem gesamten Paket eine konstruktive Absicht und ein konstruktiver Ansatz zu konzedieren ist. Die Arbeitsteilung, die Sie uns hier vorschlagen: Sie picken sich die Rosinen heraus,

[Wieland (Grüne): Hach!]

und die Koalition macht die Kärrnerarbeit,

[Beifall bei der PDS und der SPD – Heiterkeit]

das können wir Ihnen, verehrter Kollege Schruoffeneger, nicht durchgehen lassen.

[Zurufe von der CDU]

Sie haben zu den Details kein Wort verloren, Kollege Hoffmann, aber wahrscheinlich, weil Sie nichts dazu zu sagen hatten,

[Zuruf des Abg. Hoffmann (CDU)]

weil Sie für die Details nicht zuständig sind.

Was die Beihilfen betrifft, Kollege Schruoffeneger, – –

[Anhaltende Zurufe]

Nun regen Sie sich mal wieder ab! – Wir sind gerne bereit, mit Ihnen über die Kappungsgrenzen, die Sie hier vorschlagen, zu reden. Allerdings müssen Sie ein bisschen mehr Sorgfalt aufwenden als das, was Sie im Begründungstext geliefert haben. Es ist bei Begründungen immer so: Man schreibt weniger hinein, als man tatsächlich weiß. Aber die 30 Millionen $ möchte ich von Ihnen mal vorgerechnet bekommen. Wenn das geht, dann können wir darüber reden. Aber es ist kein Grund, hier auf die Kostendämpfungspauschalen – denn die sind kassenwirksam – zu verzichten. Ob Ihr Vorschlag kassenwirksam ist, das werden wir sehr gründlich zu prüfen haben.

Ich möchte meine Redezeit nicht überschreiten.

[Beifall bei der CDU]

Deswegen möchte ich mich herzlich für die Aufmerksamkeit bedanken.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

Danke schön, Herr Kollege Krüger! – Für die Fraktion der FDP hat nunmehr Herr Matz das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eben erlebt, wie Frau Spranger das soziale Gesicht für die SPD reklamiert hat.

[Frau Spranger (SPD): Ich habe nicht reklamiert, aber wir haben es!]

Na ja, Sie haben gesagt, die Grünen hätten das über ihren Antrag geschrieben, aber das soziale Gesicht würde vor allen Dingen zur SPD gehören.

[Frau Spranger (SPD): Richtig! Ganz richtig!]

Das Problem daran ist, Frau Spranger: Wir können es überhaupt nicht beurteilen, denn wenn Sie uns einmal einen Vorschlag machen würden, wie wir den Solidarpakt in Berlin erreichen wollen, einen einzigen Vorschlag nur, dann wären wir vielleicht in der Lage zu beurteilen, ob Sie zu einer Haushaltsentlastung mit sozialem Gesicht fähig und in der Lage sind. Aber was wir dazu bisher gesehen haben, ist überhaupt nichts. Null, gar nichts!

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Deswegen muss ich das, was Sie den Grünen zurechnen wollen – große Worte und nichts dahinter –, zu allererst auf diese Koalition und nicht zuletzt auch auf diese SPD beziehen: große Worte und nichts dahinter! Sie wollen einen großen Solidarpakt machen, der soll 500 Millionen $ im Jahr einbringen, und wir haben bisher nichts gesehen, wie der zu Stande kommen soll. Mehr noch, über einen ganz normalen Berichtsauftrag im Unterausschuss „Stellenwirtschaft“, man möge uns wenigstens mal die Instrumente erläutern, mit denen dieser Solidarpakt erreicht werden soll, ohne die Verhandlungsstrategie offen zu legen, ist mit Mehrheit abgestimmt worden – sehr ungewöhnlich –, und dieser Berichtsauftrag an die Senatsverwaltung für Finanzen ist abgelehnt worden. Das heißt, man will uns über die ganzen Haushaltsberatungen hinweg darüber im Dunkeln lassen, wie Sie im Jahr 2003 zunächst 250 Millionen $ erreichen wollen. Über die Vorschläge der Grünen kann man diskutieren; ich werde gleich dazu noch etwas sagen; einige verdienen aus Sicht der FDP-Fraktion Zustimmung, andere verdienen eine Ablehnung. Da finde ich es schon ein ziemlich starkes Stück, wenn Sie dann auch noch diejenigen, die wenigstens Vorschläge machen, herziehen und die Vorschläge runtermachen.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Gleichzeitig erleben wir, dass der Finanzsenator sich für diese Debatte offenkundig überhaupt nicht interessiert – er ist nicht da –, einen Staatssekretär gibt es auch nicht,

[Zuruf: Doch! – Ritzmann (FDP): Wie im Ausschuss!]

Ich bitte um Entschuldigung! Ich habe Sie übersehen! Also immerhin, aber der Senator, der sich für diese Debatte nicht entschuldigt hat, hat den Saal verlassen. Das passt offensichtlich dazu, dass die Senatsverwaltung für Finanzen dem Parlament nichts dazu sagen möchte, wie überhaupt ein Solidarpakt erreichbar ist. Also bisher ein ziemlich schwaches Bild.

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Jetzt möchte ich in aller Sachlichkeit auf die Vorschläge der Grünen eingehen, denn sie sind immerhin konkret und greifbar.

Der Antrag Drucksache 15/450 bezüglich des Landesbesoldungsgesetzes – um zunächst auf den ersten Punkt zu kommen – ist ein sehr pragmatischer Vorschlag. Man kann sagen, viel mehr wäre noch viel besser. Dass man diese Zulagen, die hier in Berlin ein Unwesen sind, dafür verwenden will, wenigstens ein Jahr Weiterbeschäftigung nach der Ausbildung zu ermöglichen, ist doch immerhin ein pragmatischer Vorschlag, der uns in der schwierigen Lage Berlins und in der schwierigen Lage der Auszubildenden im öffentlichen Dienst wenigstes ein Stück weiter bringen würde. Das würde auch die Zustimmung der Koalition verdienen.

Den zweiten Vorschlag finde ich noch viel besser: an den Schulen dafür zu sorgen, dass es in die eigene Verantwortung der Schulen übergeht, über Zulagen für Aufgaben und Funktionen der Lehrer zu entscheiden. Das ist doch einmal etwas.

(A) (C)

(B) (D)

Dann könnten die Schulen wenigstens ein bisschen für ihre Belange sorgen. Sie kennen sich vor Ort besser aus, als auf eine Entscheidung von oben angewiesen zu sein. Auch dieser Vorschlag verdient Zustimmung.

Das gleiche gilt für die Änderung des Landesbeamtengesetzes, für die Beihilfen bei den Beamten. Ich habe Ihre Argumentation, ehrlich gesagt, kaum verstehen können. Sie haben etwas gesagt von sozial ausgewogenen Kostendämpfungspauschalen, weil Sie diese vom Betrag her differenzieren. Das kann ich gerade noch nachvollziehen, wie das gemeint ist. Aber der Unterschied bei Ihnen ist doch, dass die Beamten dieses auch in jedem Fall selbst bezahlen müssen, während bei dem Vorschlag der Grünen klar ist, dass er einen kassenwirksamen Beitrag erbringen wird – warum Sie den in Frage stellen, Herr Krüger, habe ich nicht ganz verstanden –. Bei dem Vorschlag der Grünen würde er sich ein Stück auf die Beamten einerseits, aber auch auf die Leistungserbringer der medizinischen Dienstleistungen andererseits aufteilen. Die werden sich möglicherweise mit dem Vergütungsniveau zufrieden geben, das sie bei ganz normal gesetzlich Krankenversicherten auch bekommen können. Deswegen ist auch dies etwas, was mindestens so kassenwirksam ist, aber darüber hinaus noch dazu geeignet ist, die Lasten daraus etwas zu verteilen.

Etwas schwieriger gestaltet sich für uns die Zustimmung zu den beiden anderen Anträgen. Hier setzen die Grünen voraus – das erscheint immer wieder in der Formulierung –, dass es eine anerkannte Haushaltsnotlage gibt. Berlin ist kein anerkanntes Haushaltsnotlageland. Berlin sollte in der jetzigen Phase auch nicht anfangen, Vorschläge zu diskutieren oder sogar schon festzuschreiben, wo zu Lasten Dritter die Situation Berlins dann geklärt und der Haushalt saniert wird.

Würden Sie dann bitte zum Schluss kommen!

Ich komme gleich zum Schluss. – Es ist nicht die Bundesanstalt für Arbeit, die in der jetzigen Phase eigentlich dafür da wäre, die Probleme zu lösen. Zunächst muss das Bundesland Berlin selbst die Haushaltsentlastung in Gang bringen.

Eine Bemerkung möchte ich noch am Rand anführen. Wenn Sie in dem Antrag Drucksache 15/452 auch die Arbeitszeitordnung in den Berliner Krankenhäusern erwähnen, ist das zwar ein interessanter Punkt, über den in diesem Haus dringend gesprochen werden muss, der aber in einem Antrag zur Haushaltsentlastung überhaupt nichts zu suchen hat. Im Gegenteil: Bei diesem Punkt ist sogar mit Mehrausgaben in nicht unbeträchtlicher Höhe zu rechnen.

Sie sehen, liebe Kollegen von der Koalition, man kann sich mit den Vorschlägen sehr wohl sachlich auseinandersetzen. Man sollte jeden einzelnen für sich beurteilen und das in den Ausschüssen tun. Ich freue mich auf die Beratungen über diese Vorschläge der Grünen, die wenigstens konkret sind!

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung aller vier Anträge an den Hauptausschuss, worüber ich abstimmen lasse. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! – Enthaltungen? – Die Gegenprobe! – Das war einstimmig.

Dann rufe ich auf die

lfd. Nr. 11, Drucksache 15/422:

Wahl des Polizeipräsidenten

Hier gibt es eine Wortmeldung z u r G e s c h ä f t s o r d n u n g. Bitte schön, Herr Gewalt!